Bundesfinanzhof, Urteil vom 28.03.2012, Az. II R 39/10

2. Senat | REWIS RS 2012, 7662

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Gegenstand

Mittelbare Schenkung des Erlöses aus dem Verkauf übertragener Gesellschaftsanteile - Prüfungsumfang bei Festsetzung von Hinterziehungszinsen - Schenkungsteuerbescheid kein Grundlagenbescheid für Zinsbescheid - Hinterziehungszinsen gegen Steuerschuldner trotz dessen fehlender Mitwirkung


Leitsatz

1. In der Übertragung von Gesellschaftsanteilen kann die mittelbare Schenkung des Erlöses aus einem bereits geplanten Verkauf der Anteile liegen .

2. Bei der Festsetzung von Hinterziehungszinsen sind die Voraussetzungen der Steuerhinterziehung und die Höhe der hinterzogenen Steuer unabhängig von einem ergangenen Steuerbescheid zu prüfen .

Tatbestand

1

I. [X.] ([X.]) der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war zu 75 % am Stammkapital der [X.] (GmbH) beteiligt. Die übrigen Anteile hielt seine [X.]utter ([X.]). [X.] war darüber hinaus [X.]igentümer des von der GmbH langfristig gepachteten Betriebsgrundstücks. Steuerberater [X.] war der Aufsichtsratsvorsitzende der GmbH.

2

Ab [X.]nde des Jahres 1988 kam es zu umfangreichen [X.]erhandlungen zwischen [X.]ertretern der GmbH ([X.], [X.] und ein weiterer Steuerberater) und der Firma [X.] über einen [X.]erkauf von Anteilen an der GmbH an [X.]. [X.] war an dem Anteilserwerb interessiert, weil sie ihre [X.]roduktpalette um die von der GmbH hergestellten [X.]aschinen ergänzen wollte. Die [X.]erhandlungsergebnisse wurden in einer schriftlichen Absichtserklärung ("L[X.]TT[X.]R OF INT[X.]NT") niedergelegt, die von [X.], [X.] und [X.] am 8. Dezember 1989 sowie von [X.] am 13. Dezember 1989 unterzeichnet wurde. In dieser Absichtserklärung waren insbesondere ein Zeitplan für den [X.]erkauf einer [X.]ehrheitsbeteiligung an der GmbH an [X.], die jeweiligen Kaufpreise und zwei Kapitalerhöhungen vorgesehen. Der Absichtserklärung entsprechend wurde das Stammkapital der GmbH am 14. Dezember 1989 von 15 [X.]io. auf 30 [X.]io. D[X.] erhöht.

3

Im Hinblick auf die ab 1. Januar 1990 vorgesehene Änderung des § 34 des [X.]inkommensteuergesetzes --[X.]StG-- (Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes vom 30. Juni 1989, [X.] 1989, 1267, § 52 Abs. 23a [X.]StG i.d.F. des Art. 1 Nr. 25 Buchst. c des Gesetzes vom 30. Juni 1989) beabsichtigte [X.], die zwischen seinem [X.]erpachtungsunternehmen und der GmbH bestehende Betriebsaufspaltung zu beenden. [X.]r verkaufte deshalb mit notariell beurkundetem [X.]ertrag vom 28. Dezember 1989 Beteiligungen von insgesamt 26 % am Stammkapital der GmbH an die Klägerin, seine Schwägerin [X.] und [X.]. Die Klägerin erwarb dabei 24 % der Anteile am Stammkapital für einen Kaufpreis von 11.160.000 D[X.]. Dieser Kaufpreis ergab sich aus dem von [X.] nach dem [X.] [X.]erfahren errechneten Wert von 155 D[X.] je Anteil im Nominalwert von 100 D[X.]. Die Klägerin finanzierte den Kaufpreis zunächst durch ein Darlehen einer weiteren GmbH, an der [X.] mit 75 % und [X.] mit 25 % beteiligt waren. Dieses Darlehen löste sie im Februar 1990 durch ein Bankdarlehen ab, für das [X.] eine unbeschränkte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft übernahm.

