Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2012, Az. X ZR 98/09

X. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 6421

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
X [X.]/09
Verkündet am:

15. Mai 2012

Wermes,

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in der
Patentnichtigkeitssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.]-Monohydrat
EPÜ Art.
56; [X.] §
4
Im Rahmen der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit kann für die Frage, ob der Fachmann aus dem Stand der Technik eine Anregung erhalten hat, dort beschriebe-ne Maßnahmen aufzugreifen und sie auf einen bekannten Stoff anzuwenden, die Überlegung Bedeutung gewinnen, ob sich aus diesen Maßnahmen eine [X.] Erfolgserwartung für die Lösung des sich stellenden technischen Problems ergab (Fortführung von [X.], Urteil vom 6.
März 2012 -
X
ZR 50/09, juris; vgl. auch [X.], Urteil vom 10.
September 2009 -
Xa
ZR 130/07, [X.]
2010, 123 -
Escitalopram).
[X.], Urteil vom 15. Mai 2012 -
X [X.]/09 -
[X.]

-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 15.
Mai 2012
durch [X.],
die Richterin [X.], [X.] und Dr.
Grabinski sowie die Richterin Schuster

für Recht erkannt:

Die Berufung gegen das am 17.
März 2009 verkündete Urteil des 3.
Senats ([X.]) des [X.] wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte ist Inhaberin
des europäischen Patents 679
154
(Streitpa-tents), das am 7.
Januar 1994 angemeldet worden ist und eine Unionspriorität vom 15.
Januar 1993 in Anspruch nimmt. Das Streitpatent betrifft "a
New Crystalline Form of a Vitamin
D Analogue" und umfasst fünf Patentansprüche, die in der erteilten Fassung wie folgt lauten:

"1.
[X.] (1,3,5Z,7E,22E,24S)-24-Cyclopropyl-9,10-secochola-5,7,10(19),22-tetraene-1,3,24-triol, monohydrate.

2.
Pharmaceutical composition containing the compound of claim
1.

1
-
3
-

3.
Pharmaceutical composition according to claim
2 which is a cream.

4.
Pharmaceutical composition according to claim 2 which is a gel.

5.
Pharmaceutical composition according to any one of claims
2

4
with a content of the active component of 1

100

the composition."

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent in der erteilten Fassung und mit zwei [X.] in geänderten
Fassungen verteidigt.

Das Patentgericht hat das Streitpatent antragsgemäß für nichtig erklärt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung und verteidigt das Streitpa-tent in der erteilten Fassung und mit drei [X.], bei denen Patentan-spruch
1 jeweils
wie folgt lautet:

"Hilfsantrag
1:

1.
[X.] (1,3,5Z,7E,22E,24S)-24-Cyclopropyl-9,10-secochola-5,7,10(19),22-tetraene-1,3,24-triol, monohydrate, wherein the monohydrate exhibits a solid state CPMAS-NMR spectrum comprising the following characteristic resonances: 147.9, 146.5, 134.8, 130.3, 129.0, 126.5, 116.0, 109.4, 75.5, 68.2, 67.2, 56.9, 55.2, 47.8, 47.5, 42.9, 42.0, 41.3, 30.7, 28.9, 25.6, 23.1, 22.6, 19.5, 14.6, 6.2 and 1.9 ppm, respectively.
2
3
-
4
-

Hilfsantrag
2:

1.
Pharmaceutical composition containing a crystal suspension of calcipotriol (1,3,5Z,7E,22E,24S)-24-Cyclopropyl-9,10-secochola-5,7,10(19),22-tetraene-1,3,24-triol, monohydrate.

Hilfsantrag
3:

1.
Pharmaceutical composition containing a crystal suspension of calcipotriol (1,3,5Z,7E,22E,24S)-24-Cyclopropyl-9,10-secochola-5,7,10(19),22-tetraene-1,3,24-triol, monohydrate, wherein the monohydrate exhibits a solid state CPMAS-NMR spectrum comprising the following characteristic resonances: 147.9, 146.5, 134.8, 130.3, 129.0, 126.5, 116.0, 109.4, 75.5, 68.2, 67.2, 56.9, 55.2, 47.8, 47.5, 42.9, 42.0, 41.3, 30.7, 28.9, 25.6, 23.1, 22.6, 19.5, 14.6, 6.2 and 1.9 ppm, respectively."

Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Als gerichtlicher Sachverständiger hat Prof. Dr.

K.

, Hochschule
O. ,

, Pharmatechnik, ein schrift-
liches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Parteien haben zahlreiche Privatgutachten sowie das gerichtli-che Sachverständigengutachten der Sachverständigen

F.

in
einem
Verfahren vor dem Landgericht T.

vorgelegt.

4
5
-
5
-

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.

[X.] Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Erfindung betreffe ein [X.]

eine neue kristalline Form von [X.]
mit überlegenen technischen Eigenschaften, beispielsweise bei der Zubereitung kristalliner Suspensionsformulierungen,
und mit überlege-nen [X.]. [X.] sei bereits in der [X.] der internationalen Patentanmeldung
WO
87/00834 -
die zu dem
europäischen Pa-tent
227
826 ([X.]; [X.]) geführt hat
-
beschrieben
([X.]. S.
2 Z.
5
bis 7). Dieser Stoff besitze ein bemerkenswertes biologisches Aktivitätsprofil, das
sich für die topische Behandlung von Psoriasis als sehr nützlich erwiesen habe. Wegen der geringen Stabilität von [X.] in bestimmten Lösungen würden in einigen Formulierungen, insbesondere in Cremes und Gelen, bevor-zugt Kristallsuspensionen verwendet ([X.].
S.
2 Z.
16
bis 19).

