Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.02.2008, Az. VI ZR 221/06

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 5642

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/06 Verkündet am: 12. Februar 2008 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 286 A, § 287 Wenn ein Morbus [X.] nach dem Klagevortrag infolge einer ärztlichen [X.] und der damit hervorgerufenen Gesundheitsbeeinträchtigung eingetreten ist, behauptet der Kläger insoweit einen Sekundärschaden. Für den Nachweis des [X.]s zwischen der Fehlbehandlung und dem Morbus [X.] gilt in diesem Fall der Maßstab des § 287 ZPO (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 4. November 2003 - [X.] - [X.], 118).
[X.], Urteil vom 12. Februar 2008 - [X.]/06 - [X.] - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Februar 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.] und [X.] [X.], Pauge, [X.] und Zoll für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 11. Oktober 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger nimmt den [X.]n, einen Facharzt für Orthopädie, wegen ärztlicher Fehlbehandlung auf Ersatz materieller und immaterieller Schäden in Anspruch. 1 Der Kläger schlug sich am 11. Oktober 2002 mit dem Hammer auf den linken [X.] und begab sich deswegen am 14. Oktober 2002 in die ärztli-che Behandlung des [X.]n. Dieser fertigte ein Röntgenbild an und diagnos-tizierte danach eine starke Prellung. Er versorgte den Finger mit einem Verband und entließ den Kläger als arbeitsfähig. Am 15. November 2002 rutschte der 2 - 3 - Kläger während der Arbeit aus und schlug mit dem linken [X.] gegen eine Wand. Aufgrund dessen stellte er sich am 18. November 2002 bei [X.] vor, der eine Refraktur des linken [X.] diagnostizierte. [X.] trat eine [X.]sche Heilentgleisung ein. Der Kläger ist seitdem ar-beitsunfähig und erhält seit Mai 2004 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsmin-derung. Der Kläger behauptet, er habe bereits am 11. Oktober 2002 eine Fraktur des linken [X.] erlitten. Dies sei auf dem gefertigten [X.] eindeutig zu erkennen. Der [X.] hätte ruhiggestellt und er selbst [X.] arbeitsunfähig geschrieben werden müssen. Folgen der Fehlbehandlung [X.] vom 15. November 2002 und das Auftreten des Morbus [X.]. 3 Das [X.] hat dem Kläger wegen der Behandlungsverzögerung ein Schmerzensgeld von 500 • zugesprochen und die weitergehende Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] und die [X.] zurückgewiesen. Mit seiner vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. 4 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht bejaht einen Behandlungsfehler des [X.]n bei der Auswertung des [X.], weil tatsächlich eine Fraktur vorgelegen habe und die Diagnose einer Prellung mithin falsch gewesen sei. Es meint [X.], dass sich eine Kausalität zwischen der Fehlbehandlung und der Entste-hung des Morbus [X.] nicht sicher feststellen lasse. Nach der Beurteilung des Sachverständigen sei ein [X.] zwar sehr [X.] - 4 - lich; da es jedoch möglich - wenn auch sehr unwahrscheinlich - sei, dass sich der Morbus [X.] allein aufgrund des ersten Unfalls vom 11. Oktober 2002 entwickelt habe, lasse sich nicht mit einem für das praktische Leben brauchba-ren Grad an Gewissheit die Überzeugung gewinnen, dass der [X.] die [X.]sche Heilentgleisung hervorgerufen habe. Beweiserleichterungen kämen dem Kläger nicht zugute. Die fehlerhafte Auswertung des [X.] sei, da der [X.] den notwendigen Befund erhoben habe, kein Befunderhe-bungsfehler, sondern ein [X.]