Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2016, Az. 1 StR 351/16

1. Strafsenat | REWIS RS 2016, 1135

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:081216U1STR351.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
1
StR 351/16

vom
8. Dezember
2016
in der Strafsache
gegen

1.

2.

3.

wegen gefährlicher Körperverletzung

-
2
-
Der 1.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 8.
Dezember 2016, an der
teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,
[X.] am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger
und [X.]innen
am Bundesgerichtshof
Cirener,
[X.],
Staatsanwalt

als Vertreter der [X.],
Rechtsanwalt

als Verteidiger des Angeklagten [X.]

,
Rechtsanwältin

als Verteidigerin des Angeklagten

[X.]

,
Rechtsanwalt

als Verteidiger des Angeklagten M.

,
Rechtsanwalt

als Vertreter des [X.]

D.

,
Justizobersekretärin

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

-
3
-
1.
Auf die Revision des
Angeklagten [X.]

wird das Urteil des [X.] vom 14.
Dezember 2015 im Strafausspruch
und im Adhäsionsausspruch aufgehoben. Im Übrigen wird die Revision verworfen.
2.
Auf die Revisionen der Angeklagten [X.]

und M.

wird das vorgenannte Urteil aufgeho-ben, soweit die Anordnung der Unterbringung der [X.] in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. Der Adhäsionsausspruch hinsichtlich des Angeklagten M.

wird aufgehoben. Hinsichtlich des [X.] [X.]

bleibt der Adhäsionsausspruch mit der Maßgabe bestehen, dass Zinsen auf den im Wege des [X.] dem Nebenkläger zu-erkannten Betrag ab dem 16.
Oktober 2015 zu entrich-ten sind.

Die weitergehenden Revisionen dieser Angeklagten werden verworfen.
3.
Die Revision
des [X.] wird
verworfen. Der Nebenkläger trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendi-gen Auslagen.
4.
Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verblei-benden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Ju-gendkammer des [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
-
4
-
Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagten jeweils wegen gefährlicher Körper-verletzung verurteilt, den Angeklagten [X.]

zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten, den Angeklagten M.

unter Ein-beziehung weiterer Verurteilungen zu einer Einheitsjugendstrafe von drei [X.] und neun Monaten und den Angeklagten

[X.]

unter Einbe-ziehung weiterer Verurteilungen zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten.
Außerdem hat das [X.] eine Adhäsionsentschei-dung getroffen, in der es die Angeklagten verurteilt hat, als Gesamtschuldner an den Geschädigten

D.

ein Schmerzensgeld in Höhe von

Zinsen zu bezahlen.
Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten [X.]

und [X.]

die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die
Angeklagten M.

und [X.]

beanstanden
die unterbliebene Anordnung der Unterbrin-gung in einer Entziehungsanstalt; M.

wendet sich ausdrücklich auch gegen die Höhe des dem Nebenkläger im Adhäsionsausspruch zuerkann-ten Schmerzensgeldes.
Der Nebenkläger rügt mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts
und beanstandet, dass die Angeklagten, vor allem der Angeklagte [X.]

, nicht auch wegen eines versuchten Tötungsdelikts verurteilt worden sind. Die Revisionen der Angeklagten haben teilweise Erfolg; die Revi-sion des [X.] bleibt ohne Erfolg.

1
2
3
-
5
-
I.
1.
Nach den Feststellungen des [X.] befand sich der Angeklagte M.

am 20.
Dezember 2014 mit seiner Freundin

[X.]

und seinem Bekannten

C.

im Zug. Der 18-jährige dunkelhäutige
Asylbewerber

D.

aus [X.] ging durch den Waggon und ließ auf Höhe der drei Fahrgäste eine größere Menge
Speichels zu Boden tropfen. Der Spei-chel traf [X.] von

[X.]

, die zuvor bereits am Bahnhof von einer Gruppe dunkelhäutiger Personen belästigt worden war. M.

versuchte,
die anderen beiden Angeklagten telefonisch und mit Text-nachrichten zu erreichen, erreichte aber nur

[X.]

. Er bestellte ihn zum nächsten Halt des Zuges, weil er dort

D.

verprügeln wollte.
Der Angeklagte [X.]

teilte [X.]

telefonisch mit, dass sein Bruder
M.

