Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.01.2015, Az. 1 StR 216/14

1. Strafsenat | REWIS RS 2015, 16359

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Gegenstand

Umsatzsteuerhinterziehung: Relevanter Zeitpunkt für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Vorsteuerabzugs; leistender Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 27. November 2013 im Strafausspruch dahin geändert, dass die Einzelstrafe für Fall 2 der Urteilsgründe (Hinterziehung von Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum April 2006) auf einen Monat Freiheitsstrafe festgesetzt wird.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen Steuerhinterziehung in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt, von der zwei Monate als vollstreckt gelten. Gegen diese Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf mehrere Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützten Revision.

2

Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4, § 354 Abs. 1 StPO); im Übrigen ist es unbegründet [X.]. § 349 Abs. 2 StPO.

I.

3

1. Nach den Feststellungen des [X.]s führte der Angeklagte als technischer Leiter den operativen Geschäftsbetrieb der [X.] (im Folgenden: [X.]), die u.a. mit alten Kraftfahrzeugkatalysatoren handelte, die der stofflichen Wiederverwertung zugeführt wurden. Er war insbesondere für den Kontakt mit Lieferanten zuständig und traf die Entscheidungen, mit welchen Unternehmen Geschäftsbeziehungen aufgenommen bzw. fortgeführt werden sollten.

4

a) Im Zeitraum Februar 2005 bis März 2007 bezog die [X.]Altkatalysatoren von einer Gruppe um die bereits rechtskräftig verurteilten M.    und [X.].    , die mit Hilfe von "[X.]" gewerbsmäßig Umsatzsteuer im Altmetallhandel hinterzog. Als Anlieferer traten die zeitlich nacheinander eingesetzten "[X.]" P.      GmbH   B.    H.      (im Folgenden: [X.]), [X.].        [X.] (im Folgenden: [X.]I), [X.]           (im Folgenden: [X.]) und [X.] (im Folgenden: B.     ) auf, als deren Geschäftsführer Mitglieder der Gruppe fungierten. Die angelieferten Altkatalysatoren stammten nicht von diesen "[X.]", die keinen operativen Geschäftsbetrieb unterhielten und zu entsprechenden Lieferungen nicht in der Lage gewesen wären, sondern wurden von der Gruppe im Ausland beschafft. Über die Anlieferungen wurde im [X.] mit den "[X.]" abgerechnet. Die "[X.]", die plangemäß ihren umsatzsteuerlichen Verpflichtungen nicht nachkamen, indem sie entweder keine oder unrichtige [X.] abgaben und geschuldete Umsatzsteuer nicht abführten, vereinnahmten die von der [X.]      ausgezahlten [X.] für die Gruppe.

5

Der Angeklagte erkannte spätestens Ende April 2006 nach einem Gespräch mit M.     und [X.].     die Möglichkeit als naheliegend, dass es sich bei der zu diesem Zeitpunkt als Anlieferer auftretenden [X.] um ein "[X.]" handelte, das nur zum Zweck der Umsatzsteuerhinterziehung vorgeschoben wurde. Da er die Umsätze und Gewinne aus künftigen Lieferungen nicht verlieren wollte, setzte er die Geschäftsbeziehung fort und nahm dabei billigend in Kauf, dass die [X.]    Vorsteuer aus den angeblichen Lieferungen der [X.] zu Unrecht geltend machen würde. Auch bei den zeitlich nachfolgend als Anlieferer auftretenden Gesellschaften [X.] und [X.]erkannte der Angeklagte aufgrund der personellen Kontinuität die Möglichkeit als naheliegend, dass es sich auch insoweit nur um zum Zwecke der Umsatzsteuerhinterziehung vorgeschobene "[X.]" handelte und nahm dies ebenso billigend in Kauf wie die daraus resultierende fehlende Berechtigung der [X.]    zum Vorsteuerabzug.

6

b) Im Zeitraum März 2006 bis Dezember 2007 trat zudem der vom Angeklagten angeworbene bereits rechtskräftig verurteilte    [X.]       als Anlieferer von Altmetall und Altkatalysatoren auf. Teilweise unterzeichnete [X.]     [X.] über angebliche Lieferungen an die [X.]    , die tatsächlich nicht erbracht wurden, teils brachte er "zum Schein" Anlieferungen Dritter zu [X.]    , die im [X.] auf ihn abgerechnet wurden. [X.]      führte - wie der Angeklagte von Anfang an wusste - die in den "[X.]" ausgewiesene Umsatzsteuer nicht ab.

