Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.07.2005, Az. VIII ZR 342/03

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 2481

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 20. Juli 2005 [X.] , Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB §§ 275, 535 Wären die erforderlichen Aufwendungen für die Beseitigung eines Mangels einer Wohnung im Bereich des Gemeinschaftseigentums voraussichtlich unverhältnismä-ßig hoch und würden sie die "[X.]" für den Vermieter übersteigen, kann der Mieter vom Vermieter nicht die Beseitigung des Mangels verlangen. Grundsätzlich steht dem Verlangen einer Mangelbeseitigung jedoch nicht entgegen, daß der [X.] der Eigentumswohnung die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer herbeiführen muß. [X.], Urteil vom 20. Juli 2005 - [X.] - [X.] AG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juli 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richter Dr. [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des Beklagten wird das Teilurteil der [X.] des [X.] vom 9. September 2003 aufgeho-ben, soweit der Beklagte verurteilt worden ist,

- die Feuchtigkeit sowie die Feuchtigkeitsschäden im Durchgang zum [X.] sowie zur Tiefgarage des [X.]

, [X.], fachgerecht zu beseitigen;
- durch fachgerechte Maßnahmen sicherzustellen, daß bei [X.] kein Wassereintritt in den Durchgang zum [X.] und zur Tiefgarage des [X.], [X.]

, erfolgt.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen Tatbestand:
- 3 - Die Kläger sind aufgrund eines Vertrages vom 25. April 2001 Mieter, der Beklagte ist Vermieter einer Wohnung im [X.]

in [X.] . Zur Wohnung gehören ein [X.]raum, ein Pkw-Stellplatz sowie ein wei-terer Stellplatz in der Tiefgarage der Anlage.

Mit ihrer Klage haben die Mieter vom Beklagten die Beseitigung ver-schiedener behaupteter Mängel verlangt sowie die Feststellung, daß sie zur Minderung der Miete in bestimmter Höhe berechtigt seien. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] die Kläger durch Teilurteil zur Minderung der Miete im dort näher bezeichneten Umfang für berechtigt erklärt und den Beklagten unter anderem verurteilt, - die Feuchtigkeit sowie die Feuchtigkeitsschäden im Durchgang zum [X.] sowie zur Tiefgarage des [X.]

, [X.] , fachgerecht zu beseitigen,
- durch fachgerechte Maßnahmen sicherzustellen, daß bei Regenfällen kein Wassereintritt in den Durchgang zum [X.] und zur Tiefgarage des [X.] , [X.] , erfolgt.
Mit der vom [X.] zugelassenen Revision wendet sich der Beklagte ge-gen seine Verurteilung zu den beiden vorbezeichneten Verpflichtungen.

- 4 - Entscheidungsgründe:
[X.]

Das [X.] hat von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststel-lungen in dem angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen "gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO" abgesehen.

Zur Sache hat es ausgeführt:

Die starke Feuchtigkeit im [X.] vom Haus zum [X.] und zur Tiefgarage sei als Mangel im Sinne des § 536 BGB anzusehen. Insofern sei unstreitig, daß sich regelmäßig über lange Zeiträume Wasser in diesem Bereich sammle. Diesen Bereich müßten die Kläger passieren, um in ihren [X.] bzw. zu ihrem Pkw in der Tiefgarage zu gelangen. Eine [X.] zum Zeitpunkt des Mietvertragsbeginns sei nicht dargetan. Der Mangel sei daher zu beseitigen. Der Einwand, dies sei unzumutbar teuer, sei nicht durch Bezifferung der Beseitigungskosten substantiiert worden.