4

Am 16. [X.]ärz 1990 traf [X.], der zugleich für die Klägerin, [X.], [X.] und [X.] handelte, mit [X.] in privatschriftlicher Form eine weitgehend, insbesondere hinsichtlich der Kaufpreise mit der Absichtserklärung vom 8./13. Dezember 1989 übereinstimmende [X.]ereinbarung über den [X.]erkauf von Anteilen an der GmbH. Danach sollte die aus diesen [X.]ersonen bestehende [X.]-Gruppe in drei Schritten zu näher bestimmten Zeitpunkten 25,1 %, 24,9 % und 20 % des Stammkapitals der GmbH an die [X.] verkaufen. Der Kaufpreis sollte für die 25,1 % und 24,9 % jeweils 37,5 [X.]io. D[X.] und für die 20 % 33 [X.]io. D[X.] betragen. Für die danach der [X.]-Gruppe verbleibenden 30 % am Stammkapital der GmbH wurden der [X.]-Gruppe eine [X.]erkaufsoption und der [X.] eine Kaufoption für jeweils 60 [X.]io. D[X.] eingeräumt.

5

Der [X.]ertrag vom 16. [X.]ärz 1990 wurde am 26. April 1990 notariell beurkundet. Zugleich traten [X.] und [X.] insgesamt 25,1 % der Anteile am Stammkapital der GmbH zu einem Gesamtpreis von 37,5 [X.]io. D[X.] an [X.] ab. Das entspricht [X.] von 498 D[X.] je Anteil am Stammkapital im Nominalwert von 100 D[X.]. Die Klägerin, [X.], [X.] und [X.] wurden beim [X.]ertragsabschluss durch [X.] als Bevollmächtigten vertreten. Durch die u.a. von der Klägerin unterzeichnete [X.]ollmacht vom 25. April 1990 wurde [X.] ermächtigt, den bereits privatschriftlich abgeschlossenen schuldrechtlichen Kaufvertrag zu notarieller Urkunde zu bestätigen und ggf. ergänzende [X.]ereinbarungen hierzu zu treffen, über die Geschäftsanteile der übrigen Gesellschafter zu verfügen, sie insbesondere abzutreten und die anderen Gesellschafter auch zu späteren Abtretungen zu verpflichten sowie das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung auszuüben, insbesondere die Satzung zu ändern, auch das Kapital zu erhöhen und für die anderen Gesellschafter neue Gesellschaftsanteile zu übernehmen, Geschäftsführer zu bestellen und abzuberufen.

6

[X.]it notariell beurkundetem [X.]ertrag vom 14. Januar 1991 verkauften die Klägerin, [X.], [X.] und [X.] insgesamt 24,9 % der Anteile am Stammkapital der GmbH an [X.] zu einem Gesamtpreis von 37,5 [X.]io. D[X.]. 14 % der Anteile am Stammkapital mit einem Nominalwert von 4,2 [X.]io. D[X.] stammten von der Klägerin. Der anteilige Kaufpreis dafür betrug 21.084.332,40 D[X.].

7

Nachdem das Stammkapital der GmbH zum 15. Januar 1991 von 30 [X.]io. D[X.] auf 45 [X.]io. D[X.] erhöht worden war, verkauften [X.] und die Klägerin durch notariell beurkundeten [X.]ertrag vom 31. Juli 1991  20 % ihrer Anteile am Stammkapital der GmbH an [X.] zu einem Gesamtpreis von 33 [X.]io. D[X.]. Die Klägerin erhielt dabei für den [X.]erkauf von 5 % am Stammkapital (Nominalwert 2.250.000 D[X.]) 8.250.000 D[X.]. Die nach diesen [X.]en noch bei der [X.]-Gruppe verbliebenen 30 % am Stammkapital der GmbH wurden später für 60 [X.]io. D[X.] an [X.] verkauft.

8

[X.]it notariell beurkundetem [X.]ertrag vom 25. Februar 1993 überließ [X.] der Klägerin Grundbesitz mit einem [X.]erkehrswert von 4.250.000 D[X.] gegen Übernahme dinglich gesicherter Darlehensschulden von 1.485.000 D[X.].