Zur Herstellung geeigneter Kristallsuspensionsformulierungen sei es nach dem Streitpatent zwingend erforderlich, die Kristallgröße zu kontrollieren; dieser Parameter sei im Hinblick auf eine reproduzierbare Freisetzung der akti-ven Verbindung aus der Formulierung von Bedeutung. Die kristalline [X.] werde üblicherweise einer Mikronisierung oder einem Feuchtmahlver-fahren unterworfen, um die Kristallgröße zu verringern, bevor die endgültige
Suspensionsformulierung hergestellt werde. Im Fall des [X.]s sei ein 6
7
8
9
-
6
-
Kugelmühlen-Feuchtmahlverfahren verwendet worden. Es habe sich als tech-nisch schwierig herausgestellt, dieses Verfahren durchzuführen, wenn die in der internationalen Anmeldung WO
87/00834 beschriebene wasserfreie Kristallform verwendet werde. Es sei schwierig, diese Kristalle zu befeuchten. Sie [X.] während des [X.] einen stabilen Schaum, was die Erzielung [X.] geeigneten, kleinen und einheitlichen Teilchengröße
erschwere.

Überraschenderweise sei gefunden worden
-
so das Streitpatent
-
dass diese Schwierigkeiten
vermieden werden könnten, wenn eine bislang unbe-kannte kristalline Form des [X.]s, das
[X.], anstatt der bekannten wasserfreien Form verwendet werde. Das Hydrat sei der [X.] Form technisch überlegen. Es sei leicht zu befeuchten und das [X.] verlaufe glatt ([X.].
S.
2 Z.
20 bis 22)

Das Monohydrat von [X.]
sei
vollkommen kristallin, überraschend stabil und gut geeignet zur
Anwendung in der modernen Therapie. Dies werde durch [X.] bei 40°C veranschaulicht: Während die wasserfreie Form von [X.] bei dieser Temperatur einen bemerkenswerten [X.] aufweise und nach zwölfmonatiger Lagerung mehr als 30% Zersetzung beobachtet würde, weise die erfindungsgemäße Verbindung, [X.]-Monohydrat, nach zwölfmonatiger Lagerung bei dieser Temperatur keine [X.] auf.

Der Gegenstand des Streitpatents in der erteilten Fassung erweise sich als nicht patentfähig, da es für den Fachmann, einen promovierten Chemiker, der mit der Synthese und Analytik organisch-chemischer Wirkstoffe sowie deren Anwendung im Bereich der Pharmazie befasst und vertraut sei, über besondere
Erfahrung auf dem Gebiet von Vitamin
[X.]
verfüge und in ein Team zur 10
11
12
-
7
-
Entwicklung eines zu formulierenden Wirkstoffs eingebunden sei, nahegelegen habe, das Monohydrat des [X.]s ausgehend vom
Stand der Technik be-treffend Monohydrate anderer Vitamin
[X.]
unter Berücksichtigung der Aufgabenstellung zu Formulierungszwecken bereitzustellen.

[X.]-Monohydrat sei im Stand der Technik
weder ausdrücklich
vorbeschrieben
noch aus diesen
zu entnehmen. In den Herstellungsbeispielen des [X.]s
([X.])
würden
vielmehr kristalline Verbindungen erhalten, die kein Wasser aufwiesen. Die Anwesenheit von [X.] sei [X.], da zu Beginn des experimentellen Teils ausdrücklich auf den Einsatz getrockneter und damit praktisch wasserfreier Lösungsmittel im Zuge der [X.] und Produktaufarbeitung hingewiesen werde ([X.], S.
12 Z.
50).

Ob die von der Klägerin geltend gemachte inhärente Bildung des [X.] bei der Zubereitung von Cremes und entsprechend der Lehre der [X.] der internationalen Anmeldung WO
91/12807 ([X.]) tatsächlich stattfinde und demnach eine implizite neuheitsschädliche Offenba-rung darstelle, könne im Streitfall dahinstehen, da die Bereitstellung des bean-spruchten [X.]-Monohydrats jedenfalls nicht auf erfinderischer
Tätigkeit beruhe.

Die Lösung des Streitpatents
sei ausgehend von den vorveröffentlichten Erkenntnissen zur Stabilitätsverbesserung bei anderen, bereits vor dem Priori-tätstag des Streitpatents für die Behandlung unter anderem auch von Psoriasis in Betracht gezogenen Vitamin
D([X.] naheliegend.

Vitamin
D3, auch als Cholecalciferol oder Calciol bezeichnet, sei die me-tabolische Vorstufe des 1,25-(OH)2-D3, dem auch als Calcitriol bezeichneten 13
14
15
16
-
8
-
aktiven Vitamin
D. [X.]3
wiederum werde durch UV-Licht in der Haut aus dem mit Cholesterin direkt im metabolischen Gleichgewicht stehenden Dehyd-rocholesterin gebildet. 13, 1, 24OH)2-D3, 1, 25OH)2-D3
sowie andere Vitamin
D([X.] übten Einfluss auf den [X.] aus und seien deshalb als pharmazeutische Wirkstoffe zur Behandlung von Vitamin
D-assoziierten und mit dem [X.] in Zusammenhang stehenden Krankheitsbildern beschrieben. Daneben seien für diese und andere Vita-min
D([X.], darunter auch für [X.], die Möglichkeit zur [X.] von chronischen Hautkrankheiten, vor allem von Akne und von Psoriasis in zur topischen Anwendung geeigneten Zubereitungen beschrieben (Ausgangs-patent [X.],
S.
1 Z.
55 bis 62, S.
2 Z.
2 bis 11; [X.],
S.
1 Z.
16, S.
2 Z.
25; [X.], [X.] Analogues in the Treatment of Psoriasis, J.
Cell. Bio-chem.
49 (1992), 46 bis 52, [X.]).

