Bundessozialgericht, Urteil vom 17.12.2015, Az. B 2 U 17/14 R

2. Senat | REWIS RS 2015, 378

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Gegenstand

(Sozialgerichtliches Verfahren - Anwendbarkeit der unechten Leistungsklage gem § 54 Abs 4 SGG auf Zahlung einer Stützrente: Verwaltungsentscheidung über Vorliegen eines Versicherungsfalls - gesetzliche Unfallversicherung - Übergangsrecht - Verletztenrente - Stützrente - Bescheid bzw Verwaltungsakt der staatlichen Sozialversicherung der ehemaligen DDR - Bindungswirkung - Verdrängung der Regelung in Art 19 EinigVtr durch RVO-Vorschriften - Geltung des Vertrauensschutzes gem § 1154 Abs 1 S 1 RVO: nur für bereits bewilligte Renten)


Leitsatz

1. Die unechte Leistungsklage auf Zahlung einer sog Stützrente setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger über das Vorliegen eines Versicherungsfalls entschieden hat und kommt daher vor Erlass einer Verwaltungsentscheidung über den Arbeitsunfall nicht in Betracht.

2. Zur Fortgeltung von Verwaltungsakten der Deutschen Demokratischen Republik in der gesetzlichen Unfallversicherung und zur fiktiven Gleichstellung des im Beitrittsgebiet zugrunde gelegten Grads des Körperschadens mit der Minderung der Erwerbsfähigkeit.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 8. September 2014 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt eine Verletztenrente als Stützrente. Streitig ist dabei insbesondere, ob die Beklagte an eine von der [X.] getroffene Feststellung eines [X.] iHv [X.] gebunden ist.

2

Der Kläger erlitt am [X.] als Beschäftigter der Produktionsgenossenschaft des Handwerks B. in E. einen Unfall, bei dem er sich eine isolierte Innenknöchelfraktur zuzog. Auf Grundlage einer Begutachtung vom 12.12.1988 erließ die [X.] [X.] am 23.12.1988 einen "Bescheid über Ihren Leistungsanspruch zum Unfallschaden". Sie führte darin aus, dass das aufgrund des Unfalls vom [X.] eingeholte ärztliche Gutachten einen unfallbedingten Körperschaden von [X.] bestätige und dieser dauernde Körperschaden anerkannt werde.

3

Die Beklagte erhielt durch Ermittlungen der [X.] zu einem weiteren Unfallereignis im Jahre 2004 (hierzu war beim [X.] ein Verfahren unter dem [X.] U 168/10 anhängig) Kenntnis von dem Unfallereignis aus dem [X.] und nahm daraufhin ihrerseits Ermittlungen zu einem ([X.] auf. Die Beklagte lehnte die Bewilligung einer Rente mit Bescheid vom [X.] ab. Der Widerspruch blieb erfolglos. In ihrem Widerspruchsbescheid vom [X.] führte sie aus, eine Bindung an die Feststellung der [X.] bestehe nicht, weil diese als private Versicherung und nicht als Sozialversicherung tätig geworden sei. Eine Anerkennung des Ereignisses aus dem Jahre 1987 durch die Sozialversicherung habe nicht ermittelt werden können. Dies gehe zu Lasten des [X.].

