Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.09.2017, Az. XI ZB 13/14

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 5137

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:190917B[X.]13.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XI [X.]/14
vom
19. September 2017
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] §§ 8, 9, 11 Abs. 1 Satz 1, §§ 20, 22
ZPO §§ 66 ff., 66 Abs. 1, § 67 Halbs. 2, § 72 Abs. 1, § 73 Satz 2
a)
Ist ein Zivilprozess
im Hinblick auf ein Musterverfahren nach dem Kapital-anleger-[X.]gesetz gemäß §
8 Abs.
1 Satz 1 [X.] aus-gesetzt, können Dritte, denen in dem ausgesetzten Rechtsstreit die Stel-lung eines Nebenintervenienten zukommt, ihre Beteiligungsrechte gemäß §
11 Abs.
1 Satz
1 [X.] i.V.m. § 67 Halbs.
2 ZPO auch im Musterver-fahren wahrnehmen.
b)
Das Musterverfahren nach dem [X.] ist nicht interventionsfähig. Ein auf den [X.] bezogener Beitritt und eine auf den [X.] bezogene Streit-verkündung sind nicht statthaft.
c)
Eine [X.]sschrift, die eine in dem betroffenen Verfahren ge-nerell unstatthafte [X.] bewirken soll, ist vom Gericht nicht zuzustellen.
[X.], Beschluss vom 19. September 2017 -
XI [X.]/14 -
OLG [X.]

LG [X.] I

-
2 -
Der XI.
Zivilsenat des
[X.] hat am 19.
September 2017 durch den Vizepräsidenten Prof.
Dr.
Ellenberger, [X.]
[X.] sowie die Richterinnen Dr.
Menges, Dr.
Derstadt und Dr.
Dauber

beschlossen:
Die Zustellung der [X.]sschrift der [X.] zu 1 vom 4.
Juli 2017 wird abgelehnt.

Gründe:
I.
Die [X.]en streiten im Rahmen eines Verfahrens nach dem [X.] ([X.]) über die Verletzung von [X.] des Kapitalmarkts nach §
15 WpHG in der bis zum 1.
Juli 2016 gelten-den Fassung. In den ausgesetzten Ausgangsverfahren nehmen institutionelle und private Anleger, die während des Jahres 2007 und bis zum 15.
Januar 2008 (13.06 Uhr) Aktien der [X.] zu 1 erworben haben, die [X.] zu 1 und in einigen Fällen auch deren damaligen Vorstandsvorsit-zenden ([X.] zu 2) und deren damaligen Finanzvorstand (Muster-beklagter zu 3) auf Schadensersatz in Anspruch.
In der ersten Instanz des [X.] hat die [X.] zu 1 ehemaligen Vorstands-
und Aufsichtsratsmitgliedern

u.a. den [X.] zu 2 und 3

den Streit verkündet, weil sie sich im Falle eines 1
2
-
3 -
ungünstigen Ausgangs des vorliegenden Rechtsstreits bei diesen schadlos [X.] könne. Das [X.] hat die [X.]sschrift zugestellt. Daraufhin sind einige [X.] dem Musterverfahren auf Seiten der [X.] zu 1 beigetreten.
Das [X.] [X.] hat mit [X.] vom 15.
Dezember 2014 entschieden. Dagegen haben sowohl der [X.] und ein Beigeladener als auch die [X.] Rechtsbeschwerde eingelegt.
129 weitere Beteiligte sind dem Rechtsbeschwerdeverfahren auf Seiten des [X.] beigetreten.
Im Rechtsbeschwerdeverfahren hat der Prozessbevollmächtigte der [X.] zu 1 unter dem 4.
Juli 2017 eine [X.]sschrift ein-gereicht, mit der erstmals Herrn H.

T.

der Streit verkündet werden soll und

im Hinblick auf einen zwischenzeitlich vollzogenen
Formwechsel der [X.]n zu 1

"höchstvorsorglich"
die bereits in erster Instanz gegenüber den ehemaligen Vorstands-
und Aufsichtsratsmitgliedern erklärte
Streitverkün-dung
wiederholt werden soll. Er sucht nach, die [X.]sschrift
dem [X.] H.

