Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.09.2011, Az. III ZB 25/11

III. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 3043

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]R: ja

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 25/11
vom

22. September 2011

in dem Rechtsstreit

-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat am 29. September 2011 durch den Vizepräsidenten [X.] und [X.], [X.], [X.] und
Tombrink

beschlossen:

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 24.
Zivilsenats des [X.] vom 14.
März 2011 -
24
[X.]
-
wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des [X.] hat die Klägerin
zu tragen.

Der Gegenstandswert für die Rechtsbeschwerde beträgt 19.925

Gründe:

I.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus fehlerhafter Beratung geltend.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Urteil ist dem Prozess-bevollmächtigten der Klägerin am 2.
November 2010 zugestellt
worden. Nach Beauftragung eines anderen Prozessbevollmächtigten hat die Klägerin am 1.
Dezember 2010 Berufung eingelegt. Mit gerichtlicher Verfügung vom 1
2
-

3

-

6.
Januar 2011 ist die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass die Frist zur Begründung der Berufung abgelaufen ist. Am 24.
Januar 2011 hat die Klägerin die Berufung begründet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Zur Begründung des [X.] hat sie geltend ge-macht,
dass ihr Prozessbevollmächtigter im Berufungsverfahren erst am Mor-gen des 1.
Dezember 2010 das Mandat zur Berufungserhebung erhalten habe. Er habe wegen des nahen [X.] am Folgetag unmittelbar Korrespondenz und Urteilsabschrift an seine sehr erfahrene, stets zuverlässige und mit dem Fristenwesen seit 19
Jahren betraute Mitarbeiterin Frau B.

übergeben. Sie habe unverzüglich eine Akte anlegen, nach einem bekannten Muster die Berufungsschrift fertigen, sofort anschließend zur Unterschrift vorlegen und da-nach sogleich per Fax an das zuständige Gericht senden sollen. Entsprechend dieser Anweisung sei verfahren worden. Nach der Übermittlung der Berufungs-schrift nebst Kopie der angefochtenen Entscheidung habe seine Mitarbeiterin weisungsgemäß das [X.] und den Sendebericht vorgelegt. In die-sem Zusammenhang habe sie den Prozessbevollmächtigten der Klägerin ge-fragt, ob die Berufungsfrist noch notiert werden müsse. Da diese Frist nach der Vorlage des den Eingang beim Berufungsgericht bestätigten [X.] zugleich wieder hätte gestrichen werden können, habe der [X.] die Frage verneint. Frau B.

habe anschließend allerdings nicht nur die Berufungsfrist nicht notiert, sondern versehentlich auch nicht die Frist zur Begründung der Berufung nebst Vorfrist. Mangels Eintragung sei keine Wieder-vorlage beim Prozessbevollmächtigten der Klägerin erfolgt
und die Frist ver-säumt worden.

3
-

4

-

Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass die Berufung als unzulässig zu verwerfen gewesen sei, weil
die Berufungsbegründung nicht rechtzeitig beim Gericht eingegangen sei. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand habe nicht gewährt werden können. Die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist sei nicht ohne das Verschulden der Klägerin erfolgt, wobei nach §
85 Abs.
2 ZPO das Verschulden des Prozessbevollmächtigten dem eigenen gleichstehe.
[X.] habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin seiner anwaltlichen Sorgfalt zuwider gehandelt.
Er habe nach Übermittlung der Berufungsschrift an das Berufungsgericht per Fax und anschließender Vorlage des Schriftsatzorigi-nals und des [X.] die Frage seiner Mitarbeiterin, ob die Berufungs-frist noch notiert werden müsse, verneint, ohne sicherzustellen, dass die Beru-fungsbegründungsfrist vermerkt werde. Bei Übernahme eines neuen Mandats gehöre
es
zu den originären anwaltlichen Pflichten, die Handakten unverzüglich selbst auf laufende Fristen zu überprüfen. Das gelte
unabhängig davon, ob ihm bei der Vorlage eines zu unterzeichnenden fristwahrenden Schriftsatzes auch die Handakten vorliegen. Sei das nicht der Fall, habe der Rechtsanwalt sich diese vorlegen zu lassen und zu prüfen, ob eine Frist laufe. Treffe dies zu, ha-be er zu kontrollieren, ob in den Handakten die Eintragung in einen Fristenka-4
5
6
-

5

-

lender vermerkt sei. Diese notwendige Überprüfung habe der [X.] der Klägerin unterlassen.

