Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.07.2015, Az. IV ZR 70/15

4. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 8157

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Private Krankenversicherung: Erhebung eines individuellen Risikozuschlags bei Tarifwechsel


Leitsatz

Ein privater Krankenversicherer ist grundsätzlich berechtigt, beim Wechsel von einem Tarif mit Pauschalprämie, in die das durch Vorerkrankungen des Versicherten bedingte Risiko zuschlagsfrei einkalkuliert war, in einen Tarif mit Grundprämie für ein Basisrisiko und Risikozuschlägen einen individuellen Risikozuschlag gemäß § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 203 Abs. 1 Satz 2 VVG i.V.m. § 316 BGB zu erheben.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] - 25. Zivilkammer - vom 17. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beklagte bei dem von ihm beabsichtigten Tarifwechsel in der privaten Krankenversicherung keinen Risikozuschlag erheben darf. Er unterhält bei der Beklagten seit dem 1. April 1998 eine Krankheitskostenversicherung nach den Tarifen VS  und [X.](im Folgenden [X.]). In seinem Antrag vom 14. April 1998 hatte er bei den Gesundheitsfragen "Nierensteinzertrümmerung rechts" angegeben. Die nach dem Vortrag der Beklagten aufgrund dieser Angabe vorgenommene Risikoeinstufung wurde von ihr im [X.] zum Pauschaltarif ohne Risikozuschlag mitversichert. Der Kläger zahlte für den [X.] zuletzt 346,76 € monatlich. Im November 2010 beantragte der Kläger den Wechsel in den [X.] (A.     ) der Beklagten (im [X.]). Die Beklagte verlangte für den Fall des Tarifwechsels die Zahlung eines monatlichen Risikozuschlags in Höhe von zuletzt 32,96 €, insgesamt für den [X.] 274,33 €. Da es der Kläger ablehnte, die Vereinbarung zum Risikozuschlag zu unterzeichnen, kam der gewünschte Tarifwechsel bislang nicht zustande.

2

Der Kläger beantragt - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - die Feststellung, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, bei einem Wechsel des [X.] in der bestehenden Krankheitskostenversicherung aus dem [X.].   in den [X.]     neben der Vereinbarung eines Leistungsausschlusses hinsichtlich der Mehrleistung einen Risikozuschlag zu verlangen. Das Amtsgericht hat der Klage insoweit stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen.

Entscheidungsgründe

3

Die Revision des [X.] hat keinen Erfolg.

4

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dem Kläger stehe ein Recht auf Tarifwechsel gemäß § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] zu. Bei einem Tarifwechsel werde kein neuer Versicherungsvertrag geschlossen, sondern der bisherige nach Maßgabe des neuen [X.] fortgesetzt. Die aus dem bisherigen Vertrag erworbenen Rechte fielen bei einem Tarifwechsel nicht fort, sondern seien anzurechnen. Zu diesen erworbenen Rechten gehöre auch die Risikoeinstufung, die der Versicherer aufgrund des von ihm überprüften Gesundheitszustands des Versicherten bei Vertragsbeginn festgelegt habe. Hierbei ergebe sich aus § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] kein Verbot dafür, Risikozuschläge zu verlangen, wenn im bisherigen Tarif höhere Risiken durch eine Pauschalprämie berücksichtigt wurden und deshalb keine Risikozuschläge zu zahlen waren. Hier stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass der Herkunfts- und der [X.] eine unterschiedliche Kalkulationsstruktur hätten. Bei dem [X.] handele es sich um einen Pauschaltarif, der so kalkuliert sei, dass in der Grundprämie bereits eine große Bandbreite möglicher Risiken abgedeckt sei. Risikozuschläge würden nur selten erhoben. Konsequenz sei jedoch, dass die Grundprämie dieses [X.]s höher kalkuliert sei. Demgegenüber handele es sich bei dem bestehenden [X.] um einen solchen, bei dem nur wenige Risiken über dessen Grundprämie abgedeckt seien. Infolgedessen sei diese niedriger als diejenige des [X.]s. Weitere Folge sei, dass für eine Vielzahl von Risiken Zuschläge erhoben würden, um einen Ausgleich zwischen den niedrigeren Grundprämien und dem abzudeckenden Gesamtschaden zu schaffen.