Der mit der problematischen
Stabilität von [X.] konfrontierte Fachmann habe nicht umhin gekonnt, sich bei anderen Vitamin
D([X.] nach Anregungen zur Lösung des Stabilitätsproblems umzusehen. Dabei sei er
zwangsläufig auf die
US-Patentschrift
3
833
622 ([X.], Upjohn), die
US-Patentschrift
4
435
325 ([X.], [X.]) und die [X.] der
japa-nischen Patentanmeldung Sho
5904358 ([X.], [X.])
gestoßen, in denen, neben der Herstellung und Verwendung, auch die Stabilisierung verschiedener Vitamin
D([X.] durch Bildung von Monohydraten beschrieben sei.

So betreffe die [X.] kristalline Hydrate von 25ydroxycholecalciferol und strukturverwandter Verbindungen, insbesondere das Monohydrat des 25Hydroxycholecalciferols
(vgl. [X.] [X.].
1 Z.
14
bis 17, [X.].
13
f., Beispiel
8, 11, 15, 23, 24, 30 sowie [X.].
2 Formel
VI). Hierzu werde ausgeführt, dass man durch Kristallisierung, Reinigung und Stabilität der Hydrate dieser Vita-17
18
-
9
-
min
D([X.], insbesondere des 25ydroxycholecalciferols, die auf ein-fache Weise durch bloße Zugabe von Wasser in kristalliner Form aus Lösungen in organischen Lösungsmitteln erhalte,
die
gegenüber den entsprechenden wasserfreien Verbindungen verbessert seien (vgl. [X.] [X.].
3 Z.
35
bis 50 sowie [X.].
6 Z.
33 bis [X.].
7 Z.
5). Diese Lehre und deren Ergebnisse würden durch die [X.] ergänzt, aus der die Herstellung des kristallinen Monohydrats eines nicht nur am, sondern auch amhydroxylierten [X.] sowie dessen besondere Stabilität hervorgehe ([X.],
[X.].
1 Z.
47
bis 57). Dabei werde auf die Eignung dieses Monohydrats für die Herstellung verschiedenster
Formu-lierungen in Gegenwart üblicher Formulierungshilfsstoffe, darunter wässrige und nicht wässrige Systeme, hingewiesen (vgl. [X.] [X.].
2 Z.
4
bis 15).

In der [X.] seien die Herstellung, Eigenschaften und Verwendung eines weiteren strukturverwandten Monohydrats, desjenigen von 24ihydroxycholecalciferol, beschrieben. Dessen Bildung erfolge durch bloße Zugabe von Wasser zu einer Lösung des wasserfreien Dihydroxycholecalciferol in einem niedrigen Alkohol (vgl. [X.] S.
2 letzter Abs.). Außerdem würden die Vorteile dieses Monohydrats hinsichtlich Löslichkeit, Stabilität, Verarbeitung und pharmazeutische Anwendung hervorgehoben ([X.],
S.
3 Abs.
2 iVm
S.
4 letzter Abs.).

Bei der Suche nach einer für die Zubereitung pharmazeutischer Zusam-mensetzungen,
insbesondere von Cremes und Lotionen,
geeigneten stabilen Stoffform des [X.]s habe sich der Fachmann diesen Erkenntnissen nicht verschließen können. Vielmehr sei er nicht zuletzt wegen der [X.] zu [X.] angeregt gewesen, die durch die [X.], [X.] und
[X.] vermittelten Lehren aufzugreifen und bei [X.] anzuwenden;
auf diese Weise
habe er
ohne weiteres und unmittelbar zum kristallinen Monohydrat des [X.]s 19
20
-
10
-
gelangen
können. Gründe oder Umstände, die den Fachmann von der Anwen-dung dieser Lehren hätten abhalten können, seien nicht ersichtlich. Die in [X.] bis [X.] beschriebenen Arbeitsweisen führten, wie sich aus dem Vergleich mit den Arbeitsweisen des Streitpatents (Patentschrift S.
2 Z.
31 und 32 iVm
Bei-spielen 1ergebe, ohne wesentliche experimentelle Abänderungen auch bei [X.] zur Bildung eines Monohydrats.

Das
hiergegen gerichtete Vorbringen
der Beklagten führt
nach Auffas-sung des Patentgerichts nicht zum Erfolg.

Es treffe zwar zu, dass die wasserfreien Vitamin
[X.] der Ni
8 bis [X.], aus denen die Monohydrate hergestellt würden, nur in Form von amor-phen oder schlecht kristallinen Feststoffen oder nur als Öle vorgelegen hätten, im Gegensatz zu [X.], das bereits in wasserfreier Kristallform vorbe-schrieben sei. Jedoch sei daraus nicht abzuleiten, dass kein Anlass bestanden habe, nach einer stabilen Stoffform des [X.]s zu suchen. Die Untersu-chung der Stabilität eines vorbeschriebenen und in der Entwicklung befindlichen pharmazeutischen Wirkstoffs, hier dem [X.], stelle eine wichtige Aufga-be aus dem typischen Aufgabenkreis zur Markteinführung eines Wirkstoffs dar. [X.]ätestens seit der [X.] der Ergebnisse erfolgreicher pharmakolo-gischer Studien in den Jahren 1989 bis 1991 -
siehe
die bei [X.]
([X.])
zitierten Referenzen 37 bis 41
-
und damit geraume Zeit vor dem [X.] des Streitpatents habe ein großes Interesse und Bedürfnis bestanden, die [X.] des [X.]s in Form seiner bis dahin bekannten wasserfreien Form zu untersuchen. Dass solche Stabilitätsprobleme tatsächlich bestünden und deshalb den damit befassten Fachmann veranlassten,
nach Lösungen zu su-chen, belegten die Ausführungen im Streitpatent, wonach die wasserfreie Form des [X.]s einen beträchtlichen Grad an Zersetzung zeige. Das Aus-21
22
-
11
-
gangspatent ([X.])
sei für die Fachwelt Ansatz und Ausgangspunkt für Verbes-serungen und Weiterentwicklung und hindere deshalb auch potentielle Wettbe-werber nicht daran, die Lehre der [X.] nachzuarbeiten und die darin offenbarten Stoffe auf ihre stofflichen Eigenschaften, zu denen vor allem auch die Stabilität gehöre, zu untersuchen.

