Bundesfinanzhof, Beschluss vom 30.07.2013, Az. VI B 31/13

6. Senat | REWIS RS 2013, 3812

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Gegenstand

Zulassung der Revision im FG-Urteil - Treu und Glauben - Barzahlung von Handwerkerleistungen


Leitsatz

1. NV: Enthält das Urteil des FG keinen ausdrücklichen Ausspruch über die Zulassung der Revision, so ist die Revision nicht zugelassen worden.

2. NV: Die Entscheidung über die Zulassung der Revision hat von Amts wegen zu erfolgen und kann damit nicht Gegenstand einer vertrauensschutzbegründenden Vereinbarung zwischen Kläger und Gericht sein.

3. NV: In der Rechtsprechung des BFH ist hinreichend geklärt, dass die Steuerermäßigung nach § 35a EStG bei Barzahlung (ausnahmslos) nicht in Betracht kommt.

Gründe

1

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet und wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor oder wurden nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O erforderlichen Weise dargelegt.

2

a) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist das Urteil im Hinblick auf die Zulassung der Revision nicht unvollständig. Dies wäre die angefochtene Entscheidung allenfalls dann, wenn das Urteil des Finanzgerichts ([X.]) keinen Ausspruch über die Zulassung der Revision enthielte. Ein solcher Mangel ist vorliegend jedoch nicht zu beklagen. Denn das [X.] hat in den Entscheidungsgründen festgestellt, dass Gründe für die Zulassung der Revision i.S. des § 115 Abs. 2 [X.]O nicht vorliegen würden. Der Erklärungswert dieser Feststellung ist eindeutig. Eines entsprechenden Ausspruchs im Tenor der Entscheidung bedarf es nicht. Vielmehr muss die Zulassung der Revision ausdrücklich erfolgen. Bringt das [X.] weder im Tenor des Urteils noch in den Urteilsgründen positiv zum Ausdruck, dass es die Revision zulassen will, so fehlt es --wie vorliegend-- an dem Erfordernis des § 115 Abs. 1 [X.]O, dass "das Finanzgericht die Revision zugelassen hat" (Beschlüsse des [X.] --[X.]-- vom 28. Juli 1977 IV R 127/76, [X.], 117, [X.] 1977, 819; vom 5. Juli 2005 XI B 185/04, [X.] 2005, 1856). Ein Verstoß gegen Treu und Glauben ist in der Nichtzulassung der Revision nicht zu erblicken. Denn die Entscheidung über die Zulassung der Revision hat von Amts wegen zu erfolgen und kann damit nicht Gegenstand einer Vertrauensschutz begründenden Vereinbarung zwischen Klägerin und Gericht sein.

3

b) Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) und die Erforderlichkeit einer Entscheidung des [X.] zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2  1. Alternative [X.]O) bezüglich der "Aufwendungen für A" hat die Klägerin nicht hinreichend dargelegt i.S. von § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O.

4

Die Darlegung der Erforderlichkeit einer Entscheidung des [X.] zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2  1. Alternative [X.]O) verlangt ebenso wie die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich [X.] ist und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer mit der Rechtsprechung des [X.] und den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen (z.B. [X.]-Beschlüsse vom 19. Juli 2007 V B 66/06, [X.] 2007, 2067; vom 14. September 2007 VIII B 20/07, [X.] 2008, 25; vom 30. Januar 2008 V B 57/07, [X.] 2008, 611; vom 8. Oktober 2008 II B 42/08, [X.] 2009, 46). Insbesondere sind Ausführungen erforderlich, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (z.B. [X.]-Beschlüsse vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, [X.]E 196, 30, [X.] 2001, 837; vom 22. Januar 2008 [X.], [X.] 2008, 603; vom 19. Mai 2008 V B 29/07, [X.] 2008, 1501, unter [X.]; in [X.] 2009, 46).

5

Daran fehlt es im Streitfall. Die Klägerin macht mit ihrer Beschwerde insoweit im Wesentlichen eine fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall geltend. Einwände gegen die Richtigkeit der Vorentscheidung können jedoch nur im Rahmen einer Revisionsbegründung Bedeutung gewinnen. Das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten.

