Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.04.2013, Az. V ZB 77/12

V. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 6466

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB
77/12
vom

18. April 2013

in der Notarkostensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 44 Abs. 2, § 39 Abs. 2
Wird in einem zwischen einem Elternteil und einem seiner Kinder geschlossenen Grundstückübertragungsvertrag ein Pflichtteilsverzicht der Geschwister mitbeurkun-det, handelt es sich um verschiedene Gegenstände im Sinne des §
44 Abs.
2 [X.], so dass der Verzicht neben dem [X.] gesondert zu bewerten ist.
Ein mit der Zahlung einer Abfindung verbundener Pflichtteilsverzicht stellt einen [X.] im Sinne des §
39 Abs.
2 [X.] zwischen dem Elternteil und den [X.] dar. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Geschwister den [X.] direkt vom Übernehmer
des Grundstücks erhalten sollen.
[X.], Beschluss vom 18. April 2013 -
V [X.] -
OLG Hamm

[X.]

-

2

-
Der V.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. April 2013 durch die [X.] Richterin Dr.
Stresemann, [X.]
Roth, die Richterinnen Dr.
Brückner
und Weinland und [X.]
Kazele
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Kostengläubigers wird der [X.] des 15. Zivilsenats des [X.] vom 28. März 2012 aufgehoben.

Die Beschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 23. September 2010 wird [X.].

Der Geschäftswert des [X.] beträgt

Gründe:

I.
Der Kostengläubiger (fortan: Notar) beurkundete am 30. November 2007 -

Vertrag waren der Kostenschuldner (fortan: Übernehmer), seine Mutter (fortan: Übergeberin) und seine beiden Geschwister beteiligt. In dem Vertrag übertrug 1
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während der Übernehmer ihr ein Wohnungsrecht hieran einräumte. Zugleich zu zahlen. Diese wiederum verzichteten bezüglich des übertragenen Grund-stücks und hinsichtlich aller ihnen von ihren Eltern bisher gemachten Zuwen-dungen auf Pflichtteils-
und Pflichtteilsergänzungsansprüche. Für die Beurkun-dung erhob der Notar gegenüber dem Übernehmer gemäß §§ 141, 32, 36 Abs.

r-z-te.

Der Präsident des [X.] beanstandete die Bewertung des [X.] und wies den Notar an, die Kostenrechnung dem [X.] zur Ent-scheidung vorzulege

weisungsgemäß erhobene

Rechtsmittel des Notars hat das [X.] dahingehend abgeändert, dass es einen Gesamtge-Gebühr auf [X.].

II.

Nach Auffassung des [X.] haben die Beteiligten den Übergabevertrag und den mit einer Abfindungszahlung verbundenen Pflicht-teilsverzicht durch
eine Austauschbeziehung im Sinne des § 39 Abs. 2 [X.] verknüpft und dadurch ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 44 Abs. 1 [X.], nämlich einen Austauschvertrag gestaltet. Maßgeblich für dessen Bewertung sei der Wert des übertragenen Grundstücks. Gesondert zu bewerten sei ledig-lich der über den Austauschvertrag hinausgehende Pflichtteilsverzicht der Ge-2
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n-

III.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 156 Abs. 4 Satz 1 [X.] i.V.m. § 70 Abs. 1 FamFG statthaft, weil sie von dem Beschwerdegericht zugelassen [X.] ist. Sie ist nach §§ 71 f. FamFG und § 156
Abs. 3 Satz 2 [X.] auch sonst zulässig. Diese Vorschriften sind nach Art. 111 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf den vorliegenden Altfall anwendbar. Die angegriffenen Kostenrechnungen sind zwar vor dem Inkrafttreten der Änderung des § 156 [X.] erteilt. Maßgeblich
ist aber, dass der Antrag auf gerichtliche Nachprüfung erst danach gestellt worden ist (Senat, Beschluss vom 6.
Oktober 2010

[X.]/11,
NJW-RR
2012, 209).

Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Zu Recht hat der Notar die Gebühr aus den zusammengerechneten Werten des Übergabevertrages und des [X.] berechnet. Den Wert des [X.] hat er zu-

1. Zu Unrecht geht das Beschwerdegericht davon aus, dass die Beur-kundung des

gegenständlich beschränkten

[X.] der weichen-den Geschwister gemäß § 44 Abs. 1 [X.] gegenüber dem Übergabevertrag keine besondere Vergütung auslöst. Der Übergabevertrag und der Pflichtteils-verzicht haben nicht denselben Gegenstand im Sinne des § 44 Abs. 1
[X.].

a) Denselben Gegenstand betreffen alle zur Begründung, Feststellung, Anerkennung, Übertragung, Aufhebung, Erfüllung oder Sicherung eines Rechtsverhältnisses niedergelegten Erklärungen der Partner des Rechtsver-hältnisses samt allen Erfüllungs-
und Sicherungsgeschäften auch dritter Perso-4
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nen oder zu Gunsten dritter Personen. Ob mehrere gleichzeitig beurkundete Rechtsverhältnisse denselben oder einen verschiedenen Gegenstand haben, hängt daher von dem Bestehen eines inneren Zusammenhangs zwischen den
Rechtsverhältnissen ab. Je mehr das mitbeurkundete weitere Rechtsverhältnis von dem Hauptgeschäft abhängt, desto eher ist Gegenstandsgleichheit anzu-nehmen. Auch wenn die Vertragspartner zur Erreichung des von ihnen erstreb-ten wirtschaftlichen Zieles mehrere Rechtsverhältnisse in der Weise verbunden haben, dass ein einheitliches Rechtsverhältnis eigener Art entsteht, besteht ein enger innerer Zusammenhang und damit Gegenstandsgleichheit (Senat, [X.] vom 21. November 2002

[X.], [X.]Z 153, 22, 28).

b) Zwischen dem Übergabevertrag und dem Pflichtteilsverzicht besteht kein innerer Zusammenhang in dem vorstehend beschriebenen Sinn (nahezu einhellige Meinung, vgl. [X.], [X.], 323, 324; Assenmacher/
Mathias/Göttlich/Mümmler, [X.], 16. A

Korintenberg/
[X.]/[X.],
[X.],
18.
Aufl.,
§
44
Rn.
121,
241; [X.]/Wedewer,
[X.] [Stand August 2012], § 39 Rn. 11, § 44 Rn. 7z; [X.], Streifzug durch die Kostenordnung, 9. Aufl., Rn. 2009; [X.], [X.], 4.
Aufl., §
44 Rn.
16; [X.], [X.], 7. Aufl., Rn. 138; [X.], [X.], 245, 250; ders.
in [X.] 2005, 240; Mümmler, [X.] 1988, 1640; [X.], Rpfleger 1966, 241, 244; offengelassen BayObLG, [X.] 1998, 372, 373; a. A. für den Fall, dass der Verzicht ausdrücklich als Gegenleistung für die Grundstücksüber-tragung ausgestaltet ist, [X.], [X.] 1998, 430). Das von den [X.] angestrebte zentrale Rechtsverhältnis, von dem aus zu beurteilen ist, in welcher Beziehung zu ihm die in der notariellen Urkunde niedergelegten Erklä-rungen stehen, ist der Übergabevertrag. Zu diesem Vertrag stellt der [X.] kein Erfüllungs-
oder Sicherungsge-schäft dar. Er dient allein dem Schutz des Übernehmers vor späteren Pflicht-teilsergänzungsansprüchen seiner Geschwister und der Vermeidung späterer 8
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Erbstreitigkeiten, nicht aber der Sicherung oder Erfüllung des Übergabevertra-ges. Der Umstand, dass der Übergabevertrag möglicherweise nicht ohne den Pflichtteilsverzicht geschlossen worden wäre, rechtfertigt es nicht, die jeweils selbständigen Rechtsverhältnisse kostenrechtlich als eine Einheit zu behandeln ([X.], [X.]
1988, 891, 892; Mümmler, [X.] 1988, 1640). Der Über-gabevertrag und der Pflichtteilsverzicht bilden auch nicht ein Rechtsverhältnis eigener Art. Ein solches Rechtsverhältnis entsteht nicht schon dadurch, dass die getroffenen Vereinbarungen das gemeinsame Ziel haben, die wirtschaftli-chen Interessen aller Beteiligten zu einem Ausgleich zu bringen.