5

Auf dieser Grundlage sei die Beklagte berechtigt, bei dem Antrag des [X.] auf Wechsel in den [X.] einen Risikozuschlag hinsichtlich des Gesundheitszustandes "Zustand nach Nierensteinzertrümmerung" zu verlangen. Die Beklagte gehe davon aus, dass bei Personen, die bereits einmal einen Nierenstein hatten, ein erhöhtes Risiko für ein erneutes Auftreten eines Nierensteins bestehe. Für dieses Rezidivrisiko habe die Beklagte 1998 bei Vertragsschluss im Rahmen des Pauschaltarifs keinen Risikozuschlag erhoben. Demgegenüber löse im [X.] die Angabe einer Nierensteinzertrümmerung einen Risikozuschlag aus, da dieses Risiko nicht durch die Grundprämie des [X.] abgedeckt sei. Soweit sich der Kläger ferner darauf berufen habe, er könne eine Herabsetzung der Prämie gemäß § 41 [X.] verlangen, sei sein in der Berufungsinstanz gehaltener Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen.

6

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

7

Der Kläger beruft sich zu Unrecht darauf, die Beklagte dürfe bei einem Wechsel aus dem Herkunfts- in den [X.] keinen Risikozuschlag verlangen. Vielmehr kann die Beklagte einen solchen gemäß § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 203 Abs. 1 Satz 2 [X.] i.V.m. § 316 BGB erheben.

8

1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Tarifwechsel gemäß § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 1 [X.] zu. Hiernach kann der Versicherungsnehmer bei einem bestehenden unbefristeten Versicherungsverhältnis vom Versicherer verlangen, dass dieser Anträge auf Wechsel in andere Tarife mit gleichartigem Versicherungsschutz unter Anrechnung der aus dem Vertrag erworbenen Rechte und der Alterungsrückstellung annimmt. Mit diesem [X.] wird bezweckt, insbesondere älteren Versicherungsnehmern bei Schließung ihres [X.] ("[X.]") die Möglichkeit zu eröffnen, eingetretene Kostensteigerungen durch einen Wechsel in einen anderen Tarif des Versicherers ("[X.]") zu vermeiden (Senatsurteil vom 12. September 2012 - [X.], [X.], 1422 Rn. 7; [X.], 1345 Rn. 27). Dieser Tarifwechselanspruch ist ein Optionsrecht des Versicherungsnehmers im Rahmen des den Versicherer treffenden Kontrahierungszwangs auf [X.] des bestehenden [X.]es (Senat aaO; BVerwG aaO Rn. 30). Die Voraussetzungen dieses Tarifwechselanspruchs sind gegeben.

9

2. Besteht ein Anspruch des Versicherungsnehmers auf einen Tarifwechsel, so kann der Versicherer, soweit die Leistungen in dem Tarif, in den der Versicherungsnehmer wechseln will, höher oder umfassender sind als in dem bisherigen Tarif, für die Mehrleistung einen Leistungsausschluss oder einen angemessenen Risikozuschlag und insoweit auch eine Wartezeit verlangen (§ 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 [X.]).

a) Zwar sind die Leistungen im [X.] hier nicht höher oder umfassender als im [X.]. Aus § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] kann aber nicht gefolgert werden, dass die Erhebung eines Risikozuschlages nur bei höherer oder umfassenderer Leistung zulässig ist. Wie das [X.] bereits zu § 178f Abs. 1 Satz 2 [X.] in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung, die der jetzigen Regelung in § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 [X.] entspricht, entschieden hat, wird dort nur ein spezieller Sachverhalt geregelt, bei dem der Tarifwechsel mit einer Risikoerhöhung für den Versicherer verbunden ist. Hieraus folgt nicht, dass ein Risikozuschlag in Fällen, in denen diese Besonderheit nicht vorliegt, nicht zulässig wäre (BVerwGE 108, 325 juris Rn. 21). Dies ergibt sich schon daraus, dass im [X.] ohne weiteres ein Risikozuschlag zulässig ist, wenn ein solcher bereits im [X.] vereinbart war.

