Bundesfinanzhof, Beschluss vom 23.03.2023, Az. IV B 31/22

4. Senat | REWIS RS 2023, 1636

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Gegenstand

(Berechnung der berücksichtigungsfähigen Außenhaftung nicht selbständig anfechtbar - notwendige Beiladung bei fehlender Beschwer nach § 40 Abs. 2 FGO ausgeschlossen)


Leitsatz

1. NV: Bei der im Bescheid über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG enthaltenen Berechnung der berücksichtigungsfähigen Außenhaftung handelt es sich nicht um eine selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage.

2. NV: Eine notwendige Beiladung nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO ist ausgeschlossen, wenn dem Gesellschafter, der zum Kreis der Klagebefugten i.S. des § 48 FGO gehört, die eigene Beschwer nach § 40 Abs. 2 FGO fehlt.

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin und des Beigeladenen wird der Beschluss des [X.] vom 13.04.2022 - 8 K 353/16 aufgehoben.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Beschwerdeführerin zu 1. (Klägerin) ist eine KG. Gegenstand ihres Unternehmens ist der An- und Verkauf sowie die Vermietung von beweglichen Wirtschaftsgütern. Die Klägerin firmierte in den Jahren 2010 und 2011 (Streitjahre) noch unter dem Namen [X.]. Komplementärin der Klägerin war in den Streitjahren die nicht am Vermögen beteiligte [X.] Die S-GmbH ist Ende 2021 als Komplementärin ausgeschieden und die [X.] (haftungsbeschränkt) als Komplementärin eingetreten (vgl. Anmeldung der Klägerin zum Handelsregister --HR-- vom [X.]; HR-Auszug des [X.], [X.]). Alleiniger Kommanditist der Klägerin war und ist der Beigeladene und Beschwerdeführer zu 2. (Beigeladener).

2

Die Klägerin gab in ihrer Erklärung für 2010 zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung (Feststellungserklärung) einen laufenden [X.] in Höhe von 81.312,47 € an. In dem Bescheid für 2010 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ([X.]) vom 10.12.2012 stellte der Beklagte und Beschwerdegegner (Finanzamt --[X.]--) nur einen laufenden [X.] in Höhe von 16.540,10 € fest. Die Reduzierung des laufenden [X.]es (insgesamt um 64.772,37 €) basiert im Wesentlichen darauf, dass das [X.] einen nach § 7g Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gebildeten Investitionsabzugsbetrag (Gewinnauswirkung: 60.000 €) und die geltend gemachte Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG (Gewinnauswirkung: 4.128 €) nicht anerkannt hat. In dem mit diesem [X.] verbundenen Bescheid für 2010 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG (Verlustfeststellungsbescheid) vom gleichen Tag stellte das [X.] für den Beigeladenen einen verrechenbaren Verlust in Höhe von 0 € fest. Diesem Verlustfeststellungsbescheid sind verschiedene Berechnungen beigefügt. Nach der Kapitalkontenentwicklung beläuft sich das Kapital am Ende des Wirtschaftsjahres auf ./. 41.936,95 € (Kapital zu Beginn des Wirtschaftsjahres ./. 25.396,85 € + laufender Verlust ./. 16.540,10 €). Aus der Berechnung der berücksichtigungsfähigen Außenhaftung ergibt sich, dass am Ende des Wirtschaftsjahres --nach Abzug des laufenden Verlustes [X.] noch eine Außenhaftung von 178.063,05 € (Hafteinlage lt. Handelsregister 220.000 € ./. 25.396,85 € ./. 16.540,10 €) verbleibt.

3

Die Klägerin legte mit [X.] vom 10.01.2013 u.a. gegen diese Bescheide Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 19.01.2016 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Im Rubrum dieser Einspruchsentscheidung wurde als Verfahrensgegenstand die "gesonderte und einheitliche Feststellung 2010" bezeichnet. Inhaltlich beschäftigt sich diese Entscheidung allein mit der erfolgten Reduzierung des laufenden [X.]es. Ausführungen zum Verlustfeststellungsbescheid 2010 enthält diese Entscheidung nicht.