. Ein grober Behandlungsfehler in Form eines fundamentalen Diagnoseirrtums liege nicht vor, weil die Fraktur nach Einschätzung des Sachverständigen eher schwierig zu erkennen gewesen sei. Da sie jedoch auf dem Röntgenbild erkennbar sei, habe keine Veranlas-sung bestanden, eine Vergrößerung der Aufnahme anzufertigen. I[X.] Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. 6 1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht das ärztliche Fehlverhal-ten des [X.]n am 14. Oktober 2002 nicht als Befunderhebungsfehler, son-dern als [X.] gewertet, wie er im Falle der Fehlinterpretation von er-hobenen oder sonst vorliegenden Befunden gegeben ist. Im Unterschied dazu liegt ein Befunderhebungsfehler und damit ein Therapiefehler vor, wenn die [X.] medizinisch gebotener Befunde unterlassen wird (vgl. Senatsurteile vom 10. November 1987 - [X.] ZR 39/87 - [X.], 293, 294; vom 23. März 1993 - [X.] ZR 26/92 - [X.], 836, 838; vom 4. Oktober 1994 - [X.] ZR 205/93 - [X.], 46 und vom 8. Juli 2003 - [X.] ZR 304/02 - VersR 2003, 1256 f.). Vorliegend ist dem [X.]n eine Fehlinterpretation des erhobenen 7 - 5 - Befundes unterlaufen. Die Fraktur des linken [X.] war auf dem von ihm angefertigten Röntgenbild nämlich zu erkennen. Das Nichterkennen dieses Bruchs stellt sich demnach als [X.] dar, und zwar auch dann, wenn das Röntgenbild, wie die Revision geltend macht, vierfach hätte vergrö-ßert werden müssen (dazu unten unter 3 b, [X.]). 8 2. Als nicht frei von [X.] erweisen sich jedoch die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die Ursächlichkeit der Fehlbehandlung durch den [X.]n für den Gesundheitsschaden des [X.] verneint hat. Die Revi-sion macht mit Recht geltend, bei der Beurteilung der Kausalität habe das [X.] ein zu strenges Beweismaß angelegt. Nach den Ausführungen in dem angefochtenen Urteil kann nicht ausgeschlossen werden, dass es den Kläger zu Unrecht für beweisfällig gehalten hat. Der Patient hat grundsätzlich den [X.] zwischen dem Behandlungsfehler und dem geltend gemachten Gesundheitsschaden nachzuweisen. Dabei ist zwischen der haftungsbegründenden und der [X.] zu unterscheiden. Erstere betrifft die Ursächlich-keit des Behandlungsfehlers für die Rechtsgutverletzung als solche, also für den Primärschaden des Patienten im Sinne einer Belastung seiner gesundheit-lichen Befindlichkeit. Insoweit gilt das strenge Beweismaß des § 286 ZPO, das einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit verlangt ([X.] 53, 245, 255 f.; Senatsurteile vom 9. Mai 1989 - [X.] ZR 268/88 - [X.], 758, 759 und vom 18. Januar 2000 - [X.] ZR 375/98 - [X.], 503, 505; [X.], Urteil vom 14. Januar 1993 - [X.] - NJW 1993, 935, 937). Die Feststellung der haftungsausfüllenden Kausalität und damit der Ursächlich-keit des Behandlungsfehlers für alle weiteren (Folge-)Schäden einschließlich der Frage einer fehlerbedingten Verschlimmerung von Vorschäden richtet sich hingegen nach § 287 ZPO; hier kann zur Überzeugungsbildung eine überwie-9 - 6 - gende Wahrscheinlichkeit genügen (Senatsurteile vom 24. Juni 1986 - [X.] ZR 21/85 - [X.], 1121, 1122 f.; vom 21. Oktober 1987 - [X.] ZR 15/85 - [X.], 310; vom 22. September 1992 - [X.] ZR 293/91 - [X.], 55 f. und vom 21. Juli 1998 - [X.] ZR 15/98 - [X.], 1153, 1154). 