30. Senat | REWIS RS 2017, 1046
Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Markenbeschwerdeverfahren – "Softfeel" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2015 056 213.0
hat der 30. Senat (Marken- und [X.]) des [X.] in der Sitzung vom 7. Dezember 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Prof. Dr. Hacker sowie der [X.] [X.] und Dr. Meiser
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das Wortzeichen
[X.]
ist am 15. Oktober 2015 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] geführte Register angemeldet worden für folgende Waren:
„Klasse 2: Anstrichmittel; Farben; Firnisse; Lacke; [X.], [X.]; [X.] als Anstrichfarbe; Holzschutzmittel; Färbemittel; Beizen, insbesondere Beizen für Holz; Verdünnungsmittel für sämtliche vorgenannten Waren; Naturharze im Rohzustand; Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler, Dekorateure, Drucker und Künstler; Spachtelmassen zum Glätten und Ausbessern eines rauen Untergrunds [Anstrichmittel]; [X.] aus Kunststoff als Paste und flüssig für Oberflächen aus Holz und Metall zum Schutz gegen Feuchtigkeit; streichfähige Makulatur;
Klasse 3: Wasch- und Bleich-, Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel für das Maler und Stuckateurhandwerk; Abbeizmittel;
Klasse 19: Baumaterialien [nicht aus Metall, soweit in Klasse 19 enthalten]; Fassadenmörtel; Verputzmittel; Edelputz; Streichputz; Fertigmörtel; [X.]; Baukalk; Estrich; Spachtelmassen und [X.] [soweit in Klasse 19 enthalten] für [X.]; Asphalt, [X.] und Bitumen.“
Die Markenstelle für Klasse 2 des [X.]s hat die Anmeldung mit Beschluss vom 22. Januar 2016 teilweise, nämlich für folgende Waren
„Klasse 2: Anstrichmittel; Farben; Firnisse; Lacke; [X.]; [X.] als Anstrichfarbe; Holzschutzmittel; Färbemittel; Naturharze im Rohzustand; Spachtelmassen zum Glätten und Ausbessern eines rauen Untergrunds [Anstrichmittel]; [X.] aus Kunststoff als Paste und flüssig für Oberflächen aus Holz und Metall zum Schutz gegen Feuchtigkeit; streichfähige Makulatur;
Klasse 19: Baumaterialien [nicht aus Metall, soweit in Klasse 19 enthalten]; Fassadenmörtel; Verputzmittel; Edelputz; Streichputz; Fertigmörtel; [X.]; Baukalk; Estrich; Spachtelmassen und [X.] [soweit in Klasse 19 enthalten] für [X.]; Asphalt; [X.]; Bitumen“
wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) zurückgewiesen.
[X.] mit diesem Sinngehalt bereits verwendet werde und dabei nicht alleine auf die Anmelderin zurückgehe. Die Anmelderin könne sich schließlich auch nicht mit Erfolg auf Voreintragungen anderer, (vermeintlich) vergleichbarer Zeichen stützen.
Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
[X.] handele es sich um einen abstrakten, lexikalisch nicht nachweisbaren Begriff, der in seinem Sinngehalt vage bleibe und in keinem Sachbezug zu den zurückgewiesenen Waren stehe.
[X.] bedeuten solle.
softfeel sowie weitere Marken mit den Wortelementen „soft“ und „feel“ unbeanstandet eingetragen habe.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 2 des [X.]s vom 22. Januar 2016 aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.
[X.], übersandt. Die Anmelderin, die ursprünglich hilfsweise die Anberaumung eines Termins zu mündlichen Verhandlung beantragt hatte, hat mit [X.] vom 7. November 2017 beantragt, im schriftlichen Verfahren zu entscheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
[X.] in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren an Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehlt. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher insoweit zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 [X.]).