Ein solcher Fall liegt hier zwar nicht vor, da im [X.] kein Risikozuschlag vereinbart war. Wechselt ein Versicherungsnehmer aber aus einem Tarif mit einer Pauschalprämie, in die das durch Vorerkrankungen des Versicherten bedingte Gesamtrisiko einkalkuliert war, in einen Tarif mit Grundprämie für ein Basisrisiko und individuellen [X.], so ist der Versicherer nicht gehindert, im [X.] Risikozuschläge zu erheben, sofern dieser dies für die Risikoklasse vorsieht, in die der Versicherer bei Abschluss der Versicherung den Versicherten eingestuft hatte. Ein Recht auf Freiheit von [X.] auch in einem völlig an[X.] kalkulierten Tarif erwirbt der Versicherungsnehmer mit dem Abschluss des Vertrages zu einer Pauschalprämie nicht. Der Gesetzgeber mag einen solchen eher atypischen Fall nicht ins Auge gefasst haben. Eine interessengerechte Auslegung des Gesetzes ergibt indessen, dass auch in diesem Fall die Erhebung eines Risikozuschlages nicht ausgeschlossen ist. Die innere Rechtfertigung hierfür liegt darin, dass die Krankenversicherung auch im bisherigen Tarif mit den bei Vertragsbeginn bereits vorhandenen Erkrankungen nur gegen eine verhältnismäßig hohe Prämie abgeschlossen werden konnte. Würde der Versicherte zu dem preiswerteren Grundbeitrag des neuen [X.] ohne jeden Risikozuschlag versichert, läge darin eine Begünstigung, die weder gegenüber dem Versicherer noch gegenüber neuen Versicherungsnehmern sachlich gerechtfertigt wäre (BVerwG aaO juris Rn. 28; [X.], 1253 Rn. 38; BVerwGE 137, 179 Rn. 21; [X.] VersR 2014, 1447; [X.] 2014, 1447; [X.] in Looschel[X.]/Pohlmann, [X.] 2. Aufl. § 204 Rn. 12; [X.] in PK-[X.], 2. Aufl. § 204 Rn. 20; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 29. Aufl. § 204 Rn. 25; Langheid in [X.]/Langheid, [X.] 4. Aufl. § 204 Rn. 11; [X.], [X.], 892, 894; [X.] u.a., [X.], 1007, 1011; [X.], [X.], 706, 709 f.; an[X.] MünchKomm-[X.]/[X.], § 204 Rn. 274 f.; kritisch ferner [X.] in [X.] 3. Aufl. § 44 Rn. 205).

Da das [X.] den Versicherungsnehmer nur vor überhöhten, nicht aber vor risikogerechten Beiträgen schützen soll ([X.] in PK-[X.], 2. Aufl. § 204 Rn. 20), muss der Gefahr vorgebeugt werden, dass ein Versicherungsnehmer mit einem "schlechten Risiko" eine Krankenversicherung im Pauschaltarif abschließt, um anschließend unter Berufung auf sein [X.] und unter Umgehung der strengen Risikoprüfung in den günstigeren [X.] zu wechseln ([X.], [X.], 706, 710). Ferner besteht keine sachliche Rechtfertigung dafür, die aus einem Pauschaltarif wechselnden Versicherungsnehmer gegenüber solchen zu bevorzugen, die erstmals einen Tarif mit individuellen [X.] abschließen.

