Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2010, Az. AnwZ (B) 22/10

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2010, 2320

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[X.][X.] ([X.]) 22/10 vom 18. Oktober 2010 in dem Verfahren Nachschlagewerk: ja [X.]GHZ: nein [X.]GHR: ja

[X.]RAO § 16 Abs. 6 a.F. ZPO §§ 178, 180 Ist die Zulassung des Rechtsanwalts bestandskräftig widerrufen, oder die sofor-tige Vollziehung der Widerrufsverfügung angeordnet, kann eine Ersatzzustel-lung nach §§ 178, 180 ZPO in den bisherigen Kanzleiräumen grundsätzlich nicht mehr wirksam vorgenommen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Rechtsanwalt diese weiterhin nutzt, um seine Zulassungsangelegenheit oder andere persönliche Angelegenheiten zu betreiben. [X.]GH, [X.]eschluss vom 18. Oktober 2010 - [X.] ([X.]) 22/10 - [X.]- 2 - wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft- 3 - Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch den Präsidenten des [X.]undesgerichtshofs Prof. Dr. Tolksdorf, die Richterin [X.], [X.] [X.] sowie die Rechtsanwälte Prof. Dr. Stüer und Prof. Dr. [X.] nach mündlicher Verhandlung am 18. Oktober 2010 beschlossen: Die sofortige [X.]eschwerde des Antragstellers gegen den [X.]eschluss des [X.] Senats des [X.]s [X.]aden-Württemberg vom 21. November 2009 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im [X.]eschwerdeverfahren entstande-nen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten. Der Geschäftswert für das [X.]eschwerdeverfahren wird auf 50.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] 1 Der Antragsteller war im [X.]ezirk der Antragsgegnerin als Rechtsanwalt zugelassen. Mit [X.]escheid vom 6. März 2009 hat die Antragsgegnerin die [X.] wegen [X.] widerrufen und die sofortige Vollziehung des [X.]escheids angeordnet. Dagegen hat der Antragsteller fristgemäß Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Dieser [X.]escheid ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Mit [X.]escheid vom 2. Juni 2009 hat die Antragsgegne-rin die Zulassung erneut widerrufen, weil der Antragsteller nicht die vorge-- 4 - schriebene [X.]erufshaftpflichtversicherung unterhalten hat. Dieser [X.]escheid ist bestandskräftig geworden. Seinen nach Abschluss eines neuen Versicherungs-vertrags gestellten Antrag, das zweite Widerrufsverfahren wieder aufzunehmen und den [X.] vom 2. Juni 2009 aufzuheben, hat die [X.] am 30. Juli 2009 abgelehnt. Der dagegen gerichtete Antrag auf gerichtli-che Entscheidung, mit dem er begehrt hat, den [X.]escheid vom 30. Juli 2009, den [X.] vom 2. Juni 2009 und die am 16. Juli 2009 erfolgte [X.]e-stellung eines Kanzleiabwicklers aufzuheben, blieb ohne Erfolg. Dagegen [X.] sich der Antragsteller mit seiner sofortigen [X.]eschwerde. I[X.] 1. Die sofortige [X.]eschwerde ist, soweit sie auf die Aufhebung des [X.]e-scheids vom 30. Juli 2009 und des [X.] abzielt, zulässig, insbe-sondere rechtzeitig eingelegt. 2 Die am 20. Februar 2010 erfolgte Zustellung des angefochtenen [X.]e-schlusses durch Einlegen in den zu den ehemaligen Kanzleiräumen des [X.] gehörenden [X.]riefkasten hat die zweiwöchige [X.]eschwerdefrist (§ 215 Abs. 2 [X.]RAO, § 42 Abs. 4 [X.]RAO a.F.) nicht in Lauf gesetzt. Wie der [X.] mit [X.]eschluss vom 8. Februar 2010 ([X.] ([X.]) 91/08 Rn. 3, juris) entschie-den hat, kann nach Wirksamwerden der Anordnung des Sofortvollzugs des Wi-derrufs eine Ersatzzustellung in der Kanzlei grundsätzlich nicht mehr wirksam vorgenommen werden. Denn mit dem dadurch bewirkten [X.]erufsverbot (§ 16 Abs. 6 [X.]RAO a.F. i.V. mit § 155 Abs. 2 [X.]RAO) verliert die Kanzlei im [X.], jedenfalls