Das Argument der Beklagten, die dem Streitpatent tatsächlich zugrunde-liegende Aufgabe seien die technischen Probleme beim Nachvermahlen [X.], zu deren Lösung aus dem vorgebrachten Stand der Technik keine Anre-gung zu erhalten gewesen sei, ändere nichts an der Beurteilung der erfinderi-schen Tätigkeit. Wenn die zu dem typischen Aufgabenkreis des Fachmanns gehörende Bewältigung des Stabilitätsproblems
die Herstellung eines Mono-hydrats des [X.]s nahegelegt habe, beruhe diese Lehre auch dann nicht auf erfinderischer
Tätigkeit, wenn der Stand der Technik für die damit zugleich erreichte Verbesserung der Lösung einer weiteren Problemstellung keine hin-reichende Anregung vermittelt habe.

Zu einer anderen Beurteilung könne auch nicht das Vorbringen
der [X.] führen, am [X.] seien
bereits mehr als 600
[X.]3-Derivate bekannt gewesen, von denen nur drei als kristalline Monohydrate
registriert ge-wesen seien, und dem
Fachmann könne deshalb eine umfassende Kenntnis der Stoffeigenschaften sämtlicher dieser Vitamin
D-Derivate nicht zugebilligt werden, weswegen er
das Auftreten bestimmter kristalliner Formen bei [X.] verschiedenen Vitamin
D-Derivaten nicht von vornherein als Anregung für die Lösung der streitpatentgemäßen Aufgabe berücksichtigt
hätte. Gegen diese Ansicht spreche, dass es sich bei dem in den [X.] [X.] und [X.] beschriebenen Monohydraten um kristalline Monohydrate solcher Vitamin
[X.] handele, die bereits in der vorveröffentlichten und auf der Titelseite des 23
24
-
12
-
Streitpatents zitierten Arbeit von [X.] ([X.]) im Vergleich zu [X.] auf ihre Eignung zur Behandlung von Psoriasis
nicht nur bewertet, sondern [X.] auch strukturell gegenübergestellt seien. Der bei der Entwicklung einer topischen Formulierung des [X.]s für die Behandlung von [X.] befasste Fachmann werde bei [X.] gerade auf solche Erkenntnisse und Lösungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Stabilität [X.], die bereits bei anderen zur Behandlung von Psoriasis in Betracht gezogenen Vitamin
[X.] erfolgreich gewesen seien
und deshalb gerade bei den in der Arbeit von [X.] ([X.]) abgehandelten Stoffen nach [X.] zur Lösung des Stabilitätsproblems suchen.

Auch die gegenüber [X.] unterschiedlichen Primärstrukturen der Vitamin
[X.] der [X.] [X.] bis [X.] hätten den Fachmann von der Lehre dieser [X.] nicht Abstand nehmen lassen. Denn weder ein Positionswechsel einer der Hydroxylgruppen wie auch die Reduzie-rung auf lediglich zwei Hydroxylgruppen verhinderten die Monohydratbildung.

Der auf eine pharmazeutische Zusammensetzung enthaltend [X.] gerichtete Patentanspruch
2 sowie die darauf rückbezogenen [X.] 3 bis 5 wiesen ebenso wie die Ansprüche nach den [X.] keine über den Stand der Technik hinausgehenden gesonderten Merkmale auf und hätten deshalb mangels erfinderischer Tätigkeit keinen Bestand.

I[X.] Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren stand. Das Auffinden
und Bereitstellen
des [X.]-Monohydrats beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Art. 56 EPÜ).

25
26
27
-
13
-
1.
Nach dem Streitpatent hat -
so auch der gerichtliche Sachverstän-dige
-
[X.]-Monohydrat dem wasserfreien [X.] gegenüber überle-gene technische Eigenschaften (verbesserte Nassmahlbarkeit) und überlegene [X.] (verringerte Zersetzungsrate). Zu dem technischen Hintergrund und der Bedeutung dieses Stoffes und des zum Prioritätszeitpunkt bereits bekannten wasserfreien [X.]s in der medizinischen und pharma-zeutischen Praxis wird ergänzend auf die Darstellung in dem angegriffenen Ur-teil Bezug genommen.

2.
Der Gegenstand des Streitpatents mag neu sein. Zu diesem Er-gebnis sind jedenfalls J. F.

im englischen Patentverletzungsverfahren, in
dem Widerklage auf Nichtigerklärung des Patents erhoben wurde, in seiner we-nige Wochen nach dem angefochtenen Urteil ergangenen Entscheidung vom 15.
Mai 2009 ([2009 [X.] (Pat) -
L.

A/S et al. v. S.

Ltd.,
Rn.
76
ff., [X.]), das [X.] in dem Urteil vom 20.
Mai 2011 betreffend das Streitpatent (T
9652-08, S.

A/S und N.

AB v.
L. Ltd. A/S, [X.], S.
95 bis 97) und ebenso die
Rechtbank Den Haag
in der Entscheidung vom 11.
Februar 2009, betreffend u.a. die Widerklage wegen Nichtigkeit des Streitpatents (L.

