Bundessozialgericht, Beschluss vom 27.06.2013, Az. B 10 ÜG 1/13 B

10. Senat | REWIS RS 2013, 4650

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Gegenstand

(Überlanges Gerichtsverfahren - abgeschlossenes Verfahren - Ausschlussfrist des Art 23 S 1 ÜberlVfRSchG - Zulässigkeit und Begründetheit der Entschädigungsklage - Unterscheidung zwischen verfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Regelungen - sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Teilzulassung im Hinblick auf betroffene Altverfahren - Zurückverweisung wegen Verfahrensmangels - Prozess- statt Sachurteil)


Tenor

Auf die Beschwerde des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 21. November 2012 insoweit aufgehoben, als es die Ansprüche des [X.] auf Ersatz immateriellen und materiellen Schadens wegen geltend gemachter unangemessener Dauer der Verfahren - [X.] 1979/96 -, - [X.] 1762/02 - ([X.]) und - L 13 AL 1468/04 - ([X.]) sowie - [X.] 421/99 - ([X.]) und - L 12 AL 2353/02 - ([X.]) betrifft. In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen.

Der Streitwert wird auf 83 100 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I.

Mit Urteil vom 21.11.2012 hat das [X.]sozialgericht Baden-Württemberg ([X.]) Ansprüche des Klägers auf Ersatz immateriellen und materiellen Schadens wegen überlanger Dauer mehrerer Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit des [X.] Baden-Württemberg verneint. Konkret handelt es sich um die Verfahren:

1.    

[X.] ([X.]) - [X.] 1979/96 - fortgesetzt unter - [X.] 1762/02 -, [X.] - L 13 [X.] 1468/04 -,

2.    

[X.] - [X.] 421/99, [X.] - L 12 [X.] 2353/02 - und

3.    

[X.] - [X.] 1922/08 -, - [X.] 1981/08 -, - [X.] 1686/08 ER - und - [X.] 4516/08 -; [X.] - L 13 [X.] 709/09 -.

Das zu 1. genannte Verfahren betraf Ansprüche des Klägers auf Arbeitslosenhilfe. Es wurde durch Urteil des [X.] vom 12.6.2007 sowie Beschlüsse des B[X.] vom 10.3.2008 - B 7 [X.] 146/07 B - (Nichtzulassungsbeschwerde) und vom [X.] [X.] 3/08 C - (Anhörungsrüge) abgeschlossen.
Das zu 2. genannte Verfahren betraf Verwaltungsakte, die Gegenstand des zu 1. erwähnten Verfahrens geworden waren. Es wurde durch Zurücknahme der Berufung des Klägers im Febr[X.]r 2003 erledigt.
Die zu 3. genannten Verfahren betrafen auf § 44 [X.]B X gestützte Überprüfungsanträge des Klägers betreffend die Bescheide der ehemaligen Bundesanstalt für Arbeit, die dem zu 1. genannten Verfahren zugrunde lagen. Sie wurden nach Verbindung der Berufungsverfahren unter dem [X.] [X.] 709/09 - mit Urteil vom 7.12.2010 sowie Beschluss des B[X.] vom [X.] [X.] 5/11 B - (Nichtzulassungsbeschwerde) abgeschlossen.
Unter dem [X.] - erhob der Kläger Individ[X.]lbeschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ([X.]), mit der er [X.] eine Verletzung von Art 6 Abs 1 Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten ([X.]) geltend machte.

2

Am 27.1.2012 hat der Kläger beim [X.] gegen das beklagte Land Klage erhoben. Er beansprucht wegen überlanger Dauer der genannten Verfahren eine Entschädigung für immateriellen Schaden sowie Schadensersatz wegen erlittener Vermögensnachteile. Seine gesamten Ansprüche hat der Kläger auf 83 100 Euro beziffert. Durch Urteil vom 21.11.2012 hat das [X.] die Klage abgewiesen. Es hat seine Entscheidung auf folgende Erwägungen gestützt:

3

Bezüglich der zu 1. und 2. genannten Verfahren sei die [X.] unzulässig, es handele sich um [X.], dh um Gerichtsverfahren, die bei Inkrafttreten des [X.] bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ([X.]) vom 24.11.2011 ([X.]) bereits abgeschlossen gewesen seien. Für solche Verfahren sei gemäß Art 23 S 1 [X.] das Gesetz nur anwendbar, wenn deren Dauer bei seinem Inkrafttreten Gegenstand von anhängigen Beschwerden beim [X.] seien oder noch werden könnten. Das sei hier nicht der Fall, denn die vom Kläger erst im [X.] erhobene Individ[X.]lbeschwerde sei unter offensichtlicher Missachtung der Frist gemäß Art 35 Abs 1 [X.] erhoben. Der vom Kläger in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, der von ihm im April 2008 gestellte Überprüfungsantrag nach § 44 [X.]B X sei erforderlich gewesen, um die nach Art 35 Abs 1 [X.] gebotene Rechtswegerschöpfung herbeizuführen, gehe schlicht fehl. Im Übrigen sei die Klage insoweit auch unbegründet.

4

Hinsichtlich der zu 3. genannten Verfahren hat das [X.] die [X.] als zulässig aber unbegründet angesehen.

5

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 21.11.2012 hat der Kläger beim [X.] (B[X.]) Beschwerde eingelegt, die er mit dem Vorliegen grundsätzlicher Bedeutung sowie von Verfahrensmängeln begründet.

6

II. [X.] des [X.] ist teilweise zulässig und begründet (1). Im Übrigen ist sie unzulässig (2).

7

Nach § 160 Abs 2 [X.]G ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ([X.]), das Urteil des [X.] von einer Entscheidung des B[X.], des Gemeinsamen [X.]s der obersten Gerichtshöfe des Bundes ([X.]) oder des [X.] ([X.]) abweicht und auf dieser Abweicht beruht ([X.]) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann ([X.] 3). Das Vorliegen von [X.] ist dabei grundsätzlich für jeden abtrennbaren, tatsächlich und rechtlich selbstständigen [X.]eil des [X.] gesondert zu prüfen (vgl dazu [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 10. Aufl 2012, § 160 Rd[X.]8a mwN). So verhält es sich hier mit der [X.] des [X.], die sich auf die Dauer von Gerichtsverfahren bezieht, die zwar miteinander im Zusammenhang stehen, aber gesondert geführt und abgeschlossen worden sind (vgl dazu § 198 Abs 6 [X.] [X.]).

8

1) [X.] des [X.] ist zulässig, soweit das Urteil des [X.] Entschädigungsansprüche des [X.] wegen der Dauer der zu 1. und 2. genannten Ausgangsverfahren betrifft. Sie ist form- und fristgerecht von dessen Prozessbevollmächtigten beim B[X.] erhoben und begründet worden (vgl § 160a Abs 1 [X.], [X.] [X.]G). Ihre Begründung genügt den Anforderungen des § 160a Abs 2 [X.] [X.]G. Der Kläger hat einen Verfahrensmangel bezeichnet, auf dem das angefochtene Urteil beruhen kann (§ 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]G). Er hat sich gegen die auf Art 23 S 1 [X.] gestützte Entscheidung des [X.] gewendet, dass die Klage hinsichtlich der zu 1. und 2. erfassten Verfahren unzulässig sei, und auch ausdrücklich als Verfahrensmangel gerügt, dass das [X.] statt durch Prozessurteil in der Sache hätte entscheiden müssen (vgl dazu B[X.]E 34, 236, 237 = [X.] [X.] 57 zu § 51 [X.]G; B[X.]E 35, 267, 271 = [X.] [X.] 5 zu § 551 [X.]; [X.], [X.], 2. Aufl 2010, Rd[X.] 658 mwN; [X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, [X.], Rd[X.]05).

9

Die Beschwerde ist insoweit auch begründet. Der gerügte Verfahrensmangel liegt vor.

Das [X.] hat die Klage als unzulässig angesehen, weil die Voraussetzungen des Art 23 S 1 ÜGG nicht erfüllt seien. Dieser Begründung vermag der erkennende [X.] nicht zu folgen. Er hat zwar in seinen Urteilen vom 21.2.2013 - [X.] ÜG 1/[X.] - (zur Veröffentlichung in B[X.]E und [X.] vorgesehen) und - [X.] ÜG 2/[X.] - die dort unproblematischen Voraussetzungen des Art 23 S 1 ÜGG einheitlich vorab bei der Zulässigkeit der Klage behandelt (aaO Rd[X.]1 f). Der vorliegende Fall erfordert jedoch eine differenzierte Vorgehensweise. Art 23 S 1 ÜGG lautet:

        

Dieses Gesetz gilt auch für Verfahren, die bei seinem Inkrafttreten anhängig waren, sowie für abgeschlossene Verfahren, deren Dauer bei seinem Inkrafttreten Gegenstand von anhängigen Beschwerden beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist oder noch werden kann.

