Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2010, Az. II ZB 13/09

II. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 764

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS [X.]/09 vom 6. Dezember 2010 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO §§ 116, 114 Die beabsichtigte Erhebung einer [X.] durch den Insolvenzverwalter ist nicht bereits als solche, sondern nur dann mutwillig im Sinne von § 116 Satz 2, § 114 Satz 1 letzter Halbsatz ZPO, wenn der Insolvenzverwalter keine nachvollziehbaren Sachgründe dafür vorbringt, warum er auf die Geltendmachung der Gesamtforderung verzichtet. [X.], Beschluss vom 6. Dezember 2010 - [X.]/09 - [X.]
- 2 - Der I[X.] Zivilsenat des [X.] hat am 6. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden [X.] und die Richterin [X.] sowie [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 9. Zivilsenats des [X.] vom 26. Mai 2009 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller hat die Kosten des [X.] zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Gründe: [X.] Der Antragsteller ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der H.

GmbH i.L.. Er begehrt Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage, mit welcher er im Wege der [X.] von einem behaupteten Anspruch der Schuldnerin aus § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. in Höhe von 40.538,30 • einen Teilbetrag von 15.000 • geltend machen will. Das [X.] hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Die hiergegen einge-legte sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom Beschwerde-gericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein [X.] für die beabsichtigte [X.] weiter. 1 - 3 - I[X.] 2 Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das [X.] hat den Antrag des [X.] auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte [X.] im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Die [X.] Rechtsverfolgung ist mutwillig im Sinne von § 116 Satz 2, § 114 Satz 1 letzter Halbsatz ZPO. 1. Nach den - von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen - [X.] reicht der mit der beabsichtigten Klage geltend gemachte Teilbetrag nicht aus, um die vorrangig zu befriedigenden Verfahrens-kosten einschließlich der Verwaltervergütung und die Masseverbindlichkeiten zu decken. Die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen dem Insolvenzver-walter für eine [X.], die vornehmlich zur Deckung der eigenen [X.] dient und die [X.] der Insolvenzgläubiger nicht verbessert, Prozesskostenhilfe zu gewähren ist, wird nicht einheitlich be-antwortet. 3 Teilweise wird, wie vom Beschwerdegericht, die Auffassung vertreten, eine solche Rechtsverfolgung sei wegen "Umgehung" der Anforderungen des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich unzulässig ([X.], [X.], 374; [X.], [X.] 2006, 356, 357) oder mutwillig im Sinne des § 114 Satz 1 ZPO ([X.], [X.], 202). Nur im Ausnahmefall, wenn der Insolvenz-verwalter triftige Gründe für ein solches prozessuales Vorgehen darlege, könne Prozesskostenhilfe gewährt werden ([X.], [X.], 202; Z[X.] 2007, 331; vgl. auch [X.], [X.], 374). Ein anderer Teil der [X.] Rechtsprechung und der Literatur vertritt den Standpunkt, dass allein die Erhebung einer [X.] durch den Insolvenzverwalter als solche ohne Vorlie-gen zusätzlicher Gesichtspunkte nicht als mutwillig im Sinne des § 114 ZPO 4 - 4 - ([X.], [X.], 42, 43 mit zustimmender [X.] [X.], EWiR § 116 ZPO 1/03, 139, 140; [X.], [X.], 433 mit zustimmender [X.] [X.], Fachdienst Insolvenzrecht 2008, 255780; ebenso Werres, [X.] (2000), 251, 256; [X.]/[X.]/[X.], NJW 2003, 2412, 2416 [X.]. 46; Musielak/ [X.], ZPO, 7. Aufl., § 114 Rn. 42; [X.] in [X.]/[X.], ZPO, 31. Aufl., § 114 Rn. 8; Hk-ZPO/Pukall, 2. Aufl., § 116 Rn. 11; [X.], [X.], 13. Aufl., § 80 Rn. 120; [X.] in Gottwald, [X.], 4. Aufl., § 51 Rn. 37) oder als in der unlauteren Absicht erhoben angesehen werden könne, die Voraussetzungen des § 116 ZPO zu umgehen ([X.], [X.], 433; [X.], [X.], 1636). Aber auch diese Auffassung lässt im Einzelfall nicht unberücksichtigt, ob der Insolvenzverwalter vernünftige oder triftige Grün-de darlegt, die für die Erhebung einer [X.] sprechen ([X.], [X.], 433, 434; [X.], [X.], 1636, 1637; [X.]/[X.], [X.] 12/2008 [X.] 5 unter D.; sehr weitgehend [X.], [X.], 42, 43). 