Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2005, Az. XII ZR 303/02

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 2570

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 13. Juli 2005 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja

ZPO n.F. §§ 543 Abs. 1 Nr. 2, 540 Abs. 1; ZPO a.F. 543 Abs. 1 und 2 a) Zu den Anforderungen an ein Berufungsurteil, gegen das (hier: nach erfolg-reicher Nichtzulassungsbeschwerde) die Revision stattfindet (Fortführung von Senatsbeschluß [X.] 156, 97 ff.). b) Zur Notwendigkeit eines Tatbestandes und der Wiedergabe der zweit-instanzlichen Anträge in einem der Revision oder der Nichtzulassungsbe-schwerde unterliegenden Urteil in einem Berufungsverfahren, für das nach § 26 Nr. 5 EGZPO die am 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften der Zi-vilprozeßordnung weitergelten. [X.], Urteil vom 13. Juli 2005 - [X.] - LG Berlin

AG Schöneberg - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 13. Juli 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], Dr. [X.] und die Richterin Dr. [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der [X.] des [X.] vom 8. November 2002 aufgehoben. Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die übrigen Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Das Berufungsgericht hat auf mündliche Verhandlung vom 23. August 2002 ein Urteil des Amtsgerichts, das auf mündliche Verhandlung vom 1. No-vember 2001 ergangen war, auf die Berufung der Klägerin geändert und die Beklagte zur Zahlung von weiteren 140.372,17 • nebst Zinsen verurteilt. Die weitergehende Berufung der Klägerin und die Anschlußberufung der Beklagten hat es zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Von der Darstellung des Tatbestandes hat das Berufungsgericht unter Hinweis auf § 543 Abs. 1 BGB a.F. abgesehen. Ferner enthält das Urteil weder eine Bezugnahme auf die erstinstanzliche Entscheidung oder auf Schriftsätze, - 3 - Protokolle und andere Unterlagen, noch gibt es die [X.] der [X.] wieder. Die Beklagte hat Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, um das Beru-fungsurteil mit der beabsichtigten Revision in vollem Umfang anzugreifen. Nach deren Zulassung durch Senatsbeschluß vom 13. August 2003 ([X.] 156, 97 ff.) verfolgt sie dieses Ziel weiter.

Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Ur-teils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des [X.], daß auf das Berufungsverfahren noch die am 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften der Zivilprozeßordnung anzuwenden waren. Denn die letzte mündliche Ver-handlung vor dem Amtsgericht war noch vor dem 1. Januar 2002 geschlossen worden, so daß nach § 26 Nr. 5 EGZPO auch für die Abfassung des Beru-fungsurteils noch das alte Verfahrensrecht maßgebend war. Hingegen ist auf die Revision - ebenso wie schon zuvor auf die Nichtzulassungsbeschwerde - das neue Verfahrensrecht anzuwenden, weil die mündliche Verhandlung, auf die das Berufungsurteil erging, nicht vor dem 1. Januar 2002 stattfand (§ 26 Nr. 7 EGZPO). Richtet sich das Berufungsverfahren - wie hier - nach dem am 31. De-zember 2001 geltenden Verfahrensrecht, bedarf es der Wiedergabe der Beru-fungsanträge und außerdem der Darstellung des Tatbestandes, zumindest aber - 4 - der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils, wenn gegen das Berufungsurteil die Revision stattfindet, § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F. Gleiches gilt, wenn gegen deren Nichtzulassung in diesem Ur-teil die Nichtzulassungsbeschwerde stattfindet (vgl. Senatsbeschluß vom 13. August 2003 aaO S. 100; [X.] 156, 216 ff.; [X.], Urteil vom 12. [X.] - VIII ZR 360/02 - nicht veröffentlicht). Der vom Berufungsgericht in der Sache vertretene rechtliche Standpunkt kann nämlich nur bei Kenntnis des tatsächlichen Streitstoffes nachvollzogen werden. Ist aus dem Urteil nicht ersichtlich, von welchem Sach- und Streitstand das Gericht ausgegangen ist, welches Rechtsmittelbegehren die Parteien [X.] haben und welche tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung [X.] liegen, kann auch nicht überprüft werden, ob diese frei von [X.] getroffen wurden und die daraus gezogenen Schlußfolgerungen des [X.] im Einklang mit den bisherigen Rechtsprechungsgrundsätzen stehen. Damit fehlt es an den notwendigen Voraussetzungen, die dem Revisi-onsgericht auf eine Nichtzulassungsbeschwerde hin die Prüfung ermöglichen, ob das Berufungsgericht aus einem der in § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO genannten Gründe die Revision hätte zulassen müssen. Ist dem Urteil nicht zuverlässig zu entnehmen, um welchen Sachverhalt es geht, kann dem Revisionsgericht nicht angesonnen werden, diesen selbst zu ermitteln und festzustellen, um abschließend beurteilen zu können, ob die Nichtzulassungsbeschwerde begründet ist. Die Ermittlung und Feststellung des Sachverhalts war bisher nicht Aufgabe des Revisionsgerichts (vgl. [X.] 73, 248, 252) und kann es auch nach neuem Recht nicht sein. Denn auch nach dem ab 1. Januar 2002 geltenden Verfahrensrecht müssen die tatsächlichen Grundlagen, von denen das Berufungsgericht ausgegangen ist, aus dem Beru-fungsurteil ersichtlich sein, um dem Revisionsgericht im Falle der [X.] 5 [X.] der Revision die Überprüfung auf die Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 ZPO zu erlauben (vgl. Senatsbeschluß vom 13. August 2003 aaO [X.]; Zöl-ler/[X.] ZPO 23. Aufl. § 540 Rdn. 6). 2. Dies gilt auch und erst recht für das Revisionsverfahren nach erfolg-reicher Nichtzulassungsbeschwerde. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] zu § 543 ZPO a.F. ist ein mit der Revision [X.] Berufungsurteil grundsätzlich aufzuheben, wenn es keinen Tatbestand enthält (vgl. [X.] 73, 248 ff.). Allerdings kann ausnahmsweise von einer Aufhebung und Zurückverwei-sung aus diesem Grunde abgesehen werden, wenn sich die notwendigen tat-sächlichen Grundlagen der Entscheidung zweifelsfrei aus den Urteilsgründen ergeben (z.B. [X.], Urteile vom 1. Februar 1999 - [X.] - [X.], 871 = NJW 1999, 1720 unter I 1 m.w.N. und vom 6. Juni 2003 - [X.] - FamRZ 2003, 1273). Ein solcher Ausnahmefall ist hier aber entgegen der [X.] der Revisionserwiderung nicht gegeben. a) Das angefochtene Berufungsurteil enthält nicht nur keinen Tatbestand, sondern nimmt nicht einmal auf den Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils Bezug, so daß auch nicht § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F. eingreift. Ist aber nach dieser Vorschrift schon die Bezugnahme auf den Tatbe-stand der erstinstanzlichen Entscheidung nur zulässig, wenn die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht hierdurch nicht wesentlich erschwert wird, kann es bei dem hier vorliegenden umfangreichen Streitstoff auch nicht genügen, wenn sich der vom Berufungsgericht zu Grunde gelegte Sachverhalt - wie hier - zwar möglicherweise weitgehend, aber jedenfalls nur mühsam und mosaiksteinartig aus den Entscheidungsgründen rekonstruieren läßt. - 6 - Insbesondere ist dem Berufungsurteil zwar zu entnehmen, daß die [X.] der Klageforderung offenbar einen in einem Parallelverfahren [X.] Vergleich entgegenhält, und daß das Berufungsgericht diesen Vergleich anders auslegt als die erste Instanz. Da aber nicht einmal der Wortlaut und der Kontext dieses Vergleichs wiedergegeben werden, ist es schon nicht möglich, diese Auslegung nachzuvollziehen. b) Hiervon abgesehen enthält das Berufungsurteil keine hinreichend [X.] Angaben zu den [X.]n. Deren Aufnahme in das Beru-fungsurteil ist aber sogar nach dem neuen § 540 ZPO, der eine weitgehende Entlastung der Berufungsgerichte bei der [X.] bezweckt, nicht ent-behrlich ([X.] 154, 99, 100 ff. und 156, 216, 218). Die angefochtene Entscheidung läßt allenfalls erahnen, aber nicht zuver-lässig erkennen, was die Berufungsklägerin mit ihrem Rechtsmittel erstrebt [X.]. Zwar könnte der Aussage, daß die Klägerin gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung von 474.544,11 [X.] und Nebenkosten für die [X.] von [X.] bis Februar 1998 habe, in Verbindung mit der einleitenden Aus-sage, daß die Berufung der Klägerin in Höhe von weiteren 274.544,11 [X.] sei, durch Rückrechnung die Vermutung entnommen werden, daß das Amtsgericht der Klage (nur) in Höhe von 200.000 DM stattgegeben hatte. Dem steht aber entgegen, daß die Gründe der angefochtenen Entscheidung in sich widersprüchlich sind. Einerseits hält das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Mietzins und Nebenkosten in Höhe von 474.544,11 DM zuzüglich 2.360,80 DM kapitalisierter Zinsen bis zum 1. März 1998 für gerechtfertigt, spricht andererseits lediglich weitere 140.372,17 • = 274.544,10 DM nebst Zinsen ab 2. März 1998 zu. Schon deshalb läßt sich auch durch Rückrechnung, die im übrigen angesichts ihres hier erforderlichen [X.] einem Revisionsgericht nicht angesonnen werden kann, nicht zuverlässig - 7 - ermitteln, in welcher Höhe die Klägerin in erster Instanz obsiegt hatte und wel-chen ursprünglich begehrten Betrag sie mit ihrem Rechtsmittel [X.] oder welchen Betrag sie gegebenenfalls im Wege der [X.] in zweiter Instanz insgesamt begehrte. Dies gilt insbesondere für den Betrag der offenbar in Höhe von mehr als 2.360,80 DM verlangten kapitalisierten Zinsen. Auch an Hand der ausgeworfenen Kostenquote läßt sich allenfalls die Größen-ordnung des Klagebegehrens überschlägig abschätzen. Das genügt nicht. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Hahne [X.] [X.] [X.] [X.]

Meta

XII ZR 303/02

13.07.2005

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2005, Az. XII ZR 303/02 (REWIS RS 2005, 2570)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 2570

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