6

c) Auch die Erforderlichkeit einer Entscheidung des [X.] zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2  2. Alternative [X.]O) bezüglich der "Aufwendungen für A" wurde nicht hinreichend i.S. von § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O dargelegt. Dazu hätte die Klägerin die tragenden Erwägungen oder Rechtssätze der angefochtenen Entscheidung und (vermeintlicher) Divergenzentscheidungen so herausarbeiten und gegenüberstellen müssen, dass eine Abweichung im Grundsätzlichen erkennbar wird. Das ist nicht geschehen. Die Klägerin hat lediglich auf ein vermeintlich abweichendes Urteil des [X.] Rheinland-Pfalz verwiesen. Damit ist den [X.] nicht genüge getan. Zudem ist im Streitfall eine Abweichung im Grundsätzlichen zu der Entscheidung des [X.] Rheinland-Pfalz vom 5. Oktober 2010  1 K 1577/10 ([X.]/ Entscheidungsdienst 2011, 1002, juris) auch nicht gegeben. Denn das [X.] Rheinland-Pfalz hat lediglich entschieden, dass die Unterstützung von Enkelkindern bei den (nicht kindergeldberechtigten) Großeltern zu außergewöhnlichen Belastungen nach § 33a des Einkommensteuergesetzes (EStG) führen können.

7

2. Eine Zulassung der Revision kommt auch nicht in Betracht, soweit die Klägerin die Frage aufwirft, ob auch Schornsteinfegerleistungen nur dann nach § 35a EStG zu berücksichtigen sind, wenn die Zahlung auf ein Konto des Leistungserbringers erfolgt.

8

a) Die von der Klägerin aufgeworfene Frage ist in der Rechtsprechung des [X.] hinreichend geklärt. Der erkennende Senat hat mehrfach entschieden, dass die begehrte Steuerermäßigung bei Barzahlung (ausnahmslos) nicht in Betracht kommt. Denn die Barzahlung von Handwerkerrechnungen ohne Einbindung eines Kreditinstituts und damit ohne bankmäßige Dokumentation des Zahlungsvorgangs erfüllt die formellen Voraussetzungen der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 5 EStG nicht (Senatsurteile vom 20. November 2008 VI R 14/08, [X.]E 223, 430, [X.] 2009, 307; VI R 22/08, [X.] 2009, 736; vom 5. März 2009 VI R 43/08, [X.] 2009, 1113).

9

b) Auch das weitere Beschwerdevorbringen, wonach der Bezirksschornsteinfegermeister im Streitfall auf Barzahlung bestanden habe und bei einer "Quasi-Behörde" Schwarzarbeit nicht zu befürchten sei, begründet keinen Klärungsbedarf. Denn der Gesetzgeber darf grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (vgl. Beschluss des [X.] vom 16. März 2005  2 BvL 7/00, [X.] 112, 268, [X.], 1622, m.w.N.).

Der Gesetzgeber des § 35a EStG durfte zum einen davon ausgehen, dass angesichts der weiten Verbreitung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs von den Steuerpflichtigen die [X.] "bankmäßige Dokumentation der Zahlung" typischerweise erfüllt werden kann. Dem Sonderfall, dass sich ein Leistungserbringer, wie im Streitfall möglicherweise geschehen, trotz vorhandener Bankverbindung ohne rational nachvollziehbaren Grund der bargeldlosen Zahlung verweigert, musste der Gesetzgeber nicht Rechnung tragen (vgl. [X.]-Beschluss vom 8. Mai 2012 III B 2/11, [X.] 2012, 1305).

Wenn der Gesetzgeber mit der Steuerermäßigung des § 35a EStG den Zweck verfolgt, einen Anreiz für Beschäftigungsverhältnisse im Privathaushalt zu schaffen und die Schwarzarbeit in diesem Bereich zu bekämpfen (vgl. z.B. BTDrucks 15/91, 19), so sind die in § 35a Abs. 2 Satz 5 EStG verlangten "formellen Voraussetzungen" eine folgerichtige Ausgestaltung dieser gesetzgeberischen Zielsetzung. Denn die Vorschrift entspricht --typisierend-- dem Erfahrungssatz, dass Barzahlungen regelmäßig wesentliches Kennzeichen der Schwarzarbeit im Privathaushalt sind. Eine Unterscheidung nach für Schwarzarbeit anfälligeren oder weniger anfälligen Berufsgruppen ist anhand dessen nicht geboten.

c) Eine dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --[X.]--) zuzurechnenden Verletzung einer "steuerlichen" Fürsorgepflicht gegenüber der Klägerin ist in dem [X.] nicht zu erblicken. Denn weder das [X.] noch der Bezirksschornsteinfegermeister sind zur Besorgung steuerlicher Angelegenheiten der Klägerin berufen.

Meta

VI B 31/13

30.07.2013

Bundesfinanzhof 6. Senat

Beschluss

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 20. Februar 2013, Az: 4 K 1329/12, Urteil

§ 35a EStG 2002, § 33a EStG 2002, § 33 EStG 2002, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 115 Abs 2 FGO, EStG VZ 2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 30.07.2013, Az. VI B 31/13 (REWIS RS 2013, 3812)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3812

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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(Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 13.05.2020 VI R 4/18 - Keine Begünstigung nach § 35a …


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