7

c) In den vom gutgläubigen Buchhalter bzw. dem ebenfalls gutgläubigen Steuerberater der [X.]    abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate März 2006 bis Dezember 2006 und in der Umsatzsteuerjahreserklärung 2007 wurden die in den Gutschriften über die Anlieferungen der [X.], [X.]und [X.]sowie des [X.]     offen ausgewiesenen [X.] als Vorsteuer geltend gemacht. Die Vorsteuerbeträge beliefen sich in Summe auf 1.825.489,31 Euro, davon 1.732.233,80 Euro aus Anlieferungen durch [X.]I, [X.]und [X.]sowie 93.255,51 Euro aus Anlieferungen durch [X.]    .

8

2. Das [X.] hat die Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. der Umsatzsteuerjahreserklärung durch den gutgläubigen Buchhalter bzw. den ebenfalls gutgläubigen Steuerberater der [X.]     als Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB durch den Angeklagten als mittelbaren Täter gewertet.

9

Der Vorsteuerabzug aus den Gutschriften sei zu Unrecht erfolgt, da es sich bei den "[X.]" nicht um Unternehmer [X.]. § 15 UStG handele und diese die Leistungen tatsächlich nicht erbracht hätten. Dies habe der Angeklagte hinsichtlich der Anlieferungen durch [X.]     von Anfang an gewusst, so dass der Vorsteuerabzug insgesamt zu versagen sei. Hinsichtlich der Anlieferungen durch [X.], [X.] und [X.]habe er dies ab Ende April 2006 billigend in Kauf genommen, so dass die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs ab der am 7. Juni 2006 abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat April 2006, in der Vorsteuer in Höhe von 144.269,60 Euro aus angeblichen Lieferungen der [X.] geltend gemacht wurde, zu Unrecht erfolgt sei. Für den Zeitraum vor April 2006 sei dem Angeklagten ein vorsätzliches Handeln nicht nachzuweisen, so dass dieser insoweit freizusprechen sei.

II.

Die Verfahrensrügen bleiben aus den vom [X.] in seiner Antragsschrift vom 23. Juli 2014 zutreffend dargelegten Gründen ohne Erfolg.

III.

Der Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung in elf Fällen hält [X.] Nachprüfung im Ergebnis Stand.

Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen belegen, dass für die [X.] durch den Angeklagten als mittelbaren Täter in den durch den gutgläubigen Buchhalter bzw. den ebenfalls gutgläubigen Steuerberater abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate März 2006 bis Dezember 2006 sowie in der Umsatzsteuerjahreserklärung 2007 aus Gutschriften für die Lieferung von Altkatalysatoren und Altmetall zu Unrecht ein Vorsteuerabzug vorgenommen wurde. Damit hat der Angeklagte täterschaftlich gegenüber den Finanzbehörden unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht, die zu einer Steuerverkürzung geführt haben (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 168 AO).

Der Erörterung bedarf lediglich Folgendes:

1. Die Verurteilung im Fall 2 der Urteilsgründe wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum April 2006 hat Bestand, auch wenn das [X.] hinsichtlich der Vorsteuerabzugsberechtigung der [X.] in Höhe von 144.269,60 Euro aus den Lieferungen der [X.] im April 2006 auf einen unzutreffenden Zeitpunkt abgestellt hat.

a) Für die Frage, ob die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug vorliegen, kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Abgabe der Steueranmeldung, in welcher der Vorsteuerabzug vorgenommen wird, sondern auf den Zeitpunkt der Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung an. Eine einmal bestehende Berechtigung zum Vorsteuerabzug fällt nicht deshalb nachträglich weg, weil der Unternehmer später von Umständen Kenntnis erlangt, die dem Vorsteuerabzug entgegen gestanden hätten, wenn er sie bereits bei Bezug der Waren gekannt hätte. Demnach ist es für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug ohne Bedeutung, ob der Leistungsempfänger, der eine Lieferung noch "in gutem Glauben" erhalten hat, nachträglich erkennt, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt hat, der in eine anderweitig begangene "Mehrwertsteuerhinterziehung" einbezogen war (vgl. [X.], Beschluss vom 1. Oktober 2013 - 1 [X.], [X.], 331, 333 mwN).

b) Im Zeitpunkt der Lieferung der Altkatalysatoren durch die [X.] im April 2006 lagen die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug vor.

Die Auffassung des [X.]s, ein Vorsteuerabzug scheide deswegen aus, weil die [X.] als "[X.]" nicht als Unternehmer [X.]. § 15 UStG anzusehen sei und die Leistungen nicht erbracht habe, begegnet durchgreifenden Bedenken.