4

Die Klage hat das [X.] durch Gerichtsbescheid vom [X.] abgewiesen. Das [X.] hat eine Bindungswirkung des Bescheids der [X.] verneint und die infolge des Unfalls vom [X.] verbliebene Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nach medizinischen Ermittlungen mit unter [X.] geschätzt. Die Berufung des [X.] blieb erfolglos. Zur Begründung seines Urteils vom [X.] hat das [X.] ausgeführt, es könne offenbleiben, ob die [X.] [X.] als privates Versicherungsunternehmen tätig geworden sei. Entscheidend sei, dass es hier an einer "vor dem [X.] festgestellten Rente" iS des § 1154 Abs 1 Satz 2 [X.] fehle, denn dem Kläger sei gerade keine Rente zugesprochen worden. In Bestandskraft könne zudem nur der Verfügungssatz eines Verwaltungsakts der [X.] erwachsen, der eine Rente gewährt habe. Diese Auslegung werde durch die Regelungen des in der [X.] geltenden Rechts gestützt. Damals habe es lediglich eine Rechtsgrundlage für die Gewährung einer Rente gegeben, jedoch keine Rechtsgrundlage für die isolierte Feststellung eines geringeren [X.] ohne Gewährung einer Rente. Ein Verfügungssatz, der neben einer Rentenablehnung ausdrücklich eine niedrigere MdE als [X.] feststelle, könne an der Bestandskraft des Bescheids nicht teilnehmen (Verweis auf B[X.] vom 22.6.2004 - B 2 U 36/03 R ). Die nach dem Unfall aus dem [X.] tatsächlich verbliebene MdE sei durch das [X.] mit unter [X.] zutreffend geschätzt worden.

5

In der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] hat die in dem Verfahren wegen des weiteren Unfalls aus dem [X.] ([X.]) beklagte [X.] eine MdE in Höhe von [X.] wegen der dort strittigen Lungenfunktionseinschränkung anerkannt. Der Kläger hat die Berufung in diesem Verfahren daraufhin zurückgenommen.

6

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des Art 19 Einigungsvertrag (vom 31.8.1990 - [X.] 889 - [X.]) und der § 215 Abs 6 [X.]B VII iVm § 1154 Abs 1 Satz 2 [X.]. Der Bescheid der [X.] sei als Verwaltungsakt zu behandeln. Die [X.] [X.] sei keine private Versicherung, sondern Träger der Sozialversicherung gewesen. Diese habe die Höhe des [X.] verbindlich festgestellt und das Ereignis als Arbeitsunfall anerkannt. Der Wortlaut des Art 19 [X.] beziehe sich unmissverständlich auf den gesamten Bescheid. Eine Aufteilung eines Verwaltungsakts sei nicht möglich, sodass er im Hinblick auf den gesamten Inhalt des Bescheids Vertrauensschutz genieße, auch wenn ihm vor der [X.] noch keine Rente gewährt worden sei. Deshalb sei auch § 215 Abs 6 [X.]B VII nicht einschlägig. Käme man allerdings zu einer Anwendbarkeit des § 1154 Abs 1 Satz 2 [X.], so müsse berücksichtigt werden, dass eine Minderung des festgestellten Grads der Erwerbsfähigkeit bzw des [X.] nur bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse seit der Erstfeststellung möglich sei. Dies könne den medizinischen Ermittlungen nicht entnommen werden.

7

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.] vom 8. September 2014 und den Gerichtsbescheid des [X.] vom 9. September 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Oktober 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente ab dem 22. Januar 2005 zu gewähren.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie trägt vor, sie sei nicht an die Feststellungen der [X.] gebunden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das [X.] die Berufung des [X.] zurückgewiesen.

