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Unzulässigkeit eines Antrags im Organstreitverfahren nach Art. 99 GG, § 13 Nr. 10 BVerfGG
[X.]
- 2 BvK 1/03 -
festzustellen,
1. | das [X.] zur Aufhebung des Gesetzesbeschlusses zur Änderung des [X.] (Drucksache 15/2650) vom 9. Mai 2003 ü[X.] die Aufhebung der Neuregelung der [X.]entschädigung durch Gesetz vom 2. April 2003 (Drucksache 15/1953 und Drucksache 15/2516) hat dadurch gegen Artikel 11 Absätze 1, 2 und 3 der [X.] in Verbindung mit den Artikeln 38 Absatz 1, 48 Absatz 3 Satz 1 und 28 Absatz 1 Sätze 1 und 2 [X.] verstoßen, dass es eine gesetzliche Regelung zur angemessenen und dem formalisierten Gleichheitssatz entsprechenden Entschädigung der [X.] des [X.] und damit auch des Antragstellers ersatzlos aufhob und damit den verfassungswidrigen Zustand vor der Neuregelung zum Nachteil des Antragstellers in Geltung beließ, |
2. | das Gesetz ü[X.] die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des [X.] ([X.] - [X.] - in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Februar 1991, GVOBl Schl.-H. 1991 S. 100, [X.]. 1992 S. 225, zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Dezem[X.] 2002, GVOBl Schl.-H. [X.]) ist aus den vorbezeichneten Gründen verfassungswidrig und verletzt gleichermaßen die Rechte des Antragstellers. |
Antragsteller: | B..., ehemals Mitglied des [X.], |
Antragsgegner: | [X.], vertreten durch den Präsidenten, |
hat das [X.] - Zweiter Senat - unter Mitwirkung der [X.]innen und [X.]
Vizepräsident [X.],
Broß,
[X.],
[X.],
[X.],
Lübbe-Wolff,
[X.],
Landau
am 27. Novem[X.] 2007 gemäß § 24 des Gesetzes ü[X.] das [X.] beschlossen:
Der Antrag wird verworfen.
[X.] innerhalb [X.] gemäß Art. 99 [X.], § 13 Nr. 10 [X.]. Der Antragsteller war von 1998 bis zum Ende der 15. Legislaturperiode im Jahre 2005 [X.] des [X.]. Er wendet sich im Wesentlichen dagegen, dass es der [X.] im Jahre 2003 unterließ, das Gesetzgebungsverfahren zur Änderung der [X.]entschädigung zum Abschluss zu bringen, mit dem eine höhere Entschädigung der [X.] und die Beschränkung der [X.] geregelt werden sollte.
Zum Zeitpunkt der Antragstellung galt das Gesetz ü[X.] die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des [X.] in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Februar 1991 (GVOBl Schl.-H. 1991 S. 100), zuletzt geändert mit Gesetz vom 16. Dezem[X.] 2002 (GVOBl Schl.-H. 2002 S. 269) - [X.] [X.] a.F. In § 6 Abs. 1 [X.] [X.] a.F. war die Entschädigung der [X.] auf 3.926,72 Euro festgesetzt, nach § 6 Abs. 2 [X.] [X.] a.F. erhielten zahlreiche Funktionsträger Zulagen, namentlich die Präsidentin oder der Präsident, die Vizepräsidenten, die Ausschussvorsitzenden, die Fraktionsvorsitzenden, eine Abgeordnete oder ein [X.] der dänischen Minderheit, die parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen, deren Stellvertreter sowie die Vorsitzenden der [X.].
Zur Vor[X.]eitung einer Reform der [X.]entschädigung [X.]ief der Präsident des [X.] im Einvernehmen mit allen Fraktionen im Januar 2001 eine unabhängige Sachverständigenkommission ein. Die sogenannte [X.] legte am 19. Dezem[X.] 2001 ihre Empfehlungen zur [X.]entschädigung vor. Sie schlug unter anderem vor, die Gewährung von [X.] nach der Entscheidung des [X.]s vom 21. Juli 2000 ([X.] 102, 224) auf wenige Spitzenpositionen zu beschränken. Außerdem sollten die steuerpflichtige Grundentschädigung der [X.] deutlich auf etwa 7.000 Euro erhöht und die steuerfreien Leistungen auf ein Minimum reduziert werden. Dafür sollten die [X.] ihre Kranken- und Altersversicherungen eigenverantwortlich tragen.
