Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.07.2016, Az. IV ZR 245/15

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 7911

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:200716UIVZR245.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 245/15
Verkündet am:

20. Juli 2016

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein

[X.]R:

ja

AVB Rechtsschutzversicherung

[X.], die von der [X.] wegen des Zwangsumtausches der Anleihen durch den [X.] verweigert wird, ist vom Deckungsschutz in der Rechtschutzversicherung nicht durch eine Klausel ausgeschlossen, nach der Rechtsschutz nicht für die Wahrneh-mung rechtlicher Interessen in [X.], Planfeststellungs-, Flurbereinigungs-
sowie im Baugesetzbuch geregelten Angelegenheiten besteht.

[X.], Urteil vom 20. Juli 2016 -
IV ZR 245/15 -
OLG [X.]

LG [X.] II
-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], die Richterinnen Dr.
Brockmöller und Dr. Bußmann
auf die mündliche Verhandlung vom 22.
Juni 2016

für Recht erkannt:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Ober-landesgerichts [X.]

25. Zivilsenat

vom 17. April 2015 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen
mit der Maß-gabe, dass die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger Rechtsschutz für eine Klage mit dem im vorbezeichneten Urteil genannten Antrag
zu bewilligen, festgestellt wird.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger unterhält eine Rechtsschutzversicherung. Dem [X.] liegen
Allgemeine
Bedingungen für die
Rechtsschutz-versicherung ([X.] 2004)
des Versicherers (im Folgenden nur: [X.]) zu-grunde, deren §§ 2 und
3 auszugsweise wie folgt lauten:

"§ 2 Leistungsarten

Der Umfang des Versicherungsschutzes kann in den For-men
des § 21 bis § 29
vereinbart werden. Je nach [X.] umfaßt der Versicherungsschutz

1
-
3
-

d)
Rechtsschutz im Vertrags-
und Sachenrecht (auch über [X.] geschlossene Verträge)
für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus privatrechtlichen Schuldver-hältnissen und dinglichen Rechten,

§ 3 Ausgeschlossene Rechtsangelegenheiten

Rechtsschutz besteht, soweit nicht
etwas anderes [X.] ist, nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen

(3)
a)
in Verfahren vor Verfassungsgerichten;

b)
in Verfahren vor internationalen oder [X.], soweit es sich nicht um die Wahrnehmung rechtlicher Interessen von Bedienste-ten internationaler oder supranationaler Organisati-onen aus Arbeitsverhältnissen oder öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen handelt;

c)
in ursächlichem Zusammenhang mit einem über das Vermögen des Versicherungsnehmers beantragten oder eröffneten Konkurs-
oder Vergleichsverfahren;

d)
in [X.], Planfeststellungs-, Flurbereini-gungs-
sowie im Baugesetzbuch geregelten [X.];

e)
in Ordnungswidrigkeiten-
und Verwaltungsverfahren wegen des Vorwurfes eines Halt-
oder Parkversto-ßes;

"

Die Beklagte ist das vom Versicherer beauftragte Schadenabwick-lungsunternehmen.
2
-
4
-

Der Kläger begehrt Rechtsschutz für eine Klage gegen die [X.]. Er
hatte im Jahre 2010 Staatsanleihen des [X.] Staates erworben, deren Nominalwert 10.000

betrug, bevor sie auf Grundlage des [X.] Gesetzes Nr. 4050/2012
vom 23. Februar 2012, dem sogenannten [X.],
konvertiert und gegen neue Staatsanleihen mit einem niedrigeren Nominalwert ausgetauscht wurden.

Der Kläger akzeptiert den Zwangsumtausch nicht und will mit der beabsichtigten Klage gegen die [X.], die die
Rückzah-lung der ursprünglich am 20.
August 2012 fälligen Anleihen verweigert, einen Zahlungsanspruch Zug
um
Zug gegen Gestattung der [X.] des [X.] im Zuge des [X.] eingebuch-ten Wertpapiere
geltend machen.

