Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.11.2017, Az. VII ZR 65/14

7. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 2417

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Gegenstand

VOB-Vertrag: Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zwischen Vertragsschluss und Abnahme; Informationspflichten des Auftragnehmers; Optionen des Auftraggebers; Voraussetzungen des Vorschussanspruchs des Auftraggebers bei Erfüllungsverweigerung des Auftragnehmers


Leitsatz

1. Der Auftragnehmer schuldet gemäß § 13 Nr. 1 VOB/B (2006) grundsätzlich die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme. Dies gilt auch bei einer Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zwischen Vertragsschluss und Abnahme.

2a. In einem solchen Fall hat der Auftragnehmer den Auftraggeber regelmäßig über die Änderung und die damit verbundenen Konsequenzen und Risiken für die Bauausführung zu informieren, es sei denn, diese sind dem Auftraggeber bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen.

2b. Der Auftraggeber hat sodann im Regelfall zwei Optionen.

Der Auftraggeber kann zum einen die Einhaltung der neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik verlangen mit der Folge, dass ein aufwändigeres Verfahren zur Herstellung erforderlich werden kann, als im Zeitpunkt des Vertragsschlusses von den Parteien vorgesehen. Der Auftragnehmer kann, soweit hierfür nicht von der Vergütungsvereinbarung erfasste Leistungen erforderlich werden, im Regelfall eine Vergütungsanpassung nach § 1 Nr. 3 oder 4, § 2 Nr. 5 oder 6 VOB/B (2006) verlangen.

Der Auftraggeber kann zum anderen von einer Einhaltung der neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik und damit von einer etwaigen Verteuerung des Bauvorhabens absehen.

3. Ein Anspruch aus § 4 Nr. 7, § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B (2006) setzt gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 und Nr. 5 VOB/B (2006) grundsätzlich eine schriftliche Kündigungserklärung des Auftraggebers voraus. Bei ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung des Auftragnehmers muss der Auftraggeber, der Vorschuss verlangt, zumindest konkludent zum Ausdruck bringen, dass er den Vertrag mit dem Auftragnehmer beenden will (Abweichung von BGH, Urteil vom 12. Januar 2012, VII ZR 76/11, BGHZ 192, 190 Rn. 9; Versäumnisurteile vom 9. Oktober 2008, VII ZR 80/07, BauR 2009, 99 Rn. 16 = NZBau 2009, 173 und vom 5. Juli 2001, VII ZR 201/99, BauR 2001, 1577, juris Rn. 6 = NZBau 2001, 623; Urteil vom 20. April 2000, VII ZR 164/99, BauR 2000, 1479, 1481, juris Rn. 21 = NZBau 2000, 421).

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des [X.] vom 25. Februar 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von der [X.]n Zahlung eines Vorschusses zur Mängelbeseitigung.

2

Auf der Grundlage des Angebots der [X.]n vom 14. März 2007, dem die VOB/B (2006) beigefügt war, erteilte die Klägerin der [X.]n - in Abänderung eines bereits im Juli 2006 geschlossenen Vertrags - noch im März 2007 den Auftrag zur Errichtung dreier Pultdachhallen in verzinkter Stahlkonstruktion in [X.] zum Festpreis von 770.000 € zuzüglich Umsatzsteuer. In der [X.] ist für die Hallen eine Schneelast von 80 kg/m² angegeben. Dies entsprach der [X.] 1055-5 (1975) und der im [X.] erteilten Baugenehmigung. Nach den technischen Vorgaben der geänderten [X.] 1055-5 (2005), deren verbindliche bauaufsichtliche Einführung für Bauvorhaben erfolgte, deren Genehmigung nach dem 1. Januar 2007 beantragt wurde, und die vorab im Jahr 2005 im [X.] erschienen war, ist in [X.] eine Schneelast von 139 kg/m² anzusetzen.

