Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.07.2013, Az. EnZR 73/12

Kartellsenat | REWIS RS 2013, 4155

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Kaufmännisch-bilanzielle Einspeisung von Strom aus Erneuerbaren Energien: Vom Erzeuger selbst verbrauchte Strommenge als netzentgeltpflichtige Entnahme; geschuldete Konzessionsabgaben


Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 26. Januar 2012 wird auf Kosten der Beklagten gemäß § 552a ZPO einstimmig zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Recht stattgegeben.

2

1. [X.], das Berufungsgericht habe die - im Schreiben vom 6. Dezember 2005 zusammengefasste - Preisvereinbarung rechtsfehlerhaft gewürdigt, bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Preisvereinbarung ohne Rechtsverstoß sowohl auf die physikalisch abgenommene Elektrizität als auch auf den sogenannten [X.] bezogen. Es hat bei seiner Auslegung entscheidend darauf abgestellt, dass zum Zeitpunkt der Preisvereinbarung das [X.] der Beklagten bereits in Betrieb genommen gewesen sei. Der dort produzierte Strom sei schon damals [X.] abgerechnet worden, weil die Beklagte ihn in ihrem betriebseigenen Netz verbraucht habe. Das Preisangebot der Klägerin, das einen einheitlichen Preis ausgewiesen habe, erfasse deshalb gleichermaßen sowohl den Preis für den tatsächlich abgenommenen als auch für den [X.]. Hätte die Beklagte eine unterschiedliche Behandlung gewollt, hätte sie dem Angebot widersprechen müssen.

3

Diese Auslegung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Allerdings greift die Revision nach dem Hinweisbeschluss des [X.]s die im Rahmen der Vertragsauslegung getroffene Feststellung des Berufungsgerichts an. Es treffe nicht zu, dass die Beklagte zu dem Zeitpunkt, zu dem die Preisvereinbarung getroffen worden sei, bereits [X.] nach der Inbetriebnahme des [X.]s (Oktober 2005) geliefert habe. Das [X.] sei vielmehr dann an das Netz der [X.] angeschlossen worden. Abgesehen davon, dass insoweit weder eine [X.] nach § 320 ZPO beantragt noch diese Beanstandung innerhalb der [X.] (§ 551 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b ZPO) vorgetragen wurde, könnte auch dieser geänderte Sachverhalt nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Jedenfalls wurde - wie die Beklagte selbst vorträgt - ab Oktober 2005 von der Beklagten aus drei Pflanzenöl-Kraftwerken [X.] in das Netz der Klägerin eingespeist.

4

Der ursprüngliche [X.] enthielt keine Unterscheidung zwischen tatsächlich physikalisch und bilanziell-kaufmännisch entnommenem Strom, weil die Möglichkeit einer [X.]en Durchleitung erst durch das [X.] geschaffen worden ist. Deshalb ist dem ursprünglichen Vertrag keine indizielle Bedeutung dafür zuzumessen, dass unter den veränderten Umständen nur der physikalisch entnommene Strom erfasst werden sollte. Vielmehr konnte das Berufungsgericht aus dem einheitlichen Strompreis schließen, dass die Parteien unter Strombezug sowohl den physikalisch entnommenen als auch den [X.] der Beklagten als Entnahme zugerechneten Strom verstanden haben. Demnach bedurfte es - entgegen der Auffassung der Revision - keiner ausdrücklichen Erwähnung des [X.] entnommenen Stroms. Dies entspricht im Übrigen dem Sinn einer [X.]en Durchleitung. Mit ihr wird dem Erzeuger Erneuerbarer Energien die Möglichkeit eingeräumt, den in seinem Arealnetz verbrauchten Strom so abzurechnen, als ob er in das Netz der allgemeinen Versorgung zunächst eingespeist und von dort sodann wieder entnommen worden wäre (vgl. auch [X.], Urteil vom 28. März 2007 - [X.], [X.], 1230 Rn. 27). Der Zweck der [X.]en Durchleitung legt es daher nahe, die physikalische und die fingierte [X.]e Stromentnahme preislich als eine Einheit anzusehen und gleichzubehandeln.

5

2. Da das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei von einer auch den [X.] umfassenden [X.] ausgegangen ist, ist für eine Preisbestimmung gemäß § 315 Abs. 3 BGB kein Raum. Damit ist auch die von der Revision aufgeworfene Frage nicht entscheidungserheblich, ob der [X.] nach billigem Ermessen den Leistungspreis umfassen darf.