Soweit im Schrifttum vereinzelt vorgeschlagen wurde, dem Versicherer das Recht einzuräumen, statt eines individuellen Risikozuschlages einen pauschalen Risikozuschlag zu erheben (vgl. [X.]/Wandt, [X.], 7, 12 ff.; dies. [X.], 1165, 1167 ff.), kommt dies nicht in Betracht. Ein allein an den Tarifwechsel anknüpfender pauschaler [X.]trukturzuschlag ist als gesetzlich nicht vorgesehener [X.] mit § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] nicht zu vereinbaren (BVerwGE 137, 179 Rn. 20, 26 f.; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 29. Aufl. § 204 Rn. 26).

b) Der Versicherer ist mithin grundsätzlich berechtigt, beim Wechsel von einem Tarif mit Pauschalprämie in einen Tarif mit Grundprämie für ein Basisrisiko und [X.] einen individuellen Risikozuschlag zu erheben. Diese Befugnis ergibt sich aus § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 203 Abs. 1 Satz 2 [X.] i.V.m. § 316 BGB (vgl. [X.] in Looschel[X.]/Pohlmann, [X.] 2. Aufl. § 204 Rn. 12; [X.]. [X.], 892, 894). Aus § 203 Abs. 1 Satz 2 [X.] kann entnommen werden, dass der Versicherer außer bei [X.] im Basistarif nach § 12 [X.] mit Rücksicht auf ein erhöhtes Risiko einen angemessenen Risikozuschlag vereinbaren kann. Dieses Recht, einen Risikozuschlag zu verlangen, ergibt sich aus § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] in der oben vorgenommenen Auslegung. Lehnt der Versicherungsnehmer die Vereinbarung eines individuellen Risikozuschlages ab, so kann ihn der Versicherer nach den Maßstäben des § 316 BGB bestimmen.

c) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts besteht hier zwischen dem Ausgangs- und dem [X.] eine unterschiedliche Kalkulationsstruktur, die es der [X.] ermöglicht, einen individuellen Risikozuschlag zu verlangen. Danach steht fest, dass der [X.] eine Grundprämie enthielt, die eine große Bandbreite möglicher Risiken abdeckte, die sich im Rahmen der Risikoprüfung ergaben. Risikozuschläge wurden bei diesem [X.] nur selten erhoben. Aus diesem Grund war die Prämie dieses [X.]s höher kalkuliert. Der erst seit dem [X.] bestehende [X.] deckt demgegenüber nur wenige Risiken über die Grundprämie ab. Der Ausgleich zwischen dem sich ergebenden niedrigeren Versicherungsbeitrag und dem abzudeckenden Gesamtschaden wird sodann über individuelle Risikozuschläge vorgenommen. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision sind unbegründet.

aa) Ohne Erfolg macht sie zunächst geltend, ein Risikozuschlag komme nicht in Betracht, da der Kläger einen Anspruch auf Tarifwechsel unter Anrechnung der aus dem Vertrag erworbenen Rechte habe und die Beklagte anlässlich der Beantragung des [X.]s keine konkrete Risikoeinstufung hinsichtlich der Gesundheitsangaben vorgenommen habe, welche sie nunmehr auf den [X.] übertragen könne. Zutreffend ist, dass zu den aus dem [X.] auch die Bewertung des Gesundheitszustandes zählt, wie sie der Versicherer bei Abschluss des Vertrages im [X.] vorgenommen hat. Hat der Versicherer auf dieser Grundlage eine Gesundheitsprüfung durchgeführt und das gesundheitliche Risiko eingeschätzt sowie die Entscheidung getroffen, den Versicherungsnehmer nach Maßgabe des derart festgestellten und bewerteten Gesundheitszustandes zu versichern, so erlangt der Versicherungsnehmer aus dieser Bewertung eine Position, die zu den "aus dem [X.]" gehört. Der Versicherer darf daher im weiteren Vertragsverlauf von dieser Einstufung nicht zuungunsten des Versicherten abweichen, und zwar auch dann nicht, wenn im Lichte späterer Erkenntnisse - etwa aufgrund des weiteren Krankheitsverlaufs oder neuerer Ergebnisse der medizinischen Forschung - die damalige Einstufung zu günstig war (BVerwGE 108, 325 juris Rn. 26; 137, 179 Rn. 31; ferner Senatsurteil vom 20. Dezember 2006 - [X.], [X.], 196 Rn. 15; [X.] in Looschel[X.]/Pohlmann, [X.] 2. Aufl. § 204 Rn. 11).

