Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.07.2016, Az. IV ZR 45/16

4. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 7872

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Gegenstand

Private Krankenversicherung: Erneute Gesundheitsprüfung im Falle eines Tarifwechsels bei einer Mehrleistung im Zieltarif


Leitsatz

Steht dem privaten Krankenversicherer im Falle eines Tarifwechsels des Versicherungsnehmers nach § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG das Recht zu, für die Mehrleistung im Zieltarif einen angemessenen Risikozuschlag zu verlangen, so darf er nur für diese Mehrleistung auch eine erneute Gesundheitsprüfung durchführen.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] - 12. Zivilsenat - vom 14. Januar 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Berechtigung der [X.] zur Erhebung von [X.] anlässlich eines Tarifwechsels in der privaten Krankenversicherung.

2

Der Kläger unterhielt bei der [X.] seit 1983 für sich und seit 1993 zusätzlich für seine Ehefrau als versicherte Person eine private Krankenversicherung. Bis zum 31. Dezember 2011 waren der Kläger und seine Ehefrau im [X.]    (im Folgenden: [X.]) versichert, der eine jährliche Selbstbeteiligung in Höhe von 1.404 [X.] ohne Vereinbarung von [X.] vorsah. Ende 2011 wandte sich der Kläger an die Beklagte mit dem Wunsch nach einem Tarifwechsel. Die Beklagte schlug ihm mit Schreiben vom 9. Dezember 2011 unter Berücksichtigung aller bekannten Vorerkrankungen und einer noch vorzunehmenden abschließenden Gesundheitsprüfung den [X.]        (im Folgenden: [X.]) mit einer jährlichen Selbstbeteiligung in Höhe von je 500 [X.] vor. Die monatliche Prämie sollte für den Kläger 277,22 [X.] und für die Ehefrau 402,01 [X.] betragen. Der Änderungsantrag vom 10. Januar 2012 wurde von dem für den Kläger zuständigen Versicherungsvermittler ausgefüllt, vom Kläger und seiner Ehefrau unterzeichnet und bei der [X.] eingereicht. In der Rubrik "Medizinischer Wagnisausgleich" befand sich keine Eintragung.

3

Mit Nachtrag zum Versicherungsschein vom 8. Februar 2012 stellte die Beklagte den Tarif rückwirkend zum 1. Januar 2012 auf der Grundlage der im Antrag genannten Gesamtprämien um, wobei anteilig für den Kläger und seine Ehefrau jeweils ein medizinischer Wagniszuschlag in Höhe von monatlich 75,33 [X.] aufgeführt war. Mit Schreiben vom 10. Februar 2012 begehrte der Kläger die Streichung des [X.]. Dies lehnte die Beklagte ab und erstellte am 8. August 2012 einen Nachtrag zum Versicherungsschein, der weiterhin einen monatlichen Wagnisausgleich in Höhe von je 75,33 [X.] für den Kläger und seine Ehefrau vorsieht sowie im Einzelnen die zusätzlichen medizinischen Wagnisse bezeichnet, für den Kläger Prostataerkrankungen, Osteoporose, Arthrose, Erkrankungen und Veränderungen des Rückens und der Wirbelsäule sowie für die Ehefrau Fettstoffwechselstörungen und Beinvenenerkrankungen.

4

Der Kläger hat zunächst die Feststellung begehrt, dass der Monatsbeitrag für ihn und seine Ehefrau ohne [X.] in Höhe von monatlich 75,33 [X.] besteht und die Beklagte verpflichtet ist, die seit 1. Januar 2012 diesbezüglich vereinnahmten Beträge an den Kläger zu erstatten. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat auf die Berufung des [X.] unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels auf die erstmals im Berufungsverfahren gestellten Hilfsanträge in der Hauptsache festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Antrag des [X.] vom 10. Januar 2012 auf Wechsel aus dem [X.] des privaten [X.] für den versicherten Kläger und seine Ehefrau in den [X.] ohne Einbeziehung eines monatlichen [X.] zu einem Betrag von 201,89 [X.] für den Kläger und von 326,77 [X.] für seine Ehefrau, jeweils rückwirkend zum 1. Januar 2012, anzunehmen, und die diesbezüglich seitdem monatlich zu viel entrichteten Beträge zurückzuerstatten.

