Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 27.03.2018, Az. 5 P 2/17

5. Senat | REWIS RS 2018, 11537

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Gegenstand

Entsprechende Anwendung eines personalvertretungsrechtlichen Mitwirkungstatbestandes; Herabsetzung der Arbeitszeit bei begrenzter Dienstfähigkeit


Leitsatz

Bei der Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit einer Beamtin oder eines Beamten und der Herabsetzung ihrer oder seiner Arbeitszeit gemäß § 27 BeamtStG hat der Personalrat in analoger Anwendung des § 68 Abs. 1 Nr. 6 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Brandenburg mitzuwirken.

Gründe

I

1

Der Antragsteller, der Personalrat für die Lehrkräfte und das sonstige pädagogische Personal bei dem [X.], und der am Verfahren beteiligte Dienststellenleiter streiten darüber, ob die Herabsetzung der Arbeitszeit wegen begrenzter Dienstfähigkeit gemäß § 27 Abs. 2 BeamtStG der Mitwirkung des Personalrats unterliegt.

2

Auf der Grundlage einer amtsärztlichen Untersuchung stellte der Rechtsvorgänger des Beteiligten - der Leiter der [X.] des [X.] - im Oktober 2014 bei der als Beamtin im Dienst des [X.] stehenden Lehrerin [X.] die begrenzte Dienstfähigkeit fest und setzte deren Arbeitszeit gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG auf 20 von 27 Pflichtstunden herab. Sie erhielt ab dem genannten Zeitpunkt eine gekürzte Besoldung entsprechend der Teilzeitbeschäftigung und einen nicht ruhegehaltfähigen Zuschlag. Hierüber informierte der Rechtsvorgänger des Beteiligten den Rechtsvorgänger des Antragstellers, den Personalrat der [X.] des [X.]. Dieser forderte daraufhin erfolglos ein Mitwirkungsrecht in personellen Angelegenheiten ein und berief sich auf § 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB, wonach der Personalrat bei der Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand ohne eigenen Antrag mitwirkt. Die Festsetzung der Teildienstfähigkeit sei ein Unterfall des vorzeitigen Ruhestandes.

3

Auf Antrag des Rechtsvorgängers des Antragstellers hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Rechtsvorgänger des Beteiligten dessen Mitwirkungsrecht aus § 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB verletzt habe, indem er ohne dessen Mitwirkung gemäß § 67 [X.] BB entschieden habe, die begrenzte Dienstfähigkeit von Frau [X.] festzustellen und deren wöchentliche Arbeitszeit herabzusetzen.

4

Auf die dagegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten hat das Oberverwaltungsgericht den Beschluss des [X.] geändert und den Antrag abgelehnt. Dem Antragsteller stehe in Fällen der Herabsetzung der Arbeitszeit wegen begrenzter Dienstfähigkeit ein Mitwirkungsrecht gemäß § 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB nicht zu. Bereits dem Wortlaut nach falle darunter nur die Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit von Amts wegen gemäß § 26 BeamtStG. Dagegen habe die begrenzte Dienstfähigkeit gemäß § 27 Abs. 1 BeamtStG gerade keine Beendigung des Beamtenverhältnisses zur Folge, sondern eine Herabsetzung der Arbeitszeit. Der Antragsteller könne ein Mitwirkungsrecht auch nicht aufgrund einer analogen Anwendung von § 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB beanspruchen, da es an einer vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Regelungslücke fehle. Das [X.] Personalvertretungsgesetz sehe keine Allzuständigkeit des Personalrats vor, sondern enthalte einen grundsätzlich abschließenden Katalog einzeln aufgezählter [X.]. Weder die Systematik des § 68 Abs. 1 [X.] BB noch der Vergleich der Rechtsfolgen der beiden Rechtsinstitute rechtfertige die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke. Auch eine historische Betrachtungsweise gebe keine Veranlassung zu einer erweiternden Auslegung.

5

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragstellers, der die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt.

6

Der Beteiligte verteidigt den angefochtenen Beschluss des [X.].