Ltd. [X.] S.

B.V., 306029 / HA ZA 08-733, Rn.
4.5 bis 4.9,
Ni19) gelangt.

3.
Die Frage der Neuheit kann jedoch dahinstehen, da das Auffinden und Bereitstellen der geschützten Substanz nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht (Art.
56 EPÜ).

Ansatzpunkt
für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit
ist das [X.], das aus dem zu entwickeln ist, was die Erfin-28
29
30
31
-
14
-
dung gegenüber dem Stand der Technik tatsächlich leistet. Die Ermittlung des technischen
Problems ist Teil der Auslegung des Patentanspruchs. Dabei [X.] in der [X.]eibung enthaltene Angaben zur Aufgabe der Erfindung einen Hinweis auf das richtige Verständnis des Patentanspruchs enthalten; sie sind ein Hilfsmittel bei der Ermittlung des objektiven technischen Problems
(st. Rspr. vgl.
[X.],
Urteil vom 12.
Februar 2003 -
X
ZR 200/99, [X.] 2003, 693 -
Hochdruckreiniger; Urteil vom 4.
Februar 2010 -
Xa
ZR
36/08, [X.] 2010, 602 -
Gelenkanordnung, Rn.
27; Urteil vom 15.
April 2010 -
Xa
ZR 28/08, [X.] 2010, 607 -
Fettsäurezusammensetzung; Urteil vom 1.
März 2011 -
X
ZR 72/08, [X.] 2011, 607
-
kosmetisches Sonnenschutzmittel III).

a)
Im Streitfall
richten sich die
Patentansprüche auf die
Substanz
[X.]-Monohydrat oder diese enthaltende pharmazeutische Mittel.
Aus der Patentbeschreibung, deren Angaben heranzuziehen sind, ergeben sich zwei Aspekte eines technischen Problems, das
durch
das Streitpatent gelöst werden soll.
Zunächst gibt die [X.]eibung
an, dass das aus [X.]
87/00834 bekannte wasserfreie [X.] (S.
2
Z. 5 bis 7) in bestimmten Lösungen eine geringe Stabilität aufweise.
Wegen der geringen Stabilität von [X.]
würden in einigen Formulierungen, insbesondere in Cremes und Gelen, bevorzugt Kristallsuspensionen verwendet ("Due to the poor stability of calcipotriol in certain solutions
it is in some formulations, in [X.] in "; S.
2
Z.
10,
11). Als weiteren
Aspekt nennt die Patentbeschreibung es bei der Herstellung
geeigne-ter Kristallsuspensionsformulierungen als zwingend erforderlich, die Kristallgrö-ße kontrollieren zu können
("
";
S.
2
Z.
12), da dieser Parameter
im Hinblick auf
eine reproduzierbare Freisetzung der aktiven Verbindung aus der Formulierung von Bedeutung sei. Die Durchführung des bei [X.] angewendeten Kugelmühlenverfahrens 32
-
15
-
habe sich als schwierig erwiesen, da diese Kristalle nur schwer zu befeuchten seien und während des [X.] einen stabilen Schaum entwickelten, was es wiederum erschwere, eine geeignete kleine und einheitliche
Teilchen-größe zu erzielen ("process they develop a stable foam, which results in [X.] in obtaining a ";
S.
2
Z.
17 bis 19).

b)
Das von der Erfindung zu lösende technische Problem liegt da-nach
in der Benetzung der Teilchen und der Beseitigung der Schaumentwick-lung
sowie der Kontrolle der Teilchengröße
im Rahmen des Feuchtmahlverfah-rens und
auch
in der geringen Stabilität des
im Stand der Technik bekannten
[X.]s
in bestimmten Lösungen.
Aus der [X.]eibung des Streitpatents ergibt sich, dass das Stabilitätsproblem bei [X.] auch tatsächlich [X.] hat. Dies spricht wiederum dafür -
wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat
-, dass zum Prioritätszeitpunkt Ergebnisse für [X.] in Lösung vorgelegen haben, wobei der Fachmann Anlass zur Unter-suchung hatte, ob die
geringe Stabilität auf physikalischen oder chemischen Gründen beruhte. Die Ausführungen
in der Patentbeschreibung über den "considerable degree of decomposition at this temperature", d.h. bei 40°C (S.
2
Z.
25 bis 28) lassen darauf schließen, dass bereits im trocken gelagerten Pulver eine erhebliche chemische Zersetzung des Wirkstoffs stattfindet. In den Anga-ben der Patentbeschreibung zu der geringen Stabilität von [X.]
in be-stimmten Lösungen
ist nach alldem
nicht schon ein
Hinweis auf die Lösung nach dem Patent zu sehen, denn allein die Feststellung der geringen Stabilität eines Stoffes in der Patentbeschreibung enthält noch keine Aussage darüber, durch welches Erzeugnis dieses Problem zu überwinden ist und wie der [X.] zu ihm gelangt.

33
-
16
-
c)
Als
Fachmann
befasste
sich zum Prioritätszeitpunkt mit der [X.] derartiger Probleme ein Galeniker, der im Bereich
der Herstellung von Arzneimitteln arbeitet
und
-
so der gerichtliche Sachverständige
-
spezielle Kenntnisse auf dem Gebiet pharmazeutischer Formulierungen
hat. Er ist z.B. ein in der Arzneimittelforschung tätiger promovierter Apotheker, der in einem Team von Fachleuten arbeitet und durch einen analytisch ausgerichteten pro-movierten Chemiker unterstützt wird. Dies haben auch J. F.