9

In der am 20. Januar 1991 beim damals zuständigen Finanzamt ... ([X.] [X.]) eingegangenen, von [X.] erstellten und auf die Übertragung der Anteile an der GmbH auf die Klägerin im Dezember 1989 bezogenen Schenkungsteuererklärung wurde ausgeführt, es handle sich um eine [X.] mit angemessener Gegenleistung. [X.]ine Schenkung könne somit nicht vorliegen. Das [X.] [X.] setzte demgemäß zunächst keine Schenkungsteuer gegen die Klägerin fest.

In der im Oktober 1993 für die [X.] vom 25. Februar 1993 eingereichten Schenkungsteuererklärung gab die Klägerin an, von [X.] keine [X.]orschenkungen erhalten zu haben. Die Schenkungsteuer wurde zunächst erklärungsgemäß festgesetzt.

Aufgrund von [X.]rmittlungen der zuständigen [X.] setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) für die [X.] vom 28. Dezember 1989 durch [X.] vom 27. [X.]ai 1997 gegen die Klägerin Schenkungsteuer in Höhe von 5.154.597 D[X.] fest. Das [X.] ging dabei von einem Wert der auf die Klägerin übertragenen Anteile von 36 [X.]io. D[X.] aus (24 % des sich bei einem Wert von 500 D[X.] je Anteil im Nominalwert von 100 D[X.] ergebenden [X.] aller Anteile am Stammkapital der GmbH von 150 [X.]io. D[X.]) und zog hiervon den Kaufpreis von 11.160.000 D[X.] sowie Kosten von 44.287 D[X.] ab. Darüber hinaus setzte das [X.] die Schenkungsteuer für die Grundstücksübertragung vom 25. Februar 1993 nunmehr unter Berücksichtigung der Zuwendung der Anteile an der GmbH an die Klägerin als [X.]orerwerb fest. Die [X.]insprüche gegen die Schenkungsteuerbescheide blieben erfolglos.

Nachdem das [X.] ... das gegen die Klägerin eingeleitete Strafverfahren wegen des [X.]erdachts der vorsätzlichen [X.]erkürzung von Schenkungsteuer im April 2001 gemäß § 153a der Strafprozessordnung gegen eine Zahlungsauflage eingestellt hatte, setzte das [X.] mit [X.] vom 19. November 2002 gegen die Klägerin [X.] in Höhe von 1.001.490 € für die mit [X.] vom 27. [X.]ai 1997 festgesetzte Schenkungsteuer fest. [X.]s ging dabei von einem Zinslauf vom 24. Februar 1991 bis zum 30. Juni 1997 und somit von einem Zinszeitraum von 76 [X.]onaten aus. Zugleich setzte das [X.] gegen die Klägerin auch [X.] auf die Schenkungsteuer für die Zuwendung des [X.] fest. Die [X.]insprüche blieben erfolglos.

Das Finanzgericht ([X.]) hob den [X.] hinsichtlich der Zuwendung des [X.] auf und änderte den auf die Übertragung der Anteile an der GmbH auf die Klägerin bezogenen [X.] vom 19. November 2002 dahin, dass es den steuerpflichtigen [X.]rwerb, der der Berechnung der Schenkungsteuer zum Zweck der Festsetzung von [X.] zugrunde zu legen ist, von 24.545.700 D[X.] auf 17.345.700 D[X.] herabsetzte, und übertrug die Berechnung der [X.] dem [X.].