I[X.]
Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Erwägungen des Berufungsgerichts, wonach der Beklagte zur Be-seitigung der Feuchtigkeit und Feuchtigkeitsschäden im [X.] zum [X.] und zur Tiefgarage sowie zur Verhinderung künftigen [X.] - tritts an dieser Stelle durch geeignete Maßnahmen verpflichtet ist (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB), sind von [X.] beeinflußt.
1. Das Berufungsurteil unterliegt nicht schon deshalb der Aufhebung, weil es keinen Tatbestand enthält. Allerdings ist das Berufungsgericht zu Un-recht davon ausgegangen, daß ein Tatbestand oder die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen in dem Urteil der Vorinstanz gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO entbehrlich ist. Ein mit der Nichtzulassungs-beschwerde anfechtbares Urteil erfüllt nicht die Voraussetzung dieser Vor-schriften, daß ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist (vgl. [X.] 156, 97, 100), und muß deshalb die zu einer revisionsrechtli-chen Nachprüfung erforderlichen tatbestandlichen Darstellungen enthalten ([X.], Beschluss vom 26. Juni 2003 - [X.], NJW 2003, 3208). Der [X.] kann aber dennoch in der Sache entscheiden und von der grundsätz-lich wegen dieses Verfahrensfehlers von Amts wegen vorzunehmenden Auf-hebung des Urteils absehen, weil sich der Sach- und Streitstand aus den Entscheidungsgründen in einem für die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfragen noch ausreichenden Umfang ergibt ([X.], Urteil vom 22. Dezember 2003 - [X.] ZR 122/03, NJW-RR 2004, 494 = [X.], 1403 mit weiteren Nachw.; vgl. für § 543 ZPO a.F. Urteil vom 17. Januar 2002 - [X.], NJW-RR 2002, 743).

2. Zu Recht rügt die Revision, das [X.] habe den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, indem es ent-scheidungserheblichen Tatsachenvortrag zu seinem Nachteil anders als die Vorinstanz beurteilt habe, ohne ihm vorher einen Hinweis nach § 139 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu geben.
- 6 - Nach der Rechtsprechung des [X.] darf eine Partei, wenn das Erstgericht ein Vorbringen als schlüssig angesehen hat, darauf ver-trauen, daß eine davon abweichende Auffassung des Berufungsgerichts ihr rechtzeitig durch einen Hinweis mitgeteilt wird ([X.], Urteil vom 25. Mai 1993 - [X.], NJW-RR 1994, 566 unter [X.]). Das Berufungsgericht hat diese Hinweispflicht in verfassungsrechtlich nicht hinnehmbarer Weise verletzt. Das Erstgericht hatte im Zusammenhang mit den von den Klägern behaupteten Feuchtigkeitsschäden und dem Eintritt von Wasser ausgeführt:

"Eine vollständige Sanierung des Durchganges würde nur mit ei-nem so hohen Aufwand möglich sein, daß der daraus resultieren-de Vorteil für die Kläger in keinem Verhältnis stünde. Nur durch eine vollständige Erneuerung der Betonwanne unter dem Haus wäre letztlich sicherzustellen, daß überhaupt kein Wasser mehr eintritt. Dies würde aber den Abriß und Neuaufbau des Hauses erfordern, wozu der Vorteil für die Kläger bei jedem Wetter tro-ckenen Fußes zu ihrem Pkw zu gelangen in keinem Verhältnis steht. ..."

Das Berufungsgericht hat seine Annahme, der Beklagte sei zur Beseiti-gung dieser Mängel verpflichtet, unter anderem damit begründet, daß der [X.] des Beklagten, dies sei zu teuer, nicht durch Bezifferung der [X.] substantiiert sei. Einen entsprechenden Hinweis hat das Berufungsgericht dem Beklagten vorher nicht erteilt.

Die Revision hat die Verfahrensrüge ordnungsgemäß ausgeführt. Sie trägt vor, der Beklagte hätte - wäre ein Hinweis erteilt worden - behauptet, daß die Feuchtigkeit im wesentlichen aus dem Erdreich durch die Wanne in den [X.] bzw. in den Durchgang zur Tiefgarage eintrete und daß die Kosten für die von dem Gutachter empfohlene Sanierung rund 100.000 •, ohne Erdarbeiten rund 65.000 • bis 75.000 • betragen würden. Zur Höhe des [X.] - [X.] hatte sich der Beklagte auch bereits in erster Instanz unter Beweisantritt - Gutachten eines Sachverständigen - geäußert.

