Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.11.2017, Az. V ZB 152/16

V. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 2210

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:161117BVZB152.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V [X.]/16
vom
16. November
2017
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 15 Abs. 2, Abs. 5 Satz 2
a)
Das Verfahren über den Einspruch gegen ein Versäumnisurteil und das vo-rausgegangene Verfahren sind in [X.]er Hinsicht dieselbe An-gelegenheit.
b)
Ein Rechtsanwalt kann jedenfalls in analoger Anwendung von § 15 Abs.
5 Satz 2 [X.] erneut Gebühren verlangen, wenn er nach dem Einspruch ge-gen ein Versäumnisurteil, der mehr als zwei Kalenderjahre nach Zustellung des Urteils eingelegt worden ist, in dem gerichtlichen Verfahren weiter tätig wird.
[X.], Beschluss vom 16. November 2017 -
V [X.]/16 -
OLG [X.]

LG [X.] (Oder)

-
2
-
Der V. Zivilsenat des [X.]s hat am 16. November
2017
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterin Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch, [X.]
Kazele, die Richterin [X.] und [X.]
Hamdorf

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 6.

Zivilsenats des [X.] vom 3.
November 2016 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Kostenfestsetzungsbeschluss des [X.]s [X.] (Oder) vom 23. Oktober 2015 (14 O 31/14) in Höhe von 14.277,38

Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.
September 2015 zum Nachteil der Klägerin abgeändert worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die sofortige Beschwerde der [X.] gegen den genannten
Kostenfestsetzungsbeschluss zu-rückgewiesen und dieser klarstellend
neu gefasst: Die von der [X.] an die Klägerin aufgrund des Urteils des [X.]s [X.] (Oder) vom 29. Juli 2015 (14
O
31/14) zu erstattenden [X.] über dem Basiszinssatz seit dem 4. September 2015 festgesetzt.

Gerichtsgebühren für das Beschwerde-
und das Rechtsbeschwer-deverfahren werden
nicht erhoben. Die der Klägerin entstandenen
-
3
-
außergerichtlichen Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die [X.].

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 1

Gründe:

[X.]

Die Klägerin nahm
die Beklagte
auf Feststellung der Unwirksamkeit ei-nes notariellen Grundstückskaufvertrags in Anspruch. Das [X.]
verur-teilte
die Beklagte
mit Versäumnisurteil vom 2. Juni 2008
antragsgemäß, legte
ihr die Verfahrenskosten auf
und bewilligte die öffentliche Zustellung der Ent-scheidung.
Es setzte im Januar 2009
gegen die Beklagte eine 1,3 Verfahrens-gebühr und eine 0,5 Terminsgebühr nebst Auslagen, insgesamt einen Betrag von
13.831,13

Am
24.
Januar 2014 hat die Beklagte Einspruch gegen das [X.] eingelegt, die Unwirksamkeit der öffentlichen Zustellung geltend gemacht
und Widerklage
sowie
Eventualwiderklage erhoben. Das [X.] hat am 29. Juli 2015 das Versäumnisurteil aufrechterhalten,
der Widerklage im Hilfsan-trag stattgegeben
und der Beklagten die weiteren Kosten des Rechtsstreits auf-erlegt. Den Gebührenstreitwert hat es auf 1.

Die Klägerin verlangt die Festsetzung weiterer
Kosten von 20.29darunter eine erneute 1,3 Verfahrensgebühr sowie
die 1,2 Terminsgebühr. Das 1
2
3
-
4
-
[X.]
hat die Kosten antragsgemäß festgesetzt. Auf die sofortige Be-schwerde der Beklagten hat das [X.] den Beschluss abgeändert und weiteRechtsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihren Festsetzungsantrag weiter.
Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

I[X.]

Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung u.a. in Rpfleger
2017, 302 veröffentlicht
ist, meint, die
Prozessbevollmächtigten
der Klägerin können
ins-gesamt
nur eine 1,3 Verfahrens-
und nur eine
1,2 Terminsgebühr aus dem Ge-bührens

