Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.05.2015, Az. 20 W (pat) 36/13

20. Senat | REWIS RS 2015, 11550

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Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – zur Akteneinsicht in Nichtpatentliteratur


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2004 001 198.2-53

hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) auf die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2015 durch den Vorsitzenden [X.]. Dr. [X.], die Richterin [X.] sowie [X.] und [X.]. Dr. Wollny

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Prüfungsstelle des [X.], zuständig für die Klasse G 07 C, hat mit Beschluss vom 6. Dezember 2011 die Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2004 001 198.2 und der Bezeichnung

2

„Verfahren zur Überwachung des [X.] mittels einem sehenden autonomen Transportfahrzeug“,

3

zurückgewiesen.

4

Der Zurückweisung lagen die mit der Eingabe vom 9. November 2011 eingereichten Ansprüche 1 bis 9 zu Grunde.

5

[X.]) und [X.] 200 08 372 [X.] ([X.]) ergebe. Der Anspruch 1 sei sonach mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar.

6

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Beschluss der Prüfungsstelle verwiesen.

7

Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 12. Dezember 2011 beim [X.] eingegangene Beschwerde.

8

Der Bevollmächtigte der Anmelderin beantragt in der mündlichen Verhandlung vom 6. Mai 2015,

9

den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 07 C des [X.]s vom 6. Dezember 2011 aufzuheben und das nachgesuchte Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche:

Patentansprüche 1 bis 9 vom 9. November 2011, beim [X.] per Fax eingegangen am selben Tag

Beschreibung:

Beschreibungsseiten 1, 2 und 4 bis 12 vom Anmeldetag (7. Januar 2004)

Beschreibungsseiten 3, 3a vom 5. November 2008, beim [X.] eingegangen am 7. November 2008

Zeichnungen:

(einzige) Figur vom Anmeldetag (7. Januar 2004).

Hilfsweise,

den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 07 C des [X.]s vom 6. Dezember 2011 aufzuheben und das Verfahren zur weiteren Behandlung an das [X.] zurückzuverweisen.

Ferner regt er die Rückzahlung der [X.] an.

Der Anspruch 1 gemäß Antrag lautet:

„Verfahren zum Betrieb eines sehenden autonomen Transportfahrzeugs, wobei mittels wenigstens einem am Transportfahrzeug angebrachten optischen Bildsensor [X.]en in einem Lagerbereich aufgezeichnet werden, die aufgezeichneten [X.]en mittels einer Rechnereinheit weiterverarbeitet werden,

wobei die [X.]en den Zustand des [X.] beschreiben, zur Beschreibung des [X.] anhand der [X.]en eine Objekterkennung durchgeführt wird, womit die im Lager befindlichen Objekte erkannt werden und deren Position bestimmt wird, und

ein Kommunikationsmittel den erfassten [X.] an ein übergeordnetes System weiterleitet.“

Der Bevollmächtigte der Anmelderin trägt vor, der Gegenstand von Anspruch 1 sei in den ursprünglichen Unterlagen offenbart und sei im Hinblick auf den vorliegenden Stand der Technik patentfähig.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 mangels Neuheit nicht patentfähig ist (§ 1 Abs. 1 i. V. m. § 3 [X.]):

1. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 betrifft laut [X.] (S. 1, Abs. 1) ein Verfahren zur Überwachung des [X.] mittels einem sehenden autonomen Transportfahrzeug.

Im Produktionsumfeld würden vermehrt autonome Transportfahrzeuge eingesetzt, jedoch seien diese relativ unflexibel. Sie könnten sich meist nur auf vorgegebenen Fahrspuren fortbewegen und nicht selbständig einen Weg finden. Ebenso wie bei stationären Industrierobotern müsse die Arbeitsumgebung den Transportfahrzeugen angepasst werden. Daher könnten diese bisher nur genutzt werden, wenn sich die Arbeitsumgebung nicht verändere. Autonome, frei navigierende und universell einsetzbare Transportfahrzeuge sollten künftig zusammen mit dem Menschen und anderen Transportfahrzeugen in einer sich dynamisch ändernden Umgebung eingesetzt werden. Moderne autonome Transportfahrzeuge verfügten daher über umgebungserfassende Sensoren. Dabei ermöglichten Entfernungs- und Bildsensoren die exakte Bestimmung der Fahrzeug- und Lastposition sowie das Erkennen von Hindernissen ([X.], S. 1, Abs. 2).