Zur Begründung führte das [X.] aus, das [X.] habe gemäß § 235 der Abgabenordnung ([X.]) dem Grunde nach zu Recht [X.] auf die den [X.]rwerb der Klägerin aus der Zuwendung des [X.] vom 28. Dezember 1989 betreffende Schenkungsteuer festgesetzt. Der objektive und der subjektive Tatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) seien insoweit erfüllt. Die als Hausfrau steuerrechtlich unerfahrene und in die Transaktionen mit [X.] kaum eingebundene Klägerin habe sich zwar keine Steuerhinterziehung zu Schulden kommen lassen. Aufgrund der unvollständigen und irreführenden Angaben in der am 20. Januar 1991 beim [X.] [X.] eingereichten Schenkungsteuererklärung liege aber eine Steuerhinterziehung durch [X.] zugunsten der Klägerin vor. Die vom [X.] der Berechnung der [X.] zugrunde gelegte Schenkungsteuer sei dem Grunde nach entstanden. Der [X.]rwerb eines Anteils von 24 % am Stammkapital der GmbH zum [X.]reis von 155 D[X.] je 100 D[X.] Nominalwert durch die Klägerin am 28. Dezember 1989 stelle eine gemischt-freigebige Zuwendung des [X.] an die Klägerin gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 des [X.]rbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes ([X.]rbStG) dar. Der Anteilswert sei nicht nach dem [X.] [X.]erfahren zu ermitteln, sondern aus dem bei der Anteilsveräußerung am 26. April 1990 erzielten Kaufpreis abzuleiten, da bereits vor dem 28. Dezember 1989 eine [X.]inigung über den von [X.] zu entrichtenden Kaufpreis erzielt worden sei. Da [X.] eine [X.]ehrheitsbeteiligung an der GmbH habe erwerben wollen, sei dieser Kaufpreis um einen [X.]aketabschlag von 20 % zu vermindern. Der Wert der am 28. Dezember 1989 auf die Klägerin übertragenen Anteile an der GmbH sei daher bei der Zinsberechnung lediglich mit 80 % von 36 [X.]io. D[X.], also mit 28,8 [X.]io. D[X.] anzusetzen. Die vom [X.] festgesetzten [X.] seien in entsprechendem Umfang herabzusetzen. Die von [X.] im eigenen Unternehmen erwarteten Synergieeffekte rechtfertigten keine weitere Herabsetzung des [X.]. [X.] habe den Tatbestand der Steuerhinterziehung auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht. [X.]r habe die zum [X.]orliegen einer gemischt-freigebigen Zuwendung führenden Umstände gekannt und bedingt vorsätzlich gehandelt. Dass lediglich [X.], nicht aber der Klägerin selbst Steuerhinterziehung zur Last gelegt werden könne, stehe der Festsetzung der [X.] gegen die Klägerin als Steuerschuldnerin nicht entgegen.

[X.]it der Revision rügt die Klägerin die [X.]erletzung von § 9 Abs. 2 und § 11 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes, § 235 [X.] und § 76 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O). Der Wert der von ihr erworbenen Anteile an der GmbH müsse nach dem [X.] [X.]erfahren ermittelt werden. [X.]r könne nicht aus dem beim [X.] vom 26. April 1990 erzielten Kaufpreis abgeleitet werden. [X.] man dies anders, müsste jedenfalls der von [X.] für die erwarteten Synergie-[X.]ffekte gezahlte Aufpreis wertmindernd berücksichtigt werden.

Die Klägerin beantragt, die [X.]orentscheidung aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen wurde, und den [X.] des [X.] vom 19. November 2002 über [X.] wegen ihres [X.]rwerbs aus der Zuwendung des [X.] vom 28. Dezember 1989 in der Form der [X.]inspruchsentscheidung vom 16. Dezember 2005 ebenfalls aufzuheben.

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, soweit sie den Bescheid des [X.] vom 19. November 2002 über [X.] wegen des [X.]rwerbs aus der Zuwendung des [X.] an die Klägerin vom 28. Dezember 1989 betrifft, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und [X.]ntscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O).

1. Das [X.] hat zutreffend angenommen, dass es über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Zinsbescheids zu entscheiden habe, ohne an die Festsetzung von Schenkungsteuer durch den Bescheid vom 27. [X.]ai 1997 gebunden zu sein (ebenso Urteil des [X.] --[X.]-- vom 7. November 1973 I R 92/72, [X.][X.] 111, 7, [X.] 1974, 125, zu § 4a des [X.]). Schenkungsteuerbescheide sind keine Grundlagenbescheide i.S. des § 171 Abs. [X.] für die Festsetzung von [X.] nach § 235 [X.].