Das [X.], dessen Geltung damit auch für abgeschlossene Verfahren geregelt wird, enthält sowohl materiell-rechtliche als auch verfahrensrechtliche Vorschriften. Erstere betreffen insbesondere den Entschädigungsanspruch bei überlanger Verfahrensdauer selbst (vgl § 198 bis 200 [X.]), während sich letztere [X.] auf die zuständigen Gerichte, das geltende Verfahrensrecht und die Klagefrist beziehen (vgl § 198 Abs 5, § 201 [X.]). Wollte man Art 23 S 1 [X.] wortlautgetreu anwenden, fehlte es an Regelungen dazu, welches Gericht nach welchem Verfahren darüber zu entscheiden hat, ob die Voraussetzungen dieser Norm vorliegen. Eine derartige Auslegung sieht der [X.] nicht als sachgerecht an. Seinem erkennbaren Sinn und Zweck nach ist Art 23 S 1 [X.] darauf gerichtet, eine Entschädigungsmöglichkeit für bestimmte Altfälle zu eröffnen (vgl allgemein dazu Gesetzentwurf der Bundesregierung - B[X.]-Drucks 17/3802, 1 f, 15 ff, 31). Dementsprechend ist davon auszugehen, dass es für die Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften des [X.] ausreicht, wenn der Kläger - wie hier - einen Entschädigungsanspruch nach § 198 [X.] geltend macht.

Soweit Art 23 S 1 [X.] den zeitlichen Geltungsbereich der materiell-rechtlichen Vorschriften des [X.] regelt, betrifft er die Frage, ob ein Kläger seinen Entschädigungsanspruch auf die einschlägigen Vorschriften, insbesondere § 198 [X.], stützen kann. Dieser Punkt gehört zur Begründetheit der Klage. Im Rahmen der Zulässigkeit ist bei einer - hier gegebenen - allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs 5 [X.]G - vgl dazu B[X.] Urteil vom 21.2.2013 - [X.] ÜG 1/[X.] - Rd[X.]5 f) entsprechend § 54 Abs 1 [X.] [X.]G insoweit nur die Klagebefugnis zu prüfen (vgl B[X.]E 75, 262, 265 = [X.] 3-8560 § 26 [X.] S 15; B[X.] [X.] 3-8570 § 8 [X.] 7 S 41). Sie fehlt erst dann, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem Gesichtspunkt zustehen kann (vgl B[X.]E 26, 237, 238 f = [X.] [X.]12 zu § 54 [X.]G Bl Da 35; B[X.] [X.] 3-2600 § 149 [X.] 6 S 16). Es reicht vielmehr aus, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Kläger dadurch in eigenen Rechten verletzt ist, dass der [X.] die begehrte Zahlung unterlassen hat (vgl B[X.]E 75, 262, 265 = [X.] 3-8560 § 26 [X.] S 15).

