Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.07.2012, Az. 2 StR 154/12

2. Strafsenat | REWIS RS 2012, 4293

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2
StR 154/12
vom
25. Juli 2012
in der Strafsache
gegen

wegen
Untreue

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2
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Der 2. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. Juli 2012 gemäß §
349 Abs.
2 [X.] beschlossen:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 3. November 2011 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-gen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten
wegen wettbewerbsbeschränken-der Absprachen bei Ausschreibungen in 14 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 270 Tagessätzen zu je 80,-

Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

I.

Nach
den Feststellungen des [X.]s war der Angeklagte seit 1990 Geschäftsführer der heutigen kommunalen Wohnungsgesellschaft O.

mbH ("K.

") in [X.]

, die die Vermietung und Verwaltung von Immobilien zum Gegenstand hatte.
Die Ehefrau des Angeklagten und der [X.] G.

waren ab 1994 Gesellschafter und Geschäftsführer der [X.]

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GmbH, die den [X.] und die Montage von Bauelementen sowie Baure-paraturen durchführte. Die K.

arbeitete von Beginn an eng mit der [X.]

GmbH zusammen; bei Fenster-
und Trockenbauarbeiten erhielt diese fast aus-nahmslos die von der K.

zu vergebenden Aufträge. Als sich die Auftragslage für die [X.]

GmbH im Jahr 2005 verschlechterte, entschlossen sich die Ehefrau des Angeklagten und der Zeuge G.

unter Beteiligung des Angeklagten, bei Ausschreibungen der K.

den Wettbewerb dadurch zu [X.], dass neben einem Angebot der [X.]

GmbH nur fingierte [X.] abgegeben werden sollten. In Umsetzung dieses Plans sorgte der [X.] von Februar 2006 bis März 2008 bei vierzehn beschränkten Aus-a-für, dass neben der [X.]

GmbH nur die Handwerker L.

und Go.

in den Bieterkreis aufgenommen wurden. Zu Recht ging er dabei davon aus, dass beide kein eigenes Interesse an einem Auftrag der K.

hatten. Der Zeuge G.

ließ die von der Ehefrau des Angeklagten für die beiden [X.] ausgepreisten Leistungsverzeichnisse von L.

und Go.

unter-schreiben und abstempeln. Das von der [X.]

GmbH abgegebene Angebot lag jeweils unter dem der beiden vermeintlichen Mitbieter, weshalb die [X.]

GmbH in neun der vierzehn verfahrensgegenständlichen Fällen den Zuschlag erhielt (Fälle II. 1-9), während es in fünf Fällen (Fälle [X.]) nicht mehr zu einer Auftragserteilung kam.

II.

Die Verurteilung wegen wettbewerbsbeschränkender Absprachen in 14 Fällen hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

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1. Insbesondere hat das [X.] die zwischen dem Angeklagten, seiner Ehefrau und dem Zeugen G.

getroffenen Absprachen zutref-fend als vom Tatbestand des § 298 Abs. 1 StGB erfasst angesehen. Dieser setzt bei einer Ausschreibung über Waren oder gewerbliche Leistungen die Ab-gabe eines Angebots voraus, das auf einer rechtswidrigen Absprache beruht, die darauf abzielt, den Veranstalter zur Annahme eines bestimmten Angebots zu veranlassen. Rechtswidrig ist eine Absprache, wenn sie gegen das [X.] verstößt (BGHSt 49, 201, 205). Gemäß § 1 [X.] in der seit dem 1. Juli 2005 geltenden Fassung ([X.] 1954 und 2114) sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des [X.] bezwecken, verboten. Nach § 1 [X.] in der bis zum 30. Juni 2005 geltenden Fassung galt dies nur, soweit die Unternehmen miteinander im Wettbewerb standen. Erfasst waren demnach nur horizontale Absprachen zwischen Unternehmern, nicht aber vertikale Absprachen zwischen einem Anbieter und dem Veranstalter (BGHSt 49, 201, 204 ff.; bestätigend [X.] NStZ 2006, 687). Durch die Novellierung sind nunmehr neben horizontalen auch vertikale Absprachen erfasst ([X.]. 15/3640 S. 44). Zutreffend nimmt daher inzwischen die ganz herrschende Lehre an, dass dem Tatbestand des §
298 Abs. 1 StGB aufgrund der kartellrechtsakzessorischen Ausgestaltung jetzt auch vertikale Absprachen unterfallen [X.] 59.
Aufl. § 298 Rn. 9; [X.] in [X.]. §
298 Rn. 13; [X.] in [X.] § 298 Rn. 84; [X.] in SSW § 298 Rn. 18; [X.] in Schönke/[X.] StGB §
298 Rn. 11; [X.], Die Strafbarkeit gemäß §
298 StGB S. 132; Wunder-lich, Die Akzessorietät des § 298 StGB zum Gesetz gegen [X.]be-schränkungen ([X.]) S. 227; a.[X.] in [X.] 3. Aufl. § 298 Rn.
21). Ungeachtet der hier ebenfalls bestehenden horizontalen Absprachen zwischen den Bieterfirmen [X.]

