Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.01.2020, Az. 2 StR 304/19

2. Strafsenat | REWIS RS 2020, 11945

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:150120U2STR304.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
2
StR 304/19
vom
15. Januar 2020
in der Strafsache
gegen

wegen gefährlicher Körperverletzung

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom
15.
Januar
2020, an der
teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],

[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],
[X.],
[X.],
[X.],

Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof

als Vertreterin
der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt

in der Verhandlung

Rechtsanwalt

in der Verhandlung

als Verteidiger,
Rechtsanwalt

in der Verhandlung

als Vertreter des [X.] S.

A.

,

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 14.
Dezember 2018 mit den Fest-stellungen

ausgenommen die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen

aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger in-soweit entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere als [X.] zuständige
[X.] des [X.] zu-rückverwiesen.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverlet-zung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten, vom [X.] vertretenen Revision die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1
-
4
-

I.
Nach den Feststellungen war der
zur Tatzeit 19 Jahre und acht Monate alte Angeklagte am Abend des 6.
September 2017 sehr aufgebracht. Er hatte die Vorstellung, dass der Nebenkläger, ein Mitschüler seiner jüngeren Schwes-ter, gegenüber dieser
am Vormittag des gleichen Tages körperlich übergriffig geworden war und sie
sexuell belästigt hatte. Er wollte den Nebenkläger, den er persönlich nicht kannte, bestrafen,

Schwester zu nähern.
Er beleidigte den Nebenkläger mehrfach massiv über einen Messenger-Dienst und
kündigte an, diesen

dem Feinem Gespräch mit dem Angeklagten alles klären lasse, teilte diesem seinen Standort am Bahnhof in B.

mit. Um dem Nebenkläger bei dem geplanten
Treffen in deutlicher
Überzahl gegenüberzutreten, organisierte der Angeklagte die Unterstützung von etwa zehn unbekannten jungen Männern. Zur Verstär-kung seiner geplanten Schläge
gegen den Nebenkläger trug
er einen metalle-nen Gegenstand, vermutlich einen
Schlagring. Die übrigen jungen Männer führ-ten
mehrere Baseballschläger, Stöcke aus Holz, eine
Metallstange und einen
[X.]
mit. Kurz vor dem Zusammentreffen kündigte
der Ange-klagte telefonisch dem Nebenkläger an, dass er ihn umbringen bzw. [ihn]
töten

werde, um diesem Angst zu machen.
Als
der Angeklagte den Nebenkläger [X.] hatte, baute

er sich
vor diesem auf,
während die übrigen Mitglieder
der Gruppe ihn tatplangemäß umringten, so
dass der Nebenkläger keine Möglich-keit hatte zu flüchten. Der Angeklagte schlug unvermittelt mit der rechten Faust 2
3
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5
-
gegen die linke Gesichtshälfte des [X.], der von dem für ihn überra-schenden
Schlag mit voller Wucht getroffen wurde. Während der Nebenkläger aufgrund des Schlages etwas benommen war, schlug ihm der Angeklagte [X.] ins Gesicht. Als der Nebenkläger sich zu wehren
begann, schalte-ten sich drei bis vier junge Männer der Gruppe in das Geschehen ein und schlugen, unter dem Einsatz von Baseballschlägern bzw. Stöcken aus Holz und der Metallstange wuchtig auf den Oberkörper