3

Die [X.] errichtete die Hallen in der [X.] bis August 2007. Nachdem das mit der Montage der vorgesehenen Photovoltaikanlage auf dem Dach befasste Unternehmen wegen der Durchbiegung der Dachkonstruktion Bedenken angemeldet hatte, forderte die Klägerin die [X.] zur Verstärkung der Dachkonstruktion auf. Die [X.] kam dem nicht nach, stellte unter dem 30. Juni 2008 die Schlussrechnung und zeigte am 1. Juli 2008 Fertigstellung an. Die Klägerin verweigerte eine förmliche Abnahme.

4

Die Klägerin hat auf der Grundlage eines im Rahmen des von ihr eingeleiteten selbständigen Beweisverfahrens eingeholten Sachverständigengutachtens Mängelbeseitigungskosten in Höhe von ca. 856.800 € brutto veranschlagt. Dabei ist sie von einer Verpflichtung der [X.]n ausgegangen, die Dachkonstruktion unter Berücksichtigung der nach der [X.] 1055-5 (2005) vorgesehenen Schneelast von 139 kg/m² zu ertüchtigen. Nach Abzug eines Einbehalts von der [X.] hat sie mit der Klage die Zahlung von 518.849,24 € brutto als Vorschuss gefordert.

5

Das [X.] hat der Klage hinsichtlich der Hauptforderung in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Berufung der [X.]n hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und diese unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 382.049,24 € verurteilt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision strebt die [X.] die vollständige Abweisung der Klage an.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision führt zur Aufhebung des [X.]erufungsurteils im tenorierten Umfang und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]erufungsgericht.

I.

7

Das [X.]erufungsgericht hat, soweit für die Revision von [X.]edeutung, im Wesentlichen ausgeführt:

8

Die von der [X.]eklagten errichteten Hallen seien mangelhaft unabhängig davon, ob die Standsicherheit auf der Grundlage einer Schneelast von 80 kg/m² oder 139 kg/m² zu berechnen sei. Denn in allen drei Hallen seien bauliche Mängel vorhanden, die die Standsicherheit der Hallen selbst unter der Annahme einer zu berücksichtigenden Schneelast von 80 kg/m² gefährdeten.

9

Grundlage für den geltend gemachten [X.] sei § 4 Nr. 7 [X.]. § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VO[X.]/[X.] (2006), da das Werk nicht abgenommen worden sei. Dem Auftraggeber stehe danach die Differenz zwischen den zur Fertigstellung bzw. Mangelbeseitigung erforderlichen Kosten und der nach dem Vertrag an den Auftragnehmer zu bezahlenden restlichen Vergütung zu. Die Kosten richteten sich danach, welche Maßnahmen zur Ertüchtigung der Hallen unter [X.]erücksichtigung einer Schneelast von 139 kg/m² erforderlich seien.

Nach § 13 Nr. 1 VO[X.]/[X.] (2006) habe der Auftragnehmer die Leistung zum Zeitpunkt der Abnahme frei von [X.] zu verschaffen. Die Leistung sei im Zeitpunkt der Abnahme frei von [X.], wenn sie die vereinbarte [X.]eschaffenheit habe und den anerkannten Regeln der Technik entspreche. Maßgeblich für die Frage, ob das Werk den anerkannten Regeln der Technik entspreche, sei nicht der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern der Zeitpunkt der Abnahme. Da bisher weder eine Abnahme erfolgt noch die vorliegenden Mängel beseitigt worden seien, komme es für die Frage, welche Anforderungen den durchzuführenden Mangelbeseitigungsmaßnahmen zugrunde zu legen seien, auf den Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung an.

Spätestens ab dem [X.] und damit auch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem [X.]erufungsgericht sei die [X.] 1055-5 (2005) in der seit 1. Januar 2007 geltenden Fassung als anerkannte Regel der Technik im Hinblick auf die zu berücksichtigenden Schneelasten anzusehen gewesen.

Dem stehe nicht entgegen, dass nach der Parteivereinbarung lediglich eine Schneelast von 80 kg/m² habe maßgeblich sein sollen, was der [X.] 1055-5 (1975) in der bis 31. Dezember 2006 geltenden Fassung entspreche. Unstreitig sei im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss zwischen den Parteien nicht ausdrücklich darüber gesprochen worden, dass die Ausführung von den anerkannten Regeln der Technik abweichen solle. Daher sei die ausdrückliche Vereinbarung einer Schneelast von 80 kg/m² zwar dahingehend zu verstehen, dass dadurch die von der [X.]eklagten geschuldete Leistung bestimmt worden sei, aber nicht dahingehend, dass ausdrücklich eine Abweichung von den geltenden Regeln der Technik habe vereinbart werden sollen.

