Bundespatentgericht, Beschluss vom 01.06.2023, Az. 30 W (pat) 543/21

30. Senat | REWIS RS 2023, 3538

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2019 028 396.8

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 1. Juni 2023 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker sowie der Richterin [X.] und des [X.] Merzbach

beschlossen:

[X.] Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 09 des [X.] vom 5. Juli 2021 aufgehoben.

I[X.] Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das am 17. Dezember 2019 angemeldete Wortzeichen

2

[X.]Go

3

soll u.a. für die Waren

4

„Klasse 09: [X.] für mobile Geräte, Software“

5

in das beim [X.] geführte Markenregister eingetragen werden.

6

Mit Beschluss vom 5. Juli 2021 hat die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 09 des [X.]s die Anmeldung teilweise, nämlich hinsichtlich der o.g. Waren, wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) zurückgewiesen.

7

Die angemeldete Bezeichnung [X.]Go setze sich aus den Bestandteilen „[X.]“ und „Go“ zusammen. Das Präfix „M/multi“ bedeute in Bildungen mit Substantiven, Adjektiven und Verben „vielfach, Vielfach…, mehrerer…, viel.../Viel…“ und sei dem Verkehr aufgrund zahlreicher Wortbildungen wie „Multitalent“, „multifunktional“ oder „multimedial“ hinlänglich bekannt. Das Substantiv „Port“ bezeichne in der EDV eine „Schnittstelle, die ein peripheres Gerät mit dem Bus verbinde“; im [X.] Sprachgebrauch finde man auch die allgemeinere Übersetzung „[X.]“ für den Telekommunikationsbereich. Der Ausdruck „go" werde in der Werbesprache in vielfältigen Zusammenhängen als Hinweis dafür verwendet, dass etwas leicht, unkompliziert und/oder rasch erhältlich sei, schnell funktioniere, abgewickelt werde oder erledigt sei. Auch wenn dies häufiger in Form von „[X.]“ oder „...and go“ geschehe, verstehe das breite Publikum auch die vereinfachte Form („go“) in diesem Sinne.

8

Die danach aus geläufigen Wörtern des [X.] und [X.] Sprachschatzes werbeüblich gebildete schlagwortartige Bezeichnung [X.]Go würden die hier angesprochenen Verkehrskreise daher ohne weiteres iS von „Mehrfach-/Vielfachanschluss zum Mitnehmen“ bzw. „schnell/mobil verfügbarer/funktionierender [X.]“ verstehen und ihr in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren lediglich die werblich anpreisende Werbebotschaft entnehmen, dass diese einen derartigen [X.] ermöglichen oder damit kompatibel/dafür bestimmt seien. Die zurückgewiesenen Waren könnten auch ohne weiteres für den Gebrauch eines solchen [X.]es bestimmt sein bzw. durch ihren Einsatz einen mobil verfügbaren [X.] erst ermöglichen, indem sie die Funktionseinheiten eines Datenverarbeitungssystems, an der der Austausch von Daten oder Steuersignalen erfolge, miteinander verknüpften.

9

Insgesamt setze sich die Marke in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren lediglich aus einer Kombination schutzunfähiger Bestandteile zusammen, die in ihrer Zusammenstellung keinen über die Summe der Einzelbestandteile hinausgehenden neuen Gesamtbegriff ergäben, so dass dem angemeldeten Zeichen insoweit jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehle.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt, mit der sie geltend macht, dass es sich bei der Bezeichnung [X.]Go weder um eine gebräuchliche Bezeichnung oder eine werblich anpreisende Angabe der [X.] oder der [X.] Sprache handele, noch werde der Verkehr die Bezeichnung aus sich heraus in dem von der Markenstelle angenommenen Sinne verstehen.

Maßgeblich für das Verkehrsverständnis sei die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers, weil die Waren, für die Schutz beansprucht werde, für das allgemeine Publikum bestimmt seien.