Hier hat die Beklagte ihre Risikoeinstufung des [X.] anlässlich des Wechsels vom Herkunfts- in den [X.] nicht geändert, sondern lediglich die Folgen daraus gezogen, dass der Kläger im [X.] mit einer Pauschalprämie versichert war, die den Zustand nach Nierensteinzertrümmerung zuschlagsfrei versicherte, während im [X.] ein Risikozuschlag zu erheben war. Dies ergibt sich aus den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts. Hiernach hat das bereits im Jahr 1998 vorhandene erhöhte Risiko nach Nierensteinzertrümmerung zum damaligen Zeitpunkt lediglich deshalb nicht zu einem Risikozuschlag geführt, weil die Beklagte mit dem [X.] einen umfassenden Pauschaltarif anbot, der dieses Risiko mit abdeckte. An[X.] als die Revision meint, hat die Beklagte den Kläger damit zum damaligen Zeitpunkt nach den [X.] Feststellungen des Berufungsgerichts keineswegs als vollständig gesund im Sinne eines "besten Risikos" eingestuft und wäre deshalb im Falle eines Tarifwechsels an einem individuellen Risikozuschlag gehindert. Sieht der [X.] die Erhebung eines [X.] vor, so hat der Versicherungsnehmer Anspruch darauf, dass er nach Maßgabe der ursprünglichen Risikoeinstufung bewertet wird. Dies schließt es indessen nicht aus, dass der Versicherer die ursprüngliche Risikoeinstufung in eine neue [X.] einpasst (BVerwGE 137, 179 Rn. 31). Anderenfalls wäre der Versicherer von vornherein daran gehindert, bei Versicherten, die ursprünglich in einem Pauschaltarif mit vergleichsweise hohem Beitrag ohne Risikozuschlag versichert waren, beim Wechsel in einen [X.] mit einer geringeren Grundprämie für ein Basisrisiko individuelle Zuschläge für Risiken zu verlangen, die nicht von dem durch die Grundprämie erfassten Leistungsumfang gedeckt sind. Das ist indessen - wie oben gezeigt - nicht der Fall.

Es kann auch keinen Unterschied machen, ob der Versicherer in den ursprünglichen Tarifbedingungen darauf hingewiesen hat, dass im Antrag angegebene Krankheiten, Unfallschäden und deren Folgen ohne Beitragszuschlag unter Versicherungsschutz stehen oder nicht (so MünchKomm-[X.]/[X.], § 204 Rn. 274-276). Von einer solchen Formulierung bezüglich des [X.]s, die dort ohne Auswirkungen auf die Prämienhöhe bleibt, kann nicht abhängen, ob der Versicherer im [X.] berechtigt ist, einen Risikozuschlag zu verlangen.

bb) Ohne Erfolg macht der Kläger ferner geltend, die Beklagte sei bereits deshalb nicht berechtigt, einen Risikozuschlag zu verlangen, weil nicht jede Abweichung in der Prämienkalkulation zwischen Herkunfts- und [X.] einen derartigen Zuschlag rechtfertige. Zutreffend ist zwar, dass der Versicherer bei der Kalkulation seiner Tarife die Möglichkeit eines Tarifwechsels in den [X.] ohne Risikozuschlag berücksichtigen muss (BVerwG [X.], 1253 Rn. 39). Die Abweichung zwischen Herkunfts- und [X.] muss mithin auf abweichenden und grundsätzlich nicht vergleichbaren Prämienkalkulationsgrundsätzen beruhen (vgl. [X.] in Looschel[X.]/Pohlmann, [X.] 2. Aufl. § 204 Rn. 12; [X.]. [X.], 892, 894 f.; ferner BVerwG [X.], 1253 Rn. 29, welches davon spricht, die [X.]truktur müsse sich "qualitativ und deutlich" voneinander unterscheiden). Entgegen der Auffassung der Revision ist dies hier aber der Fall. Aus den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, dass die Kalkulationsstruktur des [X.]s auf einem umfassenden Pauschaltarif beruht, während der [X.] nur wenige Risiken über die Grundprämie abdeckt und im Übrigen die Erhebung individueller Risikozuschläge vorsieht.

cc) Durch die Erhebung des [X.] wird auch das [X.] des [X.] nicht unzumutbar erschwert. Nach dem vom Kläger nicht in Abrede gestellten Vortrag der [X.] betrug die Prämie im [X.] 346,76 € monatlich, während sie im [X.] einschließlich des [X.] von 32,96 € bei 274,33 € liegt.