1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. [X.] [X.] 2012, 610 (Nr. 42) – [X.]; [X.] 2008, 608, 611 (Nr. 66) – [X.]; [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; [X.] 2014, 565, 567 (Nr. 12) – smartbook; [X.] 2013, 731 (Nr. 11) – [X.]; [X.] 2012, 1143 (Nr. 7) – [X.], jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa [X.] [X.] 2010, 1008, 1009 (Nr. 38) – [X.]; [X.] 2008, 608, 611 (Nr. 66) – [X.]; [X.] 2006, 233, 235, Nr. 45 - Standbeutel; [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; [X.] 2009, 949 (Nr. 10) – My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; [X.] 2014, 565, 567 (Nr. 12) – smartbook; [X.] 2012, 1143 (Nr. 7) - [X.]; [X.] 2012, 270 (Nr. 8) – Link economy). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] [X.] 2006, 411, 412 (Nr. 24) – Matratzen Concord/Hukla).
Hiervon ausgehend besitzen Marken insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. [X.] 2013, 1143, Nr. 15 – Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.] 2004, 674, 678, Nr. 86 – Postkantoor; [X.] 2014, 1204, 1205, Nr. 12 – [X.]; [X.] 2012, 270, 271, Nr. 11 – Link economy; [X.] 2009, 952, 953, Nr. 10 – [X.]). Darüber hinaus kommt nach ständiger Rechtsprechung auch solchen Zeichen keine Unterscheidungskraft zu, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.] 2014, 1204, 1205, Nr. 12 – [X.]; [X.] 2012, 1143, 1144, Nr. 9 – [X.]; [X.] 2010, 1100, Nr. 23 – [X.]!; [X.] 2006, 850, 855, Nr. 28 f. – FUSSBALL WM 2006).
2. Nach diesen Grundsätzen entbehrt die Wortkombination [X.] für die beschwerdegegenständlichen Waren jeglicher Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].
a) Bei den beschwerdegegenständlichen Waren handelt es sich um solche, die auf Verbraucherseite breite Verkehrskreise aus dem Bereich Heimwerker und Maler und in diesen Bereichen tätige Fachkreise ansprechen.
Diese Verkehrskreise werden das Anmeldezeichen – welches sprachüblich aus den einfachen Wörtern des [X.] Grundwortschatzes „Soft“ für „weich“ und „feel“ für „fühlen“ zusammengesetzt ist – ohne weiteres als Sachhinweis auf besondere Merkmale und Eigenschaften der zurückgewiesenen Waren verstehen.
[X.] auf dem Warensektor der Farben und Lacke seit vielen Jahren im Inland gängig verwendet wird zur Bezeichnung einer besonderen Lackart bzw. von Farben mit einem besonderen haptischen Effekt.
[X.]-Lacke eingesetzt. Der sog. „[X.]-Effekt“ (im Sinne der Erfindung) bezeichne ein besonderes Griffempfinden (Haptik) der lackierten Oberfläche; diese Haptik lasse sich mit Begriffen wie „samtig, weich, gummiartig, warm“ umschreiben. Dem Trend folgend, Emissionen zu vermeiden, hätten sich in den letzten Jahren wässrige [X.]-Lacke auf Basis der Polyurethanchemie durchgesetzt (…). (vgl. die Anlage www.google.com/patents/WO2006032373A1?cl=de).
[X.]-Lackierungen und Beschichtungen mit einem sog. [X.]-Effekt in vielen Bereichen immer wichtiger werden. Weiter wird ausgeführt: „ [X.]
[X.] um einen seit langem gängig verwendeten Fachbegriff zur Bezeichnung einer bestimmten Lackart handelt, die geeignet ist , ein besonderes „weiches“, samtiges Griffempfinden (Haptik) der lackierten Oberfläche herbeizuführen. Ebenso gebräuchlich ist die Verwendung des Begriffs [X.] zur Beschreibung eines haptischen Effektes bei der Anwendung von Farben (vgl. hierzu etwa die Anlage [X.] vom 22. Februar 2012: „ [X.]-Wandfarben
b) Daraus folgt, dass die Bezeichnung [X.] in der Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise in naheliegender und im Vordergrund stehender Weise als Sachhinweis bzw. als eine allgemeine Angabe mit engem beschreibendem Bezug dahin verstanden wird, dass Waren angeboten werden, die ihrer Art und Beschaffenheit nach eine sich weich anfühlende Oberfläche aufweisen oder aber dazu bestimmt sind, einen besonderen haptischen ([X.]-) Effekt herbeizuführen. Dies trifft entgegen dem Beschwerdevorbringen auf alle beschwerdegegenständlichen Waren der Klassen 2 und 19 zu.