5

Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Aufhebung des angefochtenen sowie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

7

I. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in [X.], 190 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, über die vom Kläger erstmals zulässigerweise im Berufungsverfahren gestellten Hilfsanträge sei zu befinden, weil der auf Feststellung einer erfolgten Vertragsänderung gerichtete Hauptantrag unbegründet sei. Eine Einigung der Parteien über eine Versicherung zum Zieltarif ohne Wagniszuschlag sei nicht erfolgt. Der Kläger habe allerdings einen Anspruch darauf, dass die [X.] seinen Antrag auf Versicherung im Zieltarif rückwirkend zum 1. Januar 2012 ohne Erhebung eines [X.] annehme. Zwar treffe es zu, dass die Nachträge zum Versicherungsschein hinsichtlich der insgesamt zu entrichtenden Prämie im Vergleich zum Änderungsantrag vom 10. Januar 2012 nicht zum Nachteil des [X.] abwichen. Dem Antrag des [X.] lasse sich aber nicht entnehmen, dass er mit der Erhebung eines [X.] einverstanden gewesen wäre. Anderenfalls liefe das darauf hinaus, dass ein Versicherer versteckte Zuschläge erheben könne, indem diese nicht gesondert ausgewiesen, sondern in den Gesamtzahlbetrag eingerechnet würden.

8

Die [X.] sei verpflichtet, den Kläger und seine Ehefrau im Zieltarif ohne einen Wagniszuschlag zu versichern. Dem Kläger stehe gegen die [X.] gemäß § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 1 [X.] ein Anspruch auf Tarifwechsel zu. Der im Zieltarif im Vergleich zum [X.] geringere Selbstbehalt stelle eine partielle Mehrleistung der [X.]n dar. Zu den aus dem [X.] zähle allerdings auch die Bewertung des Gesundheitszustandes, wie sie der Versicherer bei Abschluss des Vertrages im [X.] vorgenommen habe. Er dürfe daher im weiteren Vertragsverlauf von dieser Einstufung nicht zu Ungunsten des Versicherten abweichen. Dies bedeute, dass auch bei der Gesundheitsprüfung im Rahmen des [X.] stets auf den Gesundheitszustand zum Zeitpunkt des Abschlusses des ursprünglichen [X.] abzustellen sei. Sehe der Zieltarif die Erhebung eines [X.] vor, so habe der Versicherungsnehmer Anspruch darauf, dass er nach Maßgabe der ursprünglichen Risikoeinstufung bewertet werde. Hier habe die [X.] bei ihrer Risikoeinstufung nicht auf den Gesundheitszustand des [X.] 1983 bzw. seiner Ehefrau 1993 abgestellt, sondern ausweislich des Schreibens vom 9. Dezember 2011 alle zu diesem Zeitpunkt bekannten Vorerkrankungen berücksichtigt. Dass die Erkrankungen, die für die [X.] Anlass der Erhebung der Risikozuschläge gewesen seien, bereits 1983 respektive 1993 vorgelegen haben, sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Hieraus folge, dass der Kläger auch Feststellung der Erstattungspflicht der zu viel entrichteten Prämien verlangen könne.

9

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung teilweise nicht stand.

1. Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, zwischen den Parteien sei auf der Grundlage des Angebots des [X.] in seinem Änderungsantrag vom 10. Januar 2012 sowie der Annahme der [X.]n im Versicherungsschein vom 8. Februar 2012 ein Vertrag mit den von der [X.]n geforderten Prämien in Höhe von 277,22 [X.] für den Kläger und 402,01 [X.] für seine Ehefrau zustande gekommen. Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, aus der Sicht des um Verständnis bemühten Versicherers sei ein Antrag des Versicherungsnehmers, der - wie hier - keine Angaben zu einem Risikozuschlag enthalte, in dem Sinne zu verstehen, dass eine Versicherung zum "Grundtarif" ohne Zuschläge beantragt werde, ist das revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Auslegung von Individualerklärungen obliegt grundsätzlich dem Tatrichter. Sie kann in der Revision nur darauf überprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt wurde, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt wurden oder ob die Auslegung auf einem Verfahrensfehler beruht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 2. Dezember 2015 - [X.], [X.] 2016, 31 Rn. 12; vom 3. November 2014 - [X.], [X.], 458 Rn. 11). Ein derartiger Rechtsfehler liegt hier nicht vor. Zutreffend ist zwar, dass der Antrag des [X.] und die Annahme der [X.]n jeweils identische Prämien für den Kläger und seine Ehefrau vorsehen. Hieraus musste das Berufungsgericht aber nicht zwingend schließen, dass sich die Willenserklärungen auch in ihrem rechtlichen Gehalt decken. Vielmehr hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, das Angebot eines Versicherungsnehmers, das - wie hier - keine Angaben zu einem Risikozuschlag enthalte, sei dahin zu verstehen, dass eine Versicherung in dem jeweiligen Zieltarif ohne Zuschläge beantragt werde. Hier sind jedenfalls keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Kläger trotz fehlender Angaben zum [X.] in dem Versicherungsantrag stillschweigend einen ihm - dem Kläger - unbekannten Zuschlag in seinen - auch für die [X.] erkennbaren - Vertragswillen aufgenommen hätte.

2. Nicht rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht demgegenüber davon ausgegangen, dass die [X.] verpflichtet ist, den Kläger und seine Ehefrau im Zieltarif ohne Einbeziehung eines monatlichen Wagniszuschlags zu einem Monatsbeitrag von 201,89 [X.] bzw. 326,77 [X.] zu versichern.

a) Dem Kläger steht gegen die [X.] ein Anspruch auf Tarifwechsel gemäß § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 1 [X.] zu. Hiernach kann der Versicherungsnehmer bei einem bestehenden Versicherungsverhältnis vom Versicherer verlangen, dass dieser Anträge auf Wechsel in andere Tarife mit gleichartigem Versicherungsschutz unter Anrechnung der aus dem Vertrag erworbenen Rechte und der Alterungsrückstellung annimmt. Mit diesem [X.] wird bezweckt, insbesondere älteren Versicherungsnehmern bei Schließung ihres [X.] ("[X.]") die Möglichkeit zu eröffnen, eingetretene Kostensteigerungen durch einen Wechsel in einen anderen Tarif des Versicherers ("Zieltarif") zu vermeiden (Senatsurteile vom 13. April 2016 - [X.], juris Rn. 8; vom 15. Juli 2015 - [X.], [X.], 1012 Rn. 8; vom 12. September 2012 - [X.], [X.], 1422 Rn. 7; [X.], 1345 Rn. 27). Dieser Tarifwechselanspruch ist ein Optionsrecht des Versicherungsnehmers im Rahmen des den Versicherer treffenden Kontrahierungszwangs auf [X.] des bestehenden [X.] (Senatsurteile vom 13. April 2016 - [X.], vom 15. Juli 2015 - [X.] und vom 12. September 2012 - [X.] je aaO; [X.] aaO Rn. 30). Die Voraussetzungen dieses Tarifwechselanspruchs sind hier unstreitig gegeben.

Besteht ein Anspruch des Versicherungsnehmers auf einen Tarifwechsel, so kann der Versicherer, soweit die Leistungen in dem Tarif, in den der Versicherungsnehmer wechseln will, höher oder umfassender sind als in dem bisherigen Tarif, für die Mehrleistung einen Leistungsausschluss oder einen angemessenen Risikozuschlag und insoweit auch eine Wartezeit verlangen (§ 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 [X.]). Hier enthält der Zieltarif nach den [X.] Feststellungen des Berufungsgerichts Mehrleistungen im Sinne von § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 [X.]. Zu diesen zählt auch der Wegfall eines Selbstbehalts oder - wie hier - ein geringerer Selbstbehalt im Zieltarif gegenüber dem [X.] (vgl. Senatsurteil vom 12. September 2012 - [X.], [X.], 1422 Rn. 8; [X.] in Looschelders/Pohlmann, [X.] 2. Aufl. § 204 Rn. 15; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 29. Aufl. § 204 Rn. 30). Eine Saldierung mit möglichen Minderleistungen findet entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht statt (Senatsurteil vom 12. September 2012 - [X.] aaO Rn. 11).

