Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.06.2005, Az. VIII ZR 344/04

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 2851

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

[X.] [X.] Verkündet am: 29. Juni 2005 Kirchgeßner Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren ge-mäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 20. Mai 2005 durch die [X.] Richterin [X.] und [X.] [X.], Dr. Leimert, [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 24. November 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist, und das Urteil des [X.] vom 29. April 2004 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Parteien schlossen am 13./14. April 1999 einen Mietvertrag über eine im Eigentum des Klägers stehende Wohnung in [X.]

. Der Vertrag lautet auszugsweise wie folgt: - 3 - "...

§ 2 Mietzeit

1. Das Mietverhältnis beginnt voraussichtlich am 1.7.99, jedoch nicht vor Fertigstellung des Objekts. 2. Der Vertrag läuft auf eine Dauer von 10 Jahren (lt. [X.]), siehe § 3 und kann unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 12 Monaten zum Ablauf der Mietdauer gekündigt werden. 3. [X.] ist demnach der 01.07.2009. 4. Wird das Mietverhältnis nicht zu diesem Zeitpunkt gekündigt, wandelt sich der Mietvertrag automatisch in einen unbefristeten um und verlän-gert sich jeweils um ein weiteres Jahr (Kündigungsfrist 12 Monate)." Zugleich vereinbarten die Parteien in einer Anlage zum Mietvertrag eine Staffelmiete. In dieser Anlage heißt es unter anderem: "Das Mietverhältnis beginnt am 01.07.1999 und endet am 01.07.2009 (siehe § 2) gemäß nachfolgender Vereinbarung. [X.] ist bekannt, daß ich mit der Unterschrift der Anlage das [X.] von 10 Jahren eingehe um nachfolgende Mietpreisvergünstigungen (Staffelmiete) zu erhalten. [X.]: Die bis jetzt von Ihnen bezahlte Miete für die Wohnung im 2. Obergeschoß der [X.]in [X.]

bezog sich [X.] auf eine Grundmiete von [X.] 738,00, zuzüglich Nebenkosten. Mit Wirkung ab dem 01.07.2004, darf der vorbezahlte [X.] laut nachfolgender Tabelle erhöht werden. Mit Unterzeichnung des [X.] stimmen Sie dem zu. Es bedarf keiner neuen Zustimmung. Die zuvor bezeichnete Mieterhöhung stützt sich auf § 10 [X.]. 1. - 5. Jahr 738,00 [X.] - 4 - 6. Jahr + 2 % 752,76 [X.] 7. Jahr + 2 % 767,81 [X.] 8. Jahr + 2 % 783,17 [X.] 9. Jahr + 2 % 798,83 [X.] 10. Jahr + 2 % 814,81 [X.]"