des [X.] ein. Die übri-gen Gruppenmitglieder
hielten die Passanten, die auf das Geschehen aufmerk-sam geworden waren, unter Drohung mit weiteren [X.]n sowie einem 30-40 cm langen Schwert oder einer Machete vom Eingreifen ab.
Der Angeklagte schlug weiter mit Fäusten auf den Nebenkläger ein, wo-bei sich in seiner Faust immer noch das Schlagwerkzeug befand. Gleichzeitig wurde der Nebenkläger von einem Angreifer zumindest mit einem Baseball-schläger aus Holz und einer Eisenstange gegen den Rücken, die Brust und den Bauch geschlagen. Ein anderer, unmittelbar neben dem Angeklagten stehender
junger Mann der Gruppe schlug dem Nebenkläger den [X.] auf den Hinterkopf. Der Angeklagte sah die Schläge seiner Begleiter, so dass er Kenntnis von dem konkreten Einsatz der [X.] hatte. Er war mit deren Einsatz zur Erreichung seines Ziels, dem Nebenkläger eine körperliche ,
einverstanden. Der Nebenkläger ging aufgrund der zahlreichen Schläge gegen Körper und
Kopf schließlich zu Boden und blieb dort liegen.
Der Angeklagte und seine Begleiter schlugen weiter mit Fäusten, dem Baseballschläger bzw. einem Holzstock und der Eisenstange auf ihn ein, wobei sie die Schläge mit den [X.]n weiterhin ausschließlich gegen [X.] richteten. Ferner traten der Angeklagte und seine Begleiter
den [X.] gegen Körper und Kopf, wodurch er eine Fraktur des rechten Unter-4
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-
kiefers und zahlreiche Schürfwunden erlitt. In dieser Situation schlug einer der Begleiter des Angeklagten dem Nebenkläger noch zweimal mit dem [X.] auf den Hinterkopf. Dabei nutzte er zumindest bei dem zweiten Schlag die Seite des [X.], an der sich die beiden Zacken
zum Herausziehen von Nägeln
befanden.
Die Spitze des Hammers blieb im Kopf des [X.] stecken. Der Angeklagte nahm auch die erneuten Schläge mit dem [X.] gegen den Kopf des [X.] wahr. Er war mit diesen einverstanden, weshalb er seine Schläge und Tritte gegen den Nebenkläger zunächst [X.]. Beim Herausziehen des Hammers durch den Angreifer hob sich der Kopf des [X.] ein Stück an. Da sich der Nebenkläger nicht mehr bewegte, ging dieser Angreifer davon aus, dass der Nebenkläger infolge der Gewaltein-wirkung verstorben war. Er rief dem Angeklagten und den übrigen jungen [X.] zu, dass der Nebenkläger tot bzw.
gestorben sei. Hierüber waren der An-geklagte und seine Begleiter sehr erschrocken. Sie stellten die Schläge und Tritte sofort ein und flüchteten in der Annahme vom [X.], dass der [X.] verstorben sei.
Spätestens aufgrund der mit einem unkontrollierbaren Verletzungsrisiko verbundenen Hammerschläge auf den Hinterkopf des am Boden liegenden [X.]s erkannte der Angeklagte die Möglichkeit, dass dieser durch die massive Gewaltanwendung tödlich verletzt werden könnte, was er auch billi-gend in Kauf nahm.

Er wollte

so die Wertung der [X.]

den Tod des [X.] jedoch nicht und vertraute ernsthaft darauf, dass dieser den [X.] überleben werde.
Durch die Wucht des zweiten Schlages erlitt der Nebenkläger eine Im-pressionsfraktur im Bereich des [X.], wodurch sich mehrere Knochen-6
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teile lösten und teilweise, unter Verletzung der Hirnhaut, in seinen Schädel ein-drangen. Der Nebenkläger blieb zunächst reglos am Boden liegen, war kurzzei-tig ohne Bewusstsein, kam jedoch von selbst wieder zu sich. Seine erlittenen Verletzungen waren potentiell lebensbedrohlich. Es war reiner Zufall, dass durch die Gewaltanwendung gegen den Hinterkopf keine konkrete Lebensge-fahr eintrat. Der Schädel und Kiefer des [X.] mussten mehrfach ope-rativ versorgt werden. Aufgrund des langen krankheitsbedingten Ausfalls war der Nebenkläger gezwungen, die Schule zu wechseln. Er
ist aufgrund der [X.] aktuell noch in ambulanter ärztlicher Behandlung.