6

3. Die Revision hat ebenfalls keine Erfolgsaussicht, soweit sich die Beklagte dagegen wendet, dass aufgrund der [X.]en Durchleitung für den im Netz der Beklagten schon verbrauchten Strom Netznutzungsentgelte anfallen. Auch insoweit ist gegen das Berufungsurteil nichts zu erinnern. Mit Beschluss vom 27. März 2012 ([X.] 8/11, [X.], 387) hat der [X.] entschieden, dass bei einer [X.]en Einspeisung von Strom aus Erneuerbaren Energien in ein Netz der allgemeinen Versorgung im Sinne des § 3 Nr. 7 [X.] die Strommenge, die vom Erzeuger selbst oder in einem vorgelagerten Arealnetz verbraucht wird, eine netzentgeltpflichtige Entnahme darstellt. An dieser Entscheidung hält der [X.] fest. Sie ist auch unabhängig davon, in welchem Umfang der Einspeiser ansonsten seinen Strombedarf aus dem Netz des Netzbetreibers deckt.

7

Die jetzt in der Revisionsbegründung vorgebrachten Einwände, die seinerzeit im Wesentlichen schon im Verfahren [X.] 8/11 vorgetragen worden sind, geben zu keiner abweichenden Betrachtung Anlass. Abgesehen davon, dass es der Beklagten freistünde, nach den tatsächlich physikalisch verbrauchten Strommengen abzurechnen, ist bei der [X.]en Durchleitung lediglich der [X.] vorverlegt. Erfasst wird deshalb nicht die in das Netz gemäß § 3 Nr. 7 [X.] eingespeiste, sondern die erzeugte Strommenge. Dem entspricht es, auch für die Entnahmen den [X.] anzupassen und auch insoweit den Verbrauch innerhalb des Netzes des Anlagenbetreibers ausreichen zu lassen. Müsste der Erzeuger Erneuerbarer Energien in diesen Fällen keine Netznutzungsentgelte entrichten, stünde er besser als ein direkt in das Netz nach § 3 Nr. 7 [X.] einspeisender Erzeuger, der von dort auch entnimmt. Ein solches Ergebnis entspräche nicht der Zielsetzung des Gesetzes ([X.], [X.], 387 Rn. 16). Der [X.] braucht in diesem Zusammenhang nicht zu entscheiden, ob die Möglichkeit einer Befreiung von Netznutzungsentgelten aufgrund des § 19 Abs. 2 [X.] in der Fassung vom 26. Juli 2011 auch für Fälle [X.]er Durchleitung in Betracht kommt. Abgesehen davon, dass insoweit eine genehmigte Individualvereinbarung nicht ersichtlich ist, sind Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits lediglich Netznutzungsentgelte bis September 2009.

8

Für die Konzessionsabgaben kann nichts anderes gelten. Diese knüpfen an die gelieferten [X.] an (§ 2 Abs. 1 [X.]). Sie sind gleichfalls infolge der fingierten Vorverlagerung der Netznutzung geschuldet, weil auch insoweit der Erzeuger Erneuerbarer Energien, der [X.] abrechnet, gegenüber dem direkt [X.] und aus dem Netz entnehmenden Erzeuger nicht bevorzugt werden darf.

II.

9

Die Voraussetzungen des § 552a ZPO liegen vor, weil die Sache nach der vorgenannten Entscheidung des [X.] vom 27. März 2012 ([X.], 387) keine grundsätzliche Bedeutung mehr aufweist und das Urteil des Berufungsgerichts mit dieser Entscheidung in Einklang steht. Hierbei kommt es auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung des [X.] an ([X.], Beschluss vom 20. Januar 2005 - [X.], [X.] 2005, 650 f. - SIM-Lock II). Im Übrigen betrifft das Revisionsverfahren Einzelbeanstandungen gegen die Vertragsauslegung durch das Berufungsgericht, für die gleichfalls keine Zulassungsgründe im Sinne des § 543 Abs. 2 ZPO ersichtlich sind.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Bornkamm                          Raum                        [X.]

                    [X.]

Meta

EnZR 73/12

12.07.2013

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend OLG Hamm, 26. Januar 2012, Az: I-2 U 133/11, Urteil

§ 3 Nr 7 EEG, § 315 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.07.2013, Az. EnZR 73/12 (REWIS RS 2013, 4155)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4155

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

EnZR 73/12 (Bundesgerichtshof)


EnVR 8/11 (Bundesgerichtshof)

Kaufmännisch-bilanzielle Einspeisung von Strom aus Erneuerbaren Energien: Vom Erzeuger selbst verbrauchte Strommenge als netzentgeltpflichtige Entnahme


EnVR 8/11 (Bundesgerichtshof)


VI-3 Kart 75/15 (V) (Oberlandesgericht Düsseldorf)


EnVR 38/15 (Bundesgerichtshof)

Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen: Voraussetzungen eines individuellen Netzentgelts – Individuelles Netzentgelt II


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.