b) Ist die [X.] mithin grundsätzlich berechtigt, vom Kläger einen angemessenen Risikozuschlag zu verlangen, so ist bei dessen Berechnung zu beachten, dass es durch den Tarifwechsel nicht zum Abschluss eines neuen Versicherungsvertrages kommt, sondern der bisherige [X.] unter Wechsel des [X.] fortgesetzt wird (Senatsurteile vom 13. April 2016 - [X.] aaO Rn. 13; vom 15. Juli 2015 - [X.] aaO Rn. 21; [X.] aaO Rn. 30). Hieraus folgt, dass zu den aus dem [X.] auch die Bewertung des Gesundheitszustandes zählt, wie sie der Versicherer bei Abschluss des Vertrages im [X.] vorgenommen hat. Hat der Versicherer auf dieser Grundlage eine Gesundheitsprüfung durchgeführt und das gesundheitliche Risiko eingeschätzt sowie die Entscheidung getroffen, den Versicherungsnehmer nach Maßgabe des derart festgestellten und bewerteten Gesundheitszustandes zu versichern, so erlangt der Versicherungsnehmer aus dieser Bewertung eine Position, die zu den "aus dem [X.]" gehört. Der Versicherer darf daher im weiteren Vertragsverlauf von dieser Einstufung nicht zuungunsten des Versicherten abweichen, und zwar auch dann nicht, wenn im Lichte späterer Erkenntnisse, etwa aufgrund des weiteren Krankheitsverlaufs oder neuerer Ergebnisse der medizinischen Forschung, die damalige Einstufung zu günstig war (Senatsurteile vom 13. April 2016 - [X.] aaO Rn. 13; vom 15. Juli 2015 - [X.], [X.], 1012 Rn. 16, dort auch zur Rechtsprechung des [X.]).

Hieraus folgt, dass die [X.] im Zeitpunkt des Antrags des [X.] auf Tarifwechsel nicht berechtigt war, unter Anwendung der §§ 19 ff. [X.] eine vollständig neue Gesundheitsprüfung durchzuführen und auf dieser Grundlage einen Leistungsausschluss oder einen Risikozuschlag zu verlangen. Berechtigt ist der Versicherer dagegen, wie sich aus der Formulierung "soweit" in § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 [X.] ergibt, für die Mehrleistung des Zieltarifs einen Leistungsausschluss oder einen angemessenen Risikozuschlag zu verlangen. Bezüglich dieser Mehrleistung des Zieltarifs hat der Vertrag den Charakter einer Zusatzversicherung (Senatsurteil vom 13. April 2016 - [X.] aaO Rn. 14; MünchKomm-[X.]/[X.], § 204 Rn. 334). Hinsichtlich der Mehrleistung kann der Versicherer daher für die Berechnung des angemessenen [X.] auch eine Gesundheitsprüfung vornehmen (Senatsurteil vom 13. April 2016 - [X.] aaO Rn. 15; [X.] in [X.]/[X.], [X.]. § 204 Rn. 80; [X.] in Looschelders/Pohlmann, [X.] 2. Aufl. § 204 Rn. 15; MünchKomm-[X.]/[X.] aaO Rn. 335; [X.], [X.], 992, 994). An dieser Auffassung ist auch unter Berücksichtigung der hieran von der Revisionserwiderung geübten Kritik festzuhalten (so auch [X.], 912; [X.], [X.], 885).

Der Senat weicht mit seiner Rechtsprechung entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch nicht von derjenigen des [X.] ([X.], 1345; 2007, 1253; 1999, 743) ab, so dass eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe des [X.] nicht geboten ist. Insbesondere hat das [X.]verwaltungsgericht lediglich entschieden, dass bei einem Tarifwechsel die Erhebung eines pauschalen [X.]trukturzuschlages nicht in Betracht kommt ([X.], 1345 Rn. 20, 26 f.). Davon geht auch der Senat aus (Urteil vom 15. Juli 2015 - [X.], [X.], 1012 Rn. 13). Nicht entschieden ist damit die weitere hier zu beantwortende Frage, ob der Versicherer für die Mehrleistung bei einem Tarifwechsel einen angemessenen Risikozuschlag auf der Grundlage einer für die Mehrleistung durchzuführenden Gesundheitsprüfung verlangen kann. Hierzu verhält sich auch die Entscheidung des [X.] vom 5. März 1999 nicht ([X.], 743).