II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Die Ablehnung eines be-dingten Tötungsvorsatzes hält revisionsrechtlicher
Nachprüfung nicht stand.
1. Die [X.] hat ihre Feststellung, der Angeklagte habe während des gesamten [X.] zwar mit Verletzungsvorsatz, jedoch nicht mit beding-tem Tötungsvorsatz gehandelt, auf folgende Wertungen
gestützt:
Für ein billigendes Inkaufnehmen des Todes des [X.] spreche das äußere Tatbild und die objektive Gefährlichkeit der Tathandlung. Besonders der Schlag mit der spitzen Seite des Hammers auf den Kopf eines Menschen stelle eine äußerst gefährliche Gewaltanwendung dar, die für sich genommen nahelege, dass der Täter den Tod des Geschädigten nicht nur als möglich er-kannt, sondern auch billigend in Kauf genommen habe. Weiterhin spreche die Drohung des Angeklagten unmittelbar vor der Tatbegehung, den Nebenkläger töten zu wollen, für ein billigendes Inkaufnehmen.
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-
8
-
Andererseits sei
das dynamische Tatgeschehen sowie der Umstand
zu sehen, dass der Angeklagte die konkrete Gewaltanwendung mit dem
Hammer gegen den Kopf des [X.] erst während des Tatgeschehens in seinen Willen aufgenommen habe. Beides spreche
gegen die Annahme, dass durch habe [X.] werden sollen. Gegen eine billigende Inkaufnahme des Todes spreche metallenen Gegenstand, den er sich um die Faust gewickelt habe, ausgestattet habe, obwohl ihm deutlich gefährlichere Werkzeuge, insbesondere der [X.] und das lange Messer,
zur Verfügung gestanden hätten, des Messers als Druckmittel dagegen, dass es dem Angeklagten gleichgültig gewesen sei, ob der Nebenkläger
versterbe. Auch der Einsatz der meisten [X.] gegen den Körper des [X.] spreche dagegen, Dies gelte an-gesichts der Schwere eines vollendeten Tötungsdelikts auch für den
stark [X.] [X.]. Insbesondere werde aber durch die erschrockene Reaktion des Angeklagten beim Herausziehen des Hammers aus dem Kopf des [X.] und der Äußerung eines Tatbeteiligten, dass dieser tot sei, deutlich, dass den Tatbeteiligten eine tödliche Folge der Gewaltanwendung nicht gleich-gültig gewesen sei. Gleiches gelte für den Umstand, dass der Angeklagte bis-lang strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten sei. Auch die [X.] spreche dagegen, dass der Angeklagte bereit gewesen
sei, den Tod eines Menschen in Kauf zu nehmen. Letztlich spreche auch der emotionale Ausnah-mezustand des Angeklagten, der sehr aufgebracht gewesen sei,
dagegen, aus einen Tötungsvorsatz
abzuleiten.
13
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9
-
2. Diese Erwägungen der [X.] erweisen sich als
durchgreifend rechtsfehlerhaft. Sie nehmen
die festgestellten objektiven Tatumstände und das damit einhergehende Verhalten des Angeklagten und seiner Mittäter nicht durchgängig unter dem Gesichtspunkt einer für den bedingten Vorsatz ausrei-chenden
Gleichgültigkeit gegenüber dem als
möglich erkannten Tod
des [X.]s in den Blick.
Zudem werden einzelne vorsatzrelevante
Umstände nicht erschöpfend erörtert.
a) Bedingt vorsätzlich handelt, wer den Eintritt des Todes als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und dies billigt oder sich um des erstrebten Ziels Willen zumindest mit dem Eintritt des Todes abfindet (Willenselement), mag ihm der [X.] auch gleich-gültig oder an sich unerwünscht sein (st. Rspr.: vgl. Senat,
Beschluss vom 30.
Juli
2019

2
StR
122/19, juris Rn.
15; Urteil vom 24.
April
2019

2
StR
377/18, juris Rn.
11; [X.], Urteile vom 27.
Juli 2017

3
StR 172/17, NStZ
2018,
37; vom 11.
Oktober 2016

1
StR 248/16, [X.], 25; vom 14.
August 2014

4
StR 163/14, [X.], 266, 267,
jew. [X.]). Ob der [X.] nach diesen rechtlichen Maßstäben bedingt vorsätzlich handelt, ist in Bezug auf beide Elemente im Rahmen der Beweiswürdigung umfassend zu prüfen und durch tatsächliche Feststellungen zu belegen (Senat,
Beschluss vom 30.
Juli
2019

2
StR
122/19, aaO; [X.], Urteile
vom 31.
Januar 2019

4
StR 432/18, juris
Rn.
10; vom 19.
April 2016

5
StR 498/15, [X.], 204; Senat, Urteil vom 16.
September 2015

2
StR 483/14, [X.], 25, 26). Ihre Bejahung oder Verneinung kann nur auf der Grundlage einer Gesamtbetrach-tung aller objektiven und subjektiven Umstände des Einzelfalls erfolgen (vgl. [X.], Urteil vom 31.
Januar 2019