a) Grundlagenbescheide sind gemäß § 171 Abs. 10 Satz 1 [X.] Feststellungsbescheide, [X.] oder sonstige für eine Steuerfestsetzung bindende Verwaltungsakte. Für die Annahme einer Bindungswirkung ist grundsätzlich eine gesetzliche Regelung erforderlich ([X.]-Urteile vom 10. Juni 1988 III R 232/84, [X.][X.] 154, 68, [X.] 1988, 981; vom 20. August 2009 V R 25/08, [X.][X.] 226, 479, [X.] 2010, 15, unter [X.] aa, und vom 27. Januar 2011 III R 90/07, [X.][X.] 232, 485, [X.] 2011, 543, unter [X.]). Ohne gesetzlich angeordnete Bindungswirkung hat der [X.] einen Grundlagenbescheid nur dort für möglich gehalten, wo Sachverhalte zu beurteilen sind, die die Finanzbehörde mangels eigener Sachkunde nicht selbst nachzuprüfen vermag ([X.]-Urteil in [X.][X.] 226, 479, [X.] 2010, 15, unter [X.] aa, m.w.N.; dazu kritisch [X.]-Beschluss vom 11. April 2005 GrS 2/02, [X.][X.] 209, 399, [X.] 2005, 679, unter [X.]). [X.]ine Rechtsgrundlage für die Bindungswirkung kann nicht durch allgemeine Zweckmäßigkeitserwägungen oder vergleichbare sinnvolle Überlegungen ersetzt werden ([X.]-Beschluss in [X.][X.] 209, 399, [X.] 2005, 679, unter [X.]).

b) [X.]in Schenkungsteuerbescheid entfaltet danach keine Bindungswirkung für die Festsetzung von [X.] nach § 235 [X.]. Weder § 235 [X.] noch eine andere Vorschrift sieht insoweit eine Bindungswirkung vor. Die Festsetzung von [X.] richtet sich nicht akzessorisch nach dem festgesetzten, sondern nach dem tatsächlich hinterzogenen Steuerbetrag ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 235 [X.] Rz 40; [X.] in [X.]/[X.], Abgabenordnung, 2. Aufl., § 235 Rz 27; [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 235 [X.] Rz 11). Dies wird durch § 235 Abs. 3 Satz 3 [X.] verdeutlicht. Danach lässt eine nach [X.]nde des [X.] erfolgende Aufhebung, Änderung oder Berichtigung des Steuerbescheids die bis dahin entstandenen Zinsen unberührt. Um Fälle mangelnder Sachkunde des [X.] geht es bei der Festsetzung von [X.] nicht.

2. [X.]benfalls zutreffend ist die Auffassung des [X.], dass es der Festsetzung von [X.] gegen den Schuldner der hinterzogenen Steuer nicht entgegensteht, wenn er an der Steuerhinterziehung nicht mitgewirkt hat ([X.]-Urteil vom 27. August 1991 VIII R 84/89, [X.][X.] 165, 330, [X.] 1992, 9).

3. Das [X.] hat aber zu Unrecht die Ansicht vertreten, die aufgrund des Kaufvertrags vom 28. Dezember 1989 auf die Klägerin übertragenen Anteile an der GmbH seien Gegenstand einer gemischt-freigebigen Zuwendung des [X.] an die Klägerin gewesen.

a) Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.]rbStG) jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 [X.]rbStG; vgl. auch § 516 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Die Besteuerung richtet sich danach, wie sich die Vermögensmehrung im Zeitpunkt der Zuwendung beim Beschenkten darstellt ([X.]-Urteile vom 9. November 1994 II R 87/92, [X.][X.] 176, 53, [X.] 1995, 83, und vom 22. Juni 2010 II R 40/08, [X.][X.] 230, 182, [X.] 2010, 843). Dementsprechend bestimmt sich der steuerpflichtige [X.]rwerb gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 [X.]rbStG nach der Bereicherung des [X.]rwerbers und knüpft die Wertermittlung (§ 11 [X.]rbStG) über § 9 Abs. 1 Nr. 2 und § 12 [X.]rbStG an den Gegenstand an, über den der Beschenkte endgültig verfügen kann ([X.]-Urteil in [X.][X.] 230, 182, [X.] 2010, 843, m.w.N.).