Auf diesem Rechtsfehler beruht das Berufungsurteil; denn es ist nicht ausgeschlossen, daß eine Beseitigungspflicht bei einem derart hohen Aufwand entfallen würde. Es entsprach schon bisher der Rechtsprechung des [X.], daß die Verpflichtung des Vermieters zur Wiederherstellung der [X.] dort endet, wo der dazu erforderliche Aufwand die "[X.]" über-steigt ([X.], Urteil vom 26. September 1990 - [X.] ZR 205/89, [X.], 546 unter [X.] a, m.w.Nachw.; siehe auch [X.] in: Bub/[X.], Handbuch der [X.] und Wohnraummiete, 3. Aufl., [X.] III B Rdnr. 1286). Dieses Ergebnis ist nunmehr aus § 275 Abs. 2 BGB herzuleiten ([X.]/Schilling, 4. Aufl., § 535 Rdnr. 110). Wann diese Zumutbarkeitsgrenze überschritten ist, muß zwar von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteiinte-ressen wertend ermittelt werden ([X.], [X.], 307 f.). Doch darf kein krasses Mißverhältnis entstehen zwischen dem Reparaturaufwand einer-seits und dem Nutzen der Reparatur für den Mieter sowie dem Wert des Mietob-jekts und den aus ihm zu ziehenden Einnahmen andererseits ([X.]/Schilling, aaO, Rdnr. 109 m.w.Nachw.).

3. Mit Erfolg wendet sich die Revision auch dagegen, daß das [X.] den Beklagten zu einer Leistung verurteilt hat, bei der nach jetzigem Sach- und Streitstand nicht ausgeschlossen werden kann, daß es dem Beklagten un-möglich ist, diese zu erbringen (§ 275 Abs. 1 BGB).

Die Revision beruft sich auf die - auch nach dem Vorbringen der Parteien in den Vorinstanzen - naheliegende Annahme, daß es sich bei der vermieteten - 8 - Wohnung um eine dem Beklagten gehörende Eigentumswohnung in einer grö-ßeren Wohnanlage handelt. Ist dies der Fall, dann hat das [X.] den [X.] zu einer baulichen Maßnahme im Bereich von Gemeinschaftseigentum verurteilt. Der Beklagte ist als Eigentümer einer Wohnung grundsätzlich nicht berechtigt, Arbeiten am Gemeinschaftseigentum vorzunehmen, denn nach § 21 Abs. 1 [X.] steht die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums den [X.] nur gemeinschaftlich zu. Lediglich unter den Voraussetzun-gen des § 21 Abs. 2 [X.] darf der einzelne Wohnungseigentümer ohne Zu-stimmung der anderen Eigentümer Maßnahmen ergreifen, die zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens [X.] sind. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das [X.] nicht festgestellt.

Allerdings ist der Mieter einer Eigentumswohnung nicht daran gehindert, einen ihm gegenüber seinem Vermieter zustehenden Instandsetzungsanspruch gerichtlich durchzusetzen, auch wenn es hinsichtlich der Instandsetzung noch an einem Beschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft nach den Regelun-gen der §§ 21, 23 [X.] fehlt (KG [X.], 376 f.; [X.]/Schilling, aaO, Rdnr. 109). § 21 Abs. 4 [X.] gewährt dem einzelnen [X.] einen Rechtsanspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf Mitwir-kung an einer Verwaltung, die dem Interesse der Gesamtheit der [X.] nach billigem Ermessen entspricht. Gegebenenfalls ist sodann der einzelne Wohnungseigentümer verpflichtet, die Mitwirkung der anderen [X.] gerichtlich einzuklagen. Vorliegend könnte jedoch die Beseiti-gung des Wassereintritts - sofern die Aufwendungen hierfür die genannte [X.] erreichen - nicht mehr dem Interesse der Wohnungseigentümer entsprechen. In diesem Fall hätte der Beklagte keine Möglichkeit, die ihm aufer-- 9 - legte Verpflichtung gegenüber den anderen Wohnungseigentümern durchzuset-zen.

- 10 - II[X.]
Das angegriffene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Es ist [X.] (§ 562 ZPO), und die Sache ist, da noch weitere Feststellungen zu der vom Beklagten behaupteten Höhe der Instandsetzungskosten zu treffen sind, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

[X.] Dr. [X.] [X.]
[X.] [X.]

Meta

VIII ZR 342/03

20.07.2005

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.07.2005, Az. VIII ZR 342/03 (REWIS RS 2005, 2481)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 2481

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