wenn der [X.]etroffene den Geschäftsbetrieb nicht ungeachtet des Verbots fortführt, ihre Eigenschaft als Geschäftsraum i.S. der §§ 178, 180 ZPO. Allein der Umstand, dass der Rechtsanwalt die früheren Kanzleiräume noch für eine gewisse Zeit weiter nutzt, etwa um von dort aus seine [X.] (§ 155 Abs. 4 [X.]RAO) oder andere persönliche Angelegenheiten zu betreiben, führt nicht dazu, dass es sich hierbei, wie es für eine [X.] - 5 - lung nach §§ 178, 180 ZPO erforderlich wäre, um einen dem Publikumsverkehr dienenden Geschäftsraum handelt, an dem der Rechtsanwalt zur Zeit der Zu-stellung regelmäßig seiner [X.]erufsausübung nachgeht. Gleiches gilt, wenn - wie hier - die Zulassung im Zeitpunkt der Zustellung in der früheren Kanzlei bereits bestandskräftig widerrufen war. Die Grundsätze über die Zustellung kraft Rechtsscheins, die in [X.]etracht kommt, wenn der Rechtsanwalt trotz Anordnung der sofortigen Vollziehung oder bestandskräftigem [X.] gegenüber dem rechtsuchenden Publikum den Anschein erweckt, er unterhalte weiterhin eine Kanzlei (vgl. [X.]GH, [X.]eschluss vom 16. Juni 1993 - VIII Z[X.] 39/93, NJW-RR 1993, 1083; [X.], 3. Aufl., § 178 Rn. 22), greifen hier nicht ein, weil sowohl die Antragsgegnerin als auch der [X.] Kenntnis davon hatten, dass die Zulassung des Antragstellers bestandskräftig widerrufen war. 4 Hiervon ausgehend war die am 9. März 2010 eingegangene [X.]eschwerde rechtzeitig. 5 2. Die sofortige [X.]eschwerde bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Der Antrag, das Widerrufsverfahren analog § 51 [X.] wieder aufzunehmen, ist unzulässig. 6 7 a) Ein mit bestandskräftigem [X.]escheid abgeschlossenes Widerrufsver-fahren kann nicht in entsprechender Anwendung von § 51 [X.] wieder auf-genommen werden. Die früher erteilte Zulassung des Rechtsanwalts ist mit der [X.]estandskraft des Widerrufs endgültig erloschen. Eine erneute Zulassung kann nur noch in dem dafür nach §§ 6 ff. [X.]RAO vorgesehenen Zulassungsverfahren erfolgen. Dafür ist erforderlich, dass der [X.]ewerber einen Antrag auf ([X.] zur Rechtsanwaltschaft stellt. Ein Wiederaufleben der [X.] Zulassung durch Aufhebung eines früheren [X.]s - etwa in einem Wiederaufnahmeverfahren entsprechend § 51 [X.] - kommt hinge-gen nicht in [X.]etracht (Feuerich/Weyland, [X.]RAO, 7. Aufl., § 14 Rn. 99 ff.). - 6 - Ob die Regelungen der §§ 48, 49 und 51 [X.] es in ihrem unmittelba-ren Anwendungsbereich ermöglichen, einen Verwaltungsakt durch Aufhebung von dessen Rücknahme wieder in [X.] zu setzen (vgl. zum Streitstand [X.]/[X.]onk/Sachs, [X.], 7. Aufl., § 48 Rn. 249 ff.), bedarf hier keiner [X.], denn diese Vorschriften sind im Zulassungsverfahren nach altem Recht nur heranzuziehen, wenn die spezialgesetzliche Regelung eine Lücke aufweist ([X.]GH, [X.]eschluss vom 24. April 1989 - [X.] ([X.]) 68/88, [X.]GHZ 107, 283). Das ist bezogen auf das Verfahren der Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht der Fall. Die Wiederzulassung erfolgt ebenso wie die erstmalige [X.] zur Rechtsanwaltschaft auf Antrag, dem nur zu entsprechen ist, wenn der [X.]ewerber die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt und Versagungsgründe nach § 7 [X.]RAO nicht bestehen. Dieses Verfahren würde unterlaufen, wäre die [X.] in einem Wiederaufnahmeverfahren entsprechend § 51 [X.] auf die Frage verengt, ob die den früheren [X.] tragenden Gründe [X.] sind. 8 Den danach erforderlichen Antrag auf Wiederzulassung hat der [X.] ausdrücklich nicht gestellt. Er begehrt ausschließlich die [X.] analog § 51 [X.] mit dem Ziel der Aufhebung des [X.] vom 2. Juni 2009 und der seiner Ansicht nach daran anknüpfenden Folge, dass seine frühere Zulassung wieder auflebt. Auf diese Weise möchte er die Prüfung im Wiederaufnahmeverfahren auf die Frage beschränken, ob der den [X.]escheid tragende [X.] der [X.] [X.]erufshaftpflichtversicherung fortbesteht. Andere Gründe, die nach § 7 [X.]RAO einer ([X.] entgegenstehen können, insbesondere ein etwa bestehender Vermögensverfall, sollen außer [X.]etracht bleiben. Dies ist aus den dargelegten Gründen nicht zulässig. 