4
StR 432/18, aaO; vom 22.
März 2012

4
StR 558/11, [X.]St
57,
183, 186), in welche insbesondere die objektive Ge-fährlichkeit der Tathandlung, die konkrete Angriffsweise des [X.], seine psy-chische Verfassung bei der Tatbegehung und seine Motivationslage einzube-14
-
10
-
ziehen sind (vgl. [X.], Urteil vom 16.
Mai 2013

3
StR 45/13, [X.], 581, 582).
Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtschau stellt die auf der [X.] der dem Täter bekannten Umstände zu bestimmende objektive Gefährlich-keit der Tathandlung einen wesentlichen Indikator sowohl für das kognitive als auch für das voluntative Vorsatzelement dar (vgl. [X.], Urteile vom 7.
Juli 2016

4
StR 558/15, juris Rn.
14; vom 16.
Mai 2013

3
StR 45/13, aaO; vom
23.
Februar 2012

4
StR 608/11, [X.], 443,
444 [X.]). Hat der Täter eine offensichtlich äußerst gefährliche Gewalthandlung begangen, liegt es

vorbehaltlich der in die Gesamtbetrachtung einzustellenden
gegenläufigen
Umstände des Einzelfalls

nahe, dass er den Eintritt des Todes als mögliche Folge
seines Tuns erkannt und, indem er gleichwohl sein gefährliches Handeln begonnen und fortgesetzt hat, den [X.] auch billigend in Kauf genom-men hat (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteile vom 7.
Juli
2016

4
StR 558/15, aaO; vom 1.
Dezember 2011

5
StR 360/11, NStZ
2012, 207, 208 [X.]). Die Ge-fährlichkeit der Tathandlung und der Grad der Wahrscheinlichkeit eines [X.]s sind jedoch keine allein maßgeblichen Kriterien für die Entschei-dung, ob ein Angeklagter mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat; vielmehr kommt es auch bei in hohem Maße gefährlichen Handlungen auf die Umstände des Einzelfalls an (vgl. Senat,
Beschlüsse vom 30.
Juli 2019

2 StR 122/19, juris Rn. 16; vom 26.
April 2016

2 [X.], [X.], 22,
23; [X.], Beschluss vom 25.
November 2010

3 [X.], [X.], 338, 339).
b) Die
Ausführungen des angefochtenen Urteils, mit denen das [X.] seine Überzeugung begründet hat, dass der Angeklagte bis zum Ende der
Tatausführung ohne Tötungsvorsatz handelte, genügen diesen rechtlichen An-forderungen nicht.
15
16
-
11
-
aa) Zwar hat das [X.]

ausgehend von einem zutreffenden Maßstab

bei der von ihm vorgenommenen Gesamtschau der objektiven und subjektiven Umstände die Persönlichkeit des Angeklagten, dessen psychische Verfassung bei der Tatbegehung, seine Motivation und die Umstände des
Tat-geschehens

insbesondere die konkrete Angriffsweise

in den Blick genom-men. Nach der Gesamtheit der Urteilsgründe hat es auch gesehen, dass das Vertrauen auf ein Ausbleiben des tödlichen Erfolgs regelmäßig dann zu vernei-nen ist, wenn der vorgestellte Ablauf des Geschehens einem tödlichen Ausgang so nahekommt, dass nur noch ein glücklicher
Zufall diesen verhindern kann (vgl. [X.], Urteil vom 22.
März 2012

4
StR 558/11, [X.]St
57,
183, 188
Rn.
29; Urteile vom 1.
Dezember 2011

5
StR 360/11, [X.], 207, 208; vom 23.
Juni 2009

1
StR
191/09, [X.], 629, 630; Senat, Urteil vom 18. Oktober 2006

2
StR 340/06, [X.], 150, 151;
[X.], Urteil vom 16.
September 2004

1
StR 233/04, NStZ
2005, 92).
[X.]) Es hat indes mehrere
Umstände vorsatzkritisch in die Gesamtbe-trachtung eingestellt, ohne darzulegen, warum diese
einer von ihm verneinten
Gleichgültigkeit des Angeklagten gegenüber
dem Tod des [X.]
ent-gegenstehen.
(1) Das [X.] hat vorsatzkritisch gewertet, dass neben dem dyna-mischen Tatgeschehen der Umstand, dass der Angeklagte die konkrete Ge-waltanwendung mit dem Hammer gegen den Kopf des Geschädigten erst wäh-rend
des Tatgeschehens in seinen Willen aufgenommen habe,
gegen die An-

der Tod des [X.], dass dem Angeklagten mit dem Messer ein wesentlich gefährlicher Gegen-17
18
19
-
12
-

spreche der Gesichtspunkt, dass die meisten Schlagwerk-zeuge gegen den
Körper des [X.] und nicht auch gegen dessen Kopf eingesetzt worden
seien, nicht dafür