2. Da der Pflichtteilsverzicht der weichenden Geschwister im Verhältnis zu dem Übergabevertrag gegenstandsverschieden ist, erhöht sich der [X.] für die 20/10-Gebühr des §
36 Abs. 2 [X.] um den Wert des [X.] (§
44 Abs. 2a [X.]). Dessen Wert ist in der Kostenbe-

Der mit der Zahlung einer Abfindung verbundene Pflichtteilsverzicht stellt einen Austauschvertrag im Sinne des § 39 Abs. 2 [X.] zwischen der Überge-berin und den weichenden Geschwistern dar. Diese haben gegenüber der Übergeberin auf den Pflichtteil verzichtet und werden dafür von dieser mit ei-der Übergeberin steht nicht entgegen, dass die Geschwister den [X.] direkt vom Übernehmer erhalten sollen. Indem der Übernehmer, der sich hierzu gegenüber der Übergeberin vertraglich verpflichtet hat, die Auszahlung unmittelbar an die Geschwister vornehmen sollte, wurde lediglich vermieden, dass das Geld den UZahlung ändert aber nichts daran, dass es sich um eine Leistung der Übergebe-rin im Hinblick auf den Pflichtteilsverzicht der weichenden Geschwister handelt (vgl. [X.], [X.] 1998, 372, 373; [X.], Streifzug 9
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durch die Kostenordnung, 9. Aufl., Rn.
2011; [X.]/Wedewer, [X.] [Stand [X.] 2012], § 39 Rn. 14). Der Umstand, dass die Abfindungszahlung zugleich auch eine Austauschleistung des Übernehmers an die Übergeberin ist, steht deren Berücksichtigung als Austauschleistung im Verhältnis zwischen der Übergeberin und den Geschwistern nicht entgegen. Denn bei dem Übergabe-vertrag und dem [X.] handelt es sich um selbständige, mit unterschiedlichen Leistungspflichten verbundene Rechtsverhältnisse, deren Wert unabhängig von dem des jeweils anderen Rechtsverhältnisses zu be-stimmen ist (vgl. [X.]/Wedewer, [X.] [Stand August 2012], § 39 Rn. 14 Fn.
28). Der Wert des [X.]es bemisst sich daher gemäß §
39 [X.] dafür ersichtlich sind, dass der Wert des Verzichts höher als die Abfindung ist.

Anders als der Präsident des [X.] meint, ist der [X.] auch nicht von dem Wert des [X.] abzuziehen. Der Wert des Verzichts wird nicht dadurch gemindert, dass er an eine Abfindungszahlung geknüpft wird. In Abzug zu bringen sind lediglich solche Vermögenswerte, die dem [X.] bereits vor dem Vertragsschluss unter Anrechnung auf sei-nen Pflichtteilsanspruch (§ 2315 BGB) zugewendet worden waren, da insoweit kein Pflichtteilsrecht mehr besteht ([X.], [X.], 4. Aufl., § 30 [X.], Rn. 4 fl., § 39 Rn. 30a; [X.], [X.], Streifzug durch die Kostenordnung, 9.
Aufl., Rn. 618). Um eine solche Fallgestaltung geht es hier jedoch nicht.
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IV.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei, §
131 Abs. 3 [X.] i.V.m. § 156 Abs. 6 Satz 2 [X.]. Kosten werden nicht erstattet.

Stresemann

Roth

Brückner

Weinland

Kazele

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.09.2010 -
5 T 33/10 -

OLG Hamm, Entscheidung vom 28.03.2012 -
I-15 [X.] -

12

Meta

V ZB 77/12

18.04.2013

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.04.2013, Az. V ZB 77/12 (REWIS RS 2013, 6466)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6466

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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