T.

und den weiteren [X.] förmlich zuzustellen.

II.
Die [X.]sschrift vom 4.
Juli 2017 ist nicht zuzustellen. Das Musterverfahren nach dem [X.] ist nicht interventionsfähig. Ein auf den [X.] bezogener Beitritt und eine auf den [X.] bezogene [X.] sind nicht statthaft.
3
4
5
-
4 -
1. a) [X.] kann in den Ausgangsverfahren gemäß §
72 Abs.
1 ZPO der Streit verkündet werden und der [X.] kann in dem Ausgangsverfahren gemäß §
74 Abs.
1 ZPO beitreten. Das gilt auch während das Ausgangsverfahren im Hinblick auf das Musterverfahren gemäß §
8 Abs.
1 Satz
1 [X.] ausgesetzt ist
(Vorwerk/Wolf/[X.], [X.], §
9 Rn.
11). Dem steht §
249 Abs.
2 ZPO nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] beschränkt sich die durch diese Vorschrift angeordnete Unwirksamkeit auf Prozesshandlungen, die gegenüber dem Gegner vorzuneh-men sind ([X.], Urteil vom 16.
Mai 2013

IX
ZR 332/12, [X.], 1472 Rn.
5 mwN). Prozesshandlungen, die

wie die [X.]

gegenüber einem [X.] oder

wie die
Beitrittserklärung

gegenüber dem Gericht vorzunehmen sind,
sind auch während der Aussetzung wirksam ([X.]/
[X.], 5.
Aufl., §
249 Rn.
17
f.; [X.]/[X.], ZPO, 31.
Aufl., §
249 Rn.
5
f.; vgl. [X.], Urteil vom 4.
Oktober 1984

VII
ZR 342/83,
[X.]Z 92, 251, 257).