Die beiden Bestandteile „Multi“ und „Go“ mögen den danach maßgeblichen Verkehrskreisen noch bekannt sein, seien jedoch, wie die Darlegungen der Markenstelle selbst zeigten, mehrdeutig. Soweit die Markenstelle davon ausgehe, dass der Begriff „Go“ vom inländischen Verkehr auch ohne Verbindung mit „to“ oder „and“ im Sinne von „zum Mitnehmen“ oder „schnell erledigt“ verstanden werde, habe sie dafür keine Nachweise erbracht.

Den weiteren [X.] „port“ werde der vorliegend maßgebliche allgemeine Verkehr naheliegend nur in der Bedeutung „Hafen“ kennen. Hingegen seien die verschiedenen Bedeutungen, in denen „Port“ im IT-Bereich verwendet und verstanden werde, dem Durchschnittsverbraucher nicht bekannt. Dazu seien diese Bedeutungen viel zu speziell und auch zu differenziert. Allein die vage Vorstellung, dass dieser Begriff „etwas mit Bereich Computer/IT“ bzw. EDV zu tun habe, reiche für ein konkretes beschreibendes Verständnis des Begriffs „Port“ nicht aus.

Die angemeldete Bezeichnung [X.]Go setze sich daher aus drei mehrdeutigen fremdsprachigen Begriffen zusammen, die bereits für sich betrachtet keine oder – was „port“ betreffe – zumindest dem allgemeinen Verkehr nicht bekannte beschreibende Angabe zu Inhalt oder Eigenschaft einer App oder Software darstellten. Der Verkehr werde die angemeldete Bezeichnung daher in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren entgegen der Auffassung der Markenstelle nicht ohne weiteres iS von „Mehrfach-/Vielfach- [X.] zum Mitnehmen“ bzw. „schnell/mobil verfügbarer/ funktionierender [X.]“ verstehen.

Vielmehr vermittele die [X.] [X.]Go eine allenfalls vage und diffuse Bedeutung, wie auch die von der Markenstelle im angefochtenen Beschluss durch Schrägstriche zum Ausdruck gebrachten alternativen Bedeutungen verdeutlichten. [X.]Go vermittele daher ohne weitere Interpretationsschritte keinen beschreibenden Sinngehalt.

Dies umso weniger, als die angemeldete Bezeichnung auch mit der von der Markenstelle angenommenen Bedeutung in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren keinen Sinn ergebe. Weder [X.] noch Software noch „Anschlüsse“ würden „zum Mitnehmen“ angeboten. Zudem bedürfe es für die Verwendung von Software auch keiner „Anschlüsse“, weder „Einfach-“ noch „Mehrfachanschlüsse“. Folglich gebe es auch keine schnellen oder mobil verfügbaren oder funktionierenden Mehrfachanschlüsse für Software. Sofern der Verkehr den Begriff „Port“ in der Kombination mit den Begriffen „Multi“ und „Go“ tatsächlich als Hinweis auf einen [X.] oder Schnittstelle verstehen sollte, ergebe dies lediglich Sinn in Bezug auf [X.], für die jedoch kein Schutz beansprucht werde.

[X.]Go könne daher mangels eines sich ohne weiteres erschließenden beschreibenden Sinn- und [X.] in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren weder Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] abgesprochen werden noch stehe der Bezeichnung ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen.

Die Anmelderin beantragt mit [X.] vom 20. Dezember 2021,

1. den Beschluss der Markenstelle für Klasse 09 des [X.]s vom 5. Juli 2021 insoweit aufzuheben, als die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.

2. die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache Erfolg. Der angegriffene Beschluss war, soweit darin die Anmeldung in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren zurückgewiesen worden ist, aufzuheben, da der Eintragung des [X.] (auch) in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren kein Schutzhindernis gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 [X.] entgegensteht. Insbesondere fehlt dem Wortzeichen für die beanspruchten Waren weder jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], noch stellt es eine freihaltebedürftige beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] dar.

1. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] schließt von der Eintragung als Marke Zeichen aus, denen für die in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen zukommende Eignung, die von der Anmeldung erfassten Waren bzw. Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. [X.] [X.] 2012, 304 Rn. 23 – Smart Technologies/[X.] [[X.] DAS [X.]]; GRUR 2010, 228 Rn. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], 932 Rn. 7 – #darferdas? I; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – [X.]; [X.], 934 Rn. 9 – [X.]; GRUR 2014, 569 Rn. 10 – [X.]; [X.], 731 Rn. 11 – [X.]; [X.], 1143 Rn. 7 – [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.], 608 Rn. [X.]/[X.] [[X.]]; [X.], 229 Rn. 27 – [X.]/[X.] [BioID]; BGH [X.], 934 Rn. 9 – [X.]; GRUR 2014, 565 Rn. 12 – smartbook).

Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis be- gründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.], 301 Rn. 11 – [X.]; [X.], 934 Rn. 9 – [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH [X.],1143 Rn. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und [X.] der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] GRUR 2019, 1194 Rn. 20 – [X.] [#darferdas?]; [X.], 608 Rn. 67 – [X.]/[X.] [[X.]]; [X.], 411 Rn. 24
– [X.]/[X.] [[X.]]; [X.] 2014, 376 Rn. 11 – grill meister).

2. Nach diesen Grundsätzen kann dem angemeldeten Zeichen auch in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren „[X.] für mobile Geräte, Software“ die notwendige Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] nicht abgesprochen werden.

a. Die angemeldete Bezeichnung [X.]Go kombiniert die englischsprachige Begriffskombination „[X.]“ mit dem zum [X.] Grundwortschatz gehörenden Verb „Go“, wobei dieses trotz der Zusammenschreibung mit „[X.]“ aufgrund der Binnengroßschreibung als eigenständiges Zeichenelement wahrgenommen wird.

aa. „[X.]“ ist eine fachbegriffliche Bezeichnung aus dem IT-/Computerbereich, welche auf Grundlage ihrer wortsinngemäßen [X.] Entsprechung „[X.]“ (vgl. https://dict.leo.org/englisch-deutsch/multiport) ein Computernetzwerk oder ein elektronisches Gerät mit mehr als einem „Port“ bezeichnet (https://www.collinsdictionary.com/de/worterbuch/englisch/multiport „[X.] of a computer network

or electronic device having more than one port“). Ein „Port“ an einem Computer ist ein Ort, an dem ein anderes Gerät, z. B. ein Drucker, angeschlossen werden kann (vgl. https://www.collinsdictionary. com/de/worterbuch/englisch/port: „A port on a computer is a place where you can attach another piece of equipment, for example a printer”). “Port” bezeichnet in Zusammenhang mit Computer-HardwareeineexterneSchnittstelle, an die man weitere Geräte mit einem Kabel (zum Beispiel Parallelport, serielle SchnittstelleoderUSB-Port) anschließen kann oder in die man Steckkarten einschieben kann (zum [X.]) oder auch eine interne Schnittstelle, die per I/[X.] ([X.] = Input/Output) über die so genannte [X.] angesprochen wird sowie in Rechnernetzen eine [X.]buchse an Netzwerkkomponenten (zum Beispiel Switches, Router, Hubs, [X.], [X.]) zum Verbinden von diesen untereinander oder zum [X.] von [X.] an diese (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Port_(Schnittstelle)).

bb. Soweit die Anmelderin geltend macht, dass allgemeinen inländischen Durchschnittsverbrauchern als zu berücksichtigenden Verkehrskreisen die Bedeutung dieser [X.] Fachbegriffe nicht bekannt sei, diese insbesondere „port“ nicht als Bezeichnung für „[X.]“ etc., sondern bestenfalls iS von „Hafen“ verstehen würden, beachtet sie nicht, dass der [X.] bei den beteiligten Verkehrskreisen zwischen dem Handel und/oder dem normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen differenziert, wobei er durch die Wortwahl „und/oder“ klarstellt, dass auch einer dieser beiden Kreise allein von ausschlaggebender Bedeutung sein kann (vgl. [X.] a. a. O. (Nr. 24) - Matratzen Concord/[X.]). Den danach relevanten inländischen Fachverkehrskreisen sowie fachlich interessierten allgemeinen Verkehrskreisen sind aber die fachbegrifflichen Bedeutungen von „[X.]“ bzw. „Port“ ohne weiteres geläufig.