10 Vorliegend hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei die Fehlbehandlung des [X.] und damit die haftungsbegründende Kausalität festgestellt. Primär-schaden des [X.], d.h. die durch den Behandlungsfehler im Sinne haftungs-begründender Kausalität hervorgerufene Körperverletzung, ist die durch die unterbliebene Ruhigstellung und damit unsachgemäße Behandlung der Fraktur eingetretene gesundheitliche Befindlichkeit. Welche weiteren Schäden sich hieraus entwickelt haben, ist eine Frage der haftungsausfüllenden Kausalität. Da der Morbus [X.] nach dem Klagevortrag nicht durch den Unfall, sondern durch die ärztliche Fehlbehandlung und die damit hervorgerufene [X.] eingetreten ist, behauptet der Kläger insoweit mithin einen Sekundär-/Folgeschaden (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 4. November 2003 - [X.] - [X.], 118, 119; OLG [X.], NJW-RR 1999, 176, 177). In dieser Hinsicht unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem dem Senatsurteil vom 4. November 2003 ([X.] - [X.], 118) zugrunde liegenden Sachverhalt, in dem der nach dem Unfall aufgetretene Morbus [X.] als Primärschaden geltend gemacht wurde, weil es an einer vorausgegan-genen Körperverletzung fehlte. Nach den vom Berufungsgericht verwendeten Formulierungen liegt die Annahme nahe, dass es bei Prüfung des Kausalzusammenhangs für den [X.] einen zu strengen Maßstab angelegt hat. Das Berufungsgericht hat nämlich die Kausalität verneint, weil sich nicht mit einem für das praktische Le-ben brauchbaren Grad an Gewissheit die Überzeugung gewinnen lasse, dass die Fehlbehandlung die [X.]sche Heilentgleisung hervorgerufen habe, denn 11 - 7 - es sei möglich, wenn auch sehr unwahrscheinlich, dass sich der Morbus [X.] allein aufgrund des Unfalls vom 11. Oktober 2002 entwickelt habe. Für die Anlegung eines zu strengen Beweismaßes spricht auch, dass das Berufungs-gericht nicht nur den Sachverständigen Prof. Dr. C. mit den Worten zitiert, die-ser habe gesagt, dass der Morbus [X.] auch bei ordnungsgemäßer [X.] nicht "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" vermieden worden wäre, sondern ausdrücklich auch die Beweiswürdigung des [X.]s billigt, welches für den [X.] eine "mit an Sicherheit grenzende Wahr-scheinlichkeit" verlangt hat. Damit hat das Berufungsgericht, wie die Revision mit Recht geltend macht, für den Nachweis der Ursächlichkeit hinsichtlich des [X.] ein Beweismaß verlangt, das noch nicht einmal von dem stren-gen Maßstab des § 286 ZPO vorausgesetzt wird (vgl. [X.] 53, 245, 255 f.; Senatsurteile vom 9. Mai 1989 - [X.] ZR 268/88 - [X.], 758, 759 und vom 18. Januar 2000 - [X.] ZR 375/98 - [X.], 503, 505; [X.], Urteil vom 14. Januar 1993 - [X.] - NJW 1993, 935, 937). Es kann nicht ausge-schlossen werden, dass die tatrichterliche Würdigung bei Berücksichtigung der hier allein maßgebenden Grundsätze des § 287 ZPO zu einem anderen, für den Kläger günstigeren Ergebnis geführt hätte. 3. Auch soweit das Berufungsgericht die Voraussetzungen für eine [X.] zugunsten des [X.] verneint hat, sind seine Ausführungen nicht in jeder Hinsicht frei von [X.]. 12 a) In [X.] kommt eine Beweislastumkehr in Betracht, wenn der Beweis des [X.]s von dem hierfür grundsätzlich beweispflichtigen Patienten nicht geführt werden kann. Das wäre vorliegend der Fall, wenn der Kläger auch bei Anlegung des Beweismaßes von § 287 ZPO beweisfällig bliebe. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die von der höchst-richterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die [X.] - 8 - kehr für den [X.] bei groben Behandlungsfehlern (Senatsurteil [X.] 159, 48, 53 m.w.N.), wie der erkennende Senat bereits mehrfach ent-schieden hat, grundsätzlich nur Anwendung finden, soweit durch den Fehler des Arztes unmittelbar verursachte haftungsbegründende Gesundheitsbeschä-digungen in Frage stehen. Für den [X.] für Folgeschäden (Se-kundärschäden), die erst durch den infolge des Behandlungsfehlers eingetrete-nen Gesundheitsschaden entstanden sein sollen, gelten sie nur dann, wenn der Sekundärschaden eine typische Folge der Primärverletzung ist (Senatsurteile vom 21. Oktober 1969 - [X.] ZR 82/68 - [X.], 1148, 1149; vom 9. Mai 1978 - [X.] ZR 81/77 - VersR 1978, 764, 765; vom 28. Juni 1988 - [X.] ZR 210/87 - [X.], 145; vom 16. November 2004 - [X.] ZR 328/03 - [X.], 228, 230; vgl. auch Senatsurteil vom 21. Juli 1998 - [X.] ZR 15/98 - [X.], 1153, 1154; [X.], [X.], 63). Das Berufungsgericht wird deshalb ggf. durch Nachfrage beim Sachverständigen aufzuklären haben, ob es sich beim Auftreten des Morbus [X.] um eine typische Folge der durch den Be-handlungsfehler gesetzten [X.] handelt. b) Das Eingreifen einer Beweislastumkehr zugunsten des Patienten setzt des Weiteren voraus, dass dem Arzt ein grober Behandlungsfehler unterlaufen ist. Dies hat das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend erkannt. Die Revision macht jedoch mit Recht geltend, dass die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach der dem [X.]n unterlaufene [X.] nicht als fundamenta-ler Diagnoseirrtum einzustufen sei, auf einer unzureichenden Aufklärung des Sachverhaltes beruht. 14 [X.]) Im Ansatz geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, dass ein Fehler bei der Interpretation von Krankheitssymptomen nur dann einen schwe-ren Verstoß gegen die Regeln der ärztlichen Kunst und damit einen "groben" [X.] darstellt, wenn es sich um einen fundamentalen Irrtum handelt 15 - 9 - (vgl. Senatsurteile vom 14. Juli 1981 - [X.] ZR 35/79 - VersR 1981, 1033, 1034; vom 10. November 1987 - [X.] ZR 39/87 - [X.], 293, 294; vom 14. Juli 1992 - [X.] ZR 214/91 - [X.], 1263, 1265 und vom 9. Januar 2007 - [X.] ZR 59/06 - [X.], 541, 542). Wegen der bei Stellung einer Diagnose nicht seltenen Unsicherheiten muss die Schwelle, von der ab ein Diagnoseirrtum als schwerer Verstoß gegen die Regeln der ärztlichen Kunst zu beurteilen ist, der dann zu einer Belastung mit dem Risiko der [X.] des weiteren [X.] führen kann, hoch angesetzt werden. Die Beurteilung, ob ein Behandlungsfehler als grob oder nicht einzustu-fen ist, ist eine juristische Wertung, die dem Tatrichter obliegt, der sich dabei mangels eigener Fachkenntnisse der Hilfe eines medizinischen Sachverständi-gen zu bedienen hat. In aller Regel wird er sonst den berufsspezifischen Sorg-faltsmaßstab des Arztes, der bei der Prüfung eines groben Behandlungsfehlers zu berücksichtigen ist, nicht zutreffend ermitteln können (st. Rspr., vgl. Senats-urteile [X.] 72, 132, 135; 132, 47, 53 f.; vom 3. Dezember 1985 - [X.] ZR 106/84 - [X.], 366, 367; vom 10. November 1987 - [X.] ZR 39/87 - [X.], 293, 294; vom 13. Februar 1996 - [X.] ZR 402/94 - [X.], 633, 634 und vom 27. März 