Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2010, Az. IX ZR 4/10

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 2346

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[X.]BESCHLUSS [X.] ZR 4/10 vom 14. Oktober 2010 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Ganter und [X.], Prof. Dr. [X.], Prof. Dr. Gehrlein und [X.] am 14. Oktober 2010 beschlossen: Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der [X.] im [X.]eil des 28. Zivilsenats des [X.] vom 26. November 2009 wird zurückgewiesen. Die Beschwerde des Beklagten zu 2 gegen die Nichtzulassung der Revision im [X.]eil des 28. Zivilsenats des [X.] vom 26. November 2009 wird zurückgewiesen. Von den Gerichtskosten tragen der Kläger zu 1 allein 24 %, der Kläger zu 2 allein 30 %, die Kläger als Gesamtschuldner 4 % und der Beklagte zu 2 restliche 42 %. Die außergerichtlichen Kosten des [X.] zu 1 tragen er selbst zu 64 % und der Beklagte zu 2 zu 36 %. Die außergerichtlichen Kosten des [X.] zu 2 tragen er selbst zu 54 % und der Beklagte zu 2 zu 46 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 tragen der Klä-ger zu 1 allein zu 42 %, der Kläger zu 2 allein zu 54 % und die Kläger als Gesamtschuldner zu 4 %. - 3 - Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 tragen er selbst zu 82 %, der Kläger zu 1 allein zu 6 %, der Kläger zu 2 allein zu 8 % und die Kläger als Gesamtschuldner zu 4 %. Der Streitwert wird auf 304.536,95 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Beschwerde der Kläger deckt keinen Zulassungsgrund auf. 1 1. Soweit das Berufungsgericht einen Primäranspruch gegen die [X.] als verjährt ansieht, ist die von der Beschwerde angeführte Divergenz nicht gegeben. 2 Der [X.] hat in dem [X.]uss vom 20. Oktober 2005 ([X.] ZR 147/02, [X.]. 2006, 24 Rn. 3) lediglich darauf hingewiesen, dass es keinen in der ständigen Rechtsprechung bekräftigten Grundsatz gibt, wo-nach sich die Vermögenslage des Auftraggebers nach einem anwaltlichen Fehlverhalten erst mit der ersten nachteiligen Gerichtentscheidung verschlech-tert. Demzufolge besteht die Möglichkeit eines Verjährungsbeginns bereits vor Erlass der ersten dem Mandanten nachteiligen Entscheidung. Die Verjährung beginnt jedoch in Übereinstimmung mit der Würdigung des Berufungsgerichts spätestens mit Erlass der ersten dem Kläger nachteiligen Entscheidung zu lau-3 - 4 - fen ([X.], [X.]. v. 9. Dezember 1999 - [X.] ZR 129/99, [X.], 959, 960; v. 27. Januar 2000 - [X.] ZR 354/98, [X.], 969, 970; v. 21. Februar 2002 - [X.] ZR 127/00, [X.], 1078, 1079; Zugehör in [X.]/[X.]/Sieg/[X.], Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 1347; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Anwaltshaftung 8. Aufl. Rn. 1214). 2. Vergeblich rügen die Kläger im Blick auf einen Sekundäranspruch eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG. 4 Ausweislich des [X.]eilstatbestandes hat das Berufungsgericht den von Rechtsanwalt [X.]nach Erlass des [X.] gefertigten Vermerk zur Kenntnis genommen. Das Berufungsgericht hat den Inhalt des Vermerks jedoch nicht als entscheidungserheblich erachtet und daraus nicht die von den Klägern befürworteten Rechtsfolgen hergeleitet. Das Berufungsgericht ist ersichtlich da-von ausgegangen, dass Rechtsanwalt [X.]weder nach Erlass des erstin-stanzlichen [X.]eils noch bei Abschluss des Vergleichs einen Anlass hatte, sein Verhalten zu überprüfen. Das Prozessgrundrecht des rechtlichen Gehörs gibt keinen Anspruch darauf, dass sich das Gericht mit Vorbringen einer [X.] in der Weise auseinandersetzt, die sie selbst für richtig hielt. Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt auch keine Pflicht der Gerichte, der von einer [X.] vertretenen Rechtsansicht zu folgen ([X.], [X.]. v. 21. Februar 2008 - [X.] ZR 62/07, [X.], 328 Rn. 5 m.w.[X.]). 5 3. Soweit das Berufungsgericht den durch die erfolglose Inanspruch-nahme des Wirtschaftsprüfers [X.] entstandenen Kostenschaden als un-begründet erachtet hat, scheidet ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG aus, weil die von den Klägern vermisste Berücksichtigung der Beiakte für sich ge-nommen nicht das rechtliche Gehör verletzt. Die Kläger haben nicht [X.] - 5 - gen, sich in den Tatsacheninstanzen auf bestimmte Inhalte der Beiakte bezo-gen zu haben. Im Übrigen wäre ein Verfahrensmangel nicht entscheidungser-heblich. Dadurch würde die tragende Würdigung des Berufungsgerichts nicht berührt, dass die Kläger die Beklagte zu 1 unrichtig informiert haben und eine Klage gegen den Wirtschaftsprüfer [X.]

mangels einer Mitwirkung an der Kapitalerhöhung von vornherein aussichtslos war. I[X.] Die Beschwerde des Beklagten zu 2 ist ebenfalls unbegründet. 7 1. Ohne Erfolg macht der Beklagte zu 2 unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 Altern. 2 ZPO) geltend, in dem Vorprozess nicht zu einem näheren Vortrag hinsichtlich der Übertragung der Aktien von den Klägern auf die t.