II

7

Die zulässige Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist begründet. Der Beschluss des [X.] steht nicht im Einklang mit § 68 Abs. 1 Nr. 6 des [X.] für das [X.] ([X.] - [X.] BB) vom 15. September 1993 ([X.]Bl. I S. 358), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 11. Februar 2014 ([X.]Bl. [X.]) und beruht deshalb auf der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 95 Abs. 2 [X.] BB i.V.m. § 93 Abs. 1 ArbGG). Weil der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist, entscheidet der Senat in der Sache selbst (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 562 Abs. 1 und § 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Zurückweisung der Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des [X.]. Denn der Feststellungsantrag, den ursprünglich der Rechtsvorgänger des Antragstellers gestellt hat, in dessen Rechtsstellung der Antragsteller eingerückt ist, ist zulässig (1.) und begründet (2.).

8

1. Der Antrag festzustellen, dass der Beteiligte das Mitwirkungsrecht des Antragstellers aus § 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB verletzt hat, indem er ohne Mitwirkung des Antragstellers gemäß § 67 [X.] BB entschieden hat, die begrenzte Dienstfähigkeit der Lehrerin Frau [X.] festzustellen und deren wöchentliche Arbeitszeit von 27 von 27 Pflichtstunden auf 20 von 27 Pflichtstunden herabzusetzen, ist zulässig. Insbesondere fehlt es dem Feststellungsantrag gemäß § 256 Abs. 1 ZPO nicht deshalb am erforderlichen Interesse an der begehrten Feststellung oder am Rechtsschutzbedürfnis, weil die Herabsetzung der Arbeitszeit wegen begrenzter Dienstfähigkeit der betroffenen Lehrerin bereits vor Einleitung des Beschwerdeverfahrens vollzogen wurde. Da diese Maßnahme rückgängig gemacht werden kann, kann das Mitwirkungsverfahren auch nachträglich eingeleitet werden. Dies könnte die Personalvertretung notfalls auch in einem Beschlussverfahren durchsetzen (vgl. [X.], Beschluss vom 16. September 1994 - 6 P 32.92 - [X.]E 96, 355 <357 f.>).

9

2. Der Beteiligte hat das Mitwirkungsrecht des Antragstellers verletzt, indem er ohne dessen Mitwirkung gemäß § 67 [X.] BB die begrenzte Dienstfähigkeit der Lehrerin Frau [X.] festgestellt und deren wöchentliche Arbeitszeit herabgesetzt hat. Das Oberverwaltungsgericht geht zwar zu Recht davon aus, dass eine unmittelbare Anwendung des § 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB bereits nach dem Wortlaut des [X.]es ausgeschlossen ist (a). § 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB enthält aber entgegen der Auffassung des [X.] eine planwidrige Regelungslücke, die im Wege der Analogie zu § 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB zu schließen ist (b).

a) Ein Mitwirkungsrecht des Antragstellers bei der Herabsetzung der Arbeitszeit wegen begrenzter Dienstfähigkeit gemäß § 27 Abs. 1 und 2 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetzes - BeamtStG) vom 17. Juni 2008 ([X.] [X.]), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Juni 2017 ([X.] [X.]), ergibt sich nicht unmittelbar aus § 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB. Danach wirkt der Personalrat bei der Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand ohne eigenen Antrag mit. Die Herabsetzung der Arbeitszeit wegen begrenzter Dienstfähigkeit ist davon bereits dem Wortlaut nach nicht umfasst. Dies ergibt sich aus dem insoweit unmissverständlichen Fachsprachgebrauch, der den Rechtsbegriff der "Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand ohne eigenen Antrag" prägt.