[X.]s ist nicht erforderlich, dass der Gegenstand, um den der Beschenkte bereichert wird, sich vorher in derselben Gestalt im Vermögen des [X.] befunden hat und wesensgleich übergeht. "[X.]ntreicherungsgegenstand" und "[X.]" brauchen nicht identisch zu sein ([X.]-Urteile vom 13. [X.]ärz 1996 II R 51/95, [X.][X.] 180, 174, [X.] 1996, 548, und in [X.][X.] 230, 182, [X.] 2010, 843). Danach kann in der Hingabe von Vermögensgegenständen mittelbar die Schenkung eines anderen Vermögensgegenstandes gesehen werden. Dies setzt voraus, dass der Beschenkte im Verhältnis zum [X.] nicht über das ihm unmittelbar [X.], sondern (erst) über das Surrogat desselben, z.B. über den Verkaufserlös, verfügen kann; denn in diesem Fall ist der Beschenkte nicht um das unmittelbar [X.], sondern erst um den Verkaufserlös bereichert. Dies gilt nicht nur für die Fälle der mittelbaren Grundstücksschenkung, sondern generell bei mittelbarer Schenkung aller als Zuwendungsobjekt in Betracht kommenden Gegenstände oder Rechte ([X.]-Urteil in [X.][X.] 230, 182, [X.] 2010, 843).

In der Hingabe von Gesellschaftsanteilen kann somit die mittelbare Schenkung des [X.]rlöses aus einem späteren Weiterverkauf der Gesellschaftsanteile liegen. Dies ist dann der Fall, wenn der [X.]rwerber der Anteile im Verhältnis zum [X.] nur über den Verkaufserlös, nicht aber über die Anteile frei verfügen durfte, sondern sich insoweit den Verfügungen des [X.] unterzuordnen hatte ([X.]-Urteil in [X.][X.] 230, 182, [X.] 2010, 843).

Liegt eine mittelbare Schenkung vor, ist sie erst dann i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]rbStG ausgeführt, wenn die Vermögensverschiebung endgültig ist, also der Beschenkte gegenüber dem [X.] die freie Verfügung über den Gegenstand der freigebigen Zuwendung erhält und insoweit die endgültige Vermögensmehrung des Beschenkten auf Kosten des [X.] eintritt ([X.]-Urteile vom 4. Dezember 2002 II R 75/00, [X.][X.] 200, 406, [X.] 2003, 273; vom 23. August 2006 II R 16/06, [X.][X.] 213, 399, [X.] 2006, 786, und vom 27. August 2008 II R 19/07, [X.]/NV 2009, 29, unter [X.]). [X.]rst im Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung entsteht nach dieser Vorschrift die Schenkungsteuer.

b) Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen war die Klägerin gegenüber [X.] nicht berechtigt, über die auf sie übertragenen Anteile an der GmbH frei zu verfügen, sie etwa gegen den Willen des [X.] langfristig zu behalten oder an einen Dritten zu verkaufen, sondern musste sich hinsichtlich der Anteile den Verfügungen des [X.] unterordnen. Der Verkauf der Anteile an die Klägerin durch Vertrag vom 28. Dezember 1989 diente der Beendigung der bestehenden Betriebsaufspaltung aus steuerlichen Gründen. Dass es auch darum gegangen sei, die Klägerin persönlich in das Unternehmen der GmbH einzubinden und sie an den insoweit anfallenden [X.]ntscheidungen zu beteiligen, hat weder das [X.] festgestellt noch trägt dies die Klägerin vor.

Dass die Klägerin gegenüber [X.] nicht berechtigt war, über die auf sie übertragenen Anteile an der GmbH frei zu verfügen, ergibt sich insbesondere aus dem Zeitablauf und den Umständen beim Verkauf der Anteile an die V (vgl. [X.]-Urteil in [X.][X.] 230, 182, [X.] 2010, 843). Die von [X.] mit V geführten Verhandlungen über einen Verkauf von Anteilen an der GmbH waren beim Abschluss des Kaufvertrags vom 28. Dezember 1989 bereits weit fortgeschritten und hatten zur Unterzeichnung der Absichtserklärung vom 8./13. Dezember 1989 sowohl durch [X.] als auch durch V geführt. Die Klägerin war geschäftsunerfahren und in die Transaktion mit V kaum eingebunden. Der Kaufvertrag mit V wurde bereits am 16. [X.]ärz 1990 und somit kurze Zeit nach Abschluss des Kaufvertrags vom 28. Dezember 1989 privatschriftlich abgeschlossen und am 26. April 1990 notariell beurkundet. Die Klägerin wurde dabei jeweils von [X.] vertreten.