9 b) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht aus der von ihm zitierten Rechtsprechung des Senats zur Reichweite der materiellen Rechtskraft von [X.]. Diese [X.] betrifft die Frage, unter welchen Voraussetzungen einem erneuten [X.] - 7 - lassungsantrag die Rechtskraft einer früheren Entscheidung über die [X.], den Widerruf oder die Rücknahme der Anwaltszulassung entgegengehal-ten werden kann. Danach können die [X.]eteiligten denselben [X.] nach rechtskräftigem Abschluss eines Zulassungsverfahrens erneut zur Prüfung durch die Rechtsanwaltskammer oder die Gerichte stellen, wenn auf-grund neuer Umstände eine veränderte Sachlage eingetreten ist (vgl. etwa [X.]sbeschlüsse vom 30. November 1987 - [X.] ([X.]) 35/87, [X.]GHZ 102, 252; vom 9. Dezember 1996 - [X.] ([X.]) 35/96, NJW-RR 1997, 1558 unter II 2; vom 16. Oktober 2000 - [X.] ([X.]) 64/99, juris Rn. 5; vom 10. Dezember 2007 - [X.] ([X.]) 1/07, juris Rn. 4; vom 21. Juli 2008 - [X.] ([X.]) 4/07, [X.], 115 Rn. 7; und vom 16. März 2009 - [X.] ([X.]) 31/08, [X.], 1822 Rn. 7) oder ein Grund für die Wiederaufnahme des gerichtlichen Verfahrens (etwa analog § 153 VwGO i.V.m. §§ 578 ff. ZPO) oder die Voraussetzungen für ein Wieder-aufgreifen des Verfahrens analog § 51 [X.] gegeben sind (vgl. [X.] vom 21. Juli 2008 - [X.] ([X.]) 4/07, aaO; und vom 16. März 2009 - [X.] ([X.]) 31/08, aaO). Dass im berufsrechtlichen Verfahren - etwa im Fall ei-ner entsprechenden Anwendung des § 51 [X.] - ein Antrag auf ([X.] entbehrlich wäre, und stattdessen die "isolierte" Aufhebung eines früheren Widerrufs begehrt werden könnte, lässt sich daraus nicht ablei-ten. Ein Antrag auf ([X.] ist vielmehr aus den dargelegten Grün-den stets erforderlich; ein solcher war auch in allen den zitierten Entscheidun-gen zugrunde liegenden Fällen gestellt. 11 Soweit der Senat in seinem [X.]eschluss vom 14. April 2009 ([X.] ([X.]) 20/09, juris Rn. 3) die Möglichkeit angesprochen hat, einen bestandskräfti-gen [X.] mit einem Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens analog § 51 [X.] anzugreifen, handelt es sich um einen knapp gefassten, inhaltlich aber gleichbedeutenden Hinweis auf die dargestellte Rechtsprechung zur Durchbrechung der [X.]estandskraft von [X.], dem nicht entnommen werden kann, dass ein Antrag auf ([X.] nicht erforderlich ist. - 8 - 3. Sollte die sofortige [X.]eschwerde so zu verstehen sein, dass der [X.] außerdem die [X.]estellung eines Kanzleiabwicklers angreifen möchte, wäre das Rechtsmittel insoweit nicht statthaft, weil ein Fall des § 42 Abs. 1 [X.]RAO a.F. nicht vorliegt. 12 4. [X.] ergeht nach § 197 [X.]RAO a.F., § 13a [X.] 13 5. Der Senat konnte in Abwesenheit des ordnungsgemäß geladenen [X.] verhandeln und entscheiden, weil dieser sein Ausbleiben im Termin nicht entschuldigt hat. 14 Tolksdorf [X.] [X.] Stüer [X.] Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom [X.] - [X.] 43/09 (I) -

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AnwZ (B) 22/10

18.10.2010

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2010, Az. AnwZ (B) 22/10 (REWIS RS 2010, 2320)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2320

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