cc. Mit dieser Bedeutung ist „Mulitiport“ für sich gesehen auch durchaus geeignet, zumindest die beschwerdegegenständlichen Waren „Software“ ihrem Bestimmungs- und Verwendungszweck nach zu beschreiben, da es zumindest denkbar erscheint, dass „Software“ speziell für einen in ein (mobiles) Endgerät oder auch in ein Computernetzwerk integrierten (externen wie internen) „[X.]“ entwickelt und konzipiert sein kann.

b. Was den weiteren Bestandteil „Go“ als den inländischen Verkehrskreisen geläufiges [X.] Verb „(to) go“ mit seiner wortsinngemäßen Bedeutung „gehen“ betrifft, ist die Markenstelle zutreffend davon ausgegangen, dass es sich um ein im inländischen Werbesprachgebrauch etabliertes Wortbildungselement handelt, mit dem schlagwortartig auf eine ortsungebundene, mobile Nutzung von Produkten hingewiesen wird, und zwar entgegen der Auffassung der Anmelderin auch ohne den Zusatz „to“.

Dies gilt vor allem auch in dem vorliegend relevanten IT-/EDV-Bereich. Oft ist es notwendig, Software auch von unterwegs nutzen zu können. Die mobilen Versionen der Software oder mobile Module unterscheiden sich von den klassischen, stationären Oberflächen vor allem durch deren Benutzeroberfläche. Um die Software oder Teile davon auf mobilen [X.] verfügbar zu machen, bieten sich Webanwendungen an oder sogenannte [X.], die direkt auf den verschiedenen Geräten laufen. Zwar sind auch viele normale Webseiten mobil nutzbar, zweckmäßiger aber sind Webseiten, die an die kleineren, mobilen Bildschirme angepasst sind, da sie speziell für diese Seiten optimiert wurden (vgl. https://www.softguide.de/software-tipps/mobile-version).

Solche für mobile Endgeräte wie insbesondere Smartphones angepasste oder auch entwickelte Anwendungssoftware (App) wird dabei oftmals mit dem Zusatz „Go“ als werbesprachlich-prägnantem Hinweis auf eine Nutzungsmöglichkeit „für unterwegs“ iS einer ortsungebundenen Nutzung durch/auf mobile(n) Endgeräte(n) versehen.

c. Wenngleich danach den beiden [X.]en „[X.]“ und „Go“ für sich gesehen eine beschreibende Bedeutung in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren nicht abgesprochen werden kann, so reicht dies allein nicht aus, um der angemeldeten Bezeichnung die Schutzfähigkeit abzusprechen. Das Vorliegen eines Schutzhindernisses bemisst sich nämlich nicht nur danach, ob etwaige Wortbestandteile für sich betrachtet unterscheidungskräftig sind; entscheidend ist vielmehr, ob dem durch die Verbindung der Bestandteile entstandenen Gesamtzeichen die Eignung zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung fehlt (vgl. [X.]GRUR 2004,674,678Rn.99- Postkantoor; GRUR 2004,680,681(Nr.40) - [X.]). Davon kann vorliegend aber nicht ausgegangen werden.

aa. Denn die Kombination von „[X.]“ und „Go“ wirkt insoweit ungewöhnlich und interpretationsbedürftig, als – wie bereits dargelegt - zwar spezielle Software zur Einrichtung eines in einen Computer integrierten (externen wie internen) „[X.]s“/„[X.]es“ denkbar erscheint, jedoch ein „Port“ und damit auch ein „[X.]“ selbst keine spezielle, für eine ortsungebundene Nutzung auf mobilen Endgeräten bestimmte und mit „Go“ schlagwortartig bezeichnete Anwendungssoftware darstellt und/oder über diese verfügt; vielmehr soll ein „Port“ als „[X.]“ eine Verbindung zu einem anderen Computer/Netzwerk herstellen und damit zB eine Nutzung einer solchen für mobile Endgeräte konzipierten Software zur Herstellung eines [X.]es ermöglichen. Die Bezeichnungen „[X.]“ und „Go“ sind somit jedenfalls nicht ohne weitere Überlegungen und gedankliche Zwischenschritte in einen (gesamtbegrifflichen) beschreibenden Bezug zueinander zu bringen.