(1) Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen, wenn er eine nach §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Die Rechnung kann nach § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG auch von einem Leistungsempfänger, der Unternehmer oder eine nichtunternehmerische juristische Person ist, im sog. [X.] ausgestellt werden. Ein Vorsteuerabzug kommt demnach nur in Betracht, wenn der Rechnungsaussteller bzw. der Empfänger der Gutschrift und der leistende Unternehmer, der die in der Rechnung bzw. Gutschrift bezeichnete Leistung ausgeführt hat, identisch sind.

(2) Wer bei einem Umsatz als [X.] anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. [X.] ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt. Auch ein [X.], der nach außen im eigenen Namen auftritt, im Verhältnis zum [X.] jedoch auf dessen Rechnung handelt, kann daher leistender Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein. [X.] zwischen einem [X.] und dem Leistungsempfänger sind hingegen dann umsatzsteuerrechtlich - wie auch zivilrechtlich - unbeachtlich, wenn sie nur zum Schein (vgl. § 41 Abs. 2 AO) abgeschlossen sind, mithin die Vertragsparteien - der [X.] und der Leistungsempfänger - einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem "[X.]" eintreten sollen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 8. Juli 2014 - 1 StR 29/14, [X.], 310, 312; vom 5. Februar 2014 - 1 [X.], [X.], 191 und vom 1. Oktober 2013 - 1 [X.], [X.], 331, 333 jeweils mwN).

(3) Gemessen daran war die [X.] für die im Voranmeldungszeitraum April 2006 erfolgten Lieferungen von Altkatalysatoren als leistende Unternehmerin anzusehen. Nach den Feststellungen des [X.]s gingen zum Zeitpunkt der Lieferungen auf Seiten der Leistungsempfängerin [X.]     alle Beteiligten einschließlich des Angeklagten davon aus, dass vertragliche Beziehungen zur [X.] bestanden. Bis Ende April 2006 wusste bei [X.]     weder jemand davon noch hätte jemand davon wissen müssen, dass die [X.] nur zum Zwecke der Umsatzsteuerhinterziehung vorgeschoben wurde. Der Umstand, dass der Angeklagte im Zeitpunkt der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung am 7. Juni 2006 diese Möglichkeit als naheliegend erkannt hatte und dies billigend in Kauf nahm, führt nicht nachträglich zu einer Versagung des Vorsteuerabzugs (vgl. [X.], Beschluss vom 1. Oktober 2013 - 1 [X.], [X.], 331, 333 mwN).

c) Der Schuldspruch hat aber im Hinblick darauf Bestand, dass im Voranmeldungszeitraum April 2006 aus den Gutschriften über die Anlieferungen durch [X.]       Vorsteuer [X.]. 3.085,12 Euro zu Unrecht geltend gemacht wurde.

(1) Dies ergibt sich, soweit es sich um reine [X.] gehandelt hat, bereits daraus, dass die in den Gutschriften bezeichneten Leistungen - wie der Angeklagte wusste - tatsächlich nicht ausgeführt wurden.

(2) Auch soweit [X.]       "zum Schein" Anlieferungen Dritter zu [X.]     brachte, die im [X.] auf ihn abgerechnet wurden, besteht kein Vorsteuerabzugsrecht der [X.]    .

Der Angeklagte, der [X.]      selbst angeworben hatte, wusste von Beginn der Geschäftsbeziehung an, dass sich [X.]     mit den den Gutschriften zugrunde liegenden Erwerbsvorgängen an Umsätzen beteiligt hat, die in eine "Mehrwertsteuerhinterziehung" einbezogen waren. Dies führt zu einer Versagung des Vorsteuerabzugs der [X.]     (vgl. [X.], Beschluss vom 1. Oktober 2013 - 1 [X.], [X.], 331, 333 mwN).

Die [X.]     muss sich das Wissen des Angeklagten zurechnen lassen. Einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist nicht nur das etwaige Wissen ihres Geschäftsführers als ihres gesetzlichen Vertreters nach § 35 GmbHG, sondern auch das Wissen ihrer sonstigen Angestellten in analoger Anwendung des § 166 BGB zuzurechnen, wenn die Mitarbeiter die Kenntnisse infolge der vorgesehenen Arbeitsteilung und Organisation des Betriebs im Rahmen ihrer Zuständigkeit erlangt haben oder hätten erlangt haben müssen. Dies beruht auf der Erwägung, dass derjenige, der sich zur Erfüllung seiner Verpflichtungen eines anderen bedient, nicht besser stehen darf als derjenige, der diese Verpflichtungen selbst erfüllt (vgl. [X.], Urteil vom 19. [X.]i 2010 - [X.], [X.]/NV 2010, 2132 mwN; vgl. auch [X.], Urteil vom 19. März 2013 - 1 [X.], [X.], 463). Die Zuständigkeit des Angeklagten für das operative Geschäft und insbesondere für die Entscheidungen über Aufnahme und Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen mit den Lieferanten rechtfertigt eine Zurechnung seiner in diesem Zusammenhang erlangten Kenntnisse.