verlangen. Für die Tätigkeit nach dem [X.] erhielten
sie keine zusätzliche Vergütung
nach §
15 Abs. 5 Satz 2 [X.]. Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift sei, dass der Rechtsanwalt neu beauftragt werde, nachdem der
frühere
Auftrag
seit mehr als zwei Kalen-derjahren erledigt sei. Daran fehle es. Zwar sei es mit der Zustellung des [X.] zu einer Erledigung des Auftrags im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] gekommen. Den
Rechtsanwälten sei aber kein neuer Auftrag erteilt [X.]. Ein solcher neuer Auftrag wäre kostenrechtlich
auch
nicht als
zur [X.] Rechtsverfolgung notwendig anzusehen (§
91 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Bei einem Einspruch gegen
ein Versäumnisurteil werde dasselbe Verfah-ren fortgesetzt,
und es liege [X.] dieselbe Angelegenheit vor. Die Vorschrift des § 15 Abs. 5 Satz 2 [X.] sei auch nicht analog anwendbar. Es fehle an einer planwidrigen Regelungslücke.
Die von dem [X.] für den Fall der Anfechtung eines [X.]s angenommene Lücke ha-be der Gesetzgeber durch Einfügung von
Satz 3
im Jahr 2012 geschlossen. Das verdeutliche, dass er das Erfordernis der Erteilung eines neuen Auftrags allein für diese Fälle als entbehrlich angesehen habe.
4
-
5
-
II[X.]

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht
stand.
[X.] der Ansicht des Beschwerdegerichts können
die
Prozessbevollmächtigten
der Klägerin für die Tätigkeit nach dem Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil eine erneute 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV-[X.] und zusätzlich zu der 0,5 Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV-[X.] die
1,2 Ter-minsgebühr nach Nr. 3104
VV-[X.] verlangen. Zwar handelt es sich bei dem Verfahren vor und nach dem Einspruch gegen ein Versäumnisurteil gebühren-rechtlich
um eine
Angelegenheit
(§ 15 Abs. 2 [X.]). Die Vorschrift des § 15 Abs. 5 Satz 2
[X.] ist aber entsprechend anwendbar, so dass erneute Gebüh-ren für die weitere anwaltliche Tätigkeit entstehen.

1. Rechtsfehlerfrei geht das Beschwerdegericht
zunächst
davon aus, dass das Verfahren über den Einspruch
gegen ein
Versäumnisurteil und das vorausgegangene
Verfahren in [X.]er Hinsicht dieselbe Angele-genheit sind
(allg. Ansicht, vgl. [X.], [X.], 414; [X.], [X.] 2010, 584; KG, [X.] 2008, 647; OLG
Köln, Beschluss vom 5. No-vember 2008 -
17 W 227/08, juris Rn. 12; Beschluss vom 21. Juni 2006

17
W
126/06, juris Rn. 6; [X.], Kostengesetze, 47. Aufl., § 15 [X.] Rn.
32; [X.]/[X.],
[X.], 22.
Aufl., § 15 Rn. 85, § 17 Rn. 44).
Die
Regelung des
§
38 [X.],
wonach das Verfahren über den Einspruch gegen ein Versäumnisurteil als besondere Angelegenheit galt,
ist durch das Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwalts-vergütungsgesetz

nicht über-nommen worden.
Es bleibt
deshalb bei der in § 16 und § 17 Nr. 1 [X.] zum Ausdruck kommenden
allgemeinen Regel, dass das gerichtliche Verfahren in einem Rechtszug eine Angelegenheit ist (vgl. [X.], Beschluss vom 5
6
-
6
-
24.
März
2016

III
ZB 116/15, NJW-RR 2016, 883 Rn. 7; [X.] in
[X.]/[X.], 10.
Aufl., [X.], § 15 Rn. 10; [X.], Kostengesetze, 47. Aufl., § 15 [X.] Rn.
32; [X.]/[X.], 22. Aufl., [X.], §
15 Rn. 5 f., 14). Der zulässige Einspruch hat keinen Devolutiveffekt, sondern versetzt den Prozess, soweit der Einspruch reicht, in die Lage zurück, in der er sich vor dem Eintritt der Versäumnis befand (§ 342 ZPO). Der Rechtsanwalt kann die Gebüh-ren für die Tätigkeit vor und nach dem Einspruch nur einmal fordern (§ 15 Abs.
2 [X.]). Es entsteht eine Verfahrensgebühr nach Nr.
3100
VV-[X.],
und die ursprünglich aufgrund des ersten Termins angefallene
0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV-[X.] geht in
der
1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV-[X.]
auf
(vgl. KG,
[X.] 2008, 647; [X.],
[X.], 1494; [X.]/[X.], ZPO, 32.

Aufl., § 344 Rn. 2; Hünnekens,
Rpfleger 2004, 445, 451).

