Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.01.2000, Az. IX ZR 354/98

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 3316

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:27. Januar 2000PreußJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]:[X.]:nein [X.] § 51 a.F. (§ 51 b F.: 2. September 1994)a)Die sekundäre Hinweispflicht des Rechtsanwalts, der sich gegenüber [X.] möglicherweise schadensersatzpflichtig gemacht hat, hat [X.] in allgemeiner Form auf die kurze Verjährung des § 51 [X.] a.F.(§ 51 b [X.] n.F.) zu erstrecken.b)Der Umstand allein, daß der Mandant den Rechtsanwalt um Verzicht auf [X.] der Verjährung bittet, läßt nicht den Schluß zu, der Mandant [X.] die kurze Verjährungsfrist des § 51 [X.] a.F. (§ 51 b [X.] n.F.) nichtbelehrt zu [X.], [X.]eil vom 27. Januar 2000 - [X.] - [X.] I- 3 -Der IX. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 27. Januar 2000 durch [X.] Paulusch und [X.] Kirchhof, [X.], Dr. Zugehör und [X.] Recht erkannt:Auf die Berufung des [X.] wird das [X.]eil des [X.] vom 10. Juli 1998 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung- auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger beauftragte den verklagten Rechtsanwalt mit der [X.] der Berufung gegen ein [X.]eil des [X.], mit dem eineSchadensersatzklage des [X.] überwiegend abgewiesen worden war. [X.] versäumte die am 24. Mai 1994 ablaufende Berufungsbegründungs-frist. Seinen Wiedereinsetzungsantrag lehnte das [X.] Beschluß vom 27. Juni 1994 ab; gleichzeitig verwarf es die Berufung. [X.] wurde dem Kläger am 7. Juli 1994 zugestellt. Dessen sofortige Be-schwerde wies der [X.] mit Beschluß vom 8. November 1994- 4 -zurück. Bereits mit Schreiben vom 19. Juli 1994 hatte der [X.] dem [X.] mache ich Sie darauf aufmerksam, daß Sie [X.] wegeneines etwaigen Schadens, der durch ein Verschulden der Kanzlei ent-stehen sollte, haftbar machen [X.] der am 14. Juli 1997 eingereichten und am 23. Juli 1997 zugestelltenKlage hat der Kläger den [X.]n auf Schadensersatz wegen der [X.] Pflichten in Anspruch genommen. Landgericht und Oberlandesge-richt haben die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Hiergegen wendet sichder Kläger mit seiner Revision.Entscheidungsgründe:Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und [X.].[X.] Berufungsgericht hat ausgeführt, der primäre Schadensersatzan-spruch des [X.] wegen Schlechterfüllung des Anwaltsvertrags sei [X.] 51 b [X.] (in der Fassung des [X.] Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 2. September 1994) [X.] 5 -Mit Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO, spätestens abermit der am 7. Juli 1994 erfolgten Zustellung des die Wiedereinsetzung versa-genden Beschlusses des [X.], sei der geltend gemachte Scha-den entstanden und habe der Lauf der Verjährungsfrist begonnen. Drei [X.], am 7. Juli 1997, sei Verjährung eingetreten. Die Klageerhebung sei zuspät gekommen. Ein [X.], der gegebenenfalls den [X.] hindere, die Einrede der Verjährung zu erheben, stehe dem Kläger nichtzu. Denn der [X.] habe in seinem Schreiben vom 19. Juli 1994 den [X.] aufmerksam gemacht, daß er ihm möglicherweise wegen [X.] haftbar sei. Damit sei der Kläger ausreichend über seine Rechteunterrichtet gewesen. Einer von ihm selbst - "zur Vermeidung der Verjährung" -eingereichten "Klage" vom 30. Dezember 1995 und der am 3. März 1997 tele-fonisch geäußerten Bitte, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, [X.] immerhin entnehmen lassen, daß dem Kläger die [X.] solche bekannt gewesen sei. Ein Hinweis auf die Dauer der Verjährungsfristsei nicht erforderlich gewesen.[X.] Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in wesentli-chen Punkten nicht stand.1. Unbegründet sind allerdings die von der Revision erhobenen [X.] gegen die Annahme, der [X.] sei [X.] 6 -Im vorliegenden Fall ist der Schaden in jedem Falle vor der Beendigung desdem [X.]n erteilten Mandats eingetreten. Zwar ist nicht festgestellt, wanndas Mandat geendet hat. Es hat aber jedenfalls bei der Zurückweisung der [X.] Beschwerde durch Beschluß des [X.] vom 8. Novem-ber 1994 noch bestanden, weil der [X.] im Rubrum dieses Beschlussesals Bevollmächtigter des [X.] aufgeführt ist [[X.]. [X.] zu [X.]]. Gemäߧ 51 [X.] a.F. verjährte der [X.] deshalb in drei Jahren von [X.] an, in dem der Schaden entstanden ist.Nach Meinung der Revision ist der Schaden erst mit der [X.] sofortigen Beschwerde gegen die Verwerfung der Berufung eingetreten.Dieser Meinung kann nicht gefolgt werden. Die früher geäußerte Meinung, daßdurch ein fehlerhaftes Prozeßverhalten eines Rechtsanwalts, das zu einer fürden Mandanten nachteiligen Gerichtsentscheidung führe, ein Schaden regel-mäßig nicht eintrete, solange eine Änderung der Entscheidung in einem weite-ren Rechtszug zugunsten des Mandanten nicht auszuschließen sei ([X.], [X.]. 9. Juli 1992 - [X.], [X.], 2828, 2829), hat der [X.]. Er hat vielmehr angenommen, daß sich die Vermögenslage des [X.] in der Regel bereits mit der ersten ihm nachteiligen [X.] infolge des Fehlverhaltens seines Beraters verschlechtere. Eine Unsi-cherheit, ob der Schaden bestehenbleibe und endgültig werde, sei dafür uner-heblich (so zur Steuerberaterhaftung: [X.], [X.]. v. 12. Februar 1998 - [X.]/97, [X.], 786, 788; zur Anwaltshaftung: [X.]. v. 9. Dezember 1999- [X.], z.[X.].). Es spricht viel dafür, daß im vorliegenden Fall [X.] des [X.] bereits mit dem Ablauf der [X.] ist (dafür [X.] 1990, 336, 337; Zugehör, Handbuchder Anwaltshaftung 1999 Rdnr. 1236; [X.]/[X.], Anwaltshaftung 3. [X.] -Kap. [X.]. 17, 19 u. 20; Feuerich/[X.], [X.] 4. Aufl. § 51 [X.]. [X.], [X.] § 51 [X.]. 43; vgl. auch für die Versäumung derFrist zum Einspruch gegen ein Versäumnisurteil [X.], [X.]. v. 21. [X.] - [X.], NJW 1996, 48, 50). Das braucht hier aber nicht entschie-den zu werden. Bei der gebotenen wertenden Betrachtung ist der Kläger [X.] geschädigt worden, als die Berufung mit Beschluß vom 27. Juni 1994verworfen wurde. Diese Schädigung entfiel nicht wegen der Möglichkeit, daßder sofortigen Beschwerde gegen die Ablehnung des [X.] stattgegeben werden konnte (vgl. [X.], [X.]. v. 9. Dezember 1999 - [X.]/99, z.[X.]. m.w.[X.] ab 7. Juli 1994 ([X.] des [X.])laufende Verjährungsfrist ist nicht durch die "Klage" vom 30. Dezember 1995unterbrochen worden. Es handelte sich nicht um eine wirksame Klage, weil [X.] einen bestimmten Antrag enthielt, noch den Klagegrund erkennen ließ,noch - weil der Kläger auch keinen Vorschuß einzahlte - der Gegenseite zuge-stellt wurde.2. Zu Recht rügt die Revision die Ablehnung eines [X.]sals [X.]) Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daß der [X.] vor [X.] spätestens aufgrund der Zurückweisung des Wiederein-setzungsgesuchs und der Verwerfung der Berufung begründeten [X.]aß hattezu prüfen, ob er durch eine Pflichtverletzung den Kläger geschädigt hat, unddiesen entsprechend zu [X.] 8 -b) Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht indes in der Ansicht,mit der Bemerkung in dem Schreiben vom 19. Juli 1994 habe der [X.] sei-ner sekundären Hinweispflicht genügt. Zur Erfüllung dieser Pflicht gehört nichtnur, daß der Rechtsanwalt offenlegt, er habe möglicherweise seine Pflichtenverletzt und könne von dem Mandanten deswegen in Anspruch genommenwerden. Der Anwalt schuldet auch einen Hinweis darauf, daß der Ansprucheiner Verjährungsfrist von drei Jahren, gerechnet ab [X.],unterliegt ([X.]Z 94, 380, 386; [X.], [X.]