Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.08.2010, Az. AnwZ (B) 100/09

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2010, 4312

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[X.][X.] ([X.]) 100/09 vom 3. August 2010 in dem Verfahren Nachschlagewerk: ja [X.]GHZ: nein [X.]GHR : ja

[X.]RAO § 16 Abs. 6 Satz 2 a.F. [X.]RAO § 215 Abs. 2 Ist gegen die Widerrufsverfügung der Rechtsanwaltskammer nach § 215 Abs. 2 [X.]RAO der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegeben, richtet sich die sofortige Vollziehung der Verfügung auch dann nach § 16 Abs. 6 Satz 2 [X.]RAO a.F., wenn diese erst nachträglich nach dem 31. August 2009 angeordnet wird. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann in diesem Fall nach §§ 16 Abs. 6 Satz 4, 42 Abs. 5 Satz 2 [X.]RAO a.F. bean-tragt werden. [X.]GH, [X.]eschl. vom 3. August 2010 - [X.] ([X.]) 100/09 - [X.] - - 2 - wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft hier: Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung - 3 - Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch [X.] Ganter, [X.] Schmidt-Räntsch, die Richterin [X.], die Rechtsanwältin [X.] und den Rechtsanwalt Dr. [X.] am 3. August 2010 beschlossen: Der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschie-benden Wirkung seines Antrags auf gerichtliche Entscheidung ge-gen den [X.] der Antragsgegnerin vom 13. März 2009 und seiner sofortigen [X.]eschwerde gegen dessen Zurückwei-sung wird zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des Verfahrens über diesen Antrag wird auf 10.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Der Antragsteller ist seit dem 18. September 1992 im [X.]ezirk der An-tragsgegnerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit [X.]escheid vom 13. März 2009 widerrief die Antragsgegnerin seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen [X.]. Der [X.] hat den hiergegen gerichte-ten Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen hat der [X.] sofortige [X.]eschwerde eingelegt. Mit Verfügung vom 21. Oktober 2009 erklärte die Antragsgegnerin den Widerruf für sofort vollziehbar. Dagegen 1 - 4 - wendet sich der Antragsteller mit dem Antrag auf Wiederherstellung der auf-schiebenden Wirkung. I[X.] Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist nach § 215 Abs. 2 und 3 [X.]RAO i. V. mit § 16 Abs. 6 und § 42 Abs. 4 Satz 2 [X.]RAO a.F. zulässig. Nach § 215 Abs. 2 [X.]RAO bestimmt sich die Zulässigkeit von Rechtsbehelfen gegen Entscheidungen, die vor dem 1. September 2009 ergan-gen sind, und das weitere Verfahren nach dem bis zu diesem Tag geltenden Recht. In Fällen, in denen - wie hier - nach dieser Überleitungsvorschrift in der Hauptsache ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegeben ist, der nach § 16 Abs. 6 Satz 1 [X.]RAO a.F. aufschiebende Wirkung entfaltet, richtet sich [X.] das weitere Verfahren und damit auch die Anordnung der sofortigen Voll-ziehung durch die Rechtsanwaltskammer nach bisherigem Recht. Ob die sofor-tige Vollziehung zugleich mit der Widerrufsverfügung oder erst nachträglich nach dem 31. August 2009 angeordnet wird, ist nicht maßgeblich. In beiden Fällen ergeht die Anordnung der sofortigen Vollziehung auf der Grundlage des § 16 Abs. 6 Satz 2 [X.]RAO a.F.; vorläufiger Rechtsschutz gegen eine solche Maßnahme der Rechtsanwaltskammer ist nach Maßgabe der §§ 16 Abs. 6 Satz 4, 42 Abs. 5 Satz 2 [X.]RAO a.F. gegeben. Die Anwendung der §§ 14 Abs. 4 Satz 1, 112c Abs. 1 [X.]RAO i. V. mit § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO kommt hingegen nicht in [X.]etracht, weil eine Anfechtungsklage, deren aufschiebende Wirkung durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung beseitigt werden könnte, nicht gegeben ist. 2 In der Sache hat der Antrag jedoch keinen Erfolg. 