In [X.] 01 / 06401 [X.] werde ein mobiles Lesegerät für elektronische Marken sowie eine Methode zur Teileverfolgung gezeigt. Die ortsfesten oder beweglichen Teile würden hierzu mit elektronischen Marken (RFID) versehen, wobei zwischen den elektronischen Marken und dem mobilen Lesegerät eine Kommunikationsverbindung aufgebaut werde. Mittels der Kommunikationsverbindung würden Teile identifiziert, deren Position bestimmt und der Status der elektronischen Marken sowie der Teile abgefragt. Die Position von mit Marken versehenen Teilen werde entweder durch das mobile Lesegerät oder eine zentrale Steuereinheit ausgewertet. Die Position des mobilen Lesegeräts werde mittels bekannter, ortsfester elektronischer Marken bestimmt ([X.], S. 2, Abs. 1).

[X.] 6,550,674 [X.] zeige eine Steuer- und Verwaltungsmethode für Inventar mittels einer mobilen Einheit. Diese umfasse ein Kommunikationsmittel und ein System zum Lesen von Marken, wobei es sich bei dem Lesesystem um ein optisches oder anderes System zum Lesen von elektronischen Marken, Barcodes und anderen gedruckten Marken handeln könne. Die ermittelten Informationen würden unter Verwendung des Kommunikationsmittels zur Auswertung an eine Rechnereinheit übertragen ([X.], S. 2, Abs. 2).

In der nachveröffentlichten Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen [X.] 103 23 642.2 sei ein Verfahren zum Betrieb eines Bildsensors an einem autonomen Transportfahrzeug sowie ein Bildsensor für ein autonomes Transportfahrzeug beschrieben. Der Bildsensor sei am Transportfahrzeug oder an einem seiner Lastmittel in unterschiedlichen Positionen / Orientierungen verfahrbar angebracht und diene der Erfassung von [X.]en, die mittels einer Rechnereinheit für Navigationszwecke sowie zur Erkennung und zur Vermessung von Objekten ausgewertet würden. Dabei könnte durch Schwenken und Neigen des Bildsensors eine Bildübersicht generiert und aufgrund dieser Information eine bestimmte Position angefahren werden ([X.], S. 2, Abs. 3).

Der Erfindung liege die Aufgabe zu Grunde, eine weitere Einsatzmöglichkeit eines sehenden autonomen Transportfahrzeugs anzugeben, insbesondere ein Verfahren zum Betrieb eines sehenden autonomen Transportfahrzeugs bereitzustellen, womit es möglich werde, den Zustand eines [X.] auf zuverlässige Weise zu überwachen ([X.], S. 2, Abs. 4).

2. Die Anmeldung richtet sich ihrem technischen Sachgehalt nach an einen Diplom-Physiker mit Hochschulabschluss und mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der optischen Bildaufnahme von Objekten sowie der digitalen Verarbeitung und Auswertung der Bildaufnahmen.

3. Zum Patentanspruch 1

Der Patentanspruch 1 kann wie folgt gegliedert werden (Änderungen im Vergleich zum ursprünglichen Patentanspruch 1 fett bzw. durchgestrichen):

[X.] Verfahren zum Betrieb eines sehenden autonomen Transportfahrzeugs,

optischen Bildsensor [X.]en in einem Lagerbereich aufgezeichnet werden,

und wobei die aufgezeichneten [X.]en mittels einer Rechnereinheit weiterverarbeitet werden,

dadurch gekennzeichnet , dass

die [X.]en in einem Lagerbereich aufgezeichnet werden, wobei die [X.]en den Zustand des [X.] beschreiben,

[X.] zur Beschreibung des [X.] anhand der [X.]en eine Objekterkennung durchgeführt wird,

[X.].4 womit die im Lager befindlichen Objekte erkannt werden und deren Position bestimmt wird, und

wobei ein Kommunikationsmittel den erfassten [X.] an ein übergeordnetes System weiterleitet.

