Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2016, Az. IV ZR 217/15

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 257

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:BGH:2016:211216UIVZR217.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 217/15

Verkündet am:

21. Dezember 2016

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die
Richterin [X.], den Richter [X.],
die Richterinnen
Dr.
Brockmöller
und Dr. Bußmann auf die mündliche Verhandlung vom 21. Dezember 2016

für Recht erkannt:

Auf die
Revision der Klägerseite wird das Urteil der
3.
Zi-vilkammer
des Landgerichts [X.]
vom 1.
April
2015
aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmerin: im Folgenden d.
[X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Le-bensversicherung.

Diese wurde aufgrund Antrags d.
[X.] mit Versicherungsbeginn zum 1. Juli
1999 nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in der 1
2
-
3
-

seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.] a.F.)
abgeschlos-sen.

D. [X.] zahlte fortan die Versicherungsbeiträge
bis zur [X.] im März 2012. Mit Schreiben vom 22. November 2012
erklärte sie
den Widerspruch gemäß § 5a [X.] a.F. und hilfsweise die Kündigung des
Versicherungsvertrages.
Der Versicherer zahlte daraufhin den
Rück-kaufswert aus.

Mit der Klage verlangt d.
[X.] Rückzahlung aller auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich der
bereits erbrachten Zahlun-gen.

Nach Auffassung d.
[X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil sie
zum einen nicht ordnungsgemäß belehrt wurden
und zum anderen das Policenmodell mit den [X.] nicht vereinbar sei.

Das Amtsgericht hat den Versicherer
zur Zahlung von 54nebst Zinsen verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Auf die Berufung d. [X.] und Anschlussberufung des Versicherers hat
das Land-gericht das amtsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der Revision verfolgt d.
[X.] das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.
3
4
5
6
7
-
4
-

I. Dieses hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus unge-rechtfertigter Bereicherung verneint. D.
[X.] habe die Prämien mit Rechts-grund geleistet. Der Versicherungsvertrag sei wirksam zustande gekom-men, denn der Versicherer habe d. [X.] ordnungsgemäß über das [X.] belehrt. Dass die [X.] keine ausdrückli-che Bestimmung über die Wahrung der Schriftform enthalte, stehe ihrer Ordnungsgemäßheit nicht entgegen. Die Ausübung des Widerspruchs-rechts durch die
ordnungsgemäß belehrte [X.] sei hier jedenfalls nach Bekanntgabe der Widerspruchsfrist bei Vertragsschluss im Jahr 1999, Vornahme mehrerer Vertragsänderungen und Zahlung der Prämien über viele Jahre widersprüchlich.

[X.] Die Revision ist begründet.

1. Ein Anspruch auf Prämienrückzahlung aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB kann d. [X.] mit der vom Berufungsgericht gegebenen [X.] nicht versagt werden.

a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts belehrte der Versi-cherer d. [X.] nicht ordnungsgemäß im Sinne von
§ 5a Abs. 2 Satz 1 [X.] a.F. über das Widerspruchsrecht, weil die [X.] keinen Hinweis darauf enthält, dass der Widerspruch schriftlich zu erheben ist. Die notwendige Belehrung über das gesetzliche Formerfordernis (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 2004

[X.], [X.], 497 unter 3
b) konnte d. [X.] nicht aus der Formulierung entnehmen, dass zur Wah-rung der Frist die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs genüge. Selbst wenn ein verständiger Versicherungsnehmer nur verkörperte Er-8
9
10
11
-
5
-

klärungen als der Absendung zugänglich ansieht, so bleibt für ihn den-noch unklar, ob hierzu eine Verkörperung in Textform ausreicht oder ob es nicht der traditionellen Schriftform bedarf (Senatsurteile vom 29.
Juli 2015

[X.], [X.], 1104 Rn. 24 und [X.], juris Rn. 12).
Dass, wie das Berufungsgericht und die Revisionserwiderung meinen, durch die Belehrung das Formerfordernis
abbedungen werden sollte, ist ihrem Text nicht zu entnehmen
(vgl. Senatsbeschluss vom 27.
Januar 2016

IV ZR 130/15, [X.], 230 Rn. 14 und Senatsurteil vom 29. Juli 2015

[X.], [X.], 1104 Rn. 24).

b) Für einen solchen Fall bestimmte §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.

aa) Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der Jah-resfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.
Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F., wie der Senat mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.], [X.], 101 Rn.
17-34) entschieden und im Einzelnen begründet
hat.

bb) Die Ausübung des Widerspruchsrechts d.
[X.] ist hier

entge-gen der Ansicht des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung

auch nicht ausnahmsweise deshalb treuwidrig, weil d. [X.] wiederholt Ver-tragsänderungen
und eine Übertragung des Vertrages auf einen Versi-cherungsmakler vorgenommen hatte. Die Annahme von Treuwidrigkeit kommt im Streitfall schon deshalb nicht in Betracht, weil der Versicherer d. [X.] bei Vertragsschluss -
entgegen der Ansicht des Berufungsge-richts
-
nicht ordnungsgemäß über ihr
Widerspruchsrecht belehrt hat (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 [X.], [X.], 101 Rn. 39 12
13
14
-
6
-

m.w.N.) und es sich bei den von der Revisionserwiderung für eine Treu-widrigkeit angeführten Umständen auch nicht um solche handelt, die [X.] gravierend sind (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. November 2015

IV ZR 117/15, juris Rn.
17 und vom 27. Januar 2016
IV ZR 130/15, [X.], 230 Rn. 16) und im Ausnahmefall auch dem nicht ordnungs-gemäß belehrten [X.] die Geltendmachung des Anspruchs verwehren können.

2. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich d. [X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.N.).

Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
46) und dabei auch die Vorgaben der Senatsurteile vom 29. Juli 2015 (IV ZR
384/14,

15
16
-
7
-

[X.], 1101 Rn. 36
ff.; [X.], [X.], 1104 Rn. 34 ff.) sowie vom 11. November 2015 ([X.], [X.], 33 Rn. 32
ff.) zu beachten haben.

[X.]

[X.]

[X.]

Brockmöller

Bußmann

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.01.2014 -
2 C 308/13 -

LG [X.], Entscheidung vom 01.04.2015 -
3 [X.]/14 -

Meta

IV ZR 217/15

21.12.2016

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2016, Az. IV ZR 217/15 (REWIS RS 2016, 257)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 257

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IV ZR 217/15

IV ZR 448/14

IV ZR 130/15

IV ZR 76/11

IV ZR 117/15

IV ZR 513/14

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.