Die unterlassene notwendige Beiladung der [X.] gemäß § 75 Abs 2 Alt 1 [X.] stellt einen im Revisionsverfahren von Amts wegen beachtlichen Verfahrensmangel dar ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 11. Aufl 2014, § 75 Rd[X.]3a mwN aus der Rspr des [X.]). Das [X.] hätte die [X.] zwar gemäß § 75 Abs 2 Alt 1 [X.] notwendig beiladen müssen. Denn Voraussetzung für eine sog [X.] ist, dass die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert ist und die [X.] zusammen wenigstens die Zahl 20 erreichen (§ 56 Abs 1 Satz 2 [X.]). Bei einem Streit um eine [X.] sind beide Renten derart verknüpft, dass eine Entscheidung über sie nur einheitlich ergehen kann und folglich ein für die andere Rente zuständiger Versicherungsträger gemäß § 75 Abs 2 Alt 1 [X.] notwendig beizuladen ist (zuletzt: [X.] vom 20.3.2007 - [X.] U 21/06 R - [X.] 4-1300 § 48 [X.] Rd[X.]3 mwN). Das Unterlassen der notwendigen Beiladung steht aber einer Sachentscheidung des Revisionsgerichts nicht entgegen, weil eine Entscheidung aufgrund der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz möglich ist und diese die beizuladende [X.] weder materiell- noch verfahrensrechtlich benachteiligt (vgl [X.] vom 31.7.1991 - 6 RKa 12/89 - [X.]E 69, 138 ff = [X.] 3-2500 § 106 [X.]; [X.] vom 24.10.2013 - [X.] R 35/12 R - [X.] 4-2600 § 118 [X.] Rd[X.]8). Da der Kläger auch im Revisionsverfahren nicht obsiegt, ist eine Benachteiligung der [X.] nicht ersichtlich.

Die Revision des [X.] ist schon deshalb unbegründet, weil die beklagte [X.] bislang nicht über das Vorliegen eines Arbeitsunfalls im Jahre 1987 entschieden hat und die Klage insofern unzulässig war (dazu 1.) Unabhängig davon sind auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer (Stütz-)Rente nicht erfüllt (dazu 2.).

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 [X.]), mit der unter Aufhebung entgegenstehender Verwaltungsakte die Verurteilung der [X.]n zur Zahlung einer [X.] begehrt wird. Eine solche Anfechtungsklage ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt beschwert zu sein (§ 54 Abs 1 Satz 2 [X.]). An dieser Klagebefugnis fehlt es, wenn eine Verletzung subjektiver Rechte nicht in Betracht kommt ([X.] vom 17.12.2015 - B 2 U 2/14 R - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen; [X.] vom 14.11.2002 - [X.] RJ 19/01 R - [X.]E 90, 127, 130 = [X.] 3-5795 § 10d [X.]), weil hinsichtlich des Klagebegehrens eine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung nicht vorliegt ([X.] vom 28.10.2008 - [X.] [X.] 33/07 R - [X.] 4-1500 § 77 [X.] Rd[X.]3). Solange der zuständige Unfallversicherungsträger nicht über das Vorliegen eines Arbeitsunfalls iS des § 8 Abs 1 [X.] entschieden hat, kann der Versicherte, außer bei rechtswidriger Untätigkeit der Behörde, kein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Verurteilung zur Leistung haben (§ 54 Abs 4 [X.]). Die unechte Leistungsklage setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger das Vorliegen eines Versicherungsfalls nicht bindend abgelehnt oder bejaht hat und kommt daher vor dem Erlass einer Verwaltungsentscheidung über den Arbeitsunfall nicht in Betracht (vgl [X.] vom 21.9.2010 - [X.] U 25/09 R - Juris Rd[X.]7). Eine (isolierte) Leistungsklage auf eine Rentengewährung ohne vorherige Feststellung eines Versicherungsfalls ist mithin nicht zulässig ([X.] vom 13.12.2005 - [X.] U 29/04 R - [X.] 4-2700 § 8 [X.]6 Rd[X.]0; [X.] vom 7.9.2004 - [X.] U 46/03 R - [X.] 4-2700 § 2 [X.] Rd[X.] f).