3 - 5 - 1. Die sofortige Vollziehung des [X.] durfte nach § 16 Abs. 6 Satz 2 [X.]RAO a.F. nur angeordnet werden, wenn zu erwarten war, dass der Widerruf bestandskräftig wird und sein sofortiger Vollzug im überwiegenden öffentlichen Interesse zur schon vor [X.]estandskraft des [X.] notwendigen Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter ge-boten war (Senat, [X.]eschl. v. 19. Juni 1998, [X.] ([X.]) 38/98, [X.]RAK-Mitt. 1998, 235, 236; [X.]eschl. v. 26. November 2009, [X.] ([X.]) 27/09). Diese Vorausset-zungen lagen bei Anordnung der sofortigen Vollziehung vor. Daran hat sich auch im [X.]eschwerdeverfahren nichts geändert. Es besteht eine hohe Wahr-scheinlichkeit dafür, dass die sofortige [X.]eschwerde des Antragstellers [X.] und der [X.] [X.]estandskraft erlangen wird, weil die Zu-lassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO wegen [X.] zu widerrufen war und der [X.] auch nicht im Laufe des Verfahrens entfallen ist. Der sofortige Vollzug ist auch weiterhin geboten. 4 2. [X.]ei Erlass des angefochtenen [X.] lagen die Voraus-setzungen für einen Widerruf der Zulassung des Antragstellers zur Rechtsan-waltschaft wegen [X.] nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO vor. 5 a) Vermögensverfall nach dieser Vorschrift ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer [X.] nicht ordnen kann, und außer Stande ist, seinen [X.] nachzukommen; [X.]eweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwir-kung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (Senat, [X.]eschl. v. 25. März 1991, [X.] ([X.]) 73/90, [X.]RAK-Mitt. 1991, 102; [X.]eschl. v. 21. November 1994, [X.] ([X.]) 40/94, [X.]RAK-Mitt. 1995, 126). 6 - 6 - b) Danach befand sich der Antragsteller bei Erlass des [X.] in Vermögensverfall. Zu diesem [X.]punkt war die Zwangsversteigerung einer Eigentumswohnung des Antragstellers wegen einer Hauptforderung der Deutschen [X.]ank in Höhe von 178.952,16 • angeordnet worden. Der Verkehrs-wert der Wohnung war mit lediglich 123.000 • ermittelt worden. Außerdem hatte der Gläubiger [X.]gegen den Antragsteller ein Urteil des Amtsgerichts [X.]über eine Hauptforderung in Höhe von 162,40 • erwirkt. In seiner Stellungnahme zu dem [X.] der Antragsgegnerin vom 3. April 2008 hatte der Antragsteller zwar angegeben, dass seine Vermögensverhält-nisse geordnet seien, erhebliche eigene offene Forderungen bestünden und Vermögenswerte vorhanden seien. Er hatte jedoch keinerlei [X.]elege hierfür vor-gelegt. 7 c) Wie der [X.]estimmung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO zu entnehmen ist, geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Interessen der Rechtsuchenden [X.] sind, wenn sich der Rechtsanwalt in Vermögensverfall befindet (Senat, [X.]eschl. v. 31. März 2008, [X.] ([X.]) 33/07, juris). Anhaltspunkte dafür, dass es bei dem Antragsteller ausnahmsweise anders war, bestanden nicht. Der [X.]machte vielmehr gegen den Antragsteller eine Forderung auf Rückerstattung überzahlter Gebühren geltend. 8 3. Der Antragsteller hat auch nicht nachgewiesen, dass der [X.] im Verlaufe des Verfahrens entfallen ist. 9 a) Zwar scheidet nach ständiger Rechtsprechung des Senats ein Wider-ruf der Zulassung aus, wenn der [X.] im Verlauf des Verfahrens ent-fällt ([X.]GHZ 75, 356, 357; 84, 149, 150). Die Vermögensverhältnisse des [X.]s haben sich jedoch nicht konsolidiert. Im Gegenteil sind erhebliche Steuerrückstände des Antragstellers bekannt geworden. Ein Insolvenzantrag 10 - 7 - des Finanzamts [X.]ist durch [X.]eschluss vom 8. Juni 2009 mangels Masse abgewiesen