Die formalen Voraussetzungen des [X.]s seien erfüllt. Zwar seien die von § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VO[X.]/[X.] (2006) grundsätzlich vorausgesetzte Fristsetzung mit Androhung der Auftragsentziehung und die anschließende Auftragsentziehung nicht erfolgt. Dies sei nach der Rechtsprechung des [X.] jedoch entbehrlich, wenn der Auftragnehmer die vertragsgemäße Fertigstellung ernsthaft und endgültig verweigert habe. In der E-Mail des Prozessbevollmächtigten der [X.]eklagten vom 12. April 2011 liege eine solche ernsthafte und endgültige Verweigerung der vertragsgemäßen Fertigstellung, die bereits zu diesem Zeitpunkt die [X.]erücksichtigung einer Schneelast von 139 kg/m² beinhaltet habe.

Damit stehe der Klägerin ein Kostenvorschuss für Maßnahmen zu, nach deren Durchführung die Hallen einer Schneelast von 139 kg/m² standhielten, obwohl zwischen den Parteien als maßgebliche Schneelast 80 kg/m² vereinbart gewesen sei. Dieser Vorteil führe jedoch nicht zu einer Kürzung des klägerischen Anspruchs unter dem Gesichtspunkt von Sowieso-Kosten. Sowieso-Kosten, mit denen der Auftragnehmer nicht belastet werden dürfe, seien Kosten für Maßnahmen, die dieser nach dem Vertrag nicht zu erbringen gehabt habe und um die das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vornherein teurer gewesen wäre. Eine solche Konstellation liege jedoch nicht vor. Denn die bei [X.]erücksichtigung einer Schneelast von 139 kg/m² entstehenden Mehrkosten wären nicht angefallen, wenn die [X.]eklagte ihre Leistung von vornherein mangelfrei erbracht hätte. [X.]ei einer im Übrigen mangelfreien [X.]auausführung im [X.] auf der Grundlage einer Schneelast von 80 kg/m² hätte nicht deshalb eine mangelhafte Leistung der [X.]eklagten vorgelegen, weil sich die Anforderungen der [X.] 1055 geändert hätten. Die verschärften Anforderungen hätten nämlich noch nicht für [X.]auvorhaben gegolten, die aufgrund einer vor dem 1. Januar 2007 beantragten [X.]augenehmigung errichtet worden seien. Erst nachdem die [X.] 1055-5 (2005) - spätestens ab dem [X.] - als anerkannte Regel der Technik anzusehen sei, habe sich dies geändert.

Eine Kürzung des klägerischen Anspruchs komme ferner nicht unter dem Gesichtspunkt des Vorteilsausgleichs in [X.]etracht. Die [X.]eklagte habe nicht vorgetragen, in welcher Höhe dem Vermögen der Klägerin durch die Ertüchtigung der Hallen unter [X.]erücksichtigung der erhöhten Schneelast von 139 kg/m² ein Vermögensvorteil zuwachse.

Da die Klägerin vorsteuerabzugsberechtigt sei, stehe ihr indes nur der Nettobetrag der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 382.049,24 € als Vorschuss zu.

II.

Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Mit der vom [X.]erufungsgericht gegebenen [X.]egründung kann der [X.] nicht in der ausgeurteilten Höhe zuerkannt werden.

1. Das [X.]erufungsgericht hat festgestellt, dass eine Abnahme des [X.]auwerks durch die Klägerin bislang nicht erfolgt ist.

Es hat weiter festgestellt, dass die Vorgaben der [X.] 1055-5 (2005) zu den bei [X.]auvorhaben anzusetzenden Schneelasten spätestens ab dem [X.] zu den allgemein anerkannten Regeln der Technik zählen. Danach entsprach es spätestens ab diesem Zeitpunkt den allgemein anerkannten Regeln der Technik, in [X.] die Standsicherheit auf der Grundlage einer Schneelast von 139 kg/m² zu berechnen.