a) Zulässigkeit

[X.], [X.], [X.] und [X.].4 verbundenen Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Patentanspruch 1 sind ursprünglich offenbart (vgl. [X.] und [X.].2: S. 6, Abs. 1, [X.] 4-8 i. V. m. S. 3, Abs. 4, [X.] 6-9; [X.] und [X.].4: S. 8, Abs. 2, [X.] 1-4) und der geltende Anspruch 1 ist somit als zulässig anzusehen.

b) Verständnis durch den Fachmann

ohne dass hierbei das Fahrzeug in seiner Funktionalität des Fahrens – insbesondere des Fahrens ohne aktiven menschlichen Eingriff – merkmalstechnisch ausgestaltet wird (ein sich in irgendeiner Weise tatsächlich bewegendes Fahrzeug wird im Verfahrensablauf nicht thematisiert). Dem Fachmann wird durch den Merkmalswortlaut lediglich gelehrt, dass zur Durchführung des Verfahrens an einem Fahrzeug ein optischer Bildsensor angebracht ist, der [X.]en in einem Lagerbereich aufzeichnet; hierbei wird aber weder der Sensor noch der Ort der Aufzeichnung (und somit der Ort der Durchführung des Verfahrens) mittels Merkmalen weiter bestimmt. Daher sieht der Fachmann den Sensor allgemein als flächigen Opto-Sensor, der z. B. ähnlich einer Digitalkamera Pixelbilder eines [X.]es aufzunehmen vermag, auf den er (durch eine Vorsatzoptik) ausgerichtet ist, ohne dass es im weiteren technisch konkret darauf ankommt, aus welchem Bereich oder von welchem Ort dieselben stammen (Merkmale [X.] und [X.]).

Der Merkmalskomplex [X.].1 und [X.].2 führt zur rechnergestützten Verarbeitung der gewonnenen [X.]en aus, dass deren Resultat eine Aussage über den so genannten „Zustand“ im aufgenommenen [X.] liefert; die Merkmale [X.].2 bzw. [X.] bis [X.].4 konkretisieren hierbei den Grad der rechnergestützten Objekterkennung: [X.] à [X.]en à Objekterkennung à Bestimmung Position. Jedoch wird weder konkret festgelegt, um welche Objekte mit welchen Eigenschaften es sich handelt (gegenständlich / Personen, mobil / stationär, in einem Bereich erlaubt / unerlaubt, etc.), noch wie die Objekterkennung durchgeführt wird. Der Fachmann wird daher jede Methode der Objekterkennung mit Positionsbestimmung beliebiger Objekte in Betracht ziehen.

Dieser so erfasste [X.] wird letztlich mittels eines ebenfalls nicht weiter spezifizierten „Kommunikationsmittels“ an eine hierarchisch über der Sensorebene – in der die [X.] aufgezeichnet wurde – [X.] (sog. „übergeordnetes System“) weitergeleitet. Im gegebenen technischen Kontext für den Fachmann sinnvolle und praktikable übergeordnete Ebenen (Systeme) reichen hierbei von einem Steuerungssystem für das Fahrzeug, über ein lagerhallenspezifisches Multi-Fahrzeug-Steuerungssystem bis hin zu [X.], die mehrere Lagerhallen oder auch Standorte betreuen können (Merkmal M3).

c) Fehlende Neuheit

Der Gegenstand von Anspruch 1 gilt als nicht neu und ist somit nicht patentfähig.

[X.]) ein Verfahren zum Betrieb eines sehenden autonomen Transportfahrzeugs bekannt, in dem mittels wenigstens einem optischen Bildsensor [X.]en in Form von Bildern aufgezeichnet werden (Absatz [0001], insb. „autonomes mobiles System“ i. V. m. Absatz [0023], insb.: „Die … in einer definierten Umgebung vorhandenen Vorrichtungen 1, beispielsweise fahrerlose Transportfahrzeuge, können mittels ihrer Informationsdaten … jederzeit ein aktuelles Abbild ihrer Umgebung liefern [X.], [X.]).

zur Erkennung / zur Eintragung von Veränderungen / zur Erzeugung neuer Informationsdaten“ [X.] gelehrten Fakten das dortige „Lagerverwaltungssystem“ samt „Karte“ zugrunde legt und entsprechend als Momentaufnahme (Abbild) des Lagers nutzt (Absatz [0023] (s. o.) i. V. m. Absatz [0013]: „[die] Darstellung der Informationsdaten erleichtert einem Bediener eines Lagerverwaltungssystems die Übersicht“).