4

In der Feststellungserklärung für das [X.] gab die Klägerin einen laufenden [X.] in Höhe von 52.248,76 € an. In dem [X.] 2011 vom 12.08.2013 stellte das [X.] nur einen laufenden [X.] in Höhe von 23.954,26 € fest. Die Reduzierung des laufenden [X.]es (insgesamt um 28.294,50 €) basiert im Wesentlichen darauf, dass das [X.] die geltend gemachte Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG nicht (Gewinnauswirkung: 24.199 €) und anstelle einer degressiven Absetzung für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 2 EStG nur eine lineare AfA nach § 7 Abs. 1 EStG (saldierte Gewinnauswirkung: 4.035,50 €) berücksichtigt hat. In dem mit diesem [X.] verbundenen Verlustfeststellungsbescheid 2011 vom gleichen Tag stellte das [X.] für den Beigeladenen erneut einen verrechenbaren Verlust in Höhe von 0 € fest. Auch dieser Verlustfeststellungsbescheid enthält verschiedene Berechnungen. Nach der Kapitalkontenentwicklung beläuft sich das Kapital am Ende des Wirtschaftsjahres auf ./. 65.891,21 € (Kapital zu Beginn des Wirtschaftsjahres ./. 41.936,95 € + laufender Verlust ./. 23.954,26 €). Aus der Berechnung der berücksichtigungsfähigen Außenhaftung ergibt sich am Ende des Wirtschaftsjahres --nach Abzug des laufenden Verlustes 2011-- eine verbleibende Außenhaftung von 154.108,79 € (Hafteinlage lt. Handelsregister 220.000 € ./. 41.936,95 € ./. 23.954,26 €).

5

Die Klägerin legte mit [X.] vom 12.09.2013 gegen den [X.] 2011 und den "Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen [X.] auf den 31.12.2011" (gemeint war wohl die Verlustfeststellung nach § 15a Abs. 4 EStG) Einspruch ein. [X.]. ist der [X.] 2011 --was sich den Akten jedoch nicht eindeutig entnehmen lässt-- während des [X.] geändert worden (laufender [X.] von 28.375,26 €). Mit weiterer Einspruchsentscheidung vom 19.01.2016 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Im Rubrum dieser Einspruchsentscheidung wurden als [X.] neben dem [X.] 2011 "die gesonderte Feststellung des [X.] auf den 31.12.2011" (gemeint war wohl die Verlustfeststellung nach § 15a Abs. 4 EStG) genannt. Inhaltlich beschäftigt sich diese Entscheidung allein mit der erfolgten Reduzierung des laufenden [X.]es. Ausführungen zum Verlustfeststellungsbescheid 2011 nach § 15a Abs. 4 EStG enthält diese Entscheidung nicht.

6

In ihrer Klageschrift vom 22.02.2016 --eingegangen beim Finanzgericht ([X.]) am gleichen Tag-- bezeichnet die Klägerin als [X.] den "Bescheid für 2010 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.01.2016" und den "Bescheid für 2011 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.01.2016". In ihrem bisherigen Vortrag vor dem [X.] begründet die Klägerin zwar ausführlich, weshalb für die [X.] und 2011 (Streitjahre) ein höherer laufender [X.] festzustellen sei (vgl. Schriftsatz vom 09.02.2022). Die Verlustfeststellungen 2010 und 2011 hat sie bisher aber nicht thematisiert.

7

Das [X.] hat den Beigeladenen mit Beschluss vom 13.04.2022 nach § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) notwendig zum Klageverfahren beigeladen. Der Rechtsstreit betreffe [X.] das [X.]-- Fragen, die den Beigeladenen i.S. des § 48 Abs. 1 Nr. 5 [X.]O persönlich angehen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung seien bei einer Klage gegen den Verlustfeststellungsbescheid nach § 15a Abs. 4 EStG auch diejenigen Gesellschafter als die materiell Betroffenen beizuladen, um deren verrechenbare Verluste es gehe. Im Streitfall seien die Feststellungen des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 Sätze 5 und 6 EStG jeweils mit den [X.]en verbunden worden, so dass die Entscheidung Bindungswirkung sowohl für die Klägerin als auch für den Beigeladenen habe.