([X.], Rn.
21,
22)
und das Amtsgericht
Stockholm ([X.], S.
94) so gesehen.

aa)
Der so vorgebildete Fachmann hatte
sich mit der Prüfung der [X.] und der Benetzbarkeit von
Stoffen
zu befassen; dies sei,
so der gerichtliche Sachverständige,
ein pharmazeutisch-technologisches Problem und damit
"tägliches Brot"
des [X.]. Dem Fachmann war
bekannt, dass die Benetzbarkeit abhängig ist von der Zustandsform und der Oberflächen-spannung des zu benetzenden Stoffes. Um den im Streitpatent beschriebenen, im Stand der Technik aufgetretenen Schwierigkeiten des Feuchtmahlverfahrens
zu begegnen, hatte der Fachmann zwei Möglichkeiten. Er konnte entweder die Grenzflächenspannung des Benetzungsmittels verändern oder nach einer noch besser benetzbaren Stoffform suchen. Der Sachverständige hat [X.] dargelegt, dass der Fachmann zunächst der ersten Möglichkeit, z.B. durch Zugabe von Tensiden,
den Vorzug gegeben hätte, sodann jedoch hätte erken-nen müssen, dass auf diese Weise das Problem der Schaumbildung nicht nur nicht gelöst, sondern die Schaumbildung unter Umständen
sogar verstärkt wird. Somit verblieb als zweite Möglichkeit, nach einer besser benetzbaren Stoffform zu suchen. Der Fachmann konnte dabei von der
wasserfreien Form des
[X.] ausgehen, die
als Lösung -
mit dem bekannten Stabilitätsproblem
-
oder Suspensionscreme ([X.], Beispiel 4) formuliert worden war.

34
35
-
17
-
Vor diesem Hintergrund hatte der Fachmann Anlass, die Hydratbildung des wasserfreien Stoffs zu untersuchen. Bei einer fachgerechten [X.] Entwicklung von verschiedenen Darreichungsformen werden, so nach-vollziehbar der gerichtliche Sachverständige, Untersuchungen zur chemischen und physikalischen Stabilität des Wirkstoffs durchgeführt. Bei der Entwicklung feststoffhaltiger und [X.] ist die Prüfung auf eine potenzielle Hydratbildung eine zentrale Aufgabe.
Denn in der Regel weisen Hydrate, so der Sachverständige, in Wasser eine schlechtere Löslichkeit als die zugrunde liegende wasserfreie Substanz auf, da das Kristall-wasser zusätzliche Valenzen im [X.] absättigt und daher zu einem energetisch günstigeren Zustand mit geringerer freier Energie, mithin zu erhöh-ter Stabilität führt.

In
den
US-Patenten 3
833
622 ([X.]) und 4
435
325 ([X.]) und der
Veröf-fentlichung der
[X.]
Patentanmeldung Sho 59-104358 ([X.]) hat
der Fachmann
ein einfaches Verfahren zur Herstellung eines Hydrats vorgefunden.

Das US-Patent 3
833
622 ([X.])
beschreibt die [X.] des [X.], das in seiner wasserfreien Form als Öl in amorpher Form anfällt. Dessen Reinigung müsse mit einer aufwendigen Kieselsäure-Adsorptionschromatographie erfolgen ([X.], [X.].
3
Z.
30 bis 34). Demgegenüber sei das 25-Hydroxycholecalciferolhydrat nach Zusatz von Wasser zu mit Was-ser mischbaren als auch nicht mischbaren Lösungsmitteln leicht erhältlich und besitze die gleichen biologischen Eigenschaften wie die wasserfreie Verbin-dung, sie sei leichter zu reinigen, stabiler und weniger empfindlich gegen [X.] als diese ("are more readily purified, and are more stable and
less sensitive to autoxidation", [X.] [X.].
3
Z.
48, 49).

36
37
38
-
18
-
Durch das US-Patent 4
435

-Dihydroxycholecalciferol-Monohydrat als vollständig kristallines und sehr [X.] Produkt vorgestellt.
Die neue Vitaminzusammensetzung könne
in verschie-denen Formulierungen, u.a. auch in wässrigen und nichtwässrigen Trägern vor-liegen ([X.], [X.].
2
Z.
4 bis 15). Die Monohydratform werde auf einfache Weise durch Lösen der [X.] in einem organischen Lösungsmittel un-ter Zugabe von Wasser gewonnen ([X.], [X.].
1
Z.
58 bis 64).

Die [X.] der [X.] Patentanmeldung Sho
59-104358 -Dihydroxycholecalciferol-Monohydrat-Salz und Verfah-ren zu seiner Herstellung, die durch Zugabe von Wasser zu
einer Lösung des wasserfreien [X.] in einem niedrigen Alkohol erfolgt ([X.], S.
2 letzter Absatz). Es wird auf die verbesserte
Löslichkeit, Verarbeitung und pharmazeutische Anwendung hingewiesen, und nicht zuletzt -
über den Hinweis auf die Instabilität des

[X.]
-
auf die ver-besserte Stabilität.

Danach
beschäftigen sich die
drei genannten [X.] mit der Herstellung und der Stabilisierung von [X.]([X.] durch die Bildung von Monohydraten. Der Fachmann hatte deshalb wegen der [X.]
der Stoffe aus den [X.] [X.] und [X.]
zu
[X.], die nicht zu-letzt durch die Arbeit von [X.] ([X.]), in der die orale und die topische Ap-plikation verglichen wird,
belegt ist, Anlass, die in den [X.]
und
[X.] beschriebe-ne
Art und Weise der
Bildung von Monohydraten auch für [X.]
zu erwä-gen. Dieser Anregung ist die Lösung nach dem Streitpatent nachgekommen. [X.]-Monohydrat wird nach dem Streitpatent ohne wesentliche experi-mentelle Änderungen
wie die Monohydrate in den [X.] herge-stellt, nämlich
durch Auflösen von kristallinem oder nicht-kristallinem
[X.] 39
40
41
-
19
-
in einem organischen Lösungsmittel unter anschließender Zugabe von Wasser und ggf. eines nichtpolaren Lösungsmittels ([X.].
S.
2
Z.
31, 32).
Zu diesem Ergebnis kommt auch die Gutachterin