[X.] eine Objekterkennung in Form einer Ortung (die Feststellung der Existenz eines Objekts in Verbindung mit seiner Positionsbestimmung) von Marken gelehrt und zwar in Form von „veränderlichen Landmarken 5“ (am Ort / im Lager bewegliche Marken: Figur 1 i. V. m. Absatz [0021]: „Palette mit Getränkekisten“) und „unveränderlichen Landmarken 6“ (vgl. Figur 1, ortsfeste Position bspw. eines Regalpfostens im Getränkelager), wie sie in analoger Weise auch die Anmeldung selbst zugrunde legt (vgl. [X.], S. 10, [X.] 15 – 24, insb.: „Für den Fall, dass die Objekte optische Marken tragen, wird ... zur Beschreibung des [X.] anhand der [X.]en eine Objektidentifikation durchgeführt, wobei Marken und/oder Schriftzeichen identifiziert werden. Bei den Marken kann es sich hierbei ... um Barcode ... handeln.“; Unterstreichungen hinzugefügt). Zwar wird in der Druckschrift [X.] nicht wörtlich die optische Erkennung der (Land-) Marken beschrieben (s. o.), doch liest diese der Fachmann gerade im Rahmen des dortigen Beispiels des Getränkekistenlagers unmittelbar mit, ist doch die Bestückung von Getränkekisten mit einer für einen Menschen lesbaren Beschriftung, Etikettierung und/oder Barcodes zu deren Identifizierung üblich, kostengünstig sowie durch Augenschein überprüfbar (Merkmale [X.].1 bis [X.].4).

[X.] ebenfalls zu entnehmen (Anspruch 6: „ … dass die Vorrichtung (1) eine [X.] (9) zur Übertragung von aktualisierten Positionen veränderlicher Landmarken (5) an die Basiseinheit (8) aufweist.“; Merkmal M3).

[X.] bekannt. Der Gegenstand des Anspruchs 1 weist folglich nicht die erforderliche Neuheit auf und ist daher auch nicht patentfähig.

4. Mit dem Patentanspruch 1 sind auch die übrigen abhängigen Patentansprüche 2 bis 9 nicht gewährbar, da ein Patent nur so erteilt werden kann, wie es beantragt ist ([X.], Beschluss vom 26. September 1996 - X ZB 18/95, GRUR 1997, 120 - elektrisches Speicherheizgerät, mit weiteren Nachweisen).

5. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage war die Sache entscheidungsreif und eine Zurückverweisung an die Prüfungsstelle gemäß § 79 Abs. 3 [X.] – wie durch die Anmelderin hilfsweise beantragt - kam nicht mehr in Betracht; zudem kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob der elektronisch erstellte und signierte Beschluss des [X.] möglicherweise an Wirksamkeitsmängeln leidet (vgl. 20 W (pat) 28/12 vom 12. Mai 2014 u. a. im Hinblick auf das Erfordernis einer signierten Urschrift in der elektronischen Akte).

6. Im Ergebnis konnte somit weder dem Haupt- noch dem Hilfsantrag der Anmelderin stattgegeben werden.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

7. Die Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr gem. § 80 Abs. 3 [X.] war nicht angezeigt, weil keine Billigkeitsgründe erkennbar sind, die für eine solche Anordnung sprechen würden. Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr kommt u. a. dann in Betracht, wenn ein schwerwiegender Verfahrensverstoß durch das [X.] vorliegt oder wenn ein Verfahrensfehler für die Erhebung der Beschwerde ursächlich war (vgl. [X.], Patentgesetz, 9. Aufl., § 80 Rdn. 113 i. V. m. § 73 Rdn. 139). Dass eine dieser Voraussetzungen im vorliegenden Fall gegeben wäre, ist nicht ersichtlich.

Allein der Umstand, dass die Prüfungsstelle entgegen dem entsprechenden Antrag der Anmelderin (vgl. ihr Schreiben vom 9. November 2011, S. 1) die Anmeldung ohne nochmalige – zweite - Anhörung zurückgewiesen hat, stellt sich nicht von vornherein und ohne weitere Prüfung des Einzelfalls als Verletzung des rechtlichen Gehörs und damit als schwerwiegender Verfahrensfehler dar.