Die hiergegen erhobenen Verfahrensrügen hat der [X.] geprüft und für nicht durchgreifend erachtet, § 564 Satz 1 ZPO.

2. Die auf diesen Feststellungen beruhende Auslegung des [X.]erufungsgerichts, die [X.]eklagte schulde nach dem Vertrag ungeachtet der Vereinbarung einer Schneelast von 80 kg/m² wegen der spätestens ab dem [X.] erfolgten Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik die Errichtung der Hallen unter [X.]erücksichtigung einer Schneelast von 139 kg/m², ist indes von Rechtsfehlern beeinflusst.

Die Auslegung von Willenserklärungen ist grundsätzlich Angelegenheit des Tatrichters. Eine revisionsrechtliche Überprüfung findet allerdings dahin statt, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder Denkgesetze vorliegen oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht. Zu den anerkannten Auslegungsgrundsätzen zählt der Grundsatz der beiderseits interessengerechten Vertragsauslegung (vgl. [X.], Urteile vom 31. August 2017 - [X.], [X.], 2169 Rn. 24; vom 22. Oktober 2015 - [X.], [X.], 213 Rn. 15 f., und vom 5. März 2015 - [X.], [X.]Z 204, 231 Rn. 21, jeweils m.w.[X.]). Diese Maßstäbe hat das [X.]erufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt.

a) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das [X.]erufungsgericht davon aus, dass der Auftragnehmer im Rahmen eines Vertrags, in den die VO[X.]/[X.] (2006) einbezogen ist, gemäß § 13 Nr. 1 VO[X.]/[X.] (2006) zum Zeitpunkt der Abnahme ein [X.]auwerk schuldet, das der vereinbarten [X.]eschaffenheit und den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht.

Danach ist die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik unabhängig davon geschuldet, ob öffentlich-rechtlich geringere Anforderungen an die [X.]auausführung gestellt werden. Der Umstand, dass ein [X.]auwerk öffentlich-rechtlich zulässig ist und genutzt werden darf, ändert nichts daran, dass der Auftragnehmer die sich in den allgemein anerkannten Regeln der Technik widerspiegelnden üblichen (höheren) Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen einzuhalten hat.

Maßgebend sind nach § 13 Nr. 1 VO[X.]/[X.] (2006) grundsätzlich die allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme. (vgl. Kapellmann/[X.]/[X.], [X.] und [X.], 5. Aufl., § 13 VO[X.]/[X.] Rn. 55 f.; [X.]eck'scher VO[X.]/[X.]-Kommentar/[X.], 3. Aufl., § 13 Abs. 1 Rn. 77; [X.]/[X.], VO[X.]/[X.], 6. Aufl., § 13 Rn. 35 ff.; [X.] in [X.]/ Koeble, Kompendium des [X.]aurechts, 4. Aufl., 6. Teil Rn. 35; [X.]/ [X.]/Drossart, Privates [X.]aurecht, 2. Aufl., § 633 [X.]G[X.] Rn. 32; vgl. zum gesetzlichen Werkvertragsrecht auch [X.], Urteil vom 14. Mai 1998 - [X.], [X.]Z 139, 16, 19 juris Rn. 11).

Dies gilt im Regelfall auch bei einer Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zwischen Vertragsschluss und Abnahme. In einem solchen Fall hat der Auftragnehmer den Auftraggeber über die Änderung und die damit verbundenen Konsequenzen und Risiken für die [X.]auausführung zu informieren, es sei denn, diese sind dem Auftraggeber bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen. Ein nach beiden Seiten hin interessengerechtes Verständnis des [X.]auvertrags führt unter [X.]erücksichtigung von Treu und Glauben regelmäßig dazu, dass für den Auftraggeber zwei Optionen bestehen.