Das Bundespersonalvertretungsgesetz wie auch die [X.]e übernehmen grundsätzlich die Begriffe, die die einzelnen in der Vorschrift geregelten Mitbestimmungstatbestände bezeichnen, aus dem Beamtenrecht, soweit sie die [X.] in Personalangelegenheiten der Beamten festlegen, und aus dem Tarifrecht, soweit die entsprechenden Befugnisse in Personalangelegenheiten der Tarifbeschäftigten bestimmt werden (stRspr, vgl. [X.], Beschlüsse vom 3. Juli 1990 - 6 P 10.87 - [X.] 250 § 76 B[X.] Nr. 18 S. 9, vom 12. September 2002 - 6 P 11.01 - [X.] 251.2 § 86 Bln[X.] Nr. 4 S. 2 und vom 24. November 2015 - 5 P 13.14 - [X.]E 153, 254 Rn. 22; ebenso [X.], Beschluss vom 15. August 2012 - 7 ABR 6/11 - [X.] 2013, 145). Für die Mitwirkungstatbestände gilt nichts anderes. Verwendet der Gesetzgeber des [X.] Begriffe aus dem Dienstrecht, ist mithin grundsätzlich davon auszugehen, dass er sich auf den dienstrechtlichen Begriffsinhalt bezieht. Zwar ist der Gesetzgeber nicht gehindert, dienstrechtlichen Begriffen im Personalvertretungsgesetz eine vom Dienstrecht abweichende Bedeutung beizumessen. Dies kann jedoch nur angenommen werden, wenn er hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er vom dienstrechtlichen Begriffsinhalt abweichen will. Fehlen solche Anhaltspunkte, ist grundsätzlich auf die dienstrechtliche Definition abzustellen ([X.], Beschluss vom 24. November 2015 - 5 P 13.14 - [X.]E 153, 254 Rn. 22 m.w.N.). So liegt es hier.

Mit der Formulierung "Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand ohne eigenen Antrag" in § 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB hat der Gesetzgeber auf einen dienstrechtlichen Tatbestand abgestellt, nämlich die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit gemäß § 26 BeamtStG. Das Beamtengesetz für das [X.] (Landesbeamtengesetz - [X.]) vom 3. April 2009 ([X.]Bl. [X.]), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. Januar 2016 ([X.]Bl. [X.]), regelt neben dem Ruhestand wegen Erreichens der Regelaltersgrenze (§ 45 [X.]) und dem einstweiligen Ruhestand bei Auflösung von Körperschaften und Behörden (§§ 47 und 48 [X.]) nur den vorzeitigen Ruhestand auf Antrag bei Erreichen der Antragsaltersgrenze (§ 46 [X.]). Ohne eigenen Antrag kommt daher nur eine Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit gemäß § 26 BeamtStG in Betracht, der gemäß § 1 BeamtStG unmittelbar in den Ländern gilt. Gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG sind Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind.

Der dienstrechtliche Begriff der Versetzung in den Ruhestand im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG und derjenige der Herabsetzung der Arbeitszeit wegen begrenzter Dienstfähigkeit gemäß § 27 BeamtStG sind weder identisch noch teilidentisch. Mit dem Eintritt oder der Versetzung in den Ruhestand endet das Beamtenverhältnis (§ 21 Nr. 4 BeamtStG), der Beamte scheidet also vollständig aus dem aktiven Dienst aus. Dagegen soll gemäß § 27 Abs. 1 BeamtStG von der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit gerade abgesehen werden, wenn die Beamtin oder der Beamte unter Beibehaltung des übertragenen Amtes die Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen kann (begrenzte Dienstfähigkeit). Der Beamte bleibt im aktiven Dienst, gemäß § 27 Abs. 2 BeamtStG wird lediglich seine Arbeitszeit entsprechend der begrenzten Dienstfähigkeit herabgesetzt, wobei mit Zustimmung der Beamtin oder des Beamten auch eine Verwendung in einer nicht dem Amt entsprechenden Tätigkeit möglich ist. Das [X.] ist - entsprechend dem Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" (vgl. [X.], Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - [X.]E 133, 297 Rn. 11) - ebenso wie die anderweitige Verwendung im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BeamtStG eine Fortentwicklung des hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums, dass dauernd dienstunfähige Beamte in den Ruhestand zu versetzen sind. Im hergebrachten System der Dienstunfähigkeit stellt dies eine mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbare, strukturwahrende Weiterentwicklung des hergebrachten Grundsatzes der Hauptberuflichkeit im Falle von gesundheitsbedingt nur noch teilweise verwendbaren Beamten dar. Der Beschäftigungsumfang des begrenzt dienstfähigen Beamten ist zwar vermindert, er kann aber gleichwohl als "hauptberuflich" qualifiziert werden, weil die gesundheitsbedingt eingeschränkte Dienstleistungskapazität - und damit die Berufsfähigkeit - voll ausgeschöpft wird (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Juni 2015 - 2 C 49.13 - [X.] 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 132 - Rn. 22 ff., 28 f.).

Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber des [X.]es für das [X.] von diesem dienstrechtlichen Sprachgebrauch abweichen wollte. Insbesondere wird das dienstrechtlich geprägte Verständnis des in § 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB verwendeten Begriffs des "vorzeitigen Ruhestands" nicht durch die bundesrechtliche Einführung des [X.] der begrenzten Dienstfähigkeit modifiziert.

b) Der Antragsteller hatte aber bei der Feststellung der beschränkten Dienstfähigkeit der Lehrerin [X.] und der Herabsetzung ihrer Arbeitszeit gemäß § 27 BeamtStG in analoger Anwendung des § 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB mitzuwirken.

Jede Art der richterlichen Rechtsfortbildung (hier die Analogie) setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Hat der Gesetzgeber eine eindeutige Entscheidung getroffen, dürfen die Gerichte diese nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern oder durch eine judikative Lösung ersetzen. Ob eine Gesetzeslücke vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob die vom Regelungsprogramm des Gesetzgebers erfassten Fälle in den gesetzlichen Vorschriften tatsächlich Berücksichtigung gefunden haben. Sie ist zu bejahen, wenn festzustellen ist, dass der Wortlaut der Vorschrift nicht alle Fälle erfasst, die nach dem Sinn und Zweck der Regelung erfasst sein sollten. Darüber hinaus ist eine vergleichbare Sach- und Interessenlage erforderlich (stRspr, z.B. [X.], Urteile vom 18. April 2013 - 5 C 18.12 - [X.] 436.511 § 93 SGB VIII Nr. 5 Rn. 22 und vom 6. November 2014 - 5 C 7.14 - [X.] 271 [X.] Rn. 11, jeweils m.w.N.). Das ist hier der Fall.

§ 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB weist im Hinblick auf die Beteiligung des Personalrats bei der Herabsetzung der Arbeitszeit wegen beschränkter Dienstfähigkeit eine Regelungslücke auf (aa), die nicht dem Plan des Gesetzgebers entspricht ([X.]) und hier im Wege der Analogie zu schließen ist (cc).

aa) Einer entsprechenden Anwendung des § 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB steht nicht entgegen, dass im [X.]n Personalvertretungsgesetz eine Generalklausel für die Beteiligung des [X.] fehlt, die dort geregelten Mitbestimmungs- und Mitwirkungstatbestände also grundsätzlich abschließend gedacht sind. Dieser Umstand ist zwar im Rahmen der Prüfung, ob ein Beteiligungstatbestand eine Regelungslücke aufweist, zu berücksichtigen, schließt aber das Vorliegen einer Regelungslücke nicht von vornherein aus.