2001 - [X.] ZR 18/00 - VersR 2001, 859, 860). Das [X.] Sachverständigengutachten muss vollständig und überzeugend und ins-besondere frei von Widersprüchen sein. Unklarheiten und Zweifel zwischen den verschiedenen Bekundungen des Sachverständigen hat das Gericht durch ge-zielte Befragung zu klären. Andernfalls bietet der erhobene [X.] keine ausreichende Grundlage für die tatrichterliche Überzeugungsbil-dung (vgl. Senatsurteile vom 27. September 1994 - [X.] ZR 284/93 - [X.], 195, 196; vom 4. Oktober 1994 - [X.] ZR 205/93 - [X.], 46, 47; vom 29. November 1994 - [X.] ZR 189/93 - [X.], 659, 660 und vom 27. März 2001 - [X.] ZR 18/00 - [X.]O). 16 - 10 - [X.]) Vorliegend hat das Berufungsgericht auf der Grundlage des medizi-nischen Sachverständigengutachtens einen groben Behandlungsfehler ver-neint, weil der Gutachter angegeben habe, das Übersehen einer Fraktur sei etwas, das tagtäglich passiere. Es könne zwar einen groben Fehler darstellen, doch sei dies nicht der Fall, wenn der Bruch, wie vorliegend, schwer zu erken-nen sei. Mit Recht verweist die Revision darauf, dass der Sachverständige auch erklärt hat, die Fraktur sei "nur unter genauer Anschauung bzw. unter Vergröße-rung erkennbar" gewesen. Abgesehen davon, dass eine "genaue Anschauung" bei der Auswertung eines [X.] wohl stets geboten sein dürfte, wirft diese Beurteilung des Sachverständigen die Frage auf, ob das Unterlassen [X.] genauen Anschauung vorliegend nicht doch als grober Fehler zu bewerten sein könnte. Unklar ist vor allem, was unter der Formulierung "Vergrößerung" zu verstehen ist. Da es sich bei der Verletzung des [X.] am [X.] um eine relativ kleine Fraktur handelt, könnte der Sachverständige mit einer An-schauung "unter Vergrößerung" sowohl das Betrachten des [X.] mit-tels [X.] als auch die Anfertigung eines vergrößerten [X.] ge-meint haben. Auch diesen Fragen wird das Berufungsgericht gegebenenfalls nachzugehen haben, zumal der Kläger, wie die Revision mit Recht geltend macht, unter Beweisantritt vorgetragen hat, es sei medizinischer Standard, ein Röntgenbild vierfach zu vergrößern. Soweit das Berufungsgericht gemeint hat, eine Vergrößerung sei hier deshalb nicht erforderlich gewesen, weil die Fraktur auf dem Röntgenbild auch ohne Vergrößerung zu erkennen gewesen sei, steht diese rechtliche Beurteilung in tatsächlicher Hinsicht nicht im Einklang mit der oben wiedergegebenen Einschätzung des Sachverständigen, wonach die Bruchstelle "nur unter genauer Anschauung bzw. unter Vergrößerung erkenn-bar" gewesen sei. Jedenfalls wird das Berufungsgericht, wenn es auch nach dem Beweismaß des § 287 ZPO keine Überzeugung von dem [X.] zwischen der Fehlbehandlung und dem Morbus [X.] gewin-17 - 11 - nen kann, die Voraussetzungen einer Beweislastumkehr erneut zu prüfen ha-ben und einen groben Behandlungsfehler nur auf der Grundlage einer vollstän-digen und widerspruchsfreien Würdigung der medizinischen Anknüpfungstatsa-chen verneinen können. [X.] [X.] Pauge [X.]

Zoll Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 06.12.2005 - 16 O 234/04 - OLG [X.], Entscheidung vom 11.10.2006 - 1 U 726/05-245- -

Meta

VI ZR 221/06

12.02.2008

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.02.2008, Az. VI ZR 221/06 (REWIS RS 2008, 5642)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 5642

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