2.
An[X.] als das Beschwerdegericht
meint,
können
die Prozessbevoll-mächtigten
der Klägerin für ihre
weitere Tätigkeit aber deshalb eine erneute Vergütung fordern, weil die Beklagte den Einspruch mehr als zwei Kalenderjah-re nach Erlass des Versäumnisurteils eingelegt hat.
Es kann dahinstehen, ob das unmittelbar aus § 15 Abs. 5 Satz 2 [X.] folgt. Die Vorschrift ist jedenfalls analog anwendbar.

a)
Nach § 15 Abs. 5 Satz 2 [X.] gilt die weitere Tätigkeit eines Rechts-anwalts als neue Angelegenheit, wenn der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt ist. Von einer solchen Erledigung des früheren Auftrags der
Prozessbevollmächtigten der Klägerin geht das Beschwerdegericht rechts-fehlerfrei aus.

aa)
Für die Erledigung des Auftrags im Sinne von § 15 Abs. 5 Satz 2 [X.] ist auf die zu § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] gefundene Definition dieses Begriffs 7
8
9
-
7
-
abzustellen ([X.], Beschluss vom 11. August 2010 -
[X.] [X.],
[X.], 1723
Rn. 14;
vgl. auch Urteil vom 30. März 2006 -
[X.] ZB 69/05 -
[X.], 1525 Rn.
7 zu §
13
Abs. 5 Satz 2 [X.]). Danach ist ein Auftrag erle-digt, wenn der Anwalt seine Verpflichtungen aus dem [X.] erfüllt hat. Das ist dann der Fall, wenn von ihm keine weiteren Handlungen in Erfüllung des Auftrags mehr zu erwarten sind. Die
Entscheidung der Frage, wann dieser [X.]punkt erreicht ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Allgemeine Regeln lassen sich dazu nicht aufstellen (vgl. [X.], Beschluss vom 13. November 2008 -
IX ZR 24/06, juris Rn.
2 mwN). Dabei ist von Bedeutung, ob der Anwalt selbst seinen Auftrag als erfüllt ansieht oder nicht (vgl. [X.], Ur-teil vom 10. Oktober 1978 -
VI [X.], NJW 1979, 264, 265; Rinkler, in
[X.]/[X.]/[X.]/Rinkler/[X.], Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., §
1 Rn.
69).
Das Ziel braucht nicht erreicht zu sein ([X.]/[X.], [X.], 22. Aufl., § 8 Rn.
10).

[X.])
Daran gemessen war
der von der Klägerin erteilte [X.] er-ledigt. Die
Beklagte hat gegen das
am 2. Juni 2008 ergangene und öffentlich zugestellte Versäumnisurteil nicht innerhalb der vom Gericht nach § 339 Abs. 2 ZPO bestimmten Einspruchsfrist
Einspruch eingelegt, und mit einem
Einspruch, ggf. in Verbindung mit einem Wiedereinsetzungsantrag, mussten die Prozess-bevollmächtigten der Klägerin
jedenfalls nicht mehr rechnen, nachdem
die Jah-resfrist des § 234 Abs. 3 ZPO abgelaufen war.

b)
Ob, wie das Beschwerdegericht
meint, § 15 Abs. 5 Satz 2 [X.] weiter voraussetzt, dass dem Anwalt
für die Tätigkeit in dem Verfahren nach dem [X.] gegen das Versäumnisurteil ein neuer Auftrag erteilt worden ist, kann offen bleiben.

10
11
-
8
-
aa)
Allerdings kann sich das Beschwerdegericht
insoweit auf die
Recht-sprechung des VI[X.] und des XI[X.] Zivilsenats des [X.]s stützen
(Beschluss vom 30. März 2006 -
[X.] ZB 69/05, [X.], 1525 Rn. 5 zu § 13 Abs. 5 [X.]; Beschluss vom 11. August 2010 -
[X.] [X.], [X.], 1723 Rn. 13).
Danach soll
§ 15 Abs. 5 Satz 2 [X.] nur anwendbar
sein, wenn einem Rechtsanwalt nach Erledigung eines früheren Auftrags ein neuer Auftrag erteilt wird.
An einem solchen neuen Auftrag
fehle es,
wenn ein durch einen [X.] beendeter Prozess nach Anfechtung
mehr als zwei Kalender-jahre nach dessen Abschluss fortgesetzt werde. Er sei
auch nicht erforderlich, weil dasselbe Verfahren fortgesetzt werde
und der Anwalt weiterhin beauftragt bleibe
([X.], Beschluss vom 11.
August 2010 -
[X.] [X.], aaO
Rn. 13).