8

Die Klägerin und der Beigeladene haben gegen den [X.] mit Schreiben vom 14.04.2022 beim [X.] Beschwerde eingelegt. Sie führen insbesondere aus, dass die Voraussetzungen für eine Beiladung nicht gegeben seien, auch wenn über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes gestritten werde. Am [X.] hat das [X.] den Beschluss gefasst, der Beschwerde nicht abzuhelfen.

9

Die Klägerin und der Beigeladene beantragen,
den [X.] des [X.] vom 13.04.2022 - 8 K 353/16 aufzuheben.

Das [X.] beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

[X.]

Die nach § 128 Abs. 1 [X.]O statthafte Beschwerde ist zulässig und begründet. Der angegriffene [X.] ist aufzuheben. Der Beigeladene war nicht zum Klageverfahren notwendig beizuladen.

1. Die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung gemäß § 60 Abs. 3 [X.]O liegen nicht vor.

Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 [X.]O sind Dritte zum Verfahren beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (notwendige Beiladung). Dies gilt nicht für [X.], die nach § 48 [X.]O nicht klagebefugt sind (§ 60 Abs. 3 Satz 2 [X.]O).

a) aa) Zu den Rechtsverhältnissen, die auch gegenüber [X.] nur einheitlich festgestellt werden und damit eine Beiladung erfordern können, gehören die Fälle der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (§ 179 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung --AO--). Welche Personen in einem Klageverfahren gegen Bescheide mit derartigen Feststellungen nach § 60 Abs. 3 Satz 1 [X.]O notwendig beizuladen sind, richtet sich nach dem durch das Klagebegehren bestimmten Streitgegenstand (z.B. Beschluss des [X.] --[X.]-- vom 16.03.2020 - II B 94/18, Rz 12, m.w.N.). Bei dem [X.] 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. [X.] und dem mit diesem nach § 15a Abs. 4 Satz 5 EStG verbundenen Verlustfeststellungsbescheid i.S. des § 15a Abs. 4 EStG handelt es sich um zwei Verwaltungsakte, die gesondert und unabhängig voneinander angefochten werden können (z.B. [X.]-Urteil vom 10.11.2022 - IV R 8/19, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 21, m.w.N.).

Der [X.] 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. [X.] kann eine Vielzahl selbständiger und damit auch selbständig anfechtbarer Feststellungen (Streitgegenstände) enthalten (ständige Rechtsprechung, z.B. [X.]-Urteil vom 01.10.2020 - IV R 4/18, [X.], 154, Rz 25, m.w.N.).

Im Verlustfeststellungsbescheid i.S. des § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG ist der verrechenbare Verlust gesondert festzustellen. Dies ist gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG der nach Absatz 1 der Vorschrift nicht [X.] oder abzugsfähige Verlust eines Kommanditisten, vermindert um die nach Absatz 2 abzuziehenden und vermehrt um die nach Absatz 3 hinzuzurechnenden Beträge (verrechenbarer Verlust). Der Hinzurechnungsbetrag nach § 15a Abs. 3 EStG stellt nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats eine selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage dar, die allerdings im [X.] nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. [X.] festzustellen ist ([X.]-Urteil vom 20.11.2014 - IV R 47/11, [X.], 144, [X.], 532, Rz 21 f.). Im Streitfall kann offen bleiben, ob die beiden übrigen in § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG genannten Berechnungsgrundlagen ebenfalls selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlagen sind (vgl. z.B. v. Beckerath in [X.], EStG, § 15a Rz G 47, [X.]), oder ob nur der verrechenbare Verlust als das Ergebnis seiner Berechnungsgrundlagen die selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage des [X.] bildet. Jedenfalls handelt es sich bei der im Verlustfeststellungsbescheid enthaltenen Berechnung der berücksichtigungsfähigen Außenhaftung (vgl. § 15a Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG) [X.] wie bei einer dort dargestellten Kapitalkontenentwicklung (vgl. dazu [X.] vom [X.], Rz 4)-- nicht um eine selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage. Denn die Berechnung der berücksichtigungsfähigen Außenhaftung geht lediglich in die Ermittlung des nicht [X.] oder abzugsfähigen Verlustes nach § 15a Abs. 1 EStG ein. Solange eine berücksichtigungsfähige Außenhaftung besteht, sind die Verluste --trotz eines entstehenden oder sich erhöhenden negativen [X.] nicht verrechenbar, sondern [X.] und abzugsfähig.