b) Nach dem Beitritt hat der Dritte die Stellung eines Nebenintervenien-ten (§
74 Abs.
1 ZPO). Während
das Ausgangsverfahren gemäß §
8 Abs.
1 Satz
1 [X.] im Hinblick auf ein Musterverfahren ausgesetzt ist, kann er sei-ne Beteiligungsrechte gemäß §
11 Abs.
1 Satz
1 [X.] i.V.m.
§
67 Halbs.
2 ZPO auch im Musterverfahren wahrnehmen. Im Aussetzungsbeschluss ist er als Nebenintervenient aufzuführen, damit er seine Beteiligungsrechte im Mus-terverfahren nachweisen kann.
aa) Zwar hat der Dritte im Musterverfahren
nicht die Stellung eines Bei-geladenen im Sinne des §
9 Abs.
1 Nr.
3 [X.]. Das [X.] misst diese verfahrensrechtliche Position nur den Klägern der Ausgangsverfahren zu, die nicht zum [X.] ausgewählt wurden (§
9 Abs.
3 [X.]). Auch eine analoge Anwendung des §
9 Abs.
1 Nr.
3 [X.] scheidet aus (KK-[X.]/
6
7
8
-
5 -
[X.], 2.
Aufl., §
9 Rn.
47; aA Vorwerk/Wolf/[X.], [X.], §
8 Rn.
43). Die Regelungen, die das [X.] für Beigeladene trifft, sind auf die Rechtsstel-lung eines
Nebenintervenienten, der nur als Dritter
beteiligt ist und nur fremde Rechte wahrnehmen kann, nicht zugeschnitten. Auch wenn die Beigeladenen in Bezug auf den [X.] ebenfalls eine unterstützende Rolle einnehmen und denselben Beschränkungen wie ein einfacher Nebenintervenient unterlie-gen (§
14 [X.]), so räumt
ihnen das [X.] aufgrund der Tatsache, dass sie [X.] der ausgesetzten [X.] sind, weitergehende Rechte ein. Beigeladene können einen Antrag zur Erweiterung des [X.] stellen (§
15 Abs.
1 [X.]), sie müssen zustimmen, wenn das Verfahren oh-ne [X.] beendet werden soll (§
13 Abs.
5 Satz
1 [X.]),
und ein vom Gericht genehmigter Vergleich wird nicht wirksam, wenn mindestens 30% der Beigeladenen den Austritt erklären (§
17 Abs.
1 Satz 4, §
19 [X.]). [X.] können die Beigeladenen aus eigenem Recht Rechtsbeschwerde gegen den [X.] einlegen (§
20 Abs.
1 Satz
4 [X.]) oder der Rechts-beschwerde eines anderen Beteiligten beitreten (§
20 Abs.
3 Satz
1 [X.]).
[X.]) [X.] der ausgesetzten Ausgangsverfahren [X.] aber gemäß §
11 Abs.
1 Satz
1 [X.] i.V.m. §
67 Halbs.
2 ZPO auch im Kapitalanleger-Musterverfahren die Rechte der unterstützten [X.] wahrneh-men, soweit sie sich zu dieser nicht in Widerspruch setzen. Die Regelung des §
9 [X.] lässt nicht erkennen, dass eine weitere Unterstützung der [X.] durch Dritte oder eine Unterstützung der Beigeladenen durch Dritte ausgeschlossen sein soll. Die Anwendung des §
67 Halbs.
2 ZPO auf den [X.]sabschnitt des [X.] ist auch geboten, um die Interventions-wirkung des §
68 ZPO zwischen Nebenintervenient und unterstützter [X.] nicht leer laufen zu lassen. Ohne Beteiligungsmöglichkeit im Musterverfah-ren könnte der Nebenintervenient im Folgeprozess hinsichtlich der Umstände, die im Erstprozess aufgrund der Bindungswirkung des §
22 Abs.
1 Satz
1 und 9
-
6 -
Satz
2, Abs.
2, Abs.
3 [X.] der Entscheidung zu Grunde gelegt worden sind, einwenden, er habe insoweit keine Angriffs-
und
Verteidigungsmittel gel-tend machen können (§
74 Abs.
1,
§
68
ZPO).