Die Auslegung der angefochtenen Verwaltungsakte der [X.]n vom [X.] und 25.10.2007 ergibt, dass die [X.] jeweils nur eine "Entscheidung über die Gewährung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung" treffen wollte. Weder den [X.] noch der Begründung der Bescheide ist auch nur im Ansatz zu entnehmen, dass die [X.] (auch) eine Entscheidung über das Vorliegen eines Versicherungsfalls vom [X.] treffen wollte. Hierzu wäre die [X.] aber in jedem Fall verpflichtet gewesen, weil ihr der Unfall aus dem Jahre 1987 erst nach dem 31.12.1993 bekannt geworden ist und sie daher gemäß § 1150 Abs 2 Satz 2 [X.] [X.] zu prüfen gehabt hätte, ob der behauptete Versicherungsfall aus dem Jahre 1987 auch nach dem Recht der [X.] zu entschädigen gewesen wäre (zum [X.] vgl [X.] vom [X.] - [X.] U 5/12 R - [X.] 4-2200 § 1150 [X.] Rd[X.]5 ff; zur Geltung des § 1150 [X.] für den vorliegenden Fall vgl [X.] vom 26.6.2001 - [X.] U 31/00 R - Juris). Den angefochtenen Bescheiden ist hingegen noch nicht einmal zu entnehmen, dass die [X.] die Prüfung eines Versicherungsfalls iS des § 548 [X.] deshalb unterlassen hat, weil sie sich insoweit an die Feststellung der [X.] gebunden gefühlt hätte. Vielmehr ist Gegenstand des Verwaltungsverfahrens und der Bescheide lediglich gewesen, ob dem Kläger ein Recht auf (Stütz-)Rente zusteht, ohne dass das Vorliegen eines Versicherungsfalls überhaupt thematisiert wurde. Mithin ist die erhobene Klage bereits deshalb unzulässig gewesen, weil es an einem Verwaltungsverfahren (Vorverfahren) über das Vorliegen eines Versicherungsfalls fehlt. Eine solche Feststellung müsste die [X.] zunächst treffen, bevor über Leistungsansprüche im Wege der unechten Leistungsklage gemäß § 54 Abs 4 [X.] befunden werden könnte.

Die Klage ist auch nicht deshalb zulässig, weil die [X.] [X.] mit dem Bescheid vom 23.12.1988 einen unfallbedingten [X.] von [X.] bestätigt hat und damit zugleich eine Regelung iS des § 31 SGB X über das Vorliegen eines Arbeitsunfalls getroffen hätte. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob die [X.] [X.] überhaupt als zum Erlass von Verwaltungsakten berechtigte Behörde iS des § 31 SGB X gehandelt hat und die [X.] an deren Verwaltungsentscheidung gebunden sein könnte (vgl hierzu noch unter 2). Denn mit dem Bescheid vom 23.12.1988 ist lediglich über das Vorliegen eines dauernden [X.] entschieden worden. Die [X.] [X.] hat 1988 gerade keine Entscheidung über das Vorliegen eines Arbeitsunfalls getroffen, vielmehr wird der Kläger in dem "Bescheid" ausdrücklich darauf verwiesen, dass hierzu noch ein gesonderter Antrag "bei der Sozialversicherung" zu stellen wäre.

2. Nur beiläufig weist der [X.] daraufhin, dass dem Kläger der geltend gemachte [X.] auch dann nicht zustehen kann, wenn die [X.] in einem erneuten Verwaltungsverfahren zu dem Ergebnis käme, dass es sich bei dem Ereignis vom [X.] um einen Arbeitsunfall iS des § 548 [X.] gehandelt hat (der hier gemäß § 1150 Abs 2 Satz 2 [X.] [X.] einschlägig wäre).

Rechtsgrundlage für den Rentenanspruch des [X.] wäre dann § 56 Abs 1 Satz 1 und 2 [X.] § 215 Abs 6 Satz 1 [X.] iVm § 1154 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.]. Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um [X.] gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die [X.] zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente.

Unfallfolgen, die eine MdE im rentenberechtigenden Bereich begründen könnten, sind nach dem Unfall vom [X.] jedoch nicht verblieben. Die Feststellung des Grades der MdE ist eine reine Tatsachenfeststellung (§ 128 [X.]; [X.] vgl nur [X.] vom 18.1.2011 - [X.] U 5/10 R - [X.] 4-2700 § 200 [X.] Rd[X.]6 mwN). Die Folgen des Unfalls vom [X.] sind nach den bindenden, weil vom Kläger nicht mit Verfahrensrügen angefochtenen Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]) hingegen mit unter [X.] zu bewerten.