AG verpflichtet gewesen zu sein. 8 a) Nach gefestigter Rechtsprechung des [X.] ist der mit der Prozessführung betraute Rechtsanwalt seinem Mandanten gegenüber ver-pflichtet, dafür einzutreten, dass die zugunsten des Mandanten sprechenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte so umfassend wie möglich ermit-telt und bei der Entscheidung des Gerichts berücksichtigt werden. Mit Rücksicht auf das auch bei Richtern nur unvollkommene menschliche Erkenntnisvermö-gen und die niemals auszuschließende Möglichkeit eines Irrtums ist es Pflicht des Rechtsanwalts, nach Kräften dem Aufkommen von Irrtümern und Versehen des Gerichts entgegenzuwirken ([X.], [X.]. v. 18. Dezember 2008 - [X.] ZR 179/07, [X.], 324, 325 Rn. 8 m.w.[X.]). Deshalb ist der Rechtsanwalt im 9 - 6 - Rahmen seines Auftrags verpflichtet, seinen Mandanten vor voraussehbaren und vermeidbaren Nachteilen zu bewahren. Er hat, wenn verschiedene [X.] in Betracht kommen, den relativ sichersten Weg zu gehen ([X.], [X.]. v. 17. September 2009 - [X.] ZR 74/08, [X.], 2138, 2139 Rn. 7). b) Bei dieser Sachlage war der Beklagte zu 2 in dem Vorprozess gehal-ten, das Gericht im Einzelnen auf die streitentscheidenden tatsächlichen und rechtlichen Aspekte der Aktienübertragung von den Klägern auf die t.

AG sowie auf die mangels einer Möglichkeit des gut-gläubigen Erwerbs damit verbundene Enthaftung der Kläger von der [X.] hinzuweisen. Die Haftung des Rechtsanwalt kann im Regelfall auch dann angenommen werden, wenn ein Fehler des Gerichts insbesondere bei der rechtlichen Prüfung des Streitfalls für den Schaden einer [X.] mitursächlich geworden ist ([X.], 2. Kammer des [X.], [X.]. v. 22. April 2009 - 1 BvR 386/09, [X.], 2945, 2946 Rn. 16). Wie das Bundesverfassungs-gericht in dem vorbezeichneten [X.]uss ausgeführt hat (aaO Rn. 17), kann aus dem von der Nichtzulassungsbeschwerde angeführten [X.]uss vom 12. August 2002 ([X.], 2. Kammer des [X.] - 1 BvR 399/02, NJW 2002, 2937, 2938) nicht hergeleitet werden, dass die haftungsrechtliche [X.] wegen ausschließlich den Gerichten übertragen sein soll. Im vorliegenden Fall ergab sich die dargestellte Verpflichtung es [X.] zu 2 insbesondere daraus, dass er als Berufungsanwalt das anzufech-tende [X.]eil der Vorinstanz zu überprüfen und etwaige Fehler dem Berufungs-gericht aufzuzeigen hatte. Bei Erfüllung dieser Pflichten hätte er darauf stoßen müssen, dass bereits das [X.] die Enthaftung der Kläger von der Einla-gepflicht übersehen hatte, und seinen Berufungsangriff darauf stützen müssen. 10 - 7 - 2. Im Blick auf die von den Beklagten zu 2 beanstandete Schadensbe-rechnung greift ebenfalls ein Zulassungsgrund nicht durch. 11 Da die Kläger im Vergleichsweg den offenen Einlagebetrag im [X.] an den Insolvenzverwalter nachentrichtet haben, stehen sie wirtschaftlich nicht günstiger, wie wenn die Pflichtverletzung des Beklagten zu 2 nicht stattge-funden hätte. Tatsächlich wurden die Kläger damit einer Einlagepflicht unter-worfen, obwohl nach Veräußerung ihrer Aktien eine Enthaftung eingetreten war. 12 [X.] [X.]

Gehrlein [X.]

Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 03.01.2008 - 6 O 78/07 - [X.], Entscheidung vom 26.11.2009 - [X.] -

Meta

IX ZR 4/10

14.10.2010

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2010, Az. IX ZR 4/10 (REWIS RS 2010, 2346)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2346

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IX ZR 4/10

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