, L.

und Go.

hat das [X.] 4
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danach zu Recht angenommen, dass die zwischen dem auf Seiten der K.

stehenden Angeklagten und der [X.]

GmbH vorgenommenen vertikalen [X.] den Tatbestand des § 298 Abs. 1 StGB erfüllen.

2. Zutreffend hat das [X.] ferner das Handeln des Angeklagten als täterschaftliche Begehung des § 298 Abs. 1 StGB gewertet. Ob nur Kartell-mitglieder Täter des § 298 StGB sein können, hat der [X.] bisher offen gelassen (BGHSt 49, 201, 208). In der Literatur wird diese
Frage im [X.] kontrovers diskutiert. Die herrschende Lehre nimmt an, dass [X.], insbesondere Personen auf Seiten des Veranstalters, als [X.] des §
298 StGB in Betracht kommen ([X.]. 17b; [X.], [X.] f.; Joecks [X.]. §
298 Rn. 5; [X.] 1997, 397, 402; [X.], Strafrechtliche Bekämpfung wettbewerbsbeschränkender Absprachen bei Ausschreibungen -
§
298 StGB S. 160; [X.]/[X.]/[X.] Strafrecht BT Teilband 2 9.
Aufl. § 68 Rn. 6; [X.] Strafrecht BT II Teilband 2 § 3 Rn. 207; [X.] 61/148; [X.] aaO Rn. 18; [X.] aaO Rn. 17; [X.] in [X.]. ([X.]. April 2000) § 298 Rn. 10). Die Gegenansicht geht im Grundsatz zwar nur von der Möglichkeit einer Teilnahmestrafbarkeit von [X.]n aus (Böse in [X.]/[X.]/Wittig Wirtschafts-
und Steuerstraf-recht § 298 Rn. 24; [X.] in der Praxis Rn. 387; [X.]. in [X.]/[X.], Handbuch des Baustrafrechts § 10 Rn. 100; [X.] in Heint-schel-[X.]gg StGB § 298 Rn. 17; [X.]/[X.] StGB 27. Aufl. § 298 Rn. 6; [X.] aaO § 298 Rn. 47; [X.] aaO Rn. 105 f.; [X.] aaO Rn.
63; [X.]. [X.] 2005, 49, 52), hält teilweise jedoch auch deren Täterschaft für möglich ([X.] aaO Rn. 64a; [X.] aaO 107; so wohl auch [X.] aaO Rn. 47).

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Der Senat vertritt jedenfalls für die vorliegende Fallkonstellation der Be-teiligung eines Veranstalters an einer auf einer Absprache beruhenden [X.] die Auffassung, dass zumindest seit der Neuregelung von § 1 [X.] auch dieser den Tatbestand des §
298 Abs. 1 StGB täterschaftlich verwirklichen kann. Dessen Wortlaut steht einer solchen Auslegung nicht entgegen. Es [X.] sich nicht um ein Sonderdelikt ([X.] aaO Rn. 18; [X.]. 17; [X.] aaO Rn. 17; [X.] aaO Rn. 99; [X.]/[X.] aaO Rn. 6; [X.] aaO Rn. 13; [X.] aaO Rn. 4); Täter kann daher nicht nur derjenige sein, der selbst ein Angebot abgibt. Da seit der Neufassung des § 1 [X.] auch vertikale Absprachen den Tatbestand des § 298 Abs. 1 StGB erfüllen, müssen sich vielmehr auch Veranstalter als Täter strafbar machen können, sofern ihnen nach den allgemeinen Regeln der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme die Abgabe des Submissionsangebots im Sinne des § 25 StGB zurechenbar ist; ansonsten würde der mit der kartellrechtskonformen Ausgestaltung von §
298 StGB verfolgte Zweck -
Vermeidung von Wertungswi[X.]prüchen zwischen Kartellrecht und Strafrecht -
unterlaufen. Auch teleologische Überlegungen sprechen für eine Täterstellung des auf [X.] Handelnden. [X.] der Straftaten gegen den Wettbewerb sind zunächst der freie Wettbewerb (Fischer aaO vor § 298 Rn. 6; [X.]/[X.] aaO Rn. 1; [X.] aaO Rn. 6), daneben nach herrschender Meinung aber auch Vermögensinteressen des Veranstalters ([X.] Dölling/[X.]/[X.] StGB 2. Aufl. § 298 Rn. 4; [X.] 298 Rn. 2; [X.] aaO Vorbem. §§ 298 ff. Rn. 3; Kindhäuser LPK-StGB 4. Aufl. § 298 Rn. 1; [X.] § 3 Rn. 196). Beide Rechtsgüter sind hier betroffen, da die Beteiligung einer Person auf Seiten des Veranstalters an den Absprachen mit den Bieterunternehmen den Wettbewerb durch gezielte Einflussnahme zugunsten eines Bieters einseitig verzerrt und zudem das Ver-mögen des Veranstalters gefährdet.
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3. Im Übrigen ist die Revision des Angeklagten aus den Gründen der [X.] unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 [X.].

Becker Fischer

Schmitt

Berger Eschelbach
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Meta

2 StR 154/12

25.07.2012

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.07.2012, Az. 2 StR 154/12 (REWIS RS 2012, 4293)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4293

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