[X.] war zudem aufgrund der von der Klägerin unterzeichneten Vollmacht vom 25. April 1990 umfassend zu Verfügungen über die auf die Klägerin übertragenen Anteile an der GmbH ermächtigt. [X.]r war nicht nur berechtigt, den bereits privatschriftlich abgeschlossenen schuldrechtlichen Kaufvertrag zu notarieller Urkunde zu bestätigen und ggf. ergänzende Vereinbarungen hierzu zu treffen und über die Geschäftsanteile der übrigen Gesellschafter einschließlich der Klägerin zu verfügen, sie insbesondere abzutreten und die anderen Gesellschafter auch zu späteren Abtretungen zu verpflichten, sondern auch dazu, das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung auszuüben, insbesondere die Satzung zu ändern, das Kapital zu erhöhen und für die anderen Gesellschafter neue Gesellschaftsanteile zu übernehmen sowie Geschäftsführer zu bestellen und abzuberufen.

Die Klägerin konnte darüber hinaus den im Vertrag vom 28. Dezember 1989 vereinbarten Kaufpreis für die Anteile nicht aus eigenem Vermögen aufbringen. Sie nahm vielmehr zunächst ein Darlehen bei einer GmbH auf, an der [X.] zu 75 % und [X.] zu 25 % beteiligt waren, und löste dieses Darlehen im Februar 1990 durch ein Bankdarlehen ab, für das [X.] eine unbeschränkte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft leistete.

Diese Umstände ermöglichten es dem [X.], das Geschehen bezüglich der auf die Klägerin übertragenen Anteile an der GmbH zu beherrschen. Die Klägerin musste sich den Verfügungen des [X.] über die Anteile unterordnen und hat dies auch getan.

c) Da das [X.] von einer anderen Ansicht ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben.

4. Die Sache ist nicht spruchreif. [X.]s bedarf einer erneuten Prüfung durch das [X.], inwieweit im Hinblick auf die vorliegende gemischt-freigebige mittelbare Zuwendung der [X.]rlöse aus den Verkäufen der auf die Klägerin übertragenen Anteile an der GmbH an die V eine zur Festsetzung von [X.] berechtigende Steuerhinterziehung gegeben ist und ab welchem Zeitpunkt oder ab welchen Zeitpunkten der [X.] begonnen hat. Diese Prüfung ist deshalb erforderlich, weil die Schenkungsteuer nicht bereits mit der Übertragung der Anteile an der GmbH entstanden ist, sondern jeweils erst in dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin über die ihr zugewendeten Verkaufserlöse im Verhältnis zu [X.] frei verfügen konnte (vgl. oben [X.]). Zur Berechnung der Schenkungsteuer sind dabei vom Verkaufserlös jeweils der Kaufpreis und die sonstigen der Klägerin entstandenen Kosten abzuziehen, die auf die im [X.]inzelfall verkauften Anteile der Klägerin an der GmbH entfallen sind. Bei den nach der [X.]rhöhung des Stammkapitals am 15. Januar 1991 erfolgten [X.] durch die Klägerin ist zudem der der Klägerin in diesem Zusammenhang entstandene Aufwand bereicherungsmindernd zu berücksichtigen.

Auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage, mit welchem Wert die auf die Klägerin übertragenen Gesellschaftsanteile zum 28. Dezember 1989 anzusetzen sind, kommt es danach nicht an.

Meta

II R 39/10

28.03.2012

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 13. Juli 2009, Az: 4 K 235/06, Urteil

§ 171 Abs 10 AO, § 235 AO, § 370 Abs 1 AO, § 7 Abs 1 Nr 1 ErbStG 1997, § 9 Abs 2 Nr 2 ErbStG 1997

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 28.03.2012, Az. II R 39/10 (REWIS RS 2012, 7662)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7662

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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