In seiner Sitzung vom 2. April 2003 nahm der Schleswig-Holsteinische [X.] einen Gesetzentwurf an, mit dem diese Änderungsvorschläge umgesetzt werden sollten ([X.] Schl.-H. Drucks. 15/2516). Der Gesetzentwurf wurde von der Ministerpräsidentin unterzeichnet. Daraufhin rief die [X.] unter der Ü[X.]schrift „[X.] stoppen Diäten-Wahnsinn“ ihre Leser dazu auf, mit einem „[X.]“ den „Diäten-Abzockern die Meinung“ zu sagen. Unter der Ü[X.]schrift „Das sind die Diäten-Abzocker“ druckte die [X.] die Fotos und Namen der [X.] ab, die dem Gesetzentwurf zugestimmt hatten.
In der Sitzung des [X.] vom 7. Mai 2003 ([X.] Schl.-H. Plenarprot. 15/86) brachten die Fraktionen von [X.] und [X.] als Dringlichkeitsantrag den Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Gesetzesbeschlusses zur Änderung des [X.] ein ([X.] Schl.-H. Drucks. 15/2650). Zur Begründung wurde ausgeführt, es sei nicht gelungen, deutlich zu machen, dass es im [X.] um eine Diätenstrukturreform mit vielen Bestandteilen und nicht nur um eine bloße Diäten-Erhöhung gegangen sei ([X.] Schl.-H. Plenarprot. 15/86 S. 6482). In seiner Sitzung vom 9. Mai 2003 ([X.] Schl.-H. Plenarprot. 15/88 S. 6698) verabschiedete der [X.] das Gesetz zur Aufhebung des Gesetzesbeschlusses zur Änderung des [X.], dessen Artikel 1 wie folgt lautet ([X.] Schl.-H. Drucks. 15/2650):
Der Gesetzesbeschluss des [X.]es vom 2. April 2003 zur Änderung des [X.] (Drucksachen 15/1953 und 15/2516) wird aufgehoben und ist nicht zu verkünden.
Dieses Aufhebungsgesetz wurde am 13. Mai 2003 im Gesetz- und Verordnungsblatt verkündet und trat einen Tag später in [X.] (GVOBl Schl.-H. 2003 S. 226).
Am 6. Okto[X.] 2003 hat der Antragsteller beantragt, festzustellen, dass das Aufhebungsgesetz gegen Art. 11 Abs. 3 [X.] [X.] in Verbindung mit Art. 38 Abs. 1, Art. 48 Abs. 3 Satz 1 und Art. 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 [X.] verstößt. Er trägt vor, mit dem Aufhebungsgesetz habe der Antragsgegner seinen Auftrag missachtet, auch bei Widerständen eine verfassungsrechtlich gebotene gesetzliche Entschädigungsregelung herbeizuführen. Das [X.]gesetz a.F. widerspreche der Rechtsprechung des [X.]s ([X.] 102, 224), wonach das Gebot der formalen Gleichstellung der [X.] nach Position und Entschädigung nur wenige Ausnahmen erlaube. Außerdem entspreche die Grundentschädigung nicht einer angemessenen Entschädigung im Sinne des Art. 11 Abs. 3 [X.] [X.].