2.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §
574
Abs.
1 Nr.1, §
522 Abs.
1 Satz
4, §
238 Abs.
2 Satz
1 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig, weil die Rechtssache weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Be-deutung aufwirft, noch die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer [X.] Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§
574 Abs.
2 ZPO). Die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfra-gen sind durch die Rechtsprechung des [X.] bereits geklärt. Das Berufungsgericht hat zu Recht die Berufung als unzulässig verworfen und den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen.

a) Die Berufungsbegründungsfrist ist nicht schuldlos versäumt worden. Das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten muss sich die Klägerin [X.] lassen (§
85 Abs.
2 ZPO). Das Berufungsgericht hat die [X.] nicht überspannt, die an die Sorgfaltspflichten eines [X.]n zu stellen sind. Es gehört zu seinen Pflichten bei der Unterzeichnung der Berufungsschrift, die Notierung der Berufungsbegründungsfrist auf ihre Richtig-keit zu überprüfen und zwar unbeschadet der Frage, ob dem Rechtsanwalt die Berufungsschrift zusammen mit der Handakte vorgelegt wird (vgl. [X.], [X.] vom 23.
September 2009 -
IV
ZB 14/09, BeckRS 2009, 28635 Rn.
5 mwN). Überlässt der Rechtsanwalt die Berechnungen und Notierungen von Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig über-wachten Bürokraft, hat er durch geeignete organisatorische Maßnahmen si-cherzustellen, dass die Fristen festgehalten und kontrolliert werden. Zu den zur Ermöglichung einer Gegenkontrolle erforderlichen Vorkehrungen im Rahmen
der Fristenkontrolle gehört insbesondere, dass die [X.] in der 7
8
-

6

-

Handakte notiert werden und die Handakte durch entsprechende [X.] oder auf sonstige Weise erkennen lässt, dass die Fristen in den Fris-tenkalender eingetragen worden sind. Wird dem Rechtsanwalt die Sache im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung zur Bearbeitung vorgelegt, hat er die Einhaltung seiner Anweisung zur Berechnung und Notie-rung laufender [X.] einschließlich deren Eintragung in den Fris-tenkalender eigenverantwortlich zu prüfen, wobei er sich grundsätzlich auf die Prüfung der Vermerke in der Handakte beschränken darf. Diese anwaltliche Prüfungspflicht besteht auch dann, wenn die Handakte zur Bearbeitung nicht zugleich mit vorgelegt worden ist, so dass in diesen Fällen die Vorlage der Handakte zur Fristenkontrolle zu veranlassen ist ([X.], Beschluss vom 8.
Februar 2010 -
II
ZB 10/09, [X.], 05459 Rn.
7 mwN).

Für den vorliegenden Fall bedeutet das, dass der [X.] der Klägerin bei der Unterzeichnung der Berufungsschrift die Notierung der Berufungsbegründungsfrist anhand der Handakte zu kontrollieren hatte. Dies war ihm noch nicht möglich, da die Handakte zu dem Zeitpunkt noch nicht [X.] und die Fristen
im [X.] noch nicht notiert waren. Dies befreite jedoch den
Rechtsanwalt
nicht von der Pflicht, die ihm obliegende Prüfung nachzuholen. Er hätte daher die Vorlage der Handakten nach Eintragung der Fristen im [X.] veranlassen
müssen. Dies hat er nach eigenem Vor-trag nicht getan, was dazu führte, dass die unterbliebene Eintragung im Fris-tenkalender nicht auffiel.

b) Entgegen der Auffassung der Beschwerde durfte sich der [X.] der Klägerin wegen der ausdrücklichen Nachfrage der Mitarbeite-rin, ob die -
bereits gewahrte
-
Berufungsfrist noch notiert werden müsse, nicht ohne weiteres darauf verlassen, dass die Eintragung der Berufungsbegrün-9
10
-

7

-

dungsfrist erfolge. Zwar darf nach der Rechtsprechung des [X.] ein Rechtsanwalt grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine ausgebildete und bisher zuverlässig tätige Bürokraft eine konkrete Einzelanweisung, auch wenn sie nur mündlich erteilt wird, befolgt und ordnungsgemäß ausführt. Er ist [X.] im Allgemeinen nicht verpflichtet, sich über die Ausführung seiner [X.] zu vergewissern (vgl. im Einzelnen dazu [X.], Beschluss vom 8.
Februar 2010 aaO Rn.
9 mwN). Im vorliegenden Fall ist die Auskunft des [X.]n der Klägerin an seine Bürokraft, die Berufungsfrist brauche nicht notiert zu werden, schon keine auf die Eintragung der Berufungsbegründungs-frist bezogene Einzelanweisung. Davon abgesehen waren aber auch keine Vorkehrungen dagegen getroffen worden, dass diese mündliche Erklärung in Vergessenheit geriet und die Eintragung der Fristen unterblieb ([X.] aaO).
-

8

-

c) Mangels Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist ist die Berufung zu Recht als unzulässig verworfen worden.

[X.]
[X.]
[X.]

[X.]
Tombrink

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.10.2010 -
3 O 25/10 -

OLG Köln, Entscheidung vom 14.03.2011 -
24 [X.] -

11

Meta

III ZB 25/11

22.09.2011

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.09.2011, Az. III ZB 25/11 (REWIS RS 2011, 3043)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3043

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

III ZB 25/11 (Bundesgerichtshof)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nach unterlassener Prüfung des Fristenkalenders


XII ZB 431/13 (Bundesgerichtshof)


VI ZB 46/07 (Bundesgerichtshof)


II ZB 14/17 (Bundesgerichtshof)


II ZB 6/08 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

III ZB 25/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.