c) Nach dieser Maßgabe kann die [X.] aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen jedenfalls den hier begehrten Risikozuschlag von je 75,33 [X.] nicht beanspruchen. Ausweislich ihres Schreibens vom 9. Dezember 2011 hat sie alle zu diesem Zeitpunkt bekannten Vorerkrankungen des [X.] und seiner Ehefrau berücksichtigt. Sie hat sich in der Folge zur Begründung des [X.] ausdrücklich auf Vorerkrankungen entsprechend vorliegender Arztrechnungen aus den Jahren 2010 und 2011 gestützt. Dieses Abstellen auf den Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers und der versicherten Person im Zeitpunkt des [X.] ist indessen auf der Grundlage der obigen Ausführungen nur im Umfang der Mehrleistung möglich, hier also in Höhe der Differenz zwischen der bisherigen Selbstbeteiligung von 1.404 [X.] und der im Zieltarif vorgesehenen Selbstbeteiligung von 500 [X.], mithin in Höhe von 904 [X.] jährlich. Es ist nicht festgestellt und auch von der [X.]n nicht vorgetragen, dass sich der von ihr erhobene Risikozuschlag von 75,33 [X.] monatlich ausschließlich auf diese Zusatzleistung bezieht. Vielmehr hat die [X.] selbst dargelegt, schon bei der Ehefrau des [X.] hätten die Diagnosen Varizen und Hypercholesterinämie einen Risikozuschlag von 17% gerechtfertigt, was bei dem damaligen [X.] von 477,17 [X.] einen Risikozuschlag von 81,11 [X.] gerechtfertigt hätte. Die [X.] hat mithin den Risikozuschlag auf der Basis des gesamten vom Kläger geschuldeten [X.]es errechnet, nicht dagegen nur bezüglich der Mehrleistung, hier der Differenz von 904 [X.] jährlich für die Selbstbeteiligungen im Herkunfts- und im Zieltarif. Dies zeigt sich auch darin, dass der von der [X.]n errechnete Risikozuschlag jährlich einen Betrag von 903,96 [X.] (12 x 75,33 [X.]) und damit praktisch den gesamten Mehrbetrag ausmacht. Hinsichtlich des nicht von der Mehrleistung umfassten [X.] ist die [X.] indessen nicht berechtigt, auf den Gesundheitszustand des [X.] und seiner Ehefrau anlässlich des [X.] abzustellen, sondern an die Risikoeinstufung bei Vertragsabschluss in den Jahren 1983 bzw. 1993 gebunden.

d) Aus der Unwirksamkeit des von der [X.]n angesetzten [X.] von je 75,33 [X.] monatlich folgt indessen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht, dass die [X.] daran gehindert wäre, vom Kläger und seiner Ehefrau überhaupt einen Risikozuschlag zu verlangen, und den Antrag des [X.] auf Tarifwechsel ohne einen monatlichen Risikozuschlag annehmen müsste. Die [X.] kann vielmehr hinsichtlich der Mehrleistung, hier also der Differenz von bisherigem und künftigem behandlungsbezogenen Selbstbehalt in Höhe von 904 [X.] jährlich, einen angemessenen Risikozuschlag auf der Grundlage einer insoweit zulässigen Gesundheitsprüfung verlangen. Die erforderlichen Feststellungen, ob und in welcher Höhe ein derartiger Risikozuschlag in Betracht kommt, wird das Berufungsgericht nach Zurückverweisung der Sache, gegebenenfalls nach ergänzendem Vortrag der Parteien zu treffen haben.

[X.]                           Felsch                           [X.]

            [X.]                Dr. Brockmöller

Meta

IV ZR 45/16

20.07.2016

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Karlsruhe, 14. Januar 2016, Az: 12 U 106/15, Urteil

§ 204 Abs 1 S 1 Nr 1 VVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.07.2016, Az. IV ZR 45/16 (REWIS RS 2016, 7872)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 7872

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