bb. Dies gilt auch, wenn man berücksichtigt, dass ein externer „[X.]“ in der Regel ein transportables Peripheriegerät in Form eines ([X.]-)Adapters darstellt. Denn insoweit lässt sich eine werbesprachliche Verwendung des Verbs „(to) go“ als Hinweis zB auf eine portable Nutzung solcher Adapter nicht belegen und erschließt sich auch aus dem Wortsinn von „go“ iS von „gehen“ allenfalls nach gedanklichen Zwischenschritten, zumal die Tragbarkeit und eine damit verbundene Nutzbarkeit solcher Geräte „von unterwegs aus“ selbstverständlich ist und der Verkehr daher nicht erwartet, dass diese (werbesprachlich) gesondert benannt und hervorgehoben wird.

cc. [X.] kann ferner, ob „[X.]“ bei einem Verständnis iS von „[X.]al“ vor dem Hintergrund, dass ein „Portal“ in der Informatik ein Anwendungssystem bezeichnet, das sich durch die Integration von Anwendungen, Prozessen und und Diensten auszeichnet und seinem Benutzer verschiedene Funktionen zur Verfügung stellt (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Portal_(Informatik)), als Hinweis auf eine für eine Nutzung von mehreren „Portalen“ auf einem mobilen Endgerät speziell konzipierte Anwendungssoftware verstanden werden kann.

Denn es lässt sich nicht belegen, dass „Port“ über seine vorgenannten Bedeutungen hinaus im allgemeinen Sprachgebrauch oder zumindest im hier maßgeblichen Fachbereich als Kurzwort für „Portal“ verwendet wird, so dass auch ein solches Verständnis von „[X.]“ sich erst nach interpretatorischen Zwischenschritten erschließt und [X.]Go auch insoweit nicht jede Unterscheidungskraft abgesprochen werden kann.

dd. Soweit die Anmelderin die Bezeichnung uU selbst für eine auf mobilen Endgeräten nutzbare Anwendungssoftware zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs unter Einbindung von Konten verschiedener Banken nutzt, lässt sich ein beschreibender Zusammenhang der Bezeichnung [X.]GO in ihrer Gesamtheit erst nach gewissen gedanklichen Überlegungen und interpretatorischen Zwischenschriften entnehmen.

c. Der Verkehr wird daher in der angemeldeten Bezeichnung in Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Waren einen zwar „sprechenden“, aber dennoch individualisierenden Hinweis auf deren betriebliche Herkunft erkennen.


3. Einer Registrierung steht auch nicht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen, da die angemeldete Marke in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren aus den genannten Gründen keine sich sofort und ohne weiteres erschließende unmittelbar beschreibende Bedeutung hat.

4. Daher war der angegriffene Beschluss aufzuheben.

5. Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 71 Abs. 3 [X.] ist nicht veranlasst, da Billigkeitsgründe dafür weder vorgetragen noch ersichtlich sind. Zu der nicht antragsgebundenen Entscheidung über die Rückzahlung der Beschwerdegebühr kann kein Antrag nach § 69 Nr. 1 [X.] gestellt werden (vgl. [X.] in: Ströbele/Hacker/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 69 Rdnr. 10), so dass der seitens der Anmelderin hilfsweise gestellte Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung insoweit unbeachtlich ist.

Meta

30 W (pat) 543/21

01.06.2023

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 01.06.2023, Az. 30 W (pat) 543/21 (REWIS RS 2023, 3538)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3538

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