Ein Anspruch auf eine (Stütz-)Rente könnte sich folglich nur aus einer Bindung der [X.]n an die Feststellung der [X.] ergeben, dass ein [X.] von "10 %" vorliegt. Eine solche Bindung der [X.]n an die Feststellung der [X.] über einen [X.] besteht jedoch nicht, wobei es auf die Frage, ob die [X.] [X.] einen [X.] in Höhe von "10 %" durch Verwaltungsakt festgestellt hat, nicht ankommt. Denn selbst wenn die [X.] [X.] am 23.12.1988 durch Verwaltungsakt den [X.] des [X.] festgestellt hätte, wogegen allerdings bereits spricht, dass es sich bei der [X.] insoweit um keine "Behörde" iS des § 31 SGB X gehandelt haben dürfte (den Behördencharakter bezweifelt auch [X.] vom [X.] - [X.] U 4/01 R - Juris), wäre die [X.] jedenfalls aufgrund des Überleitungsrechts an einen solchen "Verwaltungsakt" nicht gebunden.

Zwar bestimmt Art 19 [X.], dass vor dem [X.] [X.] zur [X.] ergangene Verwaltungsakte der [X.] wirksam bleiben und nur aufgehoben werden können, wenn sie mit rechtsstaatlichen Grundsätzen oder mit den Regelungen dieses Vertrags unvereinbar sind. Art 30 Abs 5 Satz 1 [X.] behielt die Einzelheiten der Überleitung des Unfallversicherungsrechts der [X.] jedoch einem zu erlassenden besonderen Bundesgesetz vor. Diesem Gesetzgebungsauftrag kam der Gesetzgeber mit Art 8 des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung ([X.] - [X.] - vom 25.7.1991, [X.]Bl I 1606) nach. In die damals für die gesetzliche Unfallversicherung maßgebliche [X.] wurden Sonder- und Überleitungsvorschriften für das Beitrittsgebiet eingefügt (§§ 1150 ff [X.]), welche über § 215 [X.] weiterhin gelten. Die Sonderregelungen der [X.] verdrängen insofern, wie der [X.] bereits entschieden hat, die Regelung in Art 19 EingVtr ([X.] vom [X.] - [X.] U 4/01 R - Juris Rd[X.] 43; [X.] vom 26.6.2001 - [X.] U 31/00 R, Juris Rd[X.]5).

Nach § 215 Abs 6 [X.] ist für die Feststellung und Zahlung von Renten bei Versicherungsfällen, die vor dem [X.] eingetreten sind, § 1154 [X.] in der am Tag vor Inkrafttreten des [X.] geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, dass an die Stelle der dort genannten Vorschriften der [X.] die §§ 56 und 81 bis 91 [X.] treten. Nach § 1154 Abs 1 Satz 2 [X.] ist für Arbeitsunfälle, die vor dem [X.] eingetreten sind, für die Bemessung des [X.] § 581 [X.] (seit dem [X.] § 56 [X.]) anzuwenden, wenn entweder Renten nach dem 31.12.1991 erstmals festgestellt werden ([X.]) oder wenn bei vor dem [X.] festgestellten Renten wegen der Bewertung des [X.] oder einer den [X.] betreffenden wesentlichen Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eine neue Feststellung beantragt wird oder von Amts wegen vorgenommen wird ([X.] Halbs 1).