[X.]

seinen Bruder zurückrief. M.

erklärte ihm die Situation und bestellte ihn zum Bahnhof, damit er ihn bei der geplanten Prügelei unterstütze. [X.]

steckte ei-nen roten Nothammer ein, wie er zum Einschlagen von Scheiben in Zügen und Bussen bereitgehalten wird, um ihn bei den zu erwartenden Tätlichkeiten einzu-setzen.
Als der Zug hielt, stieg
M.

aus, rannte zu den beiden warten-den Mitangeklagten und besprach sich kurz mit ihnen. Seine Freundin

[X.]

verließ den Zug, um zum Elternhaus der Brüder Ml.

zu gehen. Als die Angeklagten M.

und [X.]

zum Zug blickten, sahen sie

D.

im Türbereich des Zuges stehen und obszöne Gesten in ihre Richtung ma-chen. Er fasste sich in den Schritt und simulierte mit dem Mund den [X.]. Dadurch fühlten sich die Brüder Ml.

provoziert.
4
5
6
-
6
-
Nun rannten alle drei Angeklagten, die Brüder voraus

[X.]

folgte in einigem Abstand

auf den Zug zu und stiegen ein. Sie drängten

D.

zurück in den Zug und begannen
entsprechend ihrem gemeinsamen Tat-plan

D.

zu dritt mehrfach mit den Fäusten

auch gegen den Kopf

zu schlagen.
Dann zogen sie ihm
die Kapuze seiner Winterjacke über den Kopf. [X.]

schlug dem Geschädigten mit dem Nothammer mindestens zweimal kräftig auf den von der Kapuze bedeckten Kopf. Dabei war ihm [X.], dass diese Schläge potentiell dazu geeignet waren, das Leben des [X.] zu bringen. Ihm kam es jedoch nur darauf an, ihn durch die Schläge zu verletzen.
M.

und

[X.]

, die von der Mitnahme und dem geplanten Einsatz des
Nothammers
keine Kenntnis gehabt hatten,
billigten des-sen Einsatz nicht.
Der Geschädigte ging zu Boden. Als sich der Fahrgast P.

näher-te, liefen die drei
Angeklagten weg, um ihre Identifizierung und Ergreifung zu verhindern. Im Übrigen hatten sie ihr Ziel, den Geschädigten zu maßregeln, nach ihrer Vorstellung erreicht.
Der Geschädigte erlitt durch die Schläge mit dem Hammer zwei stark blutende, sternförmige [X.] am linken Hinterhaupt und auf der Schädelhöhe, die genäht werden mussten. Zudem zog er sich eine Schwellung hinter dem rechten Ohr und eine linksseitige Schulterprellung zu.
2.
Das [X.] hat den Sachverhalt bei allen
Angeklagten als gefähr-liche Körperverletzung nach §
224 Abs.
1 Nr.
4 StGB, bei [X.]

zusätz-lich nach §
224 Abs.
1 Nr.
2 und 5 StGB,
bewertet. Von einem Tötungsvorsatz konnte sich die Kammer nicht überzeugen.
7
8
9
10
11
-
7
-
II.
Das Rechtsmittel des Angeklagten [X.]

hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
1. Der Schuldspruch
hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die auf einer [X.] Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen tragen die Ver-urteilung
wegen gefährlicher Körperverletzung nach §
224 Abs.
1 Nr.
4 StGB; ergänzend verweist der Senat insoweit auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des [X.].
2.
Der
Strafausspruch hält dagegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Die diesen Angeklagten betreffenden Strafzumessungserwägungen weisen in mehreren Punkten Rechtsfehler
auf.
Das [X.] hat im Rahmen der Strafzumessung das Folgende [X.] nicht unerheblichen Verletzung[en]
des Opfers zu werten. Zum anderen war die Tatsache zu wer-r-über hinaus war zu seinen Lasten zu werten, dass er von den vorangegange-nen

a) Hätte das Opfer dem Angeklagten [X.]

durch eine Provokati-on Anlass zur Tat gegeben, wäre dies ein Umstand, der den körperlichen Über-griff in einem milderen Licht erscheinen lassen könnte. Mit der Erwägung, der Angeklagte sei vom Opfer nicht provoziert worden, wird daher zu Lasten des Angeklagten unzulässig
das Fehlen eines Milderungsgrunds in die Strafzumes-sung eingestellt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 6.
November 2013

1
StR
525/13,
12
13
14
15
16
-
8
-
[X.], 517;
vom 8.
Januar 2015

2
StR
233/14, [X.], 333
f.
und vom 15.
September 2015

2
StR
21/15,
NStZ-RR 2016, 40).
b) Die Erwägung, dass zu Lasten des Angeklagten [X.]

afschärfend berücksichtigt werden müssen, lässt befürchten, dass diesem Angeklagten diejenigen Verlet-zungen uneingeschränkt zugerechnet worden sind, die auf dem einen Exzess darstellenden Einsatz des Nothammers durch den Mitangeklagten [X.]