§ 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB ist mit der Schaffung des [X.] der beschränkten Dienstfähigkeit in § 26a [X.] durch das Versorgungsreformgesetz vom 29. Juni 1998 ([X.] [X.]66) lückenhaft geworden. Zum Zeitpunkt des Erlasses des § 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB am 15. September 1993, der seither unverändert geblieben ist, hatte jede Form der Dienstunfähigkeit gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 [X.] bzw. § 111 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. (vom 24. Dezember 1992 <[X.]Bl. I S. 535>) zwingend die vorzeitige Versetzung des Beamten in den Ruhestand zur Folge, soweit er nicht anderweitig verwendet werden oder ihm eine geringerwertige Tätigkeit übertragen werden konnte (§ 26 Abs. 3 [X.], § 111 Abs. 3 [X.] a.F.). Eine Mitwirkung des Personalrats gemäß § 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB war daher in allen Fällen geboten, in denen Beamte dienstunfähig im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 [X.] bzw. § 111 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. wurden, also aufgrund ihres körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur (vollständigen) Erfüllung ihrer Dienstpflicht dauernd unfähig waren und keine der in § 26 Abs. 3 [X.], § 111 Abs. 3 [X.] a.F. geregelten Ausnahmen vorlag. Dazu gehörten auch diejenigen Beamten, die nach heutigem Recht begrenzt dienstfähig sind (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Juni 2015 - 2 C 49.13 - [X.] 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 132 Rn. 76). Maßnahmen, mit denen der Dienstherr auf diese Fälle der Dienstunfähigkeit reagierte, fielen erst mit der Einführung der beschränkten Dienstfähigkeit in § 26a [X.] durch das Versorgungsreformgesetz aus dem [X.] des § 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB heraus, weil § 26a Abs. 2 [X.] für diese Fälle erstmals nicht mehr die Versetzung in den Ruhestand, sondern die Herabsetzung der Arbeitszeit anordnete.

[X.]) Die mit der Einführung des [X.] der beschränkten Dienstfähigkeit entstandene Regelungslücke ist planwidrig. Sie widerspricht dem Regelungskonzept des [X.], das dieser im Hinblick auf die Beteiligung des Personalrats an beamtenrechtlichen Maßnahmen verfolgt, die an die Dienstunfähigkeit im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG anknüpfen. Aus dem systematischen Zusammenhang des § 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB mit anderen Beteiligungsregelungen des [X.]n [X.] (1) sowie dem Zweck des Mitwirkungsrechts (2) folgt, dass nach der Konzeption des [X.] der Personalrat an allen Maßnahmen beteiligt werden soll, die an die Dienstunfähigkeit im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG anknüpfen. Anhaltspunkte dafür, dass der Landesgesetzgeber dieses Konzept nach der Einführung des [X.] der begrenzten Dienstfähigkeit aufgeben oder relativieren wollte, sind nicht ersichtlich (3).

(1) In diese Richtung weist auch der systematische Zusammenhang der Beteiligungsregelungen im [X.]n Personalvertretungsgesetz.

Die §§ 26 und 27 BeamtStG sehen einen abgestuften Katalog an Reaktionsmöglichkeiten des Dienstherrn auf die Dienstunfähigkeit eines Beamten vor. Vorrangig ist die anderweitige Verwendung des Beamten gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 BeamtStG in Betracht zu ziehen, gefolgt von der Übertragung einer geringerwertigen Tätigkeit gemäß § 26 Abs. 3 BeamtStG. Scheiden beide vorgenannten Möglichkeiten aus (zum insoweit bestehenden Vorrangverhältnis vgl. [X.], Beschluss vom 18. Juni 2015 - 2 C 49.13 - [X.] 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 132 Rn. 90) und verfügt der Beamte über ein Restleistungsvermögen von mindestens 50 vom Hundert, ist er mit entsprechend der begrenzten Dienstfähigkeit herabgesetzter Arbeitszeit zu verwenden, und zwar entweder in einer seinem Amt entsprechenden Tätigkeit oder - mit seiner Zustimmung - in einer nicht amtsangemessenen Tätigkeit (§ 27 BeamtStG). Lediglich als ultima ratio ist der dienstunfähige Beamte in den vorzeitigen Ruhestand zu versetzen (§ 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG). Mit Ausnahme der - hier in Rede stehenden - amtsangemessenen Weiterverwendung bei entsprechend der begrenzten Dienstfähigkeit herabgesetzter Arbeitszeit stehen dem Personalrat nach dem [X.]n Personalvertretungsgesetz durchweg Beteiligungsrechte zu, soweit Maßnahmen des Dienstherrn an die Dienstunfähigkeit anknüpfen:

Wird der Beamte, der wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen seine Dienstpflichten in dem ihm übertragenen Amt dauernd nicht mehr erfüllen kann, im Rahmen der anderweitigen Verwendung gemäß § 26 Abs. 2 BeamtStG ohne seine Zustimmung für eine Dauer von mehr als sechs Monaten auf einen anderen Dienstposten im Bereich seines Dienstherrn umgesetzt, der für ihn gesundheitlich geeignet ist, ist der Personalrat gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 10a und § 68 Abs. 1 Nr. 4 [X.] BB zu beteiligen. Ist die Umsetzung nicht mit einem Wechsel des [X.] verbunden, hat er gemäß § 68 Abs. 1 Nr. 4 [X.] BB ein Mitwirkungs-, ansonsten gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 10a [X.] BB ein Mitbestimmungsrecht. Wird der dienstunfähige Beamte mit seiner Zustimmung im Rahmen der anderweitigen Verwendung zu einer anderen Dienststelle versetzt, muss der Personalrat nach § 63 Abs. 1 Nr. 11 [X.] BB mitbestimmen. Das gleiche gilt gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 12 [X.] BB für den Personalrat der aufnehmenden Dienststelle. Soll der Beamte auf der Grundlage von § 26 Abs. 2 BeamtStG ein Amt einer anderen Laufbahn wahrnehmen, hat der Personalrat nach § 63 Abs. 1 Nr. 8 [X.] BB mitzubestimmen. Wird ihm gemäß § 26 Abs. 3 BeamtStG eine geringerwertige Tätigkeit übertragen, um seine Versetzung in den Ruhestand zu vermeiden, bestimmt der Personalrat nach § 63 Abs. 1 Nr. 10 [X.] BB mit. Ist dies mit Zustimmung des Beamten mit einem niedrigeren Grundgehalt verbunden, ist die Mitbestimmung des Personalrats außerdem gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 7 [X.] BB erforderlich. Der Personalrat hat auch im Falle eines begrenzt dienstfähigen Beamten mitzubestimmen, wenn dieser gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG mit seiner Zustimmung nicht amtsangemessen verwendet werden soll (§ 63 Abs. 1 Nr. 10 [X.] BB). Soll der Beamte wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden, steht dem Personalrat nach § 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB (nur) ein Mitwirkungsrecht zu.

Das "[X.]" des [X.]n [X.] sieht mithin eine Beteiligung des Personalrats sowohl bei den gegenüber der Weiterverwendung des Beamten mit reduzierter Arbeitszeit vorrangigen als auch den nachrangigen Maßnahmen des Dienstherrn vor, außerdem auch bei der von der Zustimmung des Beamten abhängigen nicht amtsangemessenen Weiterverwendung. In dieses Konzept fügt es sich nicht ein, wenn der Personalrat ausschließlich in der Fallkonstellation nicht zu beteiligen wäre, in der die Arbeitszeit des beschränkt dienstfähigen Beamten gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG ohne dessen Zustimmung herabgesetzt werden kann, weil er amtsangemessen weiterverwendet wird.

(2) Der mit dem Mitwirkungsrecht gemäß § 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB verbundene Regelungszweck unterstreicht die Planwidrigkeit der durch die Einführung des [X.] der begrenzten Dienstfähigkeit entstandenen Regelungslücke. Das Mitwirkungsrecht bei der vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand ohne eigenen Antrag wegen Dienstunfähigkeit dient primär dem Schutz des von der Maßnahme betroffenen Beamten. Dem Personalrat soll als dessen Interessenvertreter über sein Mitwirkungsrecht die Möglichkeit eröffnet werden, der Dienststellenleitung mögliche Einwände gegen diese einschneidende personelle Maßnahme zur Kenntnis zu bringen. Daneben dient das Mitwirkungsrecht auch der Wahrung kollektiver Interessen. Es soll sicherstellen, dass bei Maßnahmen, die die personelle Zusammensetzung der Belegschaft in der Dienststelle betreffen, deren Belange ausreichend zum Ausdruck gebracht und berücksichtigt werden. Sowohl das individuelle Schutzbedürfnis des Beamten als auch die kollektiven Interessen, denen der [X.] dient, bestehen auch in den Fällen der gegenüber der Zurruhesetzung gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG vorrangigen Maßnahme der Herabsetzung der Arbeitszeit wegen beschränkter Dienstfähigkeit gemäß § 27 BeamtStG.