2. Die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung in den übrigen Fällen ist nicht zu beanstanden. In den betreffenden [X.] wurde zu Unrecht ein Vorsteuerabzug hinsichtlich der in den Gutschriften ausgewiesenen Umsatzsteuer in Anspruch genommen.

Insbesondere hätte der Angeklagte, der ab dem Voranmeldungszeitraum [X.]i 2006 auch hinsichtlich der Lieferungen der [X.] sowie der zeitlich nachfolgend als Anlieferer auftretenden Firmen [X.] und [X.]die naheliegende Möglichkeit erkannte, dass diese nur zum Zwecke der Umsatzsteuerhinterziehung vorgeschoben wurden, und dies billigend in Kauf nahm, jedenfalls wissen müssen, das sich die [X.]     auch insoweit mit den Erwerbsgeschäften an einem Umsatz beteiligte, der in eine "Mehrwertsteuerhinterziehung" einbezogen ist (vgl. [X.], Beschluss vom 1. Oktober 2013 - 1 [X.], [X.], 141 mwN). Auch dieses "[X.]" des Angeklagten muss sich die [X.]     zurechnen lassen (vgl. [X.], Urteil vom 19. [X.]i 2010 - [X.], [X.]/NV 2010, 2132 mwN).

3. Die Annahme, der Angeklagte habe die Steuerhinterziehung als mittelbarer Täter (vgl. § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB) begangen, wird von den Feststellungen getragen. Der Angeklagte hat durch seine Tatbeiträge - nämlich die Entscheidung, die Geschäftsbeziehung mit [X.] fortzuführen bzw. Geschäftsbeziehungen zu [X.], [X.]und [X.]      aufzunehmen - bewirkt, dass durch den ohne Vorsatz handelnden Buchhalter bzw. Steuerberater in den von diesen abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate März 2006 bis Dezember 2006 bzw. in der Umsatzsteuerjahreserklärung 2007 die in den Gutschriften der [X.], [X.], [X.]und [X.]       ausgewiesenen [X.] zu Unrecht als Vorsteuer geltend gemacht wurde.

4. Auch die Annahme von Tatmehrheit (§ 53 StGB) ist nicht zu beanstanden. Der Tatbeitrag des Angeklagten erschöpfte sich nicht in der Einrichtung eines auf Steuerhinterziehung ausgerichteten Systems (sog. uneigentliches Organisationsdelikt; vgl. [X.], Beschluss vom 1. April 2008 - 5 [X.], [X.], 261). Der Angeklagte hat durch die Abwicklung der Anlieferungen und Abrechnungen einen Beitrag zur Abgabe jeder unrichtigen Steueranmeldung geleistet.

IV.

Im Rahmen der Strafzumessung hält allein der Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall 2 (Hinterziehung von Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum April 2006) revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand. Das [X.] hat bei der Festsetzung der Einzelstrafe eine zu hohe Steuerverkürzung zugrunde gelegt, indem es zu Unrecht (vgl. zu 1.b.) von einer fehlenden Berechtigung zum Vorsteuerabzug über die Anlieferungen von [X.]       in Höhe von 3.085,12 Euro hinaus auch für die Lieferungen der [X.] im April 2006 in Höhe von 144.269,60 Euro ausgegangen ist.

Der Senat setzt auf den Antrag des [X.]s gemäß § 354 Abs. 1 StPO im Fall 2 eine Einzelfreiheitsstrafe von einem Monat (vgl. § 370 Abs. 1 AO) fest.

Der Ausspruch über die Gesamtstrafe hat trotz der Herabsetzung der im Fall 2 der Urteilsgründe verhängten [X.]. Der Senat schließt angesichts der in den übrigen Fällen verhängten [X.] aus, dass das [X.] auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1, Abs. 4 StPO. Der nur geringe Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen.

Raum                           Graf                                [X.]

                 Cirener                       [X.]

Meta

1 StR 216/14

29.01.2015

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Mannheim, 27. November 2013, Az: 25 KLs 613 Js 2500/11 - AK 5/11

§ 41 Abs 2 S 2 AO, § 370 Abs 1 Nr 1 AO, § 15 UStG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.01.2015, Az. 1 StR 216/14 (REWIS RS 2015, 16359)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 16359

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