Gemessen an diesen Kriterien ist eine Klagebefugnis hier nicht zu verneinen. Der Kläger begehrt Entschädigung nach §§ 198 ff [X.]. Die Anwendung dieser Vorschriften ist nicht von vornherein ausgeschlossen, da Art 23 S 1 [X.] die Geltung für "Altfälle", wie die zugrundeliegenden Arbeitslosenhilfestreitigkeiten, eröffnet. Hinzu kommt, dass der Kläger im Jahre 2011 eine Individ[X.]lbeschwerde beim [X.] anhängig gemacht hat. Ob diese Beschwerde zulässig ist oder nicht, obliegt grundsätzlich der Beurteilung des [X.]. Es ist jedenfalls nicht unbedenklich, wenn ein innerstaatliches Gericht die Anwendung des § 198 [X.] mit der Begründung verneint, eine beim [X.] anhängige Individ[X.]lbeschwerde sei als unzulässig anzusehen. Schon der Wortlaut des Art 23 S 1 [X.] legt eine solche Zulässigkeitsprüfung nicht nahe, da er nur von "anhängigen Beschwerden" spricht. Es ist auch fraglich, ob der Gesetzgeber die staatlichen Gerichte veranlassen wollte, eine dem [X.] zustehende Zulässigkeitsprüfung vollständig vorwegzunehmen. Darüber hinaus sollten durch die Einführung des [X.] auch in beim [X.] anhängigen Beschwerdeverfahren Verurteilungen vermieden werden (vgl B[X.]-Drucks 17/3802 [X.]1). Andererseits sollen missbräuchlich erhobene bzw offensichtlich unzulässige Individ[X.]lbeschwerden beim [X.] sicher nicht die Anwendung des [X.] für Altfälle eröffnen, da die Übergangsvorschrift sonst praktisch leerlaufen würde. Der Gesetzgeber hat insoweit insbesondere die Frist des Art 35 Abs 1 [X.] im Auge gehabt (vgl B[X.]-Drucks 17/3802 aaO; dazu auch [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2012, Rd[X.]55; [X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, 2013, Art 23 ÜVerfBesG Rd[X.]; [X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, [X.], Art 23 [X.] Rd[X.] 7).

In diesem Zusammenhang ist von besonderer Bedeutung, dass nach dem vom Kläger vorgelegten Schreiben des [X.] vom 19.7.2012 - Beschwerde [X.]6164/11 - der Gerichtshof die dortige Beschwerde zwar als unzulässig ansieht, aber nicht, weil sie verfristet sei, sondern weil der Kläger den innerstaatlichen Rechtsweg nicht erschöpft habe. Obgleich der vom [X.] gegebene Hinweis auf seine Entscheidung vom [X.] - [X.]9488/09 - zweifelhaft erscheint, weil es sich dort um ein innerstaatliches Strafverfahren gehandelt hat, das mit einer vorläufigen Einstellung durch das [X.] offensichtlich noch nicht abgeschlossen war, besteht im vorliegenden Verfahren Anlass zu einer exakten Prüfung, die sich auf die Begründetheit der Klage bezieht. Dabei könnte auch bedeutsam sein, dass der [X.] offenbar die Verfahrenszeiten zusammenrechnet, wenn mehrere Verwaltungsprozesse wegen desselben Gegenstandes geführt werden (vgl [X.], [X.], 3. Aufl 2011, Art 6 Rd[X.]93). Unter Umständen bezieht sich der genannte Hinweis des [X.] auch nur darauf, dass er den Kläger auf die seit dem 3.12.2011 gegebene innerstaatliche Klagemöglichkeit nach dem [X.] hinweisen wollte. Jedenfalls kann angesichts dieser Sachlage nicht ohne nähere Prüfung davon ausgegangen werden, dass die Individ[X.]lbeschwerde des [X.] beim [X.] bezogen auf die zu 1. und 2. genannten abgeschlossenen Gerichtsverfahren wegen Verfristung offensichtlich unzulässig und daher die Klagebefugnis zu verneinen ist.

Dass das [X.] seine Entscheidung über die Abweisung der Klage hinsichtlich der zu 1. und 2. genannten Verfahren "auch" damit begründet hat, dass die [X.] jeweils unbegründet sei, ändert nichts daran, dass es sich um ein Prozessurteil handelt; denn die Entscheidung erwächst nur hinsichtlich der angenommenen Unzulässigkeit in materielle Rechtskraft gemäß § 141 Abs 1 [X.]G (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.], aaO, § 141 Rd[X.] 9 mwN; [X.] in [X.]/[X.]/Bier, VwGO, Stand Jan[X.]r 2012, § 121 Rd[X.] 91 mwN; [X.] in MünchKomm ZPO, 3. Aufl 2008, § 322 Rd[X.]75 mwN). Es handelt sich mithin nicht um eine das Urteil gleichermaßen tragende Begründung, zu der im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde Gründe für die Zulassung der Revision geltend gemacht werden müssten.