Die Beklagten bezogen die Wohnung am 1. Juli 1999. Mit Schreiben vom 30. Januar 2003, das dem Kläger am selben Tag zuging, kündigten die [X.] das Mietverhältnis zum 30. April 2003. Der Kläger antwortete schriftlich am 4. Februar 2003, er betrachte die Kündigung im Hinblick auf die Mietzeitbindung als unwirksam. Am 29. April 2003 räumten die Beklagten die Wohnung und übergaben die dazugehörigen Schlüssel dem Kläger. Mit seiner im Januar 2004 erhobenen Klage hat der Kläger die Miete für die Monate Mai 2003 bis einschließlich Juli 2003 von je 377,33 Euro (738 [X.]) geltend gemacht, insgesamt 1.132 Euro. Das Amtsgericht hat die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 1.131,99 Euro nebst Zinsen verurteilt und in Höhe von 0,01 Euro die Klage [X.]. Im Verfahren auf die von den Beklagten eingelegte Berufung haben diese hilfsweise die Aufrechnung mit einem von ihnen behaupteten, die Klage-forderung übersteigenden Kautionsrückzahlungsanspruch erklärt. Das [X.] hat die Beklagten in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zur Zahlung von 754,66 Euro nebst Zinsen verurteilt und im übrigen die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurück-weisung der Kläger beantragt, verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungs-antrag weiter. - 5 - Entscheidungsgründe: [X.] Das [X.] hat ausgeführt: Die Beklagten schuldeten die Miete für die Monate Mai und Juni 2003, weil ihre Kündigung das Mietverhältnis (erst) zum 30. Juni 2003 beendet habe. Nach § 10 Abs. 2 Satz 6 des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe vom 18. Dezember 1974 - [X.]l. [X.] in der bis zum 31. August 2001 geltenden Fassung (künftig: [X.]) - habe die Kündigung der Beklagten vom 31. Januar 2003 das Mietverhältnis zum 30. Juni 2003 beendet. Nach dieser Vorschrift sei eine Beschränkung des Kündigungsrechts des Mieters unwirksam, soweit sie sich über einen Zeitraum von mehr als 4 Jahren seit Abschluß einer Vereinba-rung über einen gestaffelten Mietzins erstrecke. Dieser Zeitraum beginne [X.] nicht mit Abschluß des Mietvertrages am 13./14. April 1999, sondern erst mit Beginn des Mietverhältnisses am 1. Juli 1999. Die im Mietvertrag vorgese-hene Kündigungsfrist von 12 Monaten sei unwirksam. An ihre Stelle trete die gesetzliche Kündigungsfrist von § 573 c Abs. 1 Satz 1 [X.]. Ob die Vorausset-zungen für eine Berücksichtigung der von den Beklagten im [X.] erklärten Aufrechnung vorlägen, könne dahinstehen. Denn die Abrechnung der letzten angefallenen Betriebskosten sei noch nicht erfolgt. Daher sei noch ungewiß, ob dem Vermieter, abgesehen von der Miete für die Monate Mai und Juni 2003, noch offene Forderungen zustünden. I[X.] Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung im ent-scheidenden Punkt nicht stand. Da die Kündigung durch die Beklagten vom - 6 - 31. Januar 2003 das Mietverhältnis zum 30. April 2003 beendet hat, stehen dem Kläger für spätere Monate keine Mietforderungen zu. 1. Zutreffend hat das [X.] allerdings angenommen, daß nach § 10 Abs. 2 Satz 6 [X.] - der für die vor dem 1. September 2001 geschlossene Vereinbarung noch anzuwenden ist (vgl. Senat, Urteil vom 2. Juni 2004 - [X.] ZR 316/03, NJW-RR 2004, 1309 unter [X.]) - die Kündigungsfrist von 12 Monaten in Verbindung mit dem 10jährigen Ausschluß des Kündigungs-rechts unwirksam ist und an deren Stelle die gesetzliche Kündigungsfrist tritt. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 2. Juni 2004, aaO unter [X.]). Wie der Senat dort ausgeführt hat, sollen dem Vermieter durch diese Vorschrift zwar einerseits Investitionen und eine gewisse Kalkulationssicherheit gewährleistet werden, andererseits soll aber der Mieter zur Kompensation ge-rade nicht über einen längeren Zeitraum als 4 Jahre an den Vertrag und an die [X.] gebunden sein. Diesem Zweck wird nicht schon dadurch Genüge getan, daß der Mieter einmal jährlich kündigen kann. 2. Richtig hat das [X.] auch gesehen, daß aus dem 10jährigen Ausschluß des Kündigungsrechts und dem damit einhergehenden Verstoß ge-gen § 10 Abs. 2 Satz 6 [X.] nicht eine völlige Unwirksamkeit des Ausschlus-ses des Kündigungsrechts folgt. Zwar ist nach allgemeiner Meinung eine unzu-lässige Allgemeine Geschäftsbedingung grundsätzlich im Ganzen unwirksam. Eine geltungserhaltende Reduktion ist im allgemeinen unzulässig (z.B. Senat, [X.], 120, 122). Doch hat das [X.] zutreffend aus der [X.] der Vorschrift ("... ist unwirksam, soweit sie sich auf einen Zeitraum von mehr als 4 Jahren ... erstreckt") gefolgert, daß hier das Gesetz eine Teilwirk-samkeit zuläßt (ebenso [X.], 1051; [X.]/Jendrek, [X.], 10. Aufl., [X.]. § 580 a [X.], § 10 [X.] [X.]. 2; MünchKomm[X.]-Voelskow, 3. Aufl., [X.]. 20 zu § 10 [X.]). - 7 - 3. Zu Recht rügt die Revision allerdings, daß die 4-Jahresfrist des § 10 Abs. 2 Satz 6 [X.] entgegen der Ansicht des [X.]s nicht erst am 1. Juli 1999 - dem Zeitpunkt des Bezugs der Wohnung durch die Mieter - zu laufen begonnen hat, sondern bereits mit Abschluß des Mietvertrages und der gleich-zeitig vereinbarten [X.] am 13./14. April 1999. Der [X.] ist insoweit eindeutig. Danach wird die vierjährige Frist ("... mehr als 4 Jahre seit Abschluß der Vereinbarung ...") mit der genannten Vereinbarung der Parteien am 13./14. April 1999 in [X.] gesetzt. Zu Unrecht meint das [X.], § 10 Abs. 2 Satz 6 [X.] dahingehend auslegen zu können, daß der 4-Jahreszeitraum frühestens ab Beginn des Mietverhältnisses mit Bezug der Wohnung durch die Mieter zu laufen beginne. Diese Auslegung des Geset-zes ist aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift nicht zulässig. Zwar bezieht sich die Revisionserwiderung hierzu auf Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs, wonach auch eine Auslegung des Gesetzes nach dessen Sinn und Zweck gegenüber dem sprachlich eindeutigen Wortlaut Vorrang haben könne. Die genannten Entscheidungen ([X.], 266, 275 f.; 18, 44, 49) [X.] indes für eine Auslegung nach dem Sinn und Zweck eines Gesetzes auch gegen dessen eindeutigen Wortlaut jedenfalls voraus, daß der zur Entschei-dung stehende Interessenkonflikt bei Erlaß des Gesetzes noch nicht ins Auge gefaßt werden konnte, weil er erst durch eine nach diesem Zeitpunkt eingetre-tene Änderung in Erscheinung getreten ist. Diese Voraussetzung ist hier weder vom Berufungsgericht angenommen, noch auch von der Revision dargetan oder sonst ersichtlich. 4. Zu Recht weist die Revision darauf hin, daß die Kündigung der [X.] zum Ende des 4-Jahreszeitraums wirksam wurde. Die gesetzliche Kün-digungsfrist wurde insoweit eingehalten, gleichgültig, ob § 573 c Abs. 1 [X.] oder § 565 Abs. 2 [X.] a.F. anzuwenden ist. Beide Regelungen stimmen be-züglich einer Kündigung vor Ablauf einer Mietzeit von 5 Jahren - wie hier - - 8 - überein. Nach ganz überwiegender und zutreffender Auffassung ist eine fristge-rechte Kündigung zum Ablauf des 4-Jahreszeitraums wirksam. Der Mieter muß nicht erst das Ende dieses Zeitraums abwarten, um anschließend wirksam kün-digen zu können ([X.] NJW-RR 1989, 1288 f.; [X.]/Jendrek, aaO; MünchKomm[X.]-Voelskow, 3. Aufl., § 10 [X.] [X.]. 18; [X.]/Börstinghaus, Mietrecht, 7. Aufl., § 10 [X.] [X.]. 130). II[X.] Das Berufungsurteil ist aufzuheben, soweit die Beklagten verurteilt [X.] (§ 562 ZPO). Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, ist die Klage unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung insgesamt abzuweisen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Entscheidung des Berufungsgerichts über die hilfsweise von der Beklagten zur Aufrechnung gestellte Forderung auf Rückzahlung der [X.] wird danach hinfällig.

[X.] Dr. [X.] Dr. Leimert
[X.] [X.]

Meta

VIII ZR 344/04

29.06.2005

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.06.2005, Az. VIII ZR 344/04 (REWIS RS 2005, 2851)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 2851

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