[X.] in das Verfahren eingeführt, aber aus diesem Grunde auch am Ende der Anhörung keinen Beschluss gefasst, sondern der Anmelderin Gelegenheit zur Äußerung zu diesem neuen Stand der Technik gegeben, den die Prüfungsstelle gegenüber dem in der Anhörung erarbeiteten Anspruch 1 gemäß dem damals geltenden Hilfsantrag zusammen mit der Druckschrift [X.] für entscheidungserheblich hielt (vgl. Beiblatt zur Anhörung, Amtsakte S. 143). Die patentanwaltlich vertretene Anmelderin ist auf diesen Einwand mit ihrer o. g. Eingabe (Schriftsatz vom 9. November 2011, insbesondere Seiten 3 bis 7, oben, in der u. a. der in der Anhörung gestellte Hilfsantrag schließlich mit wenigen, lediglich redaktionellen Änderungen zum Hauptantrag erklärt wurde) auch umfangreich und substantiiert eingegangen und hat sich somit auch auf die Ausführungen der Prüfungsstelle in der Anhörung eingelassen. Sie hatte damit ausreichend Zeit und Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme auf den im Anhörungstermin erörterten Stand der Technik, insbesondere die neu eingeführte Druckschrift [X.].

Ein Antrag auf Anhörung kann zurückgewiesen werden, wenn dafür triftige Gründe vorliegen. Dazu gehört insbesondere auch dieser Fall, bei dem die Prüfungsstelle bereits eine Anhörung durchgeführt hat und im Zuge des anschließenden schriftlichen Verfahrens den Eindruck gewinnt, dass sich der Anmelder auf die Einwände der Prüfungsstelle, die aus deren Sicht entscheidungserheblich sind, nicht einlassen will (vgl. [X.], a. a. O. § 46 Rdn. 12 mit weiteren Nachweisen), wie es gerade durch die letztmalige Eingabe der Anmelderin vor dem Zurückweisungsbeschluss (vgl. Schriftsatz vom 9. November 2011) belegt ist. Mit dieser Eingabe ist knapp 8 Monate nach Durchführung der Anhörung vom 14. März 2011 nämlich ein im Vergleich zum Anspruchssatz aus der Anhörung lediglich redaktionell geänderter Anspruchssatz als Hauptantrag eingereicht worden, und dies, obwohl die Prüfungsstelle insbesondere in der Anhörung bereits klar zum Ausdruck gebracht hatte, dass sie den Anspruch 1 in der jeweils gültigen Antragsfassung durchweg aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit nicht für patentfähig halte und dieser Umstand zur Zurückweisung der Anmeldung führen müsse (vgl. z. B. Beiblatt zur Anhörung, [X.]).

In welcher Weise bei dieser Sachlage die Durchführung einer erneuten Anhörung für die anstehende abschließende Entscheidung der Prüfungsstelle hätte sachdienlich sein können, ist nicht ersichtlich. Die Anmelderin hat dazu in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass sie der Prüfungsstelle ihre Sichtweise, die erfinderische Tätigkeit betreffend, auch mündlich habe vortragen wollen und dass sie die unterlassene zweite Anhörung in Anlehnung an die Entscheidung des [X.] 17 W (pat) 104/07 als ursächlich für die Beschwerdeerhebung betrachte.

gemeinsam mit der Verweigerung einer zweiten Anhörung zur Rückzahlung der Beschwerdegebühr führte (B[X.], Beschluss in der Sache 17 W (pat) 104/07, S. 15, Absatz 2 und 3). Der Verweis der Anmelderin auf die Entscheidung des [X.] 17 W (pat) 104/07 zur Stützung und Begründung ihrer Argumentation muss daher fehlgehen.

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist daher vorliegend nicht anzunehmen, so dass eine Rückzahlung der [X.] aus [X.]n nicht in Betracht kam.

Meta

20 W (pat) 36/13

06.05.2015

Bundespatentgericht 20. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 45 UrhG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.05.2015, Az. 20 W (pat) 36/13 (REWIS RS 2015, 11550)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 11550

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