F.

in dem Verfahren vor dem
[X.] (Gutachten [X.]/[X.], Abs.
4.3.9).
Dass in dem diskutierten Stand der Technik eine ausdrückliche Anregung für die durch das Streitpatent gefundene Lösung des weiteren Problembereichs
-
die Kontrolle der Kristall-größe
-
nicht zu finden ist, ändert nichts an der Beurteilung der erfinderischen Leistung
([X.], Urteil vom 12.
Februar 2003 -
X
ZR 200/99, [X.] 2003, 693
-
Hochdruckreiniger; st.
Rspr.).

bb)
Den hiergegen vorgebrachten Gesichtspunkten kommt keine ent-scheidende Bedeutung zu.

(1)
Der Umstand, dass in den [X.] [X.], [X.] und [X.] die wasserfreien [X.]-Analoga nicht wie das [X.] in wasserfreier kristalliner Form, sondern in Form von amorphen oder schlecht kristallinen Feststoffen oder
nur als Öl vorgelegen haben, hätte den Fachmann nicht davon abgehalten, nach einer weiteren stabilen kristallinen Stoffform für [X.] zu suchen. Bereits zum Prioritätszeitpunkt war es -
wie in der Stellungnahme des für die Beklagte tätigen Dr. R.

ausgeführt ([X.], Rn.
22 ff.)
-
erstre-
benswert, einen Wirkstoff im Zuge der pharmazeutischen Entwicklung in kristal-liner Form zur Verfügung zu stellen. In dieser Form kann ein Wirkstoff leichter aus einem Reaktionsgemisch abgetrennt werden, in der Regel weist er eine höhere Reinheit und eine höhere Stabilität als die amorphe Form auf. Die Wirk-stoffmoleküle sind bei der kristallinen Form in regelmäßigen Gittern angeordnet, so dass sie eine geringere Neigung als die ungeordneten Moleküle der amor-phen Form aufweisen, mit anderen Molekülen zu reagieren. Nach Auffassung von Dr.
R.

habe jedoch diese Grunderwartung des Fachmanns gera-
42
43
-
20
-
de bei [X.]-Analoga nicht bestanden; bei diesen sei wegen ihrer Fragilität und wegen ihres dynamischen Gleichgewichts die Auswahl an experimentellen Bedingungen bei dem Versuch zu kristallisieren stark eingeschränkt gewesen. Da eine erste kristalline Form des [X.]s zur Verfügung gestanden habe, habe der Fachmann keinen Anlass gehabt, nach einer weiteren Form eines [X.] D-Analogons zu suchen (Rn. 31).

Dieser Ansicht, die auch das [X.] im Rahmen seiner Beurteilung der [X.] [X.], [X.] und [X.] (Urteil [X.], S.
100, 101) teilt
-
im Verfahren
in England
lagen diese [X.] nicht vor
-, kann nicht beigetreten werden.
Bei einer fachgerechten Entwicklung von verschiede-nen Darreichungsformen werden routinemäßig Untersuchungen zur chemi-schen und physikalischen Stabilität des Wirkstoffs durchgeführt. Bei der Ent-wicklung feststoffhaltiger [X.] ist die Prüfung auf eine potentielle Hydratbildung durch polymorphe Umwandlung des Wirkstoffs ein zentrales
Anliegen. Dies hat der gerichtliche Sachverständige
-
wie bereits ausgeführt
-
unter Bezugnahme auf die [X.] von Essig et al., Stabilisierungstechnologie -
Wege zur haltbaren Arzneiform, Bd.
15, S.
19, [X.] 1986, nachvollziehbar bestätigt. Dort (zitiert aus dem gerichtlichen Gutachten) wird angegeben, dass etwa ein Drittel aller neuen Substanzen zur Hydratbildung befähigt seien und es deshalb unerlässlich sei, den [X.] einer wässrigen Suspension auf [X.] infolge Bildung eines Hydrats zu untersuchen. Diese Einschätzung teilen
auch die
Privatgutachter der Klägerin Dr.
L.

(Gut-
achten [X.], S.
14, 15) und Prof.

F.

(Gutachten [X.], S.
24),
die
darauf
abstellen, dass polymorphe Phasenumwandlungen die Eigenschaften von Cremes beeinflussen können. Am besten werde deshalb
das Polymorph [X.], das am wenigsten empfindlich im Hinblick auf Phasenumwandlungen 44
-
21
-
und [X.] sei. Es sei deshalb zum Prioritätszeitpunkt selbstver-ständlich gewesen zu untersuchen, ob die wasserfreie Kristallform des [X.] tatsächlich die stabilste Kristallform dieses Wirkstoffs darstellte.
Dafür spricht auch, dass
[X.], das Anfang der 1990er Jahre eine Zulassung zur Behandlung von Psoriasis ([X.] aaO, [X.] S.
1) erhalten hat, in der Fachwelt auf großes Interesse bis hin zu Nachahmungen gestoßen ist (vgl. Gutachten Dr.
L.

S.
4). Es lag
demnach nahe, einen medizinisch sehr
wirksamen kristallinen Stoff, der in einer bestimmten
pharmazeutischen Formu-lierung keine ausreichende Stabilität bietet, auf stabilere
kristalline Formen hin zu untersuchen.