Anzuwenden ist hier, wovon SG und [X.] zutreffend ausgegangen sind, § 1154 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.], weil es an einer vor dem [X.] festgestellten Rente fehlt und der Kläger nunmehr die erstmalige Feststellung einer Rente begehrt. Für den Fall der erstmaligen Feststellung einer Rente nach dem 31.12.1991 ist der Vorschrift jedoch gerade nicht zu entnehmen, dass die [X.] an etwaige frühere Feststellungen gebunden sein soll. Die Vorschrift des § 1154 Abs 1 [X.] normiert Sonderregelungen für die Rentenfeststellung bei "alten" Versicherungsfällen und normiert einen Vertrauensschutz (nur) für bereits "festgestellte" Renten, denn § 1154 Abs 1 Satz 1 [X.] setzt ausdrücklich voraus, dass (nur) bei einer im Beitrittsgebiet "festgestellten Rente" der zugrunde gelegte Grad des [X.] als Minderung der Erwerbsfähigkeit gilt.

Die Ablehnung einer Rente kann - entgegen dem Vorbringen der Revision - nicht als "besondere Form der Rentenfeststellung" betrachtet werden, wobei dem Bescheid der [X.] vom 23.12.1988 allerdings noch nicht einmal eine solche (konkludente) Rentenablehnung entnommen werden kann. Wenn kein Rentenanspruch besteht und daher eine Rente abgelehnt wird, wird gerade kein Recht auf Rente festgestellt. Ebenso wenig kann die am 23.12.1988 erfolgte Anerkennung eines dauernden unfallbedingten [X.] in Höhe von [X.] als Feststellung einer Rente iS des § 1154 Abs 1 Satz 1 [X.] interpretiert werden. Das [X.] hat hierzu zutreffend ausgeführt, dass der Kläger damit eine Rechtsposition geltend macht, die ihm schon nach dem Recht der [X.] nicht zukam. Erst im Geltungsbereich der [X.] bzw des [X.] und der dort normierten Möglichkeit einer [X.] ist überhaupt denkbar, dem Bescheid der [X.] eine Rechtsposition zu entnehmen. Denn im Recht der [X.] gab es keinen [X.]ntatbestand. Stattdessen kam es darauf an, ob aus mehreren Versicherungsfällen gemeinsam zu bewertende Unfallfolgen einen [X.] von [X.] ergeben haben (vgl § 23 Abs 2 der Verordnung über die Gewährung von Renten der Sozialpflichtversicherung - Rentenverordnung - vom 23.11.1979, GBl [X.] I S 401). Bei jedem weiteren Versicherungsfall musste eine Gesamtbetrachtung der Folgen stattfinden und dann erst ein Gesamtkörperschaden gebildet werden. Eine Addition von Körperschäden aus verschiedenen Versicherungsfällen war dem Recht der [X.] fremd, sodass unter keinem Gesichtspunkt die Anerkennung eines [X.] in Höhe von [X.] (konkludent) als "Feststellung einer Rente" durch die Behörden der [X.] betrachtet werden kann.

Dieses Ergebnis entspricht im Übrigen auch dem Zweck der Norm des § 1154 [X.]. Nach der Empfehlung des [X.] zum [X.] (BT-Drucks 12/786 [X.]) sollte eine Neuberechnung von laufenden Renten vermieden und eine Besitzstandswahrung erreicht werden. Einen Besitzstand hatte der Kläger nach dem soeben Ausgeführten auch in der [X.] aber gerade nicht erreicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 [X.].

Meta

B 2 U 17/14 R

17.12.2015

Bundessozialgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: U

vorgehend SG Leipzig, 9. September 2010, Az: S 23 U 165/07, Gerichtsbescheid

§ 1150 Abs 2 S 2 Nr 1 RVO, § 1154 Abs 1 S 1 RVO, § 1154 Abs 1 S 2 Nr 1 RVO, Art 19 EinigVtr, Art 30 Abs 5 EinigVtr, § 54 Abs 1 S 2 SGG, § 54 Abs 4 SGG, § 8 SGB 7, § 56 Abs 1 SGB 7, § 215 Abs 6 S 1 SGB 7, § 31 SGB 10

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 17.12.2015, Az. B 2 U 17/14 R (REWIS RS 2015, 378)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 378

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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