worden. Nach Mitteilung der Oberfinanzdirektion [X.]belaufen sich die vollstreckbaren Steuerrückstände per 2. Dezember 2009 auf 76.163,08 •. Der Antragsteller hat darüber hinaus am 21. Juli 2009 vor dem Amtsgericht [X.] die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Das [X.]hat schließlich am 7. April 2010 das Insolvenzverfahren über das Ver-mögen des Antragstellers eröffnet. Vermögensverfall wird deshalb nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO jetzt auch aus diesem Grund bei dem Antragsteller vermu-tet. Nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sind geordnete [X.] erst wiederhergestellt, wenn das Insolvenzverfahren entweder mit ei-nem bestätigten Schuldenbereinigungsplan oder mit der durch das Insolvenzge-richt angekündigten Restschuldbefreiung abgeschlossen ist. Daran fehlt es. b) Auch eine Gefährdung der Rechtsuchenden besteht fort. Sie entfällt nach der Rechtsprechung des Senats nicht schon durch die Insolvenzeröffnung und die damit eintretende Verfügungsbeschränkung des Insolvenzschuldners (Senat, [X.]eschl. v. 25. Juni 2007, [X.] ([X.]) 101/05, NJW 2007, 2924, 2925, [X.]. 12; [X.]eschl. v. 31. März 2008, [X.] ([X.]) 33/07, juris). Vielmehr muss die be-gründete Aussicht bestehen, dass das Insolvenzverfahren in absehbarer [X.] beendet wird und die Wiederherstellung geordneter Vermögensverhältnisse erwarten lässt. Deshalb ändert auch der bloße Antrag auf Restschuldbefreiung im Insolvenzverfahren an dem Fortbestand einer Gefährdung der Rechtsu-chenden nichts (Senat, [X.]eschl. v. 13. März 2000, [X.] ([X.]) 28/99, [X.], 1228, 1229; [X.]eschl. v. 7. März 2005, [X.] ([X.]) 7/04, [X.], 1944; [X.]eschl. v. 31. März 2008, [X.] ([X.]) 33/07, juris). 11 Für einen Ausnahmefall, in dem eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall des Rechtsanwalts verneint wer-den kann (dazu Senat, [X.]eschl. v. 18. Oktober 2004, aaO unter [X.]; [X.]eschl. v. 12 - 8 - 5. Dezember 2005, [X.] ([X.]) 13/05, NJW-RR 2006, 559 unter [X.]; [X.]eschl. v. 5. Dezember 2005, [X.] ([X.]) 14/05, Anw[X.]l. 2006, 281 f. unter [X.]; [X.]eschl. v. 25. Juni 2007, [X.] ([X.]) 101/05, NJW 2007, 2924, 2925), ist nichts ersichtlich. 4. Der sofortige Vollzug des Widerrufs ist auch weiterhin zur Abwehr kon-kreter Gefahren für die Rechtsuchenden, insbesondere die Mandanten des [X.]s, zwingend geboten. Die Antragsgegnerin hat die Anordnung des [X.] auf mehrere [X.]eschwerdeverfahren gestützt, in denen dem [X.] unsachgemäßer Umgang mit [X.] bzw. dessen Einbehalt [X.] wird. Der Antragsteller ist diesen Vorwürfen nur teilweise [X.]; entsprechende [X.]elege hat er in keinem Fall vorgelegt. Hinzu kommt [X.]: Der Antragsteller ist bereits durch Urteil des Anwaltsgerichts vom 21. September 2006 wegen Pflichtverletzungen beim Umgang mit Fremdgel-dern in vier Fällen mit einem Verweis und einer Geldbuße belegt worden. Der Gläubiger [X.]hat am 24. Februar 2009 ein Urteil auf Rückerstattung über-zahlter Anwaltsgebühren erwirkt. Der Gläubiger [X.]hat am 17. März 2010 ein 2. Versäumnisurteil gegen den Antragsteller erwirkt. Seiner
13 - 9 - Forderung liegt zu Grunde, dass der Antragsteller [X.] nicht weitergelei-tet hat. Dies belegt, dass der Antragsteller die Interessen seiner Mandanten konkret gefährdet hat. [X.]Roggenbuck [X.] [X.] Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 04.07.2009 - [X.] 20/2009 (II) -

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AnwZ (B) 100/09

03.08.2010

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.08.2010, Az. AnwZ (B) 100/09 (REWIS RS 2010, 4312)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4312

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