Die entsprechende Anwendung des §
67 Halbs.
2 ZPO auf das [X.] nach dem [X.] führt dazu, dass der Nebenintervenient in diesem Verfahrensabschnitt grundsätzlich die Rechte wahrnehmen kann, die der im Ausgangsverfahren unterstützten [X.] dort als Beteiligter zukommen. [X.] kann der Nebenintervenient eines Beteiligten des [X.] für diesen gemäß §
20 Abs.
1 [X.] Rechtsbeschwerde einlegen oder der Rechtsbeschwerde eines anderen Beteiligten gemäß §
20 Abs.
3 [X.] bei-treten. Dabei ist
jedoch zu beachten, dass er sich zu den Erklärungen des [X.] Beteiligten nicht in Widerspruch setzen darf. Das Recht zum Beitritt steht nur denjenigen Beteiligten zu,
die keine Rechtsbeschwerde eingelegt ha-ben (§
20 Abs.
3 Satz
1 [X.]). Hat der unterstützte Beteiligte selbst Rechtsbeschwerde eingelegt, stünde ihm selbst kein Recht zum Beitritt zu, so dass eine Beitrittserklärung des Nebenintervenienten für ihn ins Leere ginge. Ebenso verliert eine für den
unterstützten Beteiligten
eingelegte Rechtsbe-schwerde des Nebenintervenienten ihre Wirkung, wenn der Beteiligte später dem Rechtsbeschwerdeverfahren eines anderen Beteiligten beitritt. Dann kann sich der Nebenintervenient nur noch dem Beitritt anschließen. Die von ihm ein-gelegte Rechtsbeschwerde wäre, falls gegenteilige Anhaltspunkte fehlen, ent-sprechend umzudeuten.
cc) Auch im Musterverfahren gilt die allgemein anerkannte Einschrän-kung, dass der Nebenintervenient den Streitgegenstand weder ändern noch über diesen
materiell verfügen darf (vgl. [X.], ZPO, 23.
Aufl., §
67 Rn.
5, 7; [X.]/Vollkommer, ZPO, 31.
Aufl., §
67 Rn.
9a, 11).
Für das Mus-terverfahren nach dem [X.] bedeutet
dies, dass er
weder einen Erweite-10
11
-
7 -
rungsantrag gemäß §
15 [X.] stellen, noch einen Vergleich schließen (§
17 [X.]) oder für den Beigeladenen den Austritt aus dem Vergleich (§
19 [X.]) erklären
kann.
[X.]) Aus den Besonderheiten des [X.] ist [X.] eine weitere Einschränkung abzuleiten. Denjenigen, die sich an dem [X.] als Nebenintervenient beteiligen,
kann keine stärkere verfahrensrechtli-che Position als den Beigeladenen im Sinne des §
9 Abs.
1 Nr.
3 [X.] [X.], die ebenfalls den [X.] unterstützen, jedoch [X.] der Aus-gangsrechtsstreite sind (insoweit zutreffend Vorwerk/Wolf/[X.], [X.], §
8 Rn.
43). Das hat eine entscheidende Konsequenz für das Rechtsbeschwerde-verfahren gemäß § 20 [X.]. Dort ist der Nebenintervenient in Ausnahme vom sonst geltenden Grundsatz (vgl. [X.], ZPO, 23.
Aufl., §
67 Rn.
21; [X.]/Schütze/[X.], ZPO, 3.
Aufl., §
67 Rn.
50, 71; [X.]/
Vollkommer, ZPO, 31.
Aufl., §
71 Rn.
9) nicht ohne weiteres ebenfalls zuzuzie-hen.
(1) Während die Kläger der ausgesetzten Ausgangsverfahren, die nicht zum [X.] ausgewählt wurden,
am erstinstanzlichen Musterverfahren kraft Gesetzes als Beigeladene
teilnehmen (§
9 Abs.
1 Nr.
3, Abs.
3
[X.]), ändert sich ihre
verfahrensrechtliche Position im
Rechtsbeschwerdeverfahren gemäß §
20 [X.]. In der [X.] ist ein Beigeladener nur dann zu beteiligen, wenn er entweder selbst innerhalb der Monatsfrist des §
575 Abs.
1 Satz
1 ZPO durch einen beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt Rechtsbeschwerde eingelegt hat
oder innerhalb der Frist des §
20 Abs.
3 Satz
1 [X.] der Rechtsbeschwerde eines anderen Beteiligten beigetreten ist. Anderenfalls wird das Rechtsbeschwerdeverfahren ohne Rück-sicht auf ihn fortgesetzt (§
20 Abs.
4 Satz
1 [X.]). Ihm
werden dann weder Schriftsätze noch gerichtliche Zwischenentscheidungen übermittelt. Dadurch 12
13
-
8 -
soll erreicht werden, dass das Rechtsbeschwerdeverfahren nur mit denjenigen Beigeladenen fortgesetzt wird, die sich

unter Übernahme von anteiligem
Kos-tenrisiko (§
26 Abs.
1 [X.])

