Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2011, Az. 5 StR 422/11

5. Strafsenat | REWIS RS 2011, 540

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5 [X.]/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 13. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen

wegen Körperverletzung u.a.

-
2
-

Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 13. Dezember 2011
beschlossen:

Auf die Revision des
Angeklagten wird
das Urteil des [X.] vom 18. Juli 2011 mit den zugehörigen Feststellungen nach § 349 Abs. 4
StPO aufgehoben, soweit Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist, sowie im [X.].

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.].

Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

[X.]e

Das [X.] hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperver-letzung in Tateinheit mit Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Mona-ten verurteilt und die Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus [X.]. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbe-gründet nach § 349 Abs.
2 StPO.

1. Gegen den Schuldspruch ist rechtlich nichts zu erinnern. Entgegen den Einwendungen der Revision hat das sachverständig beratene [X.] eine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten (§ 20 StGB) zutreffend namentlich mit der Begründung ausgeschlossen, dass dieser in-1
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nehalten konnte, nachdem er wieder in den Besitz des Personalausweises gelangt war.

2. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten im psychiatri-schen Krankenhaus hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Die Annahme des für §
63 StGB erforderlichen dauerhaften Defekts mit Krankheitswert (vgl. dazu [X.], Urteil vom 6.
März 1986

4 StR 40/86, [X.]St 34, 22, 26
f.; Beschlüsse vom 6. Februar 1997

4
StR 672/96, [X.]St 42, 385
f., und vom 8. Juli 1999

4 StR 269/99, [X.], 611, 612) ist allerdings nicht zu beanstanden. Dass bei dem Angeklagten nicht nur eine

für sich nicht ausreichende

dauerhafte Disposition besteht, in be-stimmten, ihn belastenden Situationen wegen mangelnder Fähigkeit zur Af-fektverarbeitung in den Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit zu geraten (vgl. [X.], Beschlüsse vom 17.
Oktober 2001

3 [X.], NStZ
2002, 142, vom 24.
September 1997

2
StR 443/97, [X.]R StGB § 63 Zustand 27, und vom 1. September 1998

4
StR 367/98), wird von den Feststellungen getragen. Danach hat die diagnostizierte schwere Persönlich-keitsstörung des emotional-instabilen Typus ([X.] 10: F
61.0) bei ihm bereits seit früher Kindheit zu beträchtlichen Einschränkungen der gesamten [X.] bis hin zur Verwahrlosung geführt.

b) Der [X.] kann gleichwohl nicht bestehen bleiben, weil das [X.] die weiter vorausgesetzte [X.] nicht ausreichend begründet hat. Die außerordentlich beschwerende Maßregel der Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus setzt eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades voraus, dass von dem Betroffenen in Zukunft rechtswidrige Taten von Erheblichkeit zu erwarten sind; die bloße Möglichkeit genügt dem-entsprechend nicht (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschlüsse vom 15.
Juli 1992

5 [X.], [X.], 538, vom 8. Juli
1999

4 StR 269/99,
NStZ
1999, 611, 612, und vom 16. Juli 2008

2 [X.], Rn. 7; jeweils mwN).
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Vier

vergleichsweise nicht sehr schwer wiegende und dementspre-chend durchgehend mit Geldstrafe geahndete

Körperverletzungsdelikte hat der Angeklagte im Zeitraum von 2004 bis 2008 begangen. Auch die [X.] liegt in diesem Zeitraum. Zuvor und danach musste er trotz seines [X.] nicht verurteilt werden. Es entspricht aber ständiger Rechtsprechung, dass länger währende Straffreiheit als gewichtiges Indiz gegen die Wahr-scheinlichkeit künftiger gefährlicher Straftaten heranzuziehen ist ([X.] NStZ
1999 aaO; LK/Schöch, 12.
Aufl., §
63 Rn.
74).

Das [X.] hat dies im Grundsatz auch nicht verkannt und stüt-zend auf aggressives Verhalten des Angeklagten bei der psychiatrischen Exploration und im Vorfeld des zweiten Hauptverhandlungstags
verwiesen. Indessen hat dieser seine Aggressionen im Zuge der Exploration zu beherr-schen vermocht; am zweiten Hauptverhandlungstag konnte er Gleiches auf-grund vorsorglich vorgenommener Fesselung nicht unter Beweis stellen. Hinzu kommt, dass krankheitstypische Aggressionen, die Ausfluss solcher Belastungssituationen sind, nur eingeschränkt als Beleg für die allgemeine Gefährlichkeit des Betroffenen gelten können (vgl. zu Taten während einer strafrechtlichen Unterbringung LK/Schöch, aaO, § 63 Rn.
84 mwN).

3. Die Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung hat die [X.] maßgebend mit der Gefährlichkeit des Angeklagten begründet. Sie kann aus den vorgenannten Gründen schon deshalb nicht bestehen bleiben. Der Senat weist für die neu anzustellende [X.] darauf hin, dass der Angeklagte bislang noch nicht zu Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. Dass ihm nicht allein die Verurteilung zu Freiheitsstrafe in Verbindung mit entsprechenden Bewährungsweisungen und -auflagen hinreichende War-nung für künftige Legalbewährung sein kann, versteht sich daher nicht von selbst. Auch die wenig nachdrückliche Führung des Strafverfahrens in den Jahren 2009 und 2010 und die Straffreiheit des Angeklagten seit der verfah-rensgegenständlichen Tat können hierbei nicht außer Betracht bleiben.

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4. Sofern das neu entscheidende Tatgericht die Voraussetzungen des §
63 StGB bejahen sollte, wird

bei gegebener Aussetzung der Vollstre-ckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung

im Rahmen einer etwaigen [X.] nach § 67b Abs.
1 Satz
1 StGB eingehender als bis-lang nach alternativen, den Angeklagten weniger beschwerenden Weisungs-
oder Unterbringungsmöglichkeiten zu suchen sein.

[X.] Raum Schaal

König Bellay

9

Meta

5 StR 422/11

13.12.2011

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2011, Az. 5 StR 422/11 (REWIS RS 2011, 540)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 540

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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