[X.]) Diese
Rechtsprechung hat überwiegend Zustimmung
(KG, [X.], 667; Finanzgericht [X.], [X.] 2010, 606; [X.] in [X.]/[X.], 10. Aufl., [X.], § 15 Rn. 71; [X.]/Wolf, [X.] [X.], 7.
Aufl., § 8 Rn. 73; [X.] in Hartung/Schons/[X.], [X.], 2. Aufl., § 15 Rn. 125 ff.), aber auch Ablehnung erfahren. Die Kriti-ker
machen geltend, dass sich aus dem Wortlaut von § 15 Abs. 5 Satz 2 [X.] das Erfordernis eines neuen Auftrags nicht ergebe
([X.] in [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 15 Rn. 159).
Sie weisen zudem darauf hin,
ein Rechtsanwalt, dessen Auftrag erledigt sei, müsse stets
neu beauftragt
werden, damit er weiter tätig werde; das
könne
konkludent erfolgen (vgl. [X.], [X.]-Report 2011, 17, 18; [X.]., [X.]-Report 2017, 54, 55 f.; Onderka, [X.] 2010, 479, 480).

[X.]) Tatsächlich ist zweifelhaft, ob es für die Anwendung des § 15 Abs. 5 Satz 2 [X.]
auf die Erteilung eines neuen Auftrags ankommt. Es spricht vieles dafür, dass
die Vorschrift auch dann anwendbar ist, wenn der Anwalt in [X.]el-ben Angelegenheit weiter tätig wird, weil alte
Auftrag -
wie hier -
nur scheinbar
12
13
14
-
9
-
erledigt ist
und deshalb fortbesteht. Der Gesetzgeber
hat
in § 15 Abs. 5 [X.] eine Situation beschrieben, in der der Anwalt in [X.]elben Angelegenheit weiter tätig wird. Dafür soll er grundsätzlich nicht mehr an Gebühren verdienen, als er erhalten hätte, wenn er von vornherein mit dem weiteren Tätigwerden [X.] worden wäre (Satz 1). Der Anwalt soll seine Gebühren aber noch einmal verlangen können, wenn der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren im Sinne von §
8 Abs.
1 Satz
1 [X.] erledigt ist (Satz 2). Ob die weitere [X.] einen neuen Auftrag erfordert, dürfte unmaßgeblich sein.

c) Die Frage muss hier nicht entschieden werden. Ein
Rechtsanwalt kann jedenfalls
in analoger Anwendung von §
15 Abs. 5 Satz 2 [X.]
erneut
Gebüh-ren
verlangen, wenn er nach dem Einspruch
gegen ein Versäumnisurteil, der mehr als zwei Kalenderjahre nach Zustellung
des Urteils eingelegt worden ist, in dem gerichtlichen
Verfahren weiter tätig wird.
Es kommt nicht darauf an, ob diese Tätigkeit auf einem
neuen
oder auf
dem scheinbar erledigten alten Auf-trag
beruht.

aa) Die Vorschrift des § 15 Abs. 5 Satz 2 [X.]
trifft keine Aussage dazu, ob die Tätigkeit eines Rechtsanwalts nach einem Einspruch, der mehr als zwei Kalenderjahre nach Erlass des Versäumnisurteils eingelegt worden ist, als neue Angelegenheit im Sinne dieser Vorschrift gilt. Könnte der Rechtsanwalt für eine solche
Tätigkeit nur dann noch einmal Gebühren verlangen, wenn ihm ein neu-er Auftrag
im Sinne der Rechtsprechung des VI[X.] und des XI[X.] Zivilsenats des [X.]s erteilt würde, hätte der
Gesetzgeber diese
Fallgestaltung übersehen, obwohl sie
von dem der Vorschrift zu Grunde liegenden Gedanken,
dass der Rechtsanwalt sich, weil eine lange [X.] vergangen ist, vollkommen neu einarbeiten muss (BT-Drucks. 12/6962 [X.] zur Vorgängerregelung des § 13 Abs. 5 Satz 2 [X.]), erfasst wird.
Da sich die Fallkonstellation bei Schaffung 15
16
-
10
-
des § 15 Abs. 5 Satz 2 [X.] bzw. des inhaltsgleichen § 13 Abs. 5 Satz 2
[X.] nicht aufdrängte, lässt sich der unterbliebenen Regelung keine be-wusste Entscheidung des Gesetzgebers
gegen einen Anspruch des Anwalts auf erneute Gebühren entnehmen. Es ist deshalb von einer planwidrigen Lücke auszugehen.

