Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.05.2022, Az. 1 StR 83/22

1. Strafsenat | REWIS RS 2022, 4460

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Gegenstand

Strafzumessung bei Betäubungsmitteldelikt: Einordnung von Amphetamin als "harte Droge"


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 30. November 2021 im Strafausspruch und im Ausspruch über den [X.] aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und den [X.] von neun Monaten der Freiheitsstrafe vor der Unterbringung angeordnet. Die gegen seine Verurteilung gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

1. Der Strafausspruch hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

3

a) Das [X.] hat bei der [X.] zum Nachteil des Angeklagten in die Abwägung eingestellt, dass er mit der „harten Droge Amphetamin“ Handel trieb ([X.]), und die Voraussetzungen eines minder schweren Falles nach § 30a Abs. 3 BtMG verneint.

4

Die insoweit vom [X.] angestellte Erwägung, dass es sich bei Amphetamin um eine harte Droge handelt, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Zwar kommt der Art des Rauschgifts und seiner Gefährlichkeit im Rahmen der Strafzumessung grundsätzlich eine eigenständige Bedeutung zu. Nach der Rechtsprechung des [X.] besteht ein für die Strafzumessung maßgebliches Stufenverhältnis von sogenannten harten Drogen wie Heroin, Fentanyl, Kokain und Crack über Amphetamin, das auf der Gefährlichkeitsskala einen mittleren Platz einnimmt, bis hin zu sogenannten weichen Drogen wie Cannabis (st. Rspr.; vgl. [X.], Beschlüsse vom 14. August 2018 – 1 [X.] Rn. 4; vom 23. Januar 2018 – 3 [X.] Rn. 5 und vom 14. Juni 2017 – 3 [X.] Rn. 13). Daran gemessen ist es verfehlt, Amphetamin als „harte“ Droge einzuordnen und dies strafschärfend zu berücksichtigen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 14. August 2018 – 1 [X.] Rn. 4; vom 14. Juni 2017 – 3 [X.] Rn. 13 und vom 15. Juni 2016 – 1 [X.] Rn. 13).

5

b) Auch im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat das [X.] fehlerhaft zulasten des Angeklagten gewertet, dass es sich bei Amphetamin um eine „harte Droge“ handele ([X.] 16).

6

c) Das Urteil beruht auf diesem Rechtsfehler; denn der Senat kann aufgrund der zahlreichen Umstände, die das [X.] zugunsten des Angeklagten gewertet hat, nicht ausschließen, dass sich die genannte Erwägung bei der [X.] und der konkreten Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat.

7

2. Die zugrundeliegenden Feststellungen sind von dem aufgezeigten [X.] nicht betroffen und werden daher von der Aufhebung nicht umfasst. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit sie zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.

8

3. Der [X.] ist rechtsfehlerfrei begründet und kann bestehen bleiben. Allerdings zieht die Aufhebung des Strafausspruchs den Wegfall des angeordneten [X.]s eines Teils der Strafe nach sich.

Jäger     

      

Fischer     

      

Bär     

      

Hohoff     

      

Pernice     

      

Meta

1 StR 83/22

19.05.2022

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG München I, 30. November 2021, Az: 8 KLs 370 Js 190888/20

§ 29 BtMG, §§ 29ff BtMG, § 30a BtMG, § 46 StGB, § 337 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.05.2022, Az. 1 StR 83/22 (REWIS RS 2022, 4460)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 4460

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