In der 16. Legislaturperiode hat der Antragsgegner das Reformvorhaben wieder aufgenommen. Mit Gesetz vom 20. Juni 2006 (GVOBl Schl.-H. 2006 S. 128) hat er die Entschädigungsregelungen des [X.] geändert. Das Änderungsgesetz knüpft an die Reformbestrebungen im Jahre 2003 an und [X.]uht ebenfalls auf den Empfehlungen der [X.] ([X.] Schl.-H. Plenarprot. 16/29 S. 2052 sowie 16/32 S. 2255, 2263). Nunmehr beträgt die Grundentschädigung gemäß Art. 1 Nr. 4 lit a des Änderungsgesetzes 6.700 Euro. Die Zahl der Funktionsträger, die eine Zulage erhalten, ist gemäß Art. 1 Nr. 4 lit b des Änderungsgesetzes beschränkt auf die parlamentarischen Funktionen des Präsidenten oder der Präsidentin, der Vizepräsidenten, der Fraktionsvorsitzenden sowie eines oder einer [X.] der dänischen Minderheit, sofern diese die Fraktionsstärke nicht erreicht, und die Parlamentarischen Geschäftsführer.
In einem ergänzenden Schriftsatz vom 19. Okto[X.] 2006 führt der Antragsteller aus, sein Begehren habe sich auch durch das Änderungsgesetz vom 20. Juni 2006 nicht erledigt. Er beziehe seit seinem Ausscheiden aus dem [X.] die Altersentschädigung gemäß § 17 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 des [X.] a.F., die mit der gesamten bisherigen Entschädigungsregelung dem Verdikt der verfassungswidrigen Unangemessenheit und Ungleichbehandlung unterliege. Er erhalte nicht die Altersentschädigung, die in dem aufgehobenen Gesetzentwurf zur Änderung des [X.]gesetzes vorgesehen gewesen sei. Ihm werde auch die Altersentschädigung vorenthalten, die durch das Gesetz vom 20. Juni 2006 zum 1. Juli 2007 eingeführt worden sei. Er werde dadurch benachteiligt, dass eine angemessene Regelung der [X.]entschädigung von Mai 2003 bis Januar 2007 aufgeschoben worden sei. Nach § 48 Abs. 3 [X.] in der Fassung des Gesetzes vom 20. Juni 2006 werde seine Altersentschädigung ab dem 1. Januar 2007 auf einer Basis von 4.100 Euro [X.]echnet, wohingegen die Altersentschädigung für Abgeordnete, die seit der 15. Legislaturperiode und bis nach dem 1. Januar 2007 Mitglieder des [X.]es gewesen seien, auf der Basis von 4.800 Euro [X.]echnet werde.
Der Antragsgegner hält den Antrag für unzulässig. Hinsichtlich des ursprünglichen [X.]gesetzes sei der Antrag verfristet. In Bezug auf das Aufhebungsgesetz sei der Antragsteller nicht antragsbefugt, da das Aufhebungsgesetz ihn nicht unmittelbar in seinen Rechten verletzt oder gefährdet habe. Da der [X.] mit Erlass des Gesetzes zur Änderung des [X.] vom 20. Juni 2006 die [X.]entschädigung reformiert habe, fehle dem Antrag nunmehr auch das Rechtsschutzbedürfnis.
Der [X.] und das Land Thüringen haben Stellung genommen.
Der Antrag ist unzulässig.
In Bezug auf das [X.]gesetz von 1991 in Gestalt des Änderungsgesetzes vom 16. Dezem[X.] 2002, in [X.] getreten am 1. Januar 2003, ist der Antrag verfristet gemäß § 73 Abs. 2 in Verbindung mit § 64 Abs. 3 [X.]. Die [X.] war [X.]eits verstrichen, als der Antrag am 6. Okto[X.] 2003 bei Gericht eingegangen ist. Von dieser Frist gilt auch keine Ausnahme (vgl. [X.] 80, 188 <209>), da der Antragsteller seit seiner Wahl zum [X.]sabgeordneten im Jahre 1998 von dem [X.]gesetz betroffen war.
1. Bezüglich des Antrags festzustellen, dass das Gesetz zur Aufhebung des Gesetzesbeschlusses zur Änderung des [X.] vom 13. Mai 2003 gegen die [X.] verstößt, fehlt dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis. Auch im Organstreitverfahren ist das Rechtsschutzbedürfnis des Organs grundsätzlich Voraussetzung für die Sachentscheidung (vgl. [X.] 62, 1 <33>; 67, 100 <127>; 68, 1 <77>).
