Bundesfinanzhof, Beschluss vom 04.12.2018, Az. IX B 60/18

9. Senat | REWIS RS 2018, 927

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Gegenstand

Keine grundsätzliche Bedeutung bei Anwendung des Teilabzugsverbots bei Auflösungsverlust - Absicht zur Erzielung von Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen - Wahlrecht zwischen Abgeltungssteuer und Teileinkünfteverfahren - Verzicht auf Zeugenbeweis


Leitsatz

1. NV: Es ist höchstrichterlich geklärt und damit nicht mehr von grundsätzlicher Bedeutung, ob und wann die in der Folge des JStG 2010 vom 8. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 1768) geänderte Fassung des § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG zur Anwendung kommt und den Abzug eines Auflösungsverlusts auf 60 % begrenzt .

2. NV: Dabei spielt keine Rolle, ob der Anteilseigner die Absicht hatte, die Option nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG für eine im Privatvermögen gehaltene Beteiligung nicht auszuüben und offene oder verdeckte Gewinnausschüttungen ausschließlich mit dem Abgeltungssteuersatz nach § 32d Abs. 1 EStG und nicht auf der Grundlage des § 3 Nr. 40 EStG zu versteuern .

3. NV: Das FG kann auf die in der mündlichen Verhandlung beantragte Zeugenbefragung verzichten, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache nicht streitig und zudem nach der vom FG vertretenen Rechtsauffassung nicht entscheidungserheblich ist .

Tenor

Die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 19. April 2018 11 K 1450/17 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) sind nicht gegeben. Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O, dazu unter 1.) noch zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2  1. Alternative [X.]O, dazu unter 2.) zuzulassen. Auch der gerügte Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O, dazu unter 3.) liegt nicht vor.

3

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O.

4

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sein (Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N.).

5

b) Daran fehlt es hier. Es ist höchstrichterlich geklärt und damit nicht mehr von grundsätzlicher Bedeutung, ob und wann die in der Folge des Jahressteuergesetzes 2010 --[X.] 2010-- (vom 8. Dezember 2010, [X.], 1768) geänderte Fassung des § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zur Anwendung kommt und den Abzug eines [X.]s auf 60 % begrenzt. Denn für die Anwendung des Teilabzugsverbots ist allein die Absicht des Steuerpflichtigen zur Erzielung von Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen i.S. des § 3 Nr. 40 EStG ausreichend. Es spielt keine Rolle, ob die nach § 3 Nr. 40 EStG zu versteuernden Erträge tatsächlich anfallen oder nicht (vgl. Urteile des [X.] --[X.]-- vom 2. September 2014 IX R 43/13, [X.] 247, 203, BStBl II 2015, 257, und vom 29. Mai 2018 IX R 40/17, [X.], 944). Ausweislich der Gesetzesbegründung, die ausdrücklich auf die vorangegangene Rechtsprechung des [X.] im Urteil vom 25. Juni 2009 IX R 42/08, [X.] 225, 445, BStBl II 2010, 220 Bezug nimmt, wollte der Gesetzgeber jeden aus einer Beteiligung i.S. des § 17 EStG folgenden [X.] oder –verlust dem Teileinkünfteverfahren unterwerfen, "wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelte Einnahmen erzielt hat". Vielmehr sollen "sich Gewinne und Verluste aus einer Kapitalbeteiligung gleichermaßen nur anteilig auf die Einkommensteuer auswirken" (vgl. BTDrucks 17/2249, S. 50).

6

Dies ist nicht an[X.] zu entscheiden, wenn der Anteilseigner die Absicht hatte, die Option nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG für eine im Privatvermögen gehaltene Beteiligung nicht auszuüben und offene oder verdeckte Gewinnausschüttungen ausschließlich mit dem [X.] nach § 32d Abs. 1 EStG und nicht auf der Grundlage des § 3 Nr. 40 EStG zu versteuern (vgl. zur Streitfrage Desens in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 3c EStG Rz 90; Förster, [X.] --GmbHR-- 2010, 1009, 1016; [X.]. GmbHR 2011, 393, 397; [X.], [X.] 2011, 699, 705). Denn ausweislich des klaren Gesetzeswortlauts des § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG kommt es allein auf die "Absicht zur Erzielung von Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen im Sinne des § 3 Nr. 40" EStG an. Einnahmen i.S. des § 3 Nr. 40 EStG sind nach dem eindeutigen Wortlaut in Buchst. d und e der Vorschrift auch Dividenden i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG und Bezüge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Dass der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die Absicht zur Erzielung entsprechender Einnahmen hatte, lässt sich den Feststellungen des Finanzgerichts ([X.]) eindeutig entnehmen. Ob der Kläger die Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG mit dem [X.] oder dem Teileinkünfteverfahren zu versteuern beabsichtigte, spielt daher keine Rolle (so im Ergebnis auch [X.]/ Desens, § 3c EStG Rz 90; [X.], [X.], 1797, 1798 f.; Ratschow, [X.]-PR 2015, 73; [X.]/ Dennisen, Betriebs-Berater 2011, 220).