Der Auftraggeber kann zum einen die Einhaltung der neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik verlangen mit der Folge, dass ein aufwändigeres Verfahren zur Herstellung des Werks erforderlich werden kann, als im Zeitpunkt des Vertragsschlusses von den Parteien vorgesehen, oder dass ein bereits erstelltes [X.]auwerk für die Abnahme noch ertüchtigt werden muss. Der Auftragnehmer kann, soweit hierfür nicht von der Vergütungsvereinbarung erfasste Leistungen erforderlich werden, im Regelfall eine Vergütungsanpassung nach § 1 Nr. 3 oder 4, § 2 Nr. 5 oder 6 VO[X.]/[X.] (2006) verlangen.

Der Auftraggeber kann zum anderen von einer Einhaltung der neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik und damit von einer etwaigen Verteuerung des [X.]auvorhabens absehen.

b) Nach der Rechtsprechung des [X.] können die Parteien allerdings bei Vertragsschluss auch eine Vereinbarung treffen, nach der die [X.]auausführung hinter den aktuellen oder den künftigen allgemein anerkannten Regeln der Technik, soweit deren Einführung bereits absehbar ist, zurückbleibt. Dies erfordert, dass der Auftragnehmer den Auftraggeber auf die [X.]edeutung der allgemein anerkannten Regeln der Technik und die mit der Nichteinhaltung verbundenen Konsequenzen und Risiken hinweist, es sei denn, diese sind dem Auftraggeber bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen. Ohne eine entsprechende Kenntnis kommt eine rechtsgeschäftliche Zustimmung des Auftraggebers zu einer hinter den allgemein anerkannten Regeln der Technik zurückbleibenden Ausführung regelmäßig nicht in [X.]etracht (vgl. [X.], Urteil vom 7. März 2013 - [X.], [X.], 952 Rn. 15 = NZ[X.]au 2013, 295; Urteil vom 4. Juni 2009 - [X.], [X.]Z 181, 225 Rn. 14; jeweils m.w.[X.]; vgl. auch [X.] in [X.]/Koeble, Kompendium des [X.]aurechts, 4. Aufl., 6. Teil Rn. 37). Die Parteien können eine solche Vereinbarung auch nach Vertragsschluss treffen.

c) Soweit das [X.]erufungsgericht eine solche Vereinbarung allein deshalb verneint, weil anlässlich des Vertragsschlusses nicht ausdrücklich darüber gesprochen worden sei, dass mit der Vereinbarung einer Schneelast von 80 kg/m² eine von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abweichende Ausführung vereinbart werden sollte, lässt die Auslegung wesentliche, für eine beiderseits interessengerechte Auslegung bedeutsame Umstände unberücksichtigt.

Das [X.]erufungsgericht setzt sich bei der Auslegung nicht hinreichend mit dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden, teilweise unter [X.]eweis gestellten Vortrag der [X.]eklagten auseinander. Danach beruhte die Vereinbarung einer Schneelast von 80 kg/m² auf ausdrücklichen Vertragsverhandlungen der Parteien, wobei der fachkundigen Klägerin und deren Architekten und Statiker die Änderung der Vorgaben zur Schneelast in der [X.] 1055-5 (2005) bekannt gewesen sei. Es sei der Klägerin im Hinblick auf einen engen Finanzspielraum gerade darauf angekommen, die öffentlich-rechtlich noch zulässige und deutlich preiswertere Herstellungsart, die eine Schneelast von nur 80 kg/m² gemäß der [X.] 1055-5 (1975) vorsah, zu verwirklichen. Entsprechend sei auch in den [X.]aubesprechungen über die neue Schneelastnorm gesprochen worden, ohne dass eine Änderung der [X.]auausführung verlangt worden sei. [X.]ei Zugrundelegung dieses Vortrags kommt in [X.]etracht, dass die Klägerin eines besonderen Hinweises auf die [X.]edeutung der Schneelastnormen und die mit der Vereinbarung einer geringeren Schneelast gemäß der [X.] 1055-5 (1975) verbundenen Konsequenzen und Risiken nicht bedurfte, da diese für sie auf der Hand lagen, und sie in Kenntnis der maßgebenden Umstände aus [X.] diese [X.]auausführung vereinbart hat.

3. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das [X.]erufungsgericht mangels Abnahme den [X.] auf § 4 Nr. 7 in Verbindung mit § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VO[X.]/[X.] (2006) gestützt (vgl. [X.], Urteil vom 20. April 1989 - [X.], [X.], 462, 464, juris Rn. 15). Allerdings ist die Auffassung des [X.]erufungsgerichts, im Rahmen dieses Anspruchs sei eine Kündigungserklärung der Klägerin entbehrlich gewesen, von Rechtsfehlern beeinflusst.

Ein Anspruch aus § 4 Nr. 7, § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VO[X.]/[X.] (2006) setzt gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 und Nr. 5 VO[X.]/[X.] (2006) grundsätzlich eine schriftliche Kündigungserklärung des Auftraggebers voraus. Allerdings hat der [X.]undesgerichtshof bei ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung des Auftragnehmers eine Kündigungserklärung des Auftraggebers nach Treu und Glauben gemäß § 242 [X.]G[X.] für entbehrlich gehalten. Er hat die Entbehrlichkeit der Kündigungserklärung damit begründet, dass der Auftragnehmer durch seine endgültige Weigerung das Recht zur Vertragserfüllung verloren habe, so dass es zu unklaren Verhältnissen über die weitere [X.]auabwicklung nicht mehr kommen könne (vgl. [X.], Urteil vom 12. Januar 2012 - [X.], [X.]Z 192, 190 Rn. 9; [X.] vom 9. Oktober 2008 - [X.], [X.], 99 Rn. 16 = NZ[X.]au 2009, 173 und vom 5. Juli 2001 - [X.], [X.], 1577, juris Rn. 6 = NZ[X.]au 2001, 623; Urteil vom 20. April 2000 - [X.], [X.], 1479, 1481, juris Rn. 21 = NZ[X.]au 2000, 421). An dieser Rechtsprechung hält der [X.] nicht uneingeschränkt fest. Allein der Verlust des Rechts des Auftragnehmers, den Vertrag zu erfüllen, beschränkt nicht das Recht des Auftraggebers, auf Erfüllung zu bestehen und gegebenenfalls [X.] zu erheben. Es ist daher für einen Anspruch aus § 4 Nr. 7, § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VO[X.]/[X.] (2006) neben der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung des Auftragnehmers auch ein Verhalten des Auftraggebers erforderlich, das dem mit der Regelung verfolgten Zweck, klare Verhältnisse zu schaffen, gerecht wird. Das ist der Fall, wenn der Auftraggeber, der Vorschuss verlangt, zumindest konkludent zum Ausdruck bringt, dass er den [X.] will.

III.

Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.]erufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Das [X.]erufungsgericht wird die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.

Insoweit weist der [X.] vorsorglich auf Folgendes hin:

Kommt das [X.]erufungsgericht nach Aufklärung weiterhin zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen eines [X.]s vorliegen und die [X.]eklagte die Errichtung der Hallen unter [X.]erücksichtigung einer Schneelast von 139 kg/m² schuldet, wird es zu überprüfen haben, inwieweit der Anspruch der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Sowieso-Kosten zu kürzen ist. Mit der vom [X.]erufungsgericht gegebenen [X.]egründung kann eine Kürzung nicht verneint werden.

