Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.04.2012, Az. 2 StR 456/11

2. Strafsenat | REWIS RS 2012, 7180

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
2 StR 456/11
vom
18.
April 2012
in der Strafsache
gegen

wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 18.
April 2012, an der teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],

[X.] am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
Dr.
Berger,
Prof. Dr. [X.],
Dr.
Eschelbach,

Staatsanwältin

-
in der Verhandlung -,
[X.] am [X.]

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

-
in der Verhandlung -

als Verteidiger,

Rechtsanwalt

-
in der Verhandlung -

als Vertreter der Nebenklägerin,

Justizhauptsekretärin

-
in der Verhandlung -,
Justizangestellte

-
bei der Verkündung -

als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,
-
3
-
für Recht erkannt:

1.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.]s Aachen vom 3.
September 2010 aufgehoben
a)
im Gesamtstrafenausspruch sowie
b)
soweit die Maßregel der Unterbringung im psychiatrischen
Krankenhaus zur Bewährung ausgesetzt worden ist.
2.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil

im Ausspruch über die Gesamtstrafen und über die
Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben.
3.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
4.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der [X.], an eine andere [X.] des [X.]s zurück-verwiesen.

Von Rechts wegen
-
4
-
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverlet-zung in zwei Fällen unter Einbeziehung einer anderweitig verhängten Freiheits-strafe von einem Jahr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Es hat den Angeklagten weiter wegen gefährlicher Körper-verletzung in zwei Fällen unter Einbeziehung einer anderweitig verhängten Freiheitsstrafe von zehn Monaten zu einer zweiten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Ferner hat das [X.] den Angeklagten wegen ge-fährlicher Körperverletzung, Körperverletzung sowie Bedrohung zu einer dritten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Schließlich hat das [X.] die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatri-schen Krankenhaus angeordnet. Die Vollstreckung dieser Maßregel und auch der Gesamtfreiheitsstrafen hat es zur Bewährung ausgesetzt. Im Übrigen hat das [X.] den Angeklagten freigesprochen. Die auf die Verletzung mate-riellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich gegen die Höhe der verhängten Gesamtstrafen und beanstandet, dass diese wie auch die angeordnete Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus rechtsfehlerhaft zur Bewährung ausgesetzt worden seien. Der Angeklagte erhebt die allgemeine Sachrüge. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat in vollem Umfang, das Rechtsmittel des Angeklagten in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang
Erfolg. Im Übrigen ist es offensichtlich unbegründet (§
349 Abs.
2 [X.]).

I.
1.
Die Revision der Staatsanwaltschaft zielt in ihrem Antrag allein auf die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs und lässt damit die gegen den Ange-klagten ergangenen Freisprüche unbeanstandet. Soweit in der Revisionsbe-1
2
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5
-
gründung lediglich Einwände gegen die Höhe der Gesamtstrafen und die Ent-scheidung des [X.]s, die verhängten Freiheitsstrafen sowie die ange-ordnete Maßregel nach §
63 StGB zur Bewährung auszusetzen, erhoben wer-den, liegt darin hier eine weitere, statthafte Beschränkung des Rechtsmittels (vgl. [X.], [X.], 54.
Aufl., §
318 Rn.
20, 20 a; s. auch [X.], Urteil vom 24.
März 1998 -
1
StR 35/98; [X.] NStZ 1983, 167).
2.
Die (insoweit zulässig beschränkte) Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
a)
Die Aussprüche über die Gesamtstrafen halten -
ohne dass es auf die von der Staatsanwaltschaft insoweit erhobenen Einwände ankäme
-
einer recht-lichen Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Annahme des [X.]s hat allein die Vorverurteilung des Angeklagten durch das [X.] Aachen vom 3.
April 2006 Zäsurwirkung. Denn die Taten, die den Verurteilungen durch das [X.] vom 5.
März 2007 und das Amtsgericht Düren
vom 14.
März 2007 zu Grunde liegen, wurden jeweils vor der Verurteilung durch das [X.] Aachen begangen. Das [X.] hätte deshalb -
unter Auflö-sung des [X.] des [X.]s Aachen vom 20.
August 2007
-
aus den darin zusammengeführten Einzelstrafen aus den Verurteilungen des [X.]s Aachen, des Amtsgerichts [X.] und des [X.] zusammen mit den Einzelstrafen für die abgeurteilten Taten 1 und 2
(Fälle
3 und 4 der Anklage) eine Gesamtstrafe bilden müssen.
Eine weitere Ge-samtstrafe wäre aus den Einzelstrafen für die übrigen Taten zu bilden gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass die Strafe aus dem Gesamtstrafenbeschluss des [X.]s Aachen zum Urteilszeitpunkt bereits erlassen war, finden sich in den Urteilsgründen nicht.