Dazu führen der [X.] und das Begleitschreiben seiner Be-vollmächtigten an den Versicherer aus, es würden Zahlungsansprüche aus den 2010 erworbenen, zur Rückzahlung fälligen Anleihen verfolgt.
Hilfsweise
sollen Ansprüche aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung geltend gemacht werden. Im [X.] wird die Umschuldung
als rechtswidriger enteignungsgleicher Eingriff gewürdigt.
Die angenomme-nen Verstöße gegen die [X.], die Grundrechtecharta der [X.] und das Völkergewohnheitsrecht bewirkten ei-nen Verstoß gegen den ordre public, der dazu führe, dass der [X.] nicht angewendet werden dürfe.

Die Beklagte hat die erbetene Kostenzusage unter Berufung auf §
3 (3) d) der [X.] abgelehnt.
In [X.] genieße der Kläger keinen Rechtsschutz.
3
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5
6
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5
-

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision erstrebt die [X.] die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

In der [X.] hat sich die Beklagte ergänzend [X.] berufen, dass es im Hinblick auf die Entscheidung des [X.] vom 8.
März 2016 ([X.]) nunmehr auch an der hinrei-chenden Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Klage fehle.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in [X.], 1159 veröffentlicht ist, hat ausgeführt,
die beabsichtigte Klage falle unter das versicherte Risiko.
Der Versicherungsschutz [X.] nach § 26 (3) der [X.] auch Vertragsrecht im Sinne des § 2 d) der [X.]. Der Anspruch, den der Kläger geltend zu machen beabsichtige, habe seine Grundlage in einem schuldrechtlichen Vertragsverhältnis.

Die Klausel des § 3 (3) d) der [X.] schließe die [X.] nicht vom Versicherungsschutz aus. Dabei könne offen bleiben, ob es sich bei der beabsichtigten Klage allein um die Geltendmachung eines Darlehensrückzahlungsanspruchs handele oder um eine einen schuld-rechtlichen Anspruch betreffende Enteignungsangelegenheit.
Ein durch-schnittlicher Versicherungsnehmer, dessen Sicht maßgeblich sei, werde unter Berücksichtigung der Verklammerung
der in § 3 (3) d) der [X.] 7
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aufgeführten Begriffe den Schluss ziehen, dass hier ein Leistungsaus-schluss
nur
für Enteignungen im Zusammenhang mit Grundeigentum vorgenommen werde. Im allgemeinen Sprachgebrauch werde der Begriff Enteignung typischerweise bezogen auf körperliche Gegenstände ver-wendet. Dass sich nach juristischen Kriterien Enteignungen auch auf schuldrechtliche Ansprüche beziehen könnten, sei dem durchschnittli-chen Versicherungsnehmer nicht geläufig.

Der Bezug zu Grundstücksangelegenheiten ergebe sich aus der Verwendung des Enteignungsbegriffs gemeinsam mit den Begriffen [X.], Flurbereinigungs-
und im Baugesetzbuch geregelte Ange-legenheiten. Letztere drei beträfen eindeutig [X.]. Die sprachliche Verknüpfung durch den gemeinsamen Begriff "Ange-legenheiten"
begründe dabei einen besonders engen Zusammenhang.

Ein solches Verständnis lege auch
der systematische Aufbau von §
3 (3) der [X.] nahe. Die dort unter den jeweiligen Alternativen a)
bis e) geregelten Ausschlüsse bezögen sich jeweils auf einen einheitlichen
Re-gelungsgegenstand, der bei Buchstabe d) in
"[X.]"
bestehe.

Im Übrigen ergebe sich aus der gebotenen engen Auslegung von Ausschlussklauseln, dass Enteignungen oder enteignungsgleiche Eingrif-fe bezogen auf schuldrechtliche Ansprüche nicht erfasst würden. Selbst wenn man eine gegenteilige Auslegung für möglich erachtete, verbliebe es als Folge des Günstigkeitsprinzips dabei, dass § 3 (3) d) der [X.] nicht zum Ausschluss des Versicherungsschutzes führt.

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I[X.] Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

1. Der Antrag des [X.], die Beklagte zu verurteilen, ihm "Rechtsschutz zu bewilligen", ist so auszulegen, dass die Feststellung begehrt wird, die Beklagte sei zur Gewährung von Versicherungsschutz verpflichtet (vgl. Senatsurteil vom 20. Oktober 1982

[X.], [X.], 125 unter I).

2. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, die beabsichtigte Rechtsverfolgung falle unter die Leistungsart "Vertrags-recht"
im Sinne
des § 2 d) der [X.].

a) Als Voraussetzung für das Bestehen von Versicherungsschutz muss der Versicherungsnehmer schlüssig darlegen, dass der von ihm verfolgte Anspruch aus einem Rechtsverhältnis herrührt, das in den Schutzbereich seines Versicherungsvertrages fällt ([X.]/Stahl, Rechtsschutzversicherung 8. Aufl. § 2
[X.] 2000 Rn. 4; vgl. auch [X.], Urteil vom 12. Januar 1961

[X.], [X.], 121 m.w.N. zur Haftpflichtversicherung). Der Rechtsschutz nach § 2 d) der [X.] umfasst privatrechtliche Schuldverhältnisse aller Art ([X.]/Stahl, Rechts-schutzversicherung
8. Aufl. § 2 [X.] 2000 Rn.
160).

b) Diese Anforderungen hat der Kläger erfüllt. Er hat vorgetragen, fällige privatrechtliche Zahlungsansprüche gegen die [X.] Repub-lik aus von ihr begebenen Inhaberschuldverschreibungen zu verfolgen (zur Leistungsart Vertrags-Rechtsschutz in § 2 d) [X.] 2000 bei [X.] vgl. [X.]/Stahl, Rechtsschutzversicherung 8. Aufl. § 2 [X.] 2000 Rn. 165). Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus dem Klägervortrag nicht, dass er
seinen schuldrechtli-15
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chen Anspruch aus den
erworbenen Anleihen
als erloschen betrachtet
und Entschädigungsansprüche aus einem enteignungsgleichen Eingriff geltend macht. Nach der im [X.] und im Begleitschreiben an den Versicherer geäußerten Auffassung besteht der schuldrechtliche [X.] fort, weil der [X.] wegen Verstoßes gegen den ordre public
nicht angewendet werden dürfe
und überdies die für die Durchführung des
Umtauschs
erforderliche Quote nicht erreicht worden sei.
Die
beabsichtigte Verfolgung vertragsrechtlicher Ansprüche ist nicht deshalb zu verneinen, weil der Kläger
in seinem Entwurf der Klageschrift
bereits in
großem Umfang zu
auf den
[X.] gestützten Einwendungen der [X.] Stellung nimmt
und im Hinblick hierauf sowohl dieses Gesetz als auch den Umtausch der Anleihen einer rechtlichen Bewertung unterzieht.

3. Zutreffend
hat das Berufungsgericht angenommen, dass der [X.] nicht durch § 3 (3) d) der [X.]
des Versicherers
ausgeschlossen ist.

a)
Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat,
ist der Begriff "[X.]"
aus der maßgeblichen Sicht eines durch-schnittlichen Versicherungsnehmers so zu verstehen, dass er nur Ent-eignungen erfasst, die -
anders als im Streitfall -
einen [X.] aufweisen (a.A.
[X.] [X.], 550, 551 f.
und LG Hanno-ver r+s 2015, 135).

aa) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter [X.] sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht (Se-20
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9
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natsurteil vom 23. Juni 1993

[X.], [X.]Z 123, 83, 85; st.
Rspr.).
Dabei kommt es auf die [X.] eines Ver-sicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit -
auch -
auf seine Interessen an. Dieser Grundsatz erfährt jedoch eine Ausnahme, wenn die Rechtssprache mit dem verwendeten [X.] einen fest umrissenen Begriff verbindet. In diesen Fällen
ist [X.], dass
auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen darunter nichts anderes verstehen wollen. Ein von der Rechtssprache [X.] Verständnis kann allerdings dann in Betracht kommen, wenn das allgemeine Sprachverständnis von der Rechtssprache in einem Randbe-reich deutlich abweicht oder wenn der Sinnzusammenhang der [X.] etwas anderes ergibt (Senatsurteile vom
21. Mai 2003

IV ZR 327/02, [X.], 362 unter 2 a; vom 8. Dezember 1999

[X.], [X.], 311
unter
II 4 [X.]).

[X.]) (1) Ausgangspunkt der Auslegung ist der Klauselwortlaut ([X.] vom 11. Dezember 2002

IV ZR 226/01, [X.]Z 153, 182, 186).
Der verwendete Begriff "Enteignung"
verweist zwar auf rechtliche Kate-gorien. Der zusätzliche, in hohem Maße interpretationsbedürftige und in-terpretationsfähige Ausdruck "Angelegenheiten"
führt aber dazu, dass
ein fest umrissener Begriff der Rechtssprache nicht anzunehmen ist
(vgl. Senatsurteil vom 21. Mai 2003

IV ZR 327/02, [X.], 362 unter 2 [X.] zum Ausdruck "Bereich").