1. Haben die Parteien neben dem [X.] eine bestimmte Herstellungsart nach Vorgaben des Auftraggebers ausdrücklich vereinbart, so wird regelmäßig nur diese durch die Vergütungsvereinbarung abgegolten. [X.] der Auftragnehmer zur Erreichung des vereinbarten [X.]s zusätzlichen Herstellungsaufwand, der nicht von der Vergütung erfasst ist, ist das rechtsgeschäftlich festgelegte [X.] zwischen Leistung und Gegenleistung gestört. Im Rahmen eines Vertrags, in den die VO[X.]/[X.] (2006) einbezogen ist, schaffen die Regelungen in § 1 Nr. 3 und 4, § 2 Nr. 5 und 6 VO[X.]/[X.] (2006) hierfür einen Ausgleich. Danach kann der Auftraggeber den zur Erreichung des [X.]s erforderlichen zusätzlichen Herstellungsaufwand anordnen. Dem Auftragnehmer steht hierfür eine Nachtragsvergütung zu, die sich nach § 2 Nr. 5 oder 6 VO[X.]/[X.] (2006) oder bei fehlender Anordnung nach § 2 Nr. 8 VO[X.]/[X.] (2006) bestimmt. Liegen in einem solchen Fall die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Vorschuss der im Rahmen einer Ersatzvornahme voraussichtlich anfallenden Mängelbeseitigungskosten vor, sind die Kosten für den zusätzlichen Herstellungsaufwand im Rahmen von Sowieso-Kosten zu berücksichtigen. Es besteht kein Anlass, den Auftraggeber im Rahmen eines Anspruchs gemäß § 4 Nr. 7, § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VO[X.]/[X.] (2006) oder im Rahmen von Mängelansprüchen besser zu stellen (vgl. [X.], Urteil vom 25. November 1999 - [X.], [X.], 571, 573, juris Rn. 18 = NZ[X.]au 2000, 131 zum Anspruch gemäß § 4 Nr. 7, § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VO[X.]/[X.] (2006); [X.], Urteile vom 27. Juli 2006 - [X.], [X.]Z 168, 368 Rn. 25; vom 17. Mai 1984 - [X.], [X.]Z 91, 206, 209 ff., juris Rn. 17 ff., und vom 22. März 1984 - [X.], [X.]Z 90, 344, 348, juris Rn. 34 zu Mängelansprüchen). Als Sowieso-Kosten sind danach diejenigen Mehrkosten zu berücksichtigen, um die das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vornherein teurer geworden wäre.

2. Gleiches gilt, wenn bei der [X.]estimmung des geschuldeten [X.]s eine vor Abnahme eingetretene Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zu berücksichtigen ist und der zur Erreichung des [X.]s erforderliche zusätzliche Herstellungsaufwand nicht von der vereinbarten Vergütung erfasst ist. Auch in diesem Fall sind die hierfür anfallenden Kosten gemäß § 1 Nr. 3 und 4, § 2 Nr. 5 und 6 VO[X.]/[X.] (2006) oder unter dem Gesichtspunkt der Sowieso-Kosten vom Auftraggeber zu tragen.

3. Sollte das [X.]erufungsgericht weiterhin zu dem Ergebnis kommen, dass die vertragliche Vergütungsvereinbarung nur auf eine Schneelast von 80 kg/m² bezogen ist, ist die Auffassung des [X.]erufungsgerichts, eine Kürzung des [X.]s unter dem Gesichtspunkt der Sowieso-Kosten sei abzulehnen, weil im [X.] die Errichtung der Hallen unter [X.]erücksichtigung einer Schneelast von 80 kg/m² noch ohne zusätzlichen Herstellungsaufwand mangelfrei möglich gewesen wäre, nicht tragfähig. Damit wird verkannt, dass die Klägerin mit der geforderten Mangelbeseitigung unter [X.]erücksichtigung einer Schneelast von 139 kg/m² ein [X.]auwerk erhält, für das sie wegen des von der Vergütungsvereinbarung nicht erfassten zusätzlichen [X.] von vornherein mehr hätte zahlen müssen.

[X.]   

        

Kartzke   

        

   Graßnack

        

Sacher   

        

Ri'in[X.] [X.]orris ist wegen
dienstlicher Abwesenheit an
der Unterschriftsleistung
gehindert.

        
                          

[X.]   

        

Meta

VII ZR 65/14

14.11.2017

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Stuttgart, 25. Februar 2014, Az: 10 U 78/13

§ 133 BGB, § 157 BGB, § 242 BGB, § 1 Nr 3 VOB B 2006, § 1 Nr 4 VOB B 2006, § 2 Nr 5 VOB B 2006, § 2 Nr 6 VOB B 2006, § 4 Nr 7 VOB B 2006, § 8 Nr 3 Abs 1 VOB B 2006, § 8 Nr 3 Abs 2 S 1 VOB B 2006, § 8 Nr 5 VOB B 2006, § 13 Nr 1 VOB B 2006

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.11.2017, Az. VII ZR 65/14 (REWIS RS 2017, 2417)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 140-141 WM2018,1275 REWIS RS 2017, 2417

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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