Das Prozessurteil des [X.] erweist sich auch nicht deswegen als zutreffend, weil die Klage aus anderen Gründen unzulässig wäre. Denn die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen einer [X.] nach § 198 [X.] sind gegeben. Für die vorliegende Klage auf Entschädigung betreffend Verfahrensverzögerungen bei Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eines [X.] ist gemäß § 201 S 1 [X.] iVm § 202 [X.] [X.]G das [X.] zuständig, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde. Die Klage ist am 27.1.2012 beim [X.] schriftlich erhoben worden. Damit hat der Kläger die Schriftform (§ 90 [X.]G) erfüllt. Ebenso ist die für abgeschlossene Verfahren geltende Klagefrist (Klageerhebung spätestens am 3.6.2012) eingehalten (vgl Art 23 S 6 [X.]).

Da das angefochtene Urteil betreffend die Ausgangsverfahren zu 1. und 2. auf dem gerügten Verfahrensmangel beruht, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit allen übrigen vom Kläger insoweit vorgebrachten Gründen für eine Zulassung der Revision.

2) Soweit sich die Nichtzulassungsbeschwerde auf die Klageabweisung hinsichtlich der zu 3. genannten Ausgangsverfahren bezieht, ist sie unzulässig. Ihre Begründung genügt insoweit nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil zu diesem Gegenstand keiner der in § 160 Abs 2 [X.]G abschließend aufgeführten Zulassungsgründe ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 [X.] [X.]G).

Die Rechtsfragen, die der Kläger z[X.] umfangreich zur Begründung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache formuliert hat, betreffen ausschließlich das Prozessurteil des [X.]; denn sie beziehen sich alle auf die gesetzlichen Voraussetzungen des Art 23 [X.], den das [X.] insoweit herangezogen hat.

In gleicher Weise zielen die vom Kläger gerügten Verfahrensmängel ungeachtet der Frage, ob es sich in allen Fällen um Mängel des Verfahrens des [X.] handeln kann, im [X.] auf das Prozessurteil des [X.] ab, das aus den zu (1) genannten Gründen ohnehin keinen Bestand hat.

Das gilt insoweit, soweit der Kläger rügt, das angefochtene Urteil sei nicht mit Gründen versehen, weil eine tragende Begründung fehle. Gleiches gilt im Ergebnis auch, soweit der Kläger eine Verletzung seines Rechts auf rechtliches Gehör rügt, weil das [X.] durch die Nichtbeantwortung seiner zu Art 23 [X.] gestellten Fragen sein Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen habe. Ebenso verhält es sich mit der Rüge, dass wegen der Verkennung der Streitgegenstände und der daraus gefolgerten Unzulässigkeit der [X.] die Entscheidungsgründe völlig unverständlich seien.

Soweit der Kläger schließlich als Verfahrensmangel rügt, dass das [X.] aufgrund einer lückenhaften [X.]atsachenbasis, also unter Verletzung seiner Sachaufklärungspflicht gemäß § 103 [X.]G, entschieden habe, hat er die Vorschrift des § 160 Abs 2 [X.] 3 Halbs 2 [X.]G nicht beachtet. Es fehlt schon an der Bezeichnung eines formgerechten, bis zur Entscheidung des [X.] aufrechterhaltenen Beweisantrages.

Gemäß § 160a Abs 5 [X.]G kann das B[X.] in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen, wenn die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]G vorliegen. Der [X.] macht auch zur Beschleunigung des Verfahrens von dieser Möglichkeit hinsichtlich des angefochtenen Urteils in dem Umfang Gebrauch, in dem dieses von dem erfolgreich gerügten Verfahrensmangel betroffen ist. Im Übrigen ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des [X.] vorbehalten.

Die [X.] folgt aus § 197a Abs 1 S 1 [X.]G iVm § 52 Abs 1 bis 3 GKG.

Meta

B 10 ÜG 1/13 B

27.06.2013

Bundessozialgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend SG Ulm, 20. Februar 2004, Az: S 7 AL 1762/02, Urteil

Art 23 S 1 ÜberlVfRSchG, § 198 Abs 1 S 1 GVG, § 198 Abs 5 S 1 GVG, § 198 Abs 6 Nr 1 GVG, § 201 GVG, § 54 Abs 1 S 2 SGG, § 54 Abs 5 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 1 S 2 SGG, § 160a Abs 2 S 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160a Abs 5 SGG, § 202 SGG, Art 6 Abs 1 S 1 MRK, Art 35 Abs 1 MRK

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 27.06.2013, Az. B 10 ÜG 1/13 B (REWIS RS 2013, 4650)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4650

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