bb) Klagen nicht alle von mehreren nach § 48 [X.]O Klagebefugten gegen eine selbständig anfechtbare Feststellung, müssen im Grundsatz die übrigen nach dieser Vorschrift Klagebefugten zu dem Verfahren beigeladen werden (z.B. [X.]-Urteile vom 08.11.2018 - IV R 38/16, Rz 24, zum [X.] 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. [X.]; vom 31.05.2012 - IV R 14/09, [X.], 38, [X.], 673, Rz 24, zum Verlustfeststellungsbescheid i.S. des § 15a Abs. 4 EStG). Klagt beispielsweise eine Personengesellschaft nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 [X.]O gegen den in einem [X.] als selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage festgestellten Sonderbetriebsgewinn eines [X.]ers, so ist dieser [X.]er im Klageverfahren nach § 60 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 5 [X.]O notwendig beizuladen (z.B. [X.]-Urteil vom 22.03.2022 - IV R 13/18, [X.], 139, [X.] 2022, 656, Rz 31); klagt eine Personengesellschaft gegen den in einem --mit dem [X.] nach § 15a Abs. 4 Satz 5 EStG verbundenen-- Verlustfeststellungsbescheid festgestellten verrechenbaren Verlust eines Kommanditisten, so ist (nur) dieser Kommanditist im Klageverfahren nach § 60 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 5 [X.]O notwendig beizuladen (z.B. [X.] vom 20.06.2012 - IV B 147/11, Rz 7).

cc) § 60 Abs. 3 Satz 2 [X.]O enthält einen [X.]. Danach ist die notwendige Beiladung eines nicht gemäß § 48 [X.]O klagebefugten [X.]n in einem Klageverfahren gegen eine gesonderte und einheitliche Feststellung ausdrücklich ausgeschlossen. Eine notwendige Beiladung nach § 60 Abs. 3 Satz 1 [X.]O ist aber auch dann ausgeschlossen, wenn dem [X.]er, der zum Kreis der Klagebefugten i.S. des § 48 [X.]O gehört, bereits die eigene Beschwer nach § 40 Abs. 2 [X.]O fehlt.

Der [X.] geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass nach § 48 [X.]O Klagebefugte, die steuerrechtlich unter keinem denkbaren Gesichtspunkt von dem Ausgang des Rechtsstreits betroffen sind, nicht zu dem Verfahren beigeladen werden müssen (z.B. [X.]-Urteile vom 08.11.2018 - IV R 38/16, Rz 24, zum [X.] 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. [X.]; in [X.], 38, [X.], 673, Rz 24, zum Verlustfeststellungsbescheid i.S. des § 15a Abs. 4 EStG). Hiermit wird zum Ausdruck gebracht, dass bei dem [X.]er --neben der Klagebefugnis nach § 48 [X.]O-- auch eine Beschwer (mögliche Rechtsverletzung) i.S. des § 40 Abs. 2 [X.]O gegeben sein muss. Denn für die Dauer des Bestehens der [X.] verlagert § 48 Abs. 1 Nr. 1 [X.]O einen Teil der aus § 40 Abs. 2 [X.]O folgenden Klagebefugnis der [X.]er auf die [X.] ([X.]-Urteil vom 23.01.2020 - IV R 48/16, Rz 21). Diese Einschränkung der Klagebefugnis der [X.]er setzt voraus, dass der [X.]er durch die angefochtene Feststellung auch nach § 40 Abs. 2 [X.]O beschwert sein muss. Danach kann ein eigenes Klagerecht des [X.]ers nur dann bestehen, wenn er nach § 48 Abs. 1 Nrn. 2 bis 5 [X.]O klagebefugt und zudem nach § 40 Abs. 2 [X.]O beschwert ist. Darf aber nach § 60 Abs. 3 Satz 2 [X.]O ein nach § 40 Abs. 2 [X.]O beschwerter [X.]er nicht zum Klageverfahren der Personengesellschaft beigeladen werden, wenn ihm die Klagebefugnis nach § 48 [X.]O fehlt (so z.B. [X.]-Urteil vom 28.07.2022 - IV R 23/19, Rz 24, betreffend die Klage einer Personengesellschaft gegen den laufenden [X.]), muss Gleiches auch dann gelten, wenn der [X.]er durch die angefochtene Feststellung schon nicht nach § 40 Abs. 2 [X.]O beschwert ist.