(2) Demgemäß kommt es für die Auslegung auf die Verständnis-möglichkeiten und auch auf die Interessen des durchschnittlichen [X.]s an.
Bei [X.] geht das Interesse des Versicherungsnehmers regelmäßig dahin, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck der Klausel dies 23
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-
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-

gebietet. Der
durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nach [X.] Rechtsprechung des Senats nicht mit
Lücken im Versicherungs-schutz zu rechnen, ohne dass
eine Klausel ihm dies hinreichend verdeut-licht (Senatsurteile vom 28.
Oktober 2015 -
IV ZR 269/14, [X.], 41 Rn.
38 und vom 8.
Mai 2013 -
IV ZR 233/11, [X.], 853 Rn.
41; Senatsbeschluss vom 11.
September 2013 -
IV ZR 259/12, [X.], 1395 Rn.
12; jeweils m.w.N.).

(3) Die Ausschlussklausel verfolgt den

für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbaren

Zweck, die erfahrungsgemäß [X.] und im Kostenrisiko schwer überschaubaren Streitigkeiten von der Versicherung auszunehmen, von denen
nur ein
re-gional begrenzter
Kreis von
Rechtsinhabern
betroffen ist
(vgl. [X.]/[X.], Rechtsschutzversicherung
8. Aufl. § 3 [X.] 2000 Rn. 161; OLG Karlsruhe r+s 1999, 70, 72 zu § 4 (1) r) [X.] 1984), weil sich die [X.] hoheitlichen Maßnahmen oder
Planungen nachteilig
auf Grund-stücke oder Rechte an Grundstücken auswirken
(vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.] § 3 [X.] 2010 Rn. 156; [X.] in [X.]/Matusche-[X.], [X.] 3. Aufl. § 37 Rn. 338).
Das nur dieser
Minderheit drohende hohe Kostenrisiko soll nicht der [X.] aller Versicherten aufgebürdet werden
(vgl. [X.]/[X.] aaO
Rn. 147).

(4) Die gewählte Ausdrucksweise und Systematik sprechen
eben-falls für diese Begrenzung des Anwendungsbereiches der Ausschluss-klausel. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer erkennt, dass die in § 3 der [X.] vom Versicherungsschutz ausgenommenen Risiken zu Gruppen zusammengefasst sind. Die Zusammenfassung wird bei § 3 (3) d) der [X.] neben der Aufzählung unter einem gemeinsamen Buchsta-25
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11
-

ben durch die sprachliche Verknüpfung mit dem Begriff
"Angelegenhei-ten"
vorgenommen. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer
wird da-von ausgehen, dass die Angelegenheiten wegen einer allen Elementen der jeweiligen Aufzählung innewohnenden Gemeinsamkeit zusammenge-fasst wurden. Als die Aufzählung in § 3 (3) d) der [X.] verbindende Ge-meinsamkeit wird er den [X.] ausmachen, der bei [X.], Flurbereinigungs-
und im Baugesetzbuch geregelten [X.] gegeben ist.
Anders als die Revision meint,
wird er nicht annehmen, dass die Zusammenfassung auf dem [X.] beruht, weil Enteignungen
mit im Baugesetzbuch geregelten Angelegen-heiten nicht typischerweise verbunden sind.

(5) Das [X.] von Zahlungsansprüchen im [X.] mit
einem gesetzlich angeordneten Umtausch
von Inhaberschuld-verschreibungen eines Staates
ist deshalb bei der gebotenen engen Auslegung von [X.] nicht als Wahrnehmung rechtli-cher Interessen in [X.]
im Sinne
des § 3 (3) d) der [X.] des Versicherers anzusehen
(so zu wortgleichen Bedingungen [X.], 232; Cornelius-Winkler, [X.] 2/2014 Anm.
6; [X.], [X.], 552; a.A.
LG Hannover r+s 2015, 135
zu § 4 (1) r) [X.] 1975/2002; [X.] [X.], 550, 551; [X.] in [X.]/[X.], [X.]. § 3 [X.] 2010 Rn. 72; [X.] in [X.]/Matusche-[X.], [X.] 3.
Aufl. § 37 Rn.
344a).