. v. 20. Mai 1975 - [X.]/74,NJW 1975, 1655, 1656 f; v. 18. September 1986 - [X.], NJW 1987,326; v. 14. November 1991 - [X.], [X.], 836, 837; v. 21. [X.] 1995 - [X.], aaO). Ob der Rechtsanwalt regelmäßig gehalten istoder zumindest im Einzelfall gehalten sein kann, nähere Angaben zum Beginnoder Ende der Verjährung zu machen (vgl. dazu [X.], [X.]. v. 18. [X.] - [X.], aaO S. 327; Zugehör, aaO Rdnr. 1253), braucht im vor-liegenden Fall nicht entschieden zu werden. Denn hier ist der [X.] auf [X.] überhaupt nicht eingegangen.Zwar entfällt die Pflicht zum Hinweis auf die kurze Verjährungsfrist, wennder Anwalt davon ausgehen darf, daß der Mandant die entsprechende Kennt-nis hat ([X.], [X.]. v. 21. September 1995 - [X.], aaO; v. 15.April 1999 - [X.], [X.], 1330, 1335 f). Entgegen der [X.] hatte der [X.] aber keine ausreichenden Anhalts-punkte für die Annahme, daß der Kläger über die Verjährung des Schadenser-satzanspruchs Bescheid wisse. Aus der Einreichung der "Klageschrift" vom 30.Dezember 1995 - die zeitlich später liegt als das Schreiben vom 19. Juli 1994,die also für den vom [X.]n bei Abfassung dieses Schreibens zu [X.] Kenntnisstand des [X.] unmittelbar nicht von Bedeutung ist -- 9 -ergibt sich mit hinlänglicher Sicherheit nur, daß der Kläger damit rechnete, seinErsatzanspruch unterliege grundsätzlich einer Verjährung. Daß er die [X.] Verjährungsfrist gekannt habe, folgt daraus nicht. Nach Ansicht des [X.]s läßt die versuchte Klageerhebung des [X.] erkennen, er habe"sogar mit einer kürzeren Verjährungsfrist, als in § 51 b [X.] bestimmt", ge-rechnet; dieser Ansicht ist jedoch nicht zuzustimmen, weil allein das Datum [X.] keine sicheren Rückschlüsse auf den Kenntnisstand des [X.] erlaubt und dieser im folgenden auch untätig geblieben ist. Die Kenntnisdes [X.] von der kurzen Verjährung folgte aus der Sicht des [X.]n fer-ner nicht aus der am 3. März 1997 - also wiederum erst nach dem Schreibenvom 19. Juli 1994 - telefonisch geäußerten Bitte, auf die Einrede der [X.] zu verzichten. Daß der Kläger nach Erhalt des abschlägigen [X.] [X.]n vom 4. März 1997 nicht sogleich die notwendigen rechtlichenSchritte einleitete, legte vielmehr das Gegenteil nahe. Der Bildungsstand des[X.], eines Diplom-Chemikers, durfte - entgegen der Annahme des [X.]s - dem [X.]n ebenfalls nicht die Überzeugung vermitteln, [X.] sei über die Verjährungsregelung des § 51 [X.] a.F. im Bilde.Für die Verletzung der sekundären Hinweispflicht genügt jedes [X.], also auch leichte Fahrlässigkeit ([X.]Z 94, 380, 387). Von ihr istauszugehen: Dem [X.]n mußte Bestehen und Umfang seiner Hin-weispflicht bekannt sein. Bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt hätte er zu-dem erkennen können, daß das Verhalten des [X.] keine sicheren Rück-schlüsse auf seine Kenntnis von der kurzen Verjährungsfrist zuließ. Unter [X.] Umständen entfällt der [X.] des Mandanten nicht [X.], wenn dieser nach seinen - hier nicht einmal festgestellten - Rechts-kenntnissen den Zeitpunkt der Verjährung hätte erkennen können; das würde- 10 -nicht einmal für die Annahme eines Mitverschuldens ausreichen ([X.], [X.]. [X.] April 1999 - [X.], aaO S. 1336 m.w.N.).II[X.] Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Die [X.] ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO),damit nunmehr geprüft wird, ob der [X.] begründet ist.[X.]

Meta

IX ZR 354/98

27.01.2000

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.01.2000, Az. IX ZR 354/98 (REWIS RS 2000, 3316)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 3316

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