Nach alledem ist Voraussetzung einer notwendigen Beiladung eines [X.]ers zum Klageverfahren der [X.], dass er sowohl nach § 40 Abs. 2 [X.]O als auch nach § 48 [X.]O klagebefugt ist.

b) Nach Anwendung dieser Grundsätze liegen die Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung des Beigeladenen nicht vor.

aa) Sollte der angefochtene Beschluss dahin zu verstehen sein, dass auch eine Beiladung zu den [X.] 2010 und 2011 erfolgt ist, könnte der Beschluss insoweit keinen Bestand haben. Der Beiladung stünde § 60 Abs. 3 Satz 2 [X.]O entgegen.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage gegen die [X.]e 2010 und 2011 jeweils die Feststellung eines höheren laufenden [X.]. Zur Erhebung einer derartigen Klage ist nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 [X.]O aber nur die Klägerin befugt (z.B. [X.]-Urteil vom 23.01.2020 - IV R 48/16, Rz 23). Eine Klagebefugnis des Beigeladenen nach § 48 Abs. 1 Nrn. 2 bis 5 [X.]O besteht nicht.

bb) Ebenso kann der [X.] keinen Bestand haben, soweit dieser die [X.] und 2011 nach § 15a Abs. 4 EStG betrifft. Die Beiladung ist insoweit nach § 60 Abs. 3 Satz 2 [X.]O mangels eigener Beschwer des Beigeladenen nach § 40 Abs. 2 [X.]O ausgeschlossen.

(1) Diese Beiladung könnte ohnehin nur dann zu Recht erfolgt sein, wenn sich die Klägerin mit ihrem Klagebegehren vor dem [X.] auch gegen die den Beigeladenen betreffenden [X.] und 2011 in Höhe von jeweils 0 € wendet. Dies erscheint zum derzeitigen Verfahrensstand zweifelhaft.

Das Gericht hat das im Klageantrag und im gesamten Parteivorbringen zum Ausdruck kommende (wirkliche) Klagebegehren zu ermitteln (dazu z.B. [X.] vom 21.10.2014 - I B 100/13, Rz 12, m.w.N.). Dieser Aufgabe ist das [X.] bisher noch nicht hinreichend nachgekommen. Für den beschließenden Senat ist derzeit nicht eindeutig erkennbar, ob sich die Klägerin mit ihrer Klage auch gegen die vorbezeichneten Verlustfeststellungen wendet. Die Klägerin hat zwar in ihrem Klageschriftsatz vom 22.02.2016 diese Verlustfeststellungen als Verfahrensgegenstände bezeichnet. Ebenso hat sie in ihrer Beschwerde vom 14.04.2022 ausgeführt, dass auch über die Feststellung der verrechenbaren Verluste gestritten werde. In ihrem sonstigen --bisherigen-- Vorbringen vor dem [X.] hat die Klägerin die Verlustfeststellungen aber weder thematisiert noch sonst ausdrücklich geltend gemacht, dass der Beigeladene hierdurch in seinen Rechten verletzt sei.

(2) Der beschließende Senat muss die vorbezeichnete Frage in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren jedoch nicht klären. Denn selbst für den Fall, dass das Klagebegehren auch die [X.] und 2011 nach § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG in Höhe von jeweils 0 € umfassen würde, wäre eine notwendige Beiladung des Beigeladenen nach § 60 Abs. 3 Satz 2 [X.]O ausgeschlossen. Denn nach Aktenlage ist nicht erkennbar, dass der Beigeladene durch diese Verlustfeststellungen i.S. des § 40 Abs. 2 [X.]O beschwert ist.