7

Dieses Ergebnis folgt auch aus den [X.]-Urteilen in [X.] 247, 203, BStBl II 2015, 257 und in [X.]/NV 2018, [X.] Denn die Entscheidungen betrafen die Jahre 2011 und 2012, in denen dem Steuerpflichtigen die Wahl zwischen Abgeltungssteuer und Teileinkünfteverfahren eingeräumt war. Ob der Steuerpflichtige Ausschüttungen mit der Abgeltungssteuer oder dem Teileinkünfteverfahren versteuern wollte, ist vom [X.] als nicht entscheidungserheblich eingeordnet worden.

8

Im Übrigen kann die Ausübung des Wahlrechts zwischen beiden [X.] ohnehin erst nach dem tatsächlichem Zufluss der Einnahmen und spätestens bis zur Abgabe der Einkommensteuererklärung erfolgen (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG). Vorher ließe sich eine Absicht des Steuerpflichtigen, wie er die Einnahmen zu versteuern beabsichtigte, nicht anhand von Indizien feststellen. Folgte man daher in diesem Punkt der Argumentation der Kläger, ginge die Gesetzesänderung durch das [X.] 2010 vollständig ins Leere. Denn bei [X.] Beteiligungen stellt sich die Frage der Ausübung des Wahlrechts in der Einkommensteuererklärung nicht. Der Steuerpflichtige könnte daher immer geltend machen, Dividenden mit dem [X.] versteuern zu wollen und so entgegen § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG den Vollabzug des Beteiligungsverlusts bei [X.] Beteiligungen erreichen.

9

2. Aus den vorgenannten Gründen scheidet auch eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2  1. Alternative [X.]O) aus.

3. Der gerügte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O) liegt nicht vor.

a) Das [X.] hat seine Pflicht zur vollständigen Berücksichtigung des Streitstoffs (§ 96 Abs. 1 Satz 1 [X.]O) nicht verletzt. Das [X.] konnte auf die in der mündlichen Verhandlung beantragte Zeugenbefragung verzichten, weil die unter Beweis gestellte Tatsache --Vorhandensein von [X.] der Gesellschafter-- nicht streitig und zudem nach der vom [X.] vertretenen Rechtsauffassung nicht entscheidungserheblich war. Denn ausweislich des [X.] war zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der streitige [X.] im Jahr 2013 zu berücksichtigen war. Weiter war ebenfalls unstreitig, dass von Beginn des Insolvenzverfahrens an nicht mit der Auszahlung von Mitteln der Gesellschaft an den Kläger zu rechnen war. Eine dahingehende Beweiserhebung war daher nicht erforderlich.

b) Der weiter gehende Vortrag der Kläger, wonach der Kläger eine renditestarke Beteiligung im Privatvermögen vor Augen hatte, stellt sich ebenfalls als nicht entscheidungserheblich dar. Der Hinweis der Kläger auf die Meinungen in der Fachliteratur richtet sich gegen die vom [X.] vertretene materielle Rechtsauffassung. Dieser Vortrag kann nicht zum Gegenstand einer Verfahrensrüge gemacht werden.

4. Von einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 [X.]O abgesehen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

IX B 60/18

04.12.2018

Bundesfinanzhof 9. Senat

Beschluss

vorgehend FG München, 19. April 2018, Az: 11 K 1450/17, Urteil

§ 3c Abs 2 S 2 EStG 2009 vom 08.12.2010, § 3 Nr 40 Buchst d EStG 2009, § 3 Nr 40 Buchst e EStG 2009, § 17 Abs 4 EStG 2009, § 32d Abs 1 EStG 2009, § 32d Abs 2 Nr 3 EStG 2009, § 32d Abs 2 Nr 3 S 4 EStG 2009, § 96 Abs 1 S 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, EStG VZ 2013

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 04.12.2018, Az. IX B 60/18 (REWIS RS 2018, 927)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 927


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. IX B 60/18

BFH München, IX B 60/18, 04.12.2018.

Bundesfinanzhof, IX B 60/18, 04.12.2018.


Az. 11 K 1450/17

FG München, 11 K 1450/17, 19.04.2018.


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