aa) Hinsichtlich der in Klasse 2 beanspruchten Waren werden die angesprochenen Fachkreise sowie die interessierten Verbraucherkreise, denen [X.] als gängiger Fachbegriff im Bereich der Lacke und Farben bekannt ist, das Anmeldezeichen unmittelbar als Sachhinweis auf einen „[X.]-Lack“, eine „[X.]-Farbe“ bzw. ein Produkt, welches einen „[X.]-Effekt“ herbeizuführen geeignet ist, verstehen.
Zu den weiterhin in Klasse 2 beanspruchten „
[X.]-Haptik“ nachweislich eine Rolle spielen (vgl. hierzu die Anlagen „Alberdingk [X.]“ sowie „Münzig Chemie GmbH:
bb) Hinsichtlich der in Klasse 19 beschwerdegegenständlichen Baumaterialien kann zum einen die Erzielung haptischer ([X.]-)Effekte eine wesentliche Produkteigenschaft darstellen (vgl. hierzu etwa die Anlage „[X.]-Effekt zum Einsatz gelangen können, so dass auch insoweit zumindest ein die Unterscheidungskraft ausschließender, enger beschreibender Bezug gegeben ist.
c) Für das Verständnis im dargelegten Sinne bedarf es entgegen der Auffassung der Anmelderin auch keiner analysierenden, mehrere differenzierende Gedankenschritte erfordernden Betrachtungsweise noch eines vertieften Nachdenkens, um diesen rein sachlichen Bezug zwischen dem angemeldeten Zeichen und den versagten Waren zu erkennen und zu erfassen. Das Anmeldezeichen bleibt im vorliegenden [X.] weder diffus oder vage noch interpretationsbedürftig. Vielmehr bedient sich die Anmelderin eines Fachbegriffs, der nachweislich seit vielen Jahren auf dem Sektor der Farben und Lacke zur Bezeichnung eines besonderen haptischen ([X.]-)Effekts etabliert ist, und dessen Sinngehalt die angesprochenen Verkehrskreise daher im vorliegenden [X.] auf Anhieb erfassen.
d) Ein Eingehen auf die von der Anmelderin genannten Voreintragungen ist nicht veranlasst (vgl. [X.] [X.] 2009, 667 Nr. 18 – Bild.t.-Online.de m. w. N.; [X.] 2012, 276, 277, Nr. 18 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e. V. m. w. N.).
e) Die Marke [X.] kann im Umfang der versagten Waren damit ihre Hauptfunktion, nämlich den Verkehrskreisen die Ursprungsidentität der mit der Marke gekennzeichneten Waren zu garantieren, nicht erfüllen. Sie ist deshalb insoweit nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen.
3. Die Frage, ob auch ein Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] gegeben ist, kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben.
4. Demnach war die Beschwerde zurückzuweisen.
Meta
07.12.2017
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.12.2017, Az. 30 W (pat) 38/16 (REWIS RS 2017, 1046)
Papierfundstellen: REWIS RS 2017, 1046
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
30 W (pat) 25/18 (Bundespatentgericht)
Markenbeschwerdeverfahren – "Soft" – fehlende Unterscheidungskraft
30 W (pat) 49/17 (Bundespatentgericht)
30 W (pat) 17/17 (Bundespatentgericht)
Markenbeschwerdeverfahren – "Wohlfühlfarbe" – keine Unterscheidungskraft
30 W (pat) 18/17 (Bundespatentgericht)
Markenbeschwerdeverfahren – "...für Farbverliebte" – keine Unterscheidungskraft
30 W (pat) 14/18 (Bundespatentgericht)
Markenbeschwerdeverfahren – "Was Wände lieben" – Unterscheidungskraft - Freihaltungsbedürfnis
Keine Referenz gefunden.