b) Unabhängig hiervon könnte die in Rede stehende Ausschluss-klausel im Streitfall selbst dann nicht zum Zuge kommen, wenn
man ihr Eingreifen grundsätzlich auch außerhalb der Enteignung von [X.] für möglich hielte.
27
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12
-

Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird die Regelung bei der gebotenen engen Auslegung nämlich jedenfalls so verstehen, dass eine Enteignungsangelegenheit nur dann vorliegt, wenn er sich unmittel-bar gegen eine enteignende oder enteignungsgleiche Maßnahme zur Wehr setzen will, wie z.B. durch Feststellungs-
oder Anfechtungsklagen vor den Verwaltungsgerichten, oder wenn er Ansprüche (etwa auf [X.]) geltend machen will, die erst auf dieser hoheitlichen Maß-nahme beruhen, nicht aber, wenn er einen Anspruch verfolgen und durchsetzen will, der bereits unabhängig von der enteignenden Maß-nahme entstanden ist und durchgesetzt werden soll und dem eine
ho-heitliche Maßnahme lediglich im Wege einer Einwendung entgegenge-halten wird. Er wird nicht annehmen, dass sich das Vorliegen einer Ent-eignungsangelegenheit nach den Einwendungen bestimmt, mit denen der Gegner sich gegenüber dem Anspruch, den der Versicherungsnehmer im Aktivprozess zu verfolgen beabsichtigt, verteidigt.

Dementsprechend ist auch nach der neueren Senatsrechtspre-chung für die Bestimmung der Angelegenheit, in der der Versicherungs-nehmer seine rechtlichen Interessen verfolgen will, nur der [X.] entscheidend, mit dem er seinen Anspruch begründet. Darauf, welche Einwendungen der Gegner dem entgegenhält, kommt es für die Bestimmung des Versicherungsfalles nicht an (Senatsurteil vom 25. [X.] 2015 -
IV ZR 214/14, [X.], 485 Rn.
14 ff.). Anderenfalls [X.] es der am Rechtsschutzversicherungsvertrag nicht beteiligte Dritte als Außenstehender in der Hand, durch die Wahl seiner Verteidigung dem Versicherungsnehmer den Rechtsschutz zu entziehen (Senat aaO Rn.
16).
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-

Im Streitfall verlangt der Kläger, wie ausgeführt, eine Zahlung aus den 2010 erworbenen Anleihen und begründet diesen Zahlungsanspruch nicht damit, eine Entschädigung wegen der Enteignung im Hinblick auf diese Wertpapiere zu verfolgen. Gegenstand seines Begehrens, für
das er Deckung begehrt, ist danach gerade nicht die hoheitliche Maßnahme, die dem Anspruch als Einwendung entgegengehalten wird, hier der [X.], auf den sich die [X.] beruft, um den Erfüllungsanspruch aus der ursprünglich begebenen Anleihe nicht erfüllen zu müssen.

II[X.] Schließlich scheitert der [X.] nicht an einer fehlen-den Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage.

1. Nach §
18
(1)
b) der [X.] ist ein derartiger Einwand dem [X.] unverzüglich
schriftlich mitzuteilen. Das ist hier nicht geschehen; die Beklagte hat ihre Leistungsablehnung in ihren Schreiben vom 13. Januar 2014 und vom 28. Januar 2014 ausschließlich darauf gestützt, dass es sich um eine Enteignungsangelegenheit im Sinne der Ausschlussklausel handele. Wird der Einwand fehlender Erfolgsaussicht nicht in der gebotenen Form und Frist erhoben, so hat dies den Verlust dieses Ablehnungsrechts zur Folge (Senatsurteil vom 19.
März 2003 -
IV ZR 139/01, [X.], 638 unter 2 a aa, juris Rn.
13).

2. Das Urteil des [X.] vom 8.
März 2016 ([X.]), mit dem eine Schadensersatzklage gegen die [X.] Re-publik für unzulässig erachtet wurde, ändert daran für den Streitfall nichts.