Die Klägerin begehrt für das [X.] einen laufenden, allein dem Beigeladenen zuzurechnenden [X.] in Höhe von 81.312,47 € (Erhöhung um 64.772,37 €) und für das [X.] einen solchen in Höhe von 52.248,76 € (Erhöhung um 28.294,50 €). Selbst wenn der Klägerin diese erhöhten Verluste vollständig zugesprochen werden sollten, wären die verrechenbaren Verluste des Beigeladenen nach § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG --betrachtet man das Ergebnis der in dieser Norm genannten Berechnungsgrundlagen als die selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage-- für die Streitjahre unverändert mit jeweils 0 € festzustellen. So wäre bei dem Beigeladenen selbst bei Berücksichtigung der begehrten höheren laufenden [X.]e und des sich dadurch weiter erhöhenden negativen [X.] aufgrund seiner "überschießenden" Außenhaftung (vgl. § 172 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs) weiterhin ein erweiterter Verlustausgleich nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG möglich; seine berücksichtigungsfähige Außenhaftung würde hierdurch nicht verbraucht werden. Damit wären die geltend gemachten Verluste in voller Höhe [X.] und abzugsfähig. Es gäbe daher keinen nach § 15a Abs. 1 EStG nicht [X.] und abzugsfähigen Verlust. Danach könnte sich auch hieraus für den Fall, dass man die Berechnungsgrundlage nach § 15a Abs. 1 EStG als eine selbständig feststellbare Besteuerungsgrundlage qualifizieren würde, keine Beschwer des Beigeladenen ergeben. Die den [X.] 2010 und 2011 jeweils beigefügte Kapitalkontenentwicklung und Berechnung der berücksichtigungsfähigen Außenhaftung sind selbst keine selbständig anfechtbaren Feststellungen. Die sich in diesen Berechnungen ggf. ergebenden Veränderungen können daher keine Rechtsverletzung begründen.

Nach alledem ist nicht ersichtlich, dass der Beigeladene durch die [X.] und 2011 i.S. des § 40 Abs. 2 [X.]O beschwert ist. Das [X.] hat bisher weder [X.] und abzugsfähige Verluste zu Unrecht als verrechenbare Verluste noch zu Unrecht einen zu niedrigen verrechenbaren Verlust festgestellt. Es ist auch nicht erkennbar, dass bei Berücksichtigung der für 2010 und 2011 geltend gemachten höheren laufenden [X.]e ein höherer verrechenbarer Verlust als bisher festzustellen wäre.

2. Scheidet eine notwendige Beiladung nach § 60 Abs. 3 [X.]O aus, ist auch eine einfache Beiladung nach § 60 Abs. 1 [X.]O nicht möglich (z.B. [X.] vom 21.08.2002 - VIII B 116/01, [X.]/NV 2002, 1609, unter [X.], m.w.N.).

3. Der beschließende Senat weist --ohne [X.] für das weitere Verfahren daraufhin hin, dass eine von der Klägerin gegen die [X.] und 2011 ggf. erhobene Klage offensichtlich unzulässig wäre. Fehlt dem Beigeladenen bereits die eigene Beschwer nach § 40 Abs. 2 [X.]O, ist es der Klägerin ebenfalls nicht möglich, nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 [X.]O in Prozessstandschaft für den Beigeladenen eine Rechtsverletzung geltend zu machen.

4. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen (z.B. [X.] vom 04.05.1999 - VIII B 94/98, [X.]/NV 1999, 1483, unter 3., m.w.N.).

Meta

IV B 31/22

23.03.2023

Bundesfinanzhof 4. Senat

Beschluss

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 13. April 2022, Az: 8 K 353/16, Beschluss

§ 15a Abs 1 EStG 2009, § 15a Abs 4 EStG 2009, § 40 Abs 2 FGO, § 48 FGO, § 60 Abs 3 S 1 FGO, § 180 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst a AO, EStG VZ 2010, EStG VZ 2011

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 23.03.2023, Az. IV B 31/22 (REWIS RS 2023, 1636)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 1636

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