beruhen.
c)
Nicht unbedenklich erscheint zudem die strafschärfende Erwägung
der Kammer, die Angeklagten hätten zu dritt auf das Opfer eingeschlagen; denn eine
gefährliche
Körperverletzung nach §
224 Abs.
1 Nr.
4 StGB in der Form der
voraus, dass mindestens zwei Beteiligte am Tatort bewusst zusammenwirken. Das Zusammenwirken mehrerer als solcher darf daher nicht strafschärfend [X.] werden. Dies verstößt gegen §
46 Abs.
3 StGB. Zulässig wäre es freilich, die erhöhte Gefährlichkeit der konkreten Tatsituation infolge einer Betei-ligung von mehr als zwei Personen straferhöhend heranzuziehen.
Diese Rechtsfehler führen zur Aufhebung des Strafausspruchs. Die in-soweit getroffenen Feststellungen sind von dem [X.] nicht betroffen und
bleiben daher bestehen (vgl. §
353 Abs.
2 StPO). Das neue Tatgericht kann hierzu ergänzende Feststellungen treffen, soweit diese mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
3.
Die Adhäsionsentscheidung hat im Hinblick auf die Bemessung des von dem Angeklagten [X.]

zu leistenden Schmerzensgeldes bereits 17
18
19
20
-
9
-
Strafzumessung bewerteten Tatumstände berücksichtigtWertungen aber mit Rechtsfehlern behaftet sind.
Der Schmerzensgeldanspruch wäre
auch erst ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des [X.] zu verzinsen
und nicht

wovon die Kammer ausgegangen ist

ab dem Tattag. Die Rechtshängigkeit ist mit dem Eingang der Antragsschrift bei Gericht am 16.
Oktober 2015 eingetreten. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des §
404 Abs.
2 Satz
1 StPO hat die Antragstel-lung dieselben Wirkungen wie die Erhebung einer zivilrechtlichen Klage (vgl. auch [X.], Beschluss vom 17.
Dezember 2003

1
StR
412/03, [X.], 144).

III.
Die Revision des Angeklagten M.

hat den aus dem Tenor er-sichtlichen Teilerfolg.
1.
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der allgemeinen Sachrüge hat weder zum Schuldspruch noch zum eigentlichen Strafausspruch einen Rechts-fehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Verfahrensrügen haben aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] keinen Erfolg.
2.
Die [X.] einer Unterbringung
gemäß §
64 StGB hat keinen Bestand.
Das [X.] hat

sachverständig beraten

angenommen, beim [X.] liege aufgrund der Amphetaminabhängigkeit ein Hang im Sinne des 21
22
23
24
25
-
10
-
§
64 StGB vor; deshalb seien weitere Straftaten, insbesondere Beschaffungs-kriminalität, zu erwarten.
Den symptomatischen Zusammenhang hat es [X.].
Zur Frage des symptomatischen Zusammenhangs hatte
der Sachver-ständige ausgeführt, der Angeklagte habe eine leichte bis mittelgradige Amphe-taminabhängigkeit und eine Neigung zu aggressivem Verhalten, die nach sei-nen eigenen Angaben nach dem Konsum von Crystal

gesteigert sei. Zur [X.] sei davon auszugehen, dass infolge der konsumierten Drogen noch eine gewisse Wirkung in Gestalt einer Steigerung des Selbstbewusstseins und eine gewisse
Enthemmung vorgelegen habe. Daher könne ein partieller Zusammen-hang zwischen Tat und Suchterkrankung abgeleitet werden, der aus einer [X.] durch die Droge und einer dadurch erhöhten Bereitschaft, sich einer [X.] nicht zu entziehen, herrühre.
Das [X.] hat dagegen den symptomatischen Zusammenhang verneint und zwar selbst für den Fall, dass bei der Tatbegehung noch eine ge-wisse Enthemmung vorgelegen haben sollte. Gegen einen enthemmenden Ein-fluss von Drogen spräche, dass der Angeklagte in der Lage gewesen sei, sich nach der Provokation im Zug durch das Spucken zurückzuhalten und den [X.] nicht sofort anzugreifen. Ursache der Tat seien die Provokationen des Geschädigten gewesen. Der Angeklagte neige

wie die Vorahndungen zeigten

auch ohne Drogenkonsum zu aggressivem Verhalten.
Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] liegt ein [X.] Zusammenhang vor, wenn der Hang allein oder zusammen mit an-deren Umständen dazu beigetragen hat, dass der Täter eine erhebliche rechts-widrige Tat begangen hat und dies bei unverändertem Verhalten auch für die Zukunft zu erwarten ist ([X.], Beschlüsse vom 6.
November 2013