(3) Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Landesgesetzgeber dieses Konzept nach der Einführung des [X.] der begrenzten Dienstfähigkeit aufgeben oder relativieren wollte. Eine ausdrückliche Äußerung des [X.]n [X.], dass die früher der Mitwirkung des Personalrats unterliegenden Fallgestaltungen nicht mehr mitwirkungspflichtig sein sollen, findet sich nicht. Ein dahingehender Wille des [X.] ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass er nach der Einführung des [X.] der begrenzten Dienstfähigkeit das [X.] Personalvertretungsgesetz und insbesondere auch die Vorschriften über die Beteiligungsrechte des Personalrats mehrfach geändert und dabei hinsichtlich der Reduzierung der Arbeitszeit bei amtsangemessener Weiterverwendung wegen begrenzter Dienstfähigkeit keinen Anpassungsbedarf gesehen hat. Dies könnte zwar als Indiz dafür gewertet werden, dass er dem Personalrat insoweit keine Beteiligungsrechte einräumen wollte (vgl. [X.], Beschluss vom 24. November 2015 - 5 P 13.14 - [X.]E 153, 254 Rn. 25). Gegen die Annahme eines solcherart "beredten Schweigens" sprechen hier aber sowohl der Umstand, dass der Personalrat in der betreffenden Fallkonstellation vor der Änderung der bundesrechtlichen Regelung mitwirken musste, als auch die nach wie vor bestehenden Beteiligungsrechte bei allen anderen Maßnahmen des Dienstherrn im Zusammenhang mit der Dienstunfähigkeit eines Beamten.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des [X.] vom 28. Mai 2014 - 7 [X.] - ([X.] 2014, 678 Rn. 22), das unter anderem davon ausgeht, dass der Personalrat bei der Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit eines Dienstordnungsangestellten in Anwendung des § 27 BeamtStG kein Beteiligungsrecht gemäß § 74 Abs. 3 des Nordrhein-Westfälischen [X.]es in der Fassung, die es im Dezember 2009 aufgrund des Gesetzes vom 9. Oktober 2007 ([X.]. NR[X.] [X.], berichtigt [X.] und berichtigt [X.]. NR[X.] 2008 S. 186) gefunden hat, besitzt. Der [X.] Landesgesetzgeber hatte dort nämlich die zuvor ausdrücklich normierte Mitwirkung des Personalrats bei [X.] wegen beschränkter Dienstfähigkeit neben der vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand wieder gestrichen, um den Umfang der Beteiligung des Personalrats zu reduzieren, und so deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er in diesen Fällen eine Beteiligung des Personalrats gerade nicht wollte.

cc) Die planwidrige Regelungslücke ist durch analoge Anwendung des § 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB auf diejenigen Fälle zu schließen, in denen die Arbeitszeit begrenzt dienstfähiger Beamter unter Beibehaltung ihrer amtsangemessenen Verwendung gemäß § 27 BeamtStG herabgesetzt wird. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Analogie ist der [X.] des § 68 Abs. 1 Nr. 6 [X.] BB, weil für einen Analogieschluss grundsätzlich nur diejenigen Regelungen in den Blick zu nehmen sind, in denen eine planwidrige Regelungslücke entstanden ist.

Meta

5 P 2/17

27.03.2018

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: P

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 14. März 2016, Az: OVG 61 PV 1.15, Beschluss

Art 33 Abs 5 GG, § 27 BeamtStG, § 68 Abs 1 Nr 6 PersVG BB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 27.03.2018, Az. 5 P 2/17 (REWIS RS 2018, 11537)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 11537

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Referenzen
Wird zitiert von

9 K 2068/20

Zitiert

7 ABR 6/11

7 AZR 276/12

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