fristgemäß für eine aktive Teilnahme erklärt haben (vgl. BT-Drucks. 15/5091, S.
30 li. [X.]. zu §
15 Abs.
2 [X.] aF). Das Erfordernis eines fristgemäßen Beitritts bezweckt die Verschlankung des Rechtsbeschwerdeverfahrens und dient damit der Verfahrenskonzentration und -beschleunigung (KK-[X.]/Rimmelspacher, 2.
Aufl., §
20 Rn.
53, 73).
(2) Diese Erwägungen treffen erst recht auf die Nebenintervenienten zu, die an den ausgesetzten Ausgangsverfahren nur als Dritte beteiligt sind und denen daher keine stärkere verfahrensrechtliche Position als den Beigeladenen zukommen kann. Um auch zum Rechtsbeschwerdeverfahren als [X.] zugezogen zu werden, müssen sie daher entweder innerhalb der Frist des §
575 Abs.
1 Satz
1 ZPO für den unterstützten Beteiligten durch einen beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt Rechtsbeschwerde einlegen
oder innerhalb der Frist des §
20 Abs.
3 Satz
1 [X.] für diesen
der Rechts-beschwerde eines anderen Beteiligten beitreten. Hat
die unterstützte [X.] selbst Rechtsbeschwerde eingelegt, muss sich der Nebenintervenient dieser durch einen beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt in entspre-chender Anwendung des §
20 Abs.
3 Satz
1 [X.] innerhalb der für einen Beitritt laufenden Frist anschließen. Dasselbe gilt, wenn die unterstützte [X.] ihr Recht zum Beitritt ausgeübt hat. Dann muss sich der Nebenintervenient
die-sem Beitritt ebenfalls innerhalb der Frist des §
20 Abs.
3 Satz
1 [X.] [X.]. Anderenfalls wird das Verfahren ohne Rücksicht auf ihn fortgesetzt (§
20 Abs.
4 Satz
1 [X.] analog).
2. Darüber hinaus sind die Vorschriften der §§
66
ff. ZPO nicht analog anwendbar. Das Musterverfahren nach dem [X.] ist nicht interventionsfä-hig. Ein auf den [X.] bezogener Beitritt 14
15
-
9 -
und eine auf den [X.] bezogene Streit-verkündung sind nicht statthaft
(Vorwerk/Wolf/[X.], [X.], §
8 Rn.
43; Vorwerk/Wolf/[X.], [X.], §
9 Rn.
11; aA KK-[X.]/[X.], 2.
Aufl., §
9 Rn.
48; KK-[X.]/Vollkommer, 2.
Aufl., §
11 Rn.
77
ff.;
Vollkommer, [X.], 3094, 3098; wohl auch [X.], BB 2005, 2249, 2254).
a) Mit dem Musterverfahren nach dem [X.] wird kein bestimmter Rechtsstreit geführt, sondern es wird
lediglich über ein Muster von Rechtsfra-gen und Tatsachen mit Bindungswirkung für alle ausgesetzten Verfahren ent-schieden (KK-[X.]/[X.], 2.
Aufl., §
9 Rn.
42). Wie §
24 Abs.
2 [X.] zeigt, bildet es daher einen Abschnitt aller ausgesetzten Ausgangsver-fahren (Senatsbeschluss vom 22.
November 2016

XI
ZB 9/13, [X.], 327 Rn.
52; KK-[X.]/[X.], 2.
Aufl., §
9 Rn.
2; Vorwerk/Wolf/[X.], [X.], §
8
Rn.
6, Rn.
43). [X.] und [X.] nach §§
66 ff. ZPO können aber nicht auf einen bestimmten zeitlichen Verfahrensab-schnitt beschränkt werden ([X.]/Schütze/[X.], ZPO, 3.
Aufl., §
66 Rn.
87). Rechtsstreit im Sinne des §
66 Abs.
1 ZPO und §
72 Abs.
1 ZPO ist daher allein der im Hinblick auf das Musterverfahren ausgesetzte Ausgangs-rechtsstreit.
Anders als im selbständigen Beweisverfahren gemäß §§
485
ff. ZPO (vgl. [X.], Urteil vom 5.
Dezember 1996