(2)
Auch das weitere Argument
der Beklagten, es gebe mehr als 1400 [X.]-Derivate, von denen nur 6 Monohydrate in der [X.] [X.] eingetragen seien,
weshalb die Hydratbildung eher eine Ausnahme als die Regel
sei,
greift nicht durch. In der Abhandlung von [X.] ([X.]) sind neben [X.] vier weitere [X.]-Analoga vorgestellt, de-ren zwei den Gegenstand der [X.] [X.] und [X.] bilden. Sie sind in dem Artikel von [X.]
dem [X.] strukturell gegenübergestellt und auch auf ihre Eignung zur Behandlung von Psoriasis bewertet ([X.], S.
48 re.
[X.]. Abs.
2, S.
49 li.
[X.]. Abs.
3, S.
50 re. [X.]. Abs.
1, 2). Die an anderen
als Cal-cipotriol
zur Behandlung von Psoriasis in
Betracht gezogenen [X.]-Analoga erfolgreich durchgeführte Hydratbildung gab
dem Fachmann Anlass, entsprechende Maßnahmen
auch bei [X.] durchzuführen.

(3)
Es mag zutreffen, dass man -
wie der Privatgutachter der Beklag-ten Prof.

B.

ausführt (Gutachten B12 Rn.
9, 11)
-
weder im Jahr 1993
noch heute die Bildung kristalliner Formen und damit auch die Bildung von Hyd-raten vorhersehen konnte
und kann. Auf die Vorhersehbarkeit bestimmter Er-45
46
-
22
-
gebnisse kommt es jedoch für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht
notwendigerweise
an. Maßgeblich
ist, ob der Fachmann aus dem Stand der Technik eine Anregung erhalten hat, dort beschriebene
Maßnahmen aufzugrei-fen und sie auf einen bekannten Stoff anzuwenden. Dabei kann die Überlegung Bedeutung gewinnen,
ob sich aus diesen
Maßnahmen eine
angemessenen Erfolgserwartung
für die Lösung des sich stellenden technischen Problems ergab
(vgl. [X.], Urteil vom 6.
März 2012 -
X
ZR 50/09, juris, Rn.
27; vgl. auch [X.], Urteil vom 10.
September 2009 -
Xa
ZR 130/07, [X.] 2010, 123 -
Escitalopram
Rn.
38
ff.; [X.]. [X.] 1995, 358, 369
f.
= [X.] Int. 1996, 1059, 1063 -
Manzana II; [X.], [X.]. [X.] 1992, 268 = [X.] Int. 1992, 771, 775 -
Fusionsproteine).

Diese Anforderungen sind im Streitfall erfüllt. Aus den besprochenen [X.] [X.], [X.] und [X.]
hat der Fachmann die Anregung erhal-ten, die dort beschriebenen Maßnahmen -
Lösung des Feststoffes in [X.] Lösungsmittel unter Zugabe von Wasser
-
zu ergreifen und auf Calci-potriol anzuwenden; als Ergebnis hätte er [X.]-Monohydrat erhalten. Die Durchführung dieser Maßnahmen wäre mit Blick auf die strukturverwandten [X.]-Analoga im Stand der Technik und eine mögliche vergleichbare Re-aktion des [X.] auch mit einer angemessenen Erfolgserwartung
verbun-den gewesen; auch stellt
sich der einzubringende Aufwand -
Einsatz von orga-nischem Lösungsmittel und Wasser
-
in Beziehung zu einem zu erwartenden
Ergebnis als verhältnismäßig dar.

4.
Der Gegenstand der Patentansprüche nach den [X.] 1 bis 3
beruht ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

In Hilfsantrag 1 wird die [X.]eibung der Substanz [X.] mit der
näheren
Charakterisierung durch die [X.]ektralresonanzen (CPMAS-NMR spekt-47
48
49
-
23
-
roskopische Daten)
ergänzt. In Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist die [X.] des Stoffs [X.] und seine Verwendung in pharmazeutischen Mitteln zusammengefasst
und durch die Angabe näher charakterisiert, dass es sich um eine Kristallsuspension handelt.
Patentanspruch 1 in Hilfsantrag 3, fasst die zusätzlichen Charakteristika der Hilfsanträge 1 und 2 zusammen.

Die Angabe bestimmter Messergebnisse und die Verschiebung einzelner Merkmale zwischen den Patentansprüchen fügt den Patentansprüchen in der
erteilten Fassung nichts Erfinderisches hinzu. Der Umstand, dass in Patentan-spruch 1 nach
Hilfsantrag 1 -
wie die Beklagte vorträgt
-
physikalische Eigen-schaften klargestellt sind, lässt nichts eigenständig Erfinderisches erkennen. Dies gilt auch für den mit Hilfsantrag 2 beanspruchten Einsatz als Kristallsus-pension. Eine [X.] war bereits aus dem Beispiel 4 der [X.] ([X.]) bekannt. Dass durch den Einsatz der Kristallsuspension
-
wie die Beklagte anführt
-
das Schaumproblem gelöst wurde,
ist eine Wirkung des gefundenen Stoffs und nicht Gegenstand des Patentanspruchs.

5.
Hinsichtlich der Gegenstände der [X.] ist eine eigene erfinderische Leistung weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich ([X.], Ur-teil vom 29.
September 2011 -
X
ZR 109/08, [X.] 2012, 149 -
Sensor-anordnung).

50
51
-
24
-
II[X.]
Die Kostenentscheidung beruht auf §
121 Abs.
2 [X.] und §
97 Abs.
1 ZPO.

[X.]
[X.]
[X.]

Grabinski
Schuster

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 17.03.2009 -
3 Ni 6/08 ([X.]) -

52

Meta

X ZR 98/09

15.05.2012

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2012, Az. X ZR 98/09 (REWIS RS 2012, 6421)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6421

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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X ZR 98/09

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