Der Antragsteller hat kein rechtlich erhebliches subjektives Interesse an der Entscheidung des [X.], weil für ihn dadurch keine rechtlichen Wirkungen mehr erzeugt werden könnten. Mit dem Gesetz zur Änderung der [X.]entschädigung vom 20. Juni 2006 hat der Antragsgegner die Entschädigungsregelungen geändert und damit dem ursprünglichen Begehren des Antragstellers, verfassungsgemäße Zustände herzustellen, entsprochen.
Der Antragsteller hat nichts vorgetragen, was für ein weiter bestehendes Rechtsschutzinteresse an der Entscheidung ü[X.] sein ursprüngliches Begehren sprechen könnte. Die Gefahr der Wiederholung besteht nicht (vgl. [X.] 87, 207 <209>). Eine präjudizielle Bedeutung (vgl. [X.] 1, 372 <379>) hat der Antragsteller nicht dargetan.
Soweit der Antragsteller nunmehr nicht mehr die Erhöhung der Grundentschädigung verfolgt, sondern eine erhöhte Altersentschädigung begehrt (vgl. Schriftsatz vom 19. Okto[X.] 2006) und sich auf die unterschiedlichen Regelungen zur Altersversorgung [X.]uft, hat er nicht substantiiert verfassungsrechtlich begründet, inwiefern er in seinem damaligen organschaftlichen Status als [X.] ungeachtet seines zwischenzeitlichen Ausscheidens dadurch verletzt sein kann, dass sich seine Altersversorgung heute nach dem [X.]gesetz a.F. bemisst. Er hat auch nicht in tatsächlicher Hinsicht dargelegt, wie sich die Versorgungsansprüche nach den grundsätzlich verschiedenen Modellen der [X.]entschädigung konkret [X.]echnen und inwiefern er durch die alte Regelung benachteiligt sein soll.
2. Da das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers weggefallen ist, fehlt es grundsätzlich an einem Interesse an der Entscheidung der Streitfrage. Es besteht auch nicht ausnahmsweise ein objektives Interesse daran zu klären, ob die [X.] nach dem [X.]gesetz a.F. verfassungswidrig waren und durch den aufgehobenen Gesetzesbeschluss zur Änderung des [X.]gesetzes ein verfassungsgemäßer Zustand herzustellen war.
a) Ein objektives Klarstellungsinteresse besteht nicht, da die Entschädigungsregelungen für Abgeordnete inzwischen geändert wurden (vgl. [X.] 102, 224 <233>). Der Antragsgegner hatte in der 16. Legislaturperiode sein damaliges Bestreben wieder aufgenommen, die [X.]entschädigung verfassungsgemäß auszugestalten. Die Änderungen durch das Gesetz vom 20. Juni 2006 entsprechen im Wesentlichen dem seinerzeit aufgehobenen Gesetzentwurf zur Änderung des [X.]gesetzes: Die Höhe der Grundentschädigung wurde angehoben, und die Zahl der Funktionsträger, die eine Zulage erhalten, wurde beschränkt auf wenige politisch besonders hervorgehobene parlamentarische Funktionen.
b) Im Übrigen sind die wesentlichen verfassungsrechtlichen Maßstäbe geklärt. Anhand der Vorgaben des [X.]s in seiner Entscheidung vom 21. Juli 2000 ([X.] 102, 224) kann die Verfassungsmäßigkeit der Entschädigungsregelungen beurteilt werden. Darin hat das [X.] allgemeine Maßstäbe zu der Frage aufgestellt, für welche Ämter [X.] vorgesehen werden können, ohne dass die Freiheit des Mandats und der Grundsatz der Gleichbehandlung der [X.] verletzt sind.
[X.] | Broß | [X.] |
Di Fabio | [X.] | Lübbe-Wolff |
[X.] | Landau |
Meta
27.11.2007
Sachgebiet: BvK
Zitiervorschlag: Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom 27.11.2007, Az. 2 BvK 1/03 (REWIS RS 2007, 638)
Papierfundstellen: REWIS RS 2007, 638 BVerfGE 119, 302-309 REWIS RS 2007, 638
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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