VII
ZR 108/95, [X.]Z 134, 190, 192
ff.; [X.], Beschluss vom 12.
Juli 2012

VII
ZB 9/12, [X.]Z 194, 68 Rn.
6 mwN) ist eine analoge Anwendung der Vorschriften über die [X.] und [X.] hier auch nicht erforderlich, um die hiermit intendierten Zielsetzungen zu erreichen. Die konkreten [X.] sind bereits rechtshängig. Der Dritte kann dort einer [X.] beitreten und dann

wie oben unter [X.]) dargelegt

gemäß §
11 Abs.
1 [X.] i.V.m. §
67 Halbs.
2 ZPO 16
17
-
10 -
deren Rechte im Musterverfahren wahrnehmen. Dem rechtskräftigen Urteil des Ausgangsrechtsstreits kommt auch hinsichtlich der tragenden Feststellungen, die auf Feststellungen des [X.]s beruhen, nach Maßgabe des §
68 ZPO [X.] für den Folgeprozess zu. Umgekehrt können die [X.] des [X.] in ihrem ausgesetzten Ausgangsrechtsstreit dem [X.] den Streit verkünden, damit das dortige
Urteil Bindungswirkung gemäß §
74 Abs.
3, §
68 ZPO entfaltet.
b) Es ist auch nicht geboten, die Feststellungen des [X.]s unabhängig vom Ausgang der ausgesetzten Ausgangsverfahren auf den [X.] zwischen der Musterpartei und dem [X.] zu erstrecken. Ein Inter-ventionsgrund ließe sich nur aus dem Streitgegenstand des [X.] und nicht allein aus den Feststellungszielen des [X.] ablei-ten.
Der Begriff des rechtlichen
Interesses im Sinne des §
66 Abs.
1 ZPO setzt voraus, dass der Nebenintervenient zur unterstützten [X.] oder zum [X.] in einem Rechtsverhältnis steht, auf das die Ent-scheidung des Rechtsstreits durch ihren Inhalt oder durch ihre Vollstreckung unmittelbar oder auch nur mittelbar rechtlich einwirkt ([X.], Beschlüsse vom 24.
April 2006

II
ZB 16/05, [X.], 1252 Rn.
8, vom 10.
Februar 2011

I
ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn.
10 und vom 18.
November 2015

VII
ZB 57/12, [X.], 532 Rn.
13). Ein solches "Obsiegen"
gibt es im Kapitalanleger-Musterverfahren jedoch nicht. Der [X.] bewirkt nur, dass die [X.] der ausgesetzten Verfahren nach Maßgabe der Regelungen in §
22 Abs.
1 Satz
1 und Satz
2, Abs.
2, Abs.
3 [X.] an die dort getroffenen Feststellungen zu einzelnen anspruchsbegründenden oder anspruchsaus-schließenden Voraussetzungen oder Rechtsfragen (§
2 Abs.
1 Satz
1 [X.]) gebunden sind. Für die dort zu treffende Entscheidung des Rechtsstreits kann 18
19
-
11 -
es auf weitere, individuelle Fragestellungen ankommen. Kläger, die nicht zum [X.] ausgewählt wurden, können sich unter den Voraussetzungen des §
22 Abs.
3 [X.] der Bindungswirkung zudem entziehen. Die [X.] Bindungswirkung allein berührt die Rechtsposition des [X.] noch nicht. Sein Interesse, dass die im Musterverfahren gestellten Fragen in einer bestimmten Weise beantwortet werden, ist mithin rein tatsächlicher oder wirt-schaftlicher Natur und würde ebenso wenig ausreichen, um einen gesonderten, auf den Streitgegenstand des [X.] bezogenen
Interventionsgrund zu begründen, wie der denkbare Umstand, dass im Musterverfahren und einem Folgeprozess dieselben Ermittlungen angestellt werden müssen oder über gleichgelagerte Rechtsfragen zu entscheiden ist (vgl. [X.], Beschlüsse
vom 24.
April 2006

II
ZB 16/05, [X.], 1252 Rn.
8, 12 und vom 10.
Februar 2011

I
ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn.
10).
In Fällen der [X.] gemäß §
72 ZPO

wie hier

kann die [X.] nur aufgrund der Tatsache, dass der Ausgangsrechtsstreit für sie un-günstig ausgeht, glauben, einen Anspruch gegen einen [X.] zu haben, oder den Anspruch eines [X.] besorgen, und nicht allein deshalb, weil die Vorla-gefragen in einer bestimmten Weise beantwortet werden.
c) Schließlich wäre es mit dem Charakter des [X.] als Vorlageverfahren auch unvereinbar, wenn dort nach ei-nem Antrag auf Zurückweisung einer [X.] in einem Zwischen-streit unter den [X.]en des [X.] und dem Nebenintervenienten darüber entschieden werden müsste, ob ein aus dem Streitgegenstand des Ausgangsverfahrens abzuleitender Interventionsgrund besteht (§
71 ZPO). Ein solcher Zwischenstreit ist im Kapitalanleger-Musterverfahren nicht statthaft.