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32
33
34
-
14
-

a) Insoweit kann es dahinstehen, ob hierin eine auch den Streitfall erfassende Umgestaltung der Rechtslage erblickt werden kann -
was zweifelhaft sein könnte, weil dort nicht über vertragliche Ansprüche ent-schieden wurde -
und ob eine eventuelle Umgestaltung durch eine höchstrichterliche Entscheidung auch die nachträgliche Erhebung des Einwands rechtfertigen kann (vgl. dazu [X.], 232, 233 juris Rn.
46). Ebenso kann offen bleiben, ob ein hierauf gestützter Einwand gegebenenfalls
auch noch im Revisionsverfahren vorgebracht werden kann (vgl. zu einer ähnlichen Problematik Senatsurteil vom 20.
Februar 2013

IV ZR 17/12, juris Rn.
26).

b) Denn selbst wenn man beides zugunsten der Beklagten unter-stellt, so hätte sie jedenfalls nach Bekanntwerden des Urteils des Bun-desgerichtshofs
vom 8.
März 2016 den Einwand nunmehr unverzüglich in der gebotenen Form erheben müssen.

Insoweit fehlt es zum einen an der erforderlichen Form, weil der Einwand dem Kläger entgegen §
18
(1)
b) der [X.] nicht schriftlich und mit dem nach §
128 Satz
2 [X.] sowie auch §
18 (2) der [X.] zwingend vorgeschriebenen Hinweis auf ein Gutachterverfahren mitgeteilt wurde, weshalb das Rechtsschutzbedürfnis des Versicherungsnehmers nach §
128 Satz 3 [X.] weiterhin als anerkannt gilt.

Letztlich kommt es aber auch hierauf nicht an, weshalb sich ein Hinweis des Senats nach §
139 ZPO auf die fehlende Form erübrigte, weil der Einwand -
worauf der Senat in der [X.] [X.] hat -
zum anderen nicht mehr unverzüglich erfolgte. Unverzüglich bedeutet, dass
die Ablehnung innerhalb des Zeitraums erfolgen muss und auch nur erfolgen kann, den der Versicherer bei sachgerechter, nicht 35
36
37
38
-
15
-

schuldhaft verzögerter Prüfung für seine Entschließung benötigt ([X.] vom 19.
März 2003 -
IV ZR 139/01, [X.], 638 unter 2 a aa, juris Rn. 13). Insoweit wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum regelmäßig eine Frist von zwei bis drei Wochen ange-nommen ([X.], 1386, 1387; [X.] r+s 1991, 419, 420; 1988, 334, 335; [X.]/[X.], [X.] 8.
Aufl. Vor §
18 [X.] 2000 Rn.
8). Diese Frist ist auch im vorliegenden Zusammenhang [X.] nicht länger zu bemessen, da es nicht um die vollständige erstmali-ge Prüfung der Erfolgsaussichten nach Geltendmachung des Versiche-rungsfalles ging, sondern allenfalls um die isolierte Prüfung der [X.] Frage, ob durch ein [X.] Urteil eine maßgebliche Um-gestaltung der Rechtslage herbeigeführt wurde.

Zu dem in Rede stehenden
Urteil des [X.] vom 8.
März 2016 ist noch am selben Tage eine Pressemitteilung [X.] worden. Seit dem 13.
April 2016 war es in vollem Wortlaut bei juris abrufbar. Am 22.
bzw. 23.
April 2016 ist es in einschlägigen juristischen Fachzeitschriften veröffentlicht worden ([X.], 789; [X.], 734).

39
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16
-

Spätestens zu diesem Zeitpunkt wäre eine Prüfung durch die Beklagte veranlasst gewesen. Danach war der Einwand fehlender Erfolgsaussicht unter Berufung auf dieses Urteil in der [X.] vom 22.
Juni 2016 verspätet.

[X.] [X.] [X.]

Dr. Brockmöller Dr. Bußmann
Vorinstanzen:
LG [X.] II, Entscheidung vom 03.07.2014 -
10 O 1009/14 Ver -

OLG [X.], Entscheidung vom 17.04.2015 -
25 U 2925/14 -

Meta

IV ZR 245/15

20.07.2016

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.07.2016, Az. IV ZR 245/15 (REWIS RS 2016, 7911)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 7911

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IV ZR 245/15

VI ZR 516/14

IV ZR 269/14

IV ZR 233/11

IV ZR 259/12

IV ZR 214/14

25 U 2925/14

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