2. Im Ausgangspunkt zutreffend ist die letztgenannte Meinung. [X.] ist aber eine jeweils an den konkreten Umständen des Einzelfalls orientierte Prüfung, ob sich die Erhebung der [X.] durch den Insolvenzverwalter als mutwillig im Sinne von § 116 Satz 2, § 114 Satz 1 letzter Halbsatz ZPO dar-stellt. Der die Darlegungslast für sämtliche Bewilligungsvoraussetzungen [X.] Insolvenzverwalter (vgl. [X.], Beschluss vom 5. Mai 1977 - [X.], [X.], 639) hat nachvollziehbare Sachgründe dafür vorzu-bringen, warum er auf die Geltendmachung der Gesamtforderung verzichtet. 5 a) Ein Zwang zur Geltendmachung der Gesamtforderung findet im [X.] keine Stütze. Dem Insolvenzverwalter muss die Erhebung einer [X.] schon deshalb möglich sein, weil die Bewilligung der Prozesskostenhilfe auf den Kostenerstattungsanspruch des Gegners keinen Einfluss hat (§ 123 ZPO) 6 - 5 - und als Folge der Prozessführung die Masse daher mit einem nicht unerhebli-chen Kostenrisiko belastet wird (vgl. [X.], [X.], 433, 434; OLG Ham-burg, [X.], 1636). b) Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Antragsteller scheitert hier indes an der Mutwilligkeit der beabsichtigten [X.]. 7 aa) Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine nicht bedürftige Partei bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Prozesslage von ihr [X.] nehmen würde (vgl. nur [X.], Beschluss vom 29. Januar 2009 - [X.], [X.] 179, 315 Rn. 12; Beschluss vom 6. Juli 2010 - [X.], [X.], 3522 Rn. 6 mwN). Beurteilungsmaßstab für die [X.] der Rechtsverfolgung durch den Insolvenzverwalter ist das fiktive [X.] eines nicht auf Prozesskostenhilfe angewiesenen, verständigen, sich an den wohlverstandenen Interessen der [X.] orientierenden Verwalters. Hätte ein solcher Verwalter lediglich eine [X.] erhoben, weil die Geltendmachung der Gesamtforderung aus bestimmten Gründen nicht sachge-recht erscheint, stellt sich die [X.] nicht als mutwillig dar. Dies gilt [X.] davon, ob bei einer auf Zahlung der Gesamtforderung gerichteten Klage die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von [X.] wegen der in diesem Fall bestehenden Vorschusspflicht wirtschaftlich betei-ligter Gläubiger nach § 116 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 ZPO entfiele. 8 [X.]) Ein verständiger, nach den Interessen der Gläubigergesamtheit [X.] Verwalter wird regelmäßig schon deshalb bestrebt sein, die gesamte Forderung mit einer Klage geltend zu machen, weil die Erhebung mehrerer [X.]n die Kosten der Rechtsverfolgung erhöht und die Dauer des [X.] verlängert. Eine [X.] wird er nur erheben, wenn hierfür ein sachlich begründeter Anlass besteht. Dies gilt umso mehr, wenn die [X.] - 6 - tigte [X.] im Erfolgsfall nur dazu führt, die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken, ohne die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger zu verbessern. Nachvollziehbare Sachgründe können begründete Zweifel sein, ob der erstrebte Titel in vollem Umfang durchgesetzt werden kann ([X.], [X.], 42, 43; [X.], [X.], 433, 434; [X.], [X.], 1636). Im Hinblick auf das Prozessrisiko können etwa Beweisschwierigkeiten hinsichtlich eines Teils des Anspruchs eine Rolle spielen; ebenso kann ein ma-teriell-rechtlich uneinheitlich zu beurteilender Anspruch ein Grund für die Verfol-gung nur eines [X.] sein, wenn etwa eine nur teilweise durchgreifende Einwendung oder Einrede zu erwarten ist. Weiter kann im Einzelfall die begrün-dete Erwartung bestehen, dass der Prozessgegner nach Verurteilung zur Leis-tung eines [X.] den ganzen Anspruch begleichen werde ([X.], [X.], 202). 10 cc) Der Antragsteller hat nachvollziehbare Sachgründe für die Erhebung einer [X.] nicht dargelegt. Er rechtfertigt sein Vorgehen damit, es bestehe ein Vollstreckungsrisiko, weil der Antragsgegner zu 1 im Jahr 1920 geboren und das Vermögen des Antragsgegners zu 2 Gegenstand eines Insolvenzverfah-rens gewesen sei. Das reicht im Hinblick darauf, dass der Antragsteller die [X.] als Gesamtschuldner in Anspruch nehmen will und ein Urteil [X.] - 7 - den Rechtsnachfolger wirkt (§ 325 Abs. 1 ZPO), für die Darlegung erheblicher, die [X.] rechtfertigender Zweifel an der Durchsetzbarkeit eines die Ge-samtforderung umfassenden Titels nicht aus. [X.] Reichart Drescher [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 02.04.2009 - 2 O 52/09 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 9 W 45/09 -

Meta

II ZB 13/09

06.12.2010

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2010, Az. II ZB 13/09 (REWIS RS 2010, 764)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 764

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II ZB 13/09

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