3. Ohne Erfolg bleibt die Revision ferner, soweit sie geltend macht, bei der Kalkulation der Prämie des [X.]s müssten solche Gesundheitsumstände unberücksichtigt bleiben, die der Versicherte im Falle eines Neuabschlusses infolge Zeitablaufs nicht mehr anzugeben bräuchte. Hieraus schließt der Kläger, er habe im Zeitpunkt seines Antrags auf Tarifwechsel im Jahr 2010 die Zertrümmerung des Nierensteins im Jahre 1994 nicht mehr angeben müssen. Hierbei wird übersehen, dass es durch den Tarifwechsel nicht zum Abschluss eines neuen Versicherungsvertrages kommt, sondern der bisherige [X.] unter Wechsel des [X.] fortgesetzt wird (Senatsurteil vom 12. September 2012 - [X.], [X.], 1422 Rn. 7; BVerwGE 137, 179 Rn. 30). Dazu ist die ursprüngliche, auf der Gesundheitsprüfung bei Vertragsschluss im [X.] beruhende Risikoeinstufung des Versicherungsnehmers in diejenige des neuen [X.] einzupassen (vgl. BVerwGE aaO Rn. 21).

4. Schließlich steht dem von der [X.] verlangten Risikozuschlag auch nicht ein berechtigtes Herabsetzungsverlangen des [X.] nach § 41 [X.] entgegen. Hiernach kann der Versicherungsnehmer, wenn wegen bestimmter gefahrerhöhender Umstände eine höhere Prämie vereinbart ist und diese Umstände nach Antragstellung des Versicherungsnehmers oder nach Vertragsschluss weggefallen oder bedeutungslos geworden sind, verlangen, dass die Prämie ab Zugang des Verlangens beim Versicherer angemessen herabgesetzt wird. Zwar findet diese Regelung auch auf die Krankenversicherung Anwendung, da sie bei den ausgeschlossenen Bestimmungen in § 194 [X.] nicht genannt wird ([X.], 788; MünchKomm-[X.]/[X.], § 41 Rn. 3; einschränkend MünchKomm-[X.]/[X.], § 203 Rn. 625). Das Berufungsgericht hat aber bereits das Vorbringen des [X.] hierzu nicht berücksichtigt. Die hiergegen von der Revision erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).

Mayen                                   Felsch                                     [X.]

                Dr. Karczewski                        Dr. [X.]

Meta

IV ZR 70/15

15.07.2015

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG München I, 17. Dezember 2014, Az: 25 S 2896/14, Urteil

§ 203 Abs 1 S 2 VVG, § 204 Abs 1 S 1 Nr 1 VVG, § 316 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.07.2015, Az. IV ZR 70/15 (REWIS RS 2015, 8157)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 65 REWIS RS 2015, 8157

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV ZR 70/15 (Bundesgerichtshof)


8 C 42/09 (Bundesverwaltungsgericht)

Zuschläge bei Versicherungstarifwechsel; Recht auf ursprüngliche Risikomischung


IV ZR 45/16 (Bundesgerichtshof)

Private Krankenversicherung: Erneute Gesundheitsprüfung im Falle eines Tarifwechsels bei einer Mehrleistung im Zieltarif


IV ZR 393/15 (Bundesgerichtshof)

Private Krankenversicherung: Tarifwechsel mit Mehrleistung im Zieltarif; Mehrleistungsausschluss bei nicht erhöhtem Risiko


IV ZR 45/16 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.