Die
Lücke ist durch
eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 5 Satz 2 [X.] zu schließen. Der der Vorschrift zugrunde liegende Gedanke -
der Rechtsanwalt muss sich, weil eine lange [X.] vergangen ist, vollkommen neu einarbeiten -
passt auch
hier. Wird nach
mehr als zwei Kalenderjahren [X.] gegen ein Versäumnisurteil eingelegt
und das Verfahren fortgesetzt, muss
ein Rechtsanwalt sich
wegen des [X.]ablaufs
neu in die Angelegenheit einarbeiten. Es wäre
unbillig, wenn er für seine weitere Tätigkeit nicht erneut
Gebühren erhalten würde.

[X.])
Ein der
analogen Anwendung von § 15 Abs. 5 Satz 2 [X.]
entge-genstehender Wille des
Gesetzgebers ergibt sich, an[X.] als das Beschwerde-gericht meint,
nicht aus
§
15 Abs. 5 Satz 3 [X.]. Aus dieser
durch das Gesetz zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes ([X.]) und zur Änderung anderer Vorschriften vom 19. Oktober 2012 ([X.] I S. 2182) ge-schaffenen Regelung lässt sich des [X.] schließen, das
es verbieten könnte, §
15 Abs. 5 Satz 2 [X.] auf weitere Fälle analog anzuwenden. Der Gesetzgeber wollte im Hinblick auf die Recht-sprechung des XI[X.] Zivilsenats (Beschluss vom 11. August 2010 -
[X.]
[X.], [X.], 1723)
lediglich sicherstellen, dass der Fall der Vergleichsanfech-tung und der Fall der Wiedereröffnung des Verfahrens auf Antrag des Klägers nach der Beendigung des Verfahrens auf der Grundlage eines in einem Mus-terverfahren geschlossenen Vergleichs gleichgestellt werden (BT-Drucks. 17
18
-
11
-
17/8799 S. 28). Daraus kann nicht gefolgert werden, er habe
in § 15 Abs. 5 Satz 3 [X.] eine abschließende Regelung treffen, jede weitere analoge An-wendung von § 15 Abs. 5 Satz 2 [X.] also ausschließen
wollen.

3.
Die Vergütung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin für die [X.] nach dem Einspruch gegen das Versäumnisurteil ist
aber, an[X.] als von ihr beantragt, nach dem
bei Erteilung des unbedingten [X.] im Jahr 2007 geltenden Recht zu berechnen (§ 60 Abs. 1 Satz 1
u. Abs. 2 [X.]). Die 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV-[X.] aus 1.670.697,(§ 22 Abs. 1 [X.]) beträgt 8.574,80

und die
1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV-[X.] 7.915,20

.
Bei Hinzurechnung der Postentgeltpauschale nach Nr. 7002
VV-nd der Umsatzsteuer
nach
Nr. 7008 VV-[X.]
in Höhe t-tenden weiteren Kosten auf Auf die Rechtsbeschwerde war daher unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen der Beschluss des [X.] entsprechend abzuändern.
19
-
12
-
IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus §
92 Abs. 2
Nr. 1
ZPO, Nr. 1812 und 1826 KV-GKG.
Für das Beschwerde-
und das Rechtsbeschwerdeverfahren war nach billigem Ermessen zu bestimmen, dass eine Gerichtsgebühr nicht zu [X.] ist.

[X.]Schmidt-Räntsch Kazele

[X.] Hamdorf
Vorinstanzen:
LG [X.] (Oder), Entscheidung vom 23.10.2015 -
14 O 31/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 03.11.2016 -
6 W 79/16 -

20

Meta

V ZB 152/16

16.11.2017

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.11.2017, Az. V ZB 152/16 (REWIS RS 2017, 2210)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 2210

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZB 152/16 (Bundesgerichtshof)

Rechtsanwaltsgebühren: Behandlung des Verfahrens über den Einspruch gegen ein Versäumnisurteil und des vorausgegangenen Verfahrens; Folgen …


I-10 W 104/05 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


I-10 W 104/05 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


II ZB 14/09 (Bundesgerichtshof)


II ZB 14/09 (Bundesgerichtshof)

Rechtsanwaltskosten: Vergütung des Prozessbevollmächtigten einer Aktiengesellschaft bei Verbindung von Anfechtungsklagen verschiedener Kläger gegen denselben Hauptversammlungsbeschluss


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

V ZB 152/16

XII ZB 60/08

17 W 227/08

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.