20
21
-
12 -
3. Eine [X.]sschrift, die

wie hier

eine in dem betroffenen Verfahren generell unstatthafte
[X.] bewirken soll, ist vom Gericht nicht gemäß §
73 Satz
2 ZPO zuzustellen.
Zwar ist die Zulässigkeit der [X.] grundsätzlich nicht im Erstprozess, in dem der Streit verkündet wird, sondern erst im [X.] zwischen dem [X.] und dem [X.] zu prüfen (st.Rspr.; vgl. [X.], Beschluss vom 8.
Februar 2011

VI
ZB 31/09, [X.]Z 188, 193 Rn.
7 mwN). In der Rechtsprechung des [X.] war jedoch bereits vor Einfügung des heutigen §
72 Abs.
2 ZPO anerkannt, dass die Zu-stellung einer [X.]sschrift, die eine generell unzulässige Streitver-kündung an einen gerichtlich bestellten Sachverständigen bewirken soll, vom Gericht zu verweigern ist ([X.], Beschlüsse vom 27.
Juli 2006

VII
ZB 16/06, [X.]Z 168, 380 Rn.
14 und vom 19.
Dezember 2006

VIII
ZB 49/06, [X.], 919 Rn.
5). Durch das [X.] vom 22.
Dezember 2006 ([X.] I S.
3416) hat der Gesetzgeber durch Einfügen des neuen §
72 Abs.
2 ZPO gesetzlich geregelt, dass das Gericht und gerichtlich bestellte Sachverständige nicht "Dritte" im Sinne des §
72 Abs.
1 ZPO sind, und diesen Personen, denen gegenüber eine [X.] aufgrund ihrer [X.] am Verfahren generell ausgeschlossen ist, eine [X.]sschrift bereits nicht zuzustellen ist (vgl. BT-Drucks.
16/3038, S.
36
ff.).
Diese Erwägungen gelten erst recht, wenn die [X.], die mit Zustellung der [X.]sschrift bewirkt werden soll, generell unstatthaft ist, weil das betroffene Verfahren nicht interventionsfähig ist. Vor Zustellung der [X.]sschrift ist zu prüfen, ob die Vorschriften der §§
66
ff. ZPO zur [X.] und [X.]

und damit auch die Regelung des §
73 Satz
2 ZPO

in dem Verfahren, in dem die Zustellung erfolgen soll, über-haupt anwendbar sind (für das Grundbuchverfahren BayObLG, Beschluss vom 22
23
24
-
13 -
11.
Januar 1980

[X.], [X.] 1980, 8, 12). Die Frage,
ob ein Rechtsstreit seiner Art nach einer [X.] oder [X.] zu-gänglich ist, steht nicht zur Disposition der [X.]en ([X.]/Schütze/
[X.], ZPO, 3.
Aufl., §
66 Rn.
85). Es besteht kein Anlass, einem [X.] Kenntnis von einem Verfahren zu verschaffen, obwohl der
Beitritt zu diesem Verfahren, ohne dass es auf einen

ebenfalls unstatthaften

Antrag auf Zu-rückweisung des Beitritts nach §
71 ZPO ankäme, ins Leere ginge.

Ellenberger
[X.]
Menges

Derstadt
Dauber

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.09.2010 -
22 OH 17735/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 15.12.2014 -
KAP 3/10 -

Meta

XI ZB 13/14

19.09.2017

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.09.2017, Az. XI ZB 13/14 (REWIS RS 2017, 5137)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5137

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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