3
4
-
6
-
Dieser Fehler bei der Bildung der Gesamtstrafe führt zur Aufhebung der drei verhängten Gesamtfreiheitsstrafen. Über die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung wird bei den zwei zu bildenden Gesamtstrafen -
sofern sich dabei aussetzungsfähige Strafen ergeben
-
erneut zu entscheiden sein.
b)
Die Aufhebung der Gesamtstrafen führt ohne Weiteres zum Wegfall der Entscheidung der [X.], die Vollstreckung der Maßregel nach §
63 StGB zur Bewährung auszusetzen. §
67b Abs.
1 Satz
2 StGB ordnet an, dass die Aussetzung unterbleibt, wenn der Täter noch Freiheitsstrafe zu verbüßen hat, die gleichzeitig mit der Maßregel verhängt und nicht zur Bewährung ausge-setzt wird. Ob dies der Fall ist, lässt sich aber nach der Aufhebung der Gesamt-strafen zur
Zeit nicht absehen.

II.
Die Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
1.
Die Gesamtstrafenbildung des [X.]s ist -
wie aus-geführt
-
rechtsfehlerhaft und beschwert den Angeklagten. Eine dem Gesetz entspre-chende Entscheidung hätte zu lediglich zwei Gesamtstrafen geführt; es ist nicht auszuschließen, dass es insoweit zur Auferlegung eines geringeren Gesamt-strafübels gekommen wäre.
2.
Auch die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß §
63 StGB hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Dies gilt zunächst, soweit der Angeklagte hinsichtlich der Taten zum Nachteil der Zeugin P.

wegen einer Störung der [X.] im Sinne 5
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7
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9
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7
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eines Sado-Masochismus im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit gehandelt haben soll (UA S.
25). Das [X.] hat insofern weder nachvoll-ziehbar ausgeführt, wie es überhaupt zu der Überzeugung vom Vorliegen einer solchen Störung der [X.] gekommen ist, noch hat es dargelegt, inwiefern sich diese Störung bei der Begehung von gegen die Zeugin gerichte-ten Straftaten, bei denen nach den Feststellungen ein Sexualbezug eher fern liegt, ausgewirkt haben könnte. Ein Zustand im Sinne des §
63 StGB, der zur Anordnung einer Maßregel nach §
63 StGB
berechtigen würde, ist damit nicht hinreichend dargetan.
Dies gilt auch, soweit das [X.] hinsichtlich der übrigen Fälle vom Vorliegen einer dissoziativen kombinierten Persönlichkeitsstörung ausgegangen ist, die im Zusammenhang mit Alkoholmissbrauch zu erheblicher Verminderung der Steuerungsfähigkeit geführt haben soll. Die Kammer legt weder dar, wel-ches Eingangsmerkmal der §§
20, 21 StGB insoweit gegeben sein soll, noch erörtert sie in für das Revisionsgericht nachvollziehbarer Weise, dass damit ei-ne erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit einhergegangen ist. Dies liegt auch bei einer Persönlichkeitsstörung, wie sie das [X.] be-schrieben hat, nicht auf der Hand, zumal diese die Steuerungsfähigkeit offen-sichtlich auch nur im Zusammenwirken mit dem Missbrauch von Alkohol (der zudem jedenfalls hinsichtlich der Taten vom 1.
April 2007 und 23. August 2009 nicht festgestellt ist) maßgeblich beeinträchtigen soll. Der bloße Hinweis, der Angeklagte leide an einer Persönlichkeitsstörung in schwerer Ausprägung, er-laubt insoweit dem Revisionsgericht nicht die Überprüfung, ob der Angeklagte
11
-
8
-
tatsächlich -
wie für eine Anordnung nach §
63 StGB erforderlich
-
in einem Zu-stand erheblich verminderter Schuldfähigkeit gehandelt hat.

[X.]

Fischer

Berger

[X.]

Eschelbach

Meta

2 StR 456/11

18.04.2012

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.04.2012, Az. 2 StR 456/11 (REWIS RS 2012, 7180)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7180

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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