(2) Diese Wertungen lassen besorgen, dass die [X.] aus dem Umstand, dass das Handeln des Angeklagten nicht auf den Tod des [X.]s gerichtet war, geschlossen hat, der Angeklagte habe dessen Tod nicht billigend in Kauf genommen. Dies wäre indes rechtsfehlerhaft, da sich auch der-jenige Täter mit dem Eintritt des Todes seines Opfers abfindet, dem der [X.] gleichgültig oder an sich unerwünscht ist (st. Rspr.:
vgl. Senat,
[X.] vom 30.
Juli 2019

2 StR 122/19, juris Rn. 15;
Urteil vom 24.
April
2019

2
StR 377/18, aaO, jeweils [X.]). Wieso die
fehlende [X.] auch der Annahme einer
Gleichgültigkeit
des Angeklagten
gegenüber dem Tod des [X.] entgegenstehen soll, erläutern die Urteilsgründe nicht.
cc) Darüber hinaus erweist sich
die Betrachtung des äußeren [X.] als lückenhaft. Es erschließt sich nicht, warum nach der Wertung der [X.] dem Umstand, dass sich
der
Einsatz der meisten Schlagwerkzeu-ge gegen
den Körper des [X.] und nicht auch gegen dessen Kopf
richtete,
ein vorsatzkritisches
Element
zukommen
soll, wenn gleichzeitig

wiederum nach der Wertung der [X.]

Denn die aus Sicht der [X.] reduzierte Gefährlichkeit dieses Aus-schnitts der Tathandlungen ist nicht geeignet, die zeitlich nachfolgende

aus Schlag mit der spitzen Seite eines Hammers auf den Kopf eines Menschen zu relativieren.
20
21
-
13
-
dd) Ferner
hat das [X.] und seiner Mittäter aufgrund der Nach-richt über den vermeintlichen Tod des [X.] als maßgeblichen [X.] Gesichtspunkt in die Abwägung eingestellt, ohne zu erörtern, ob die-ser Umstand nicht von der Sorge um das eigene Wohl geleitet gewesen sein könnte und deshalb keinen
Rückschluss auf die innere Haltung des Angeklag-ten in der [X.] zuließ (vgl. dazu [X.], Urteil vom 23.
Februar 2012

4
StR 608/11, [X.], 443, 444 [X.]). Insofern wäre zu erörtern gewesen, ob der Schreck nicht möglicherweise der unmittelbaren Wahrnehmung der ver-meintlich dramatischen Tatfolgen und einem dadurch hervorgerufenen Ernüch-terungseffekt geschuldet war. Hierfür könnte
sprechen, dass der Angeklagte und seine Mittäter die Schläge und Tritte zunächst auch noch fortsetzten, als
der [X.] nach dem letzten Schlag mit dessen spitzer
Seite im Kopf des [X.] stecken geblieben war und der Angeklagte die Möglich-keit
erkannt hatte, dass der Nebenkläger durch die massive Gewaltanwendung tödlich verletzt werden könnte, was er auch billigend in Kauf nahm. Gleichwohl
ließen er und seine
Mittäten erst nach der Nachricht über den vermeintlichen
Tod des [X.] von
ihrem
Opfer ab.
3. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben. Ergänzende, nicht im [X.] dazu stehende Feststellungen können getroffen werden.

[X.]

[X.]

Grube

[X.]

[X.]

22
23
-
14
-
Vorinstanz:
[X.], [X.], 14.12.2018 -
200 Js 52522/17 2 Ks Ss 206/19

Meta

2 StR 304/19

15.01.2020

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.01.2020, Az. 2 StR 304/19 (REWIS RS 2020, 11945)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11945

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2 StR 122/19

2 StR 484/14

3 StR 364/10

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