5
StR 26
27
28
-
11
-
432/13
und vom 25.
Mai 2011

4
StR
27/11, [X.], 309), mithin die konkrete Tat in dem Hang ihre Wurzel findet (vgl. [X.], Beschluss vom 28.
Au-gust 2013

4
StR
277/13, [X.], 75). Dieser Zusammenhang liegt bei Delikten, die begangen werden, um Rauschmittel selbst oder Geld für ihre Be-schaffung zu erlangen, nahe ([X.], Urteil vom 18.
Februar 1997

1
StR
693/96, [X.]R StGB §
64
Abs.
1 Rausch
1; Beschluss vom 28.
August 2013

4
StR
277/13, [X.], 75). Der geforderte symptomatische Zusam-menhang zwischen dem Hang und der Tat sowie der zukünftigen Gefährlichkeit kann allerdings auch
dann vorliegen, wenn ein evident gewordener Hang ledig-lich Einfluss auf die Qualität der bisherigen Straftaten hatte und ihm ein solcher Einfluss auch auf die künftigen zu befürchtenden Straftaten zukommen kann (vgl. [X.], Beschluss vom 20. Dezember 1996

2 [X.], [X.]R StGB §
64 Zusammenhang, symptomatischer
1).
Dies hat die [X.] nicht ausreichend erwogen, obwohl sie im Ur-teil den Bericht der Jugendgerichtshilfe
mitgeteilt hat. Dort heißt es, der
Ange-klagte zeige, nicht zuletzt aufgrund seines Drogenkonsums, aggressive [X.]. Den
Drogenkonsum hätten seine Eltern als Ursache für seine
wieder-holte Straffälligkeit
gesehen, da er zum Verlust der Selbstkontrolle und [X.] führe. Der Angeklagte selbst meinte, er sei für die Tat mitausschlag-gebend gewesen.
3. Der Senat kann hier ausnahmsweise die verhängte Jugendstrafe trotz §
5 Abs.
3 JGG
bestehen lassen. Die Erwägungen zu der rechtsfehlerfrei be-messenen Jugendstrafe lassen es hier ausgeschlossen erscheinen, dass das Tatgericht bei Anwendung des §
64 StGB von der Verhängung einer Jugend-strafe abgesehen oder eine geringere Jugendstrafe verhängt hätte.

29
30
-
12
-
4.
Soweit sich der Angeklagte M.

ausdrücklich auch gegen die Bemessung des Schmerzensgeldes in der Adhäsionsentscheidung wendet, hat
er Erfolg.
Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes hat die Kammer insbesonde-e-setzt war, dass darüber hinaus mit dem Nothammer ein äußerst gefährliches Werkzeug zum Einsatz kam, das zudem zum zweifachen Schlagen auf den Kopf des Geschädigten benutzt wurde. Hierdurch erlitt der Geschädigte zwei Wunden ()
am Kopf, die genäht werden mussten und einen stationären Kran-

Damit hat die [X.] ausdrücklich als schmerzensgelderhöhend die durch den Einsatz des Hammers verursachten Verletzungsfolgen herange-zogen. Indes hat sich die [X.] nicht davon überzeugen können, dass der Einsatz dieses Tatmittels von Anfang an vom gemeinsamen [X.] um-fasst war; vielmehr ist sie davon ausgegangen, dass der Angeklagte [X.]

dem Nebenkläger die Verletzung ohne Kenntnis und Billigung der bei-den anderen zugefügt hat. Unter diesen Umständen können
dem Angeklagten M.

(wie auch dem Angeklagten [X.]

) die entsprechenden
Verletzungsfolgen
nicht zugerechnet werden
(auch nicht unter Berücksichtigung der Grundsätze der sukzessiven Mittäterschaft). Damit kommt eine Zurechnung dieses (exzessiven) Tatbeitrags auch bei der Prüfung der Frage, inwieweit sich der Angeklagte im Sinne des §
830 Abs.
1 BGB als Mittäter an einer die zivil-rechtliche Haftung begründenden deliktischen Verhaltensweise beteiligt hat, nicht in Betracht, was wiederum den Umfang seiner gesamtschuldnerischen Haftung nach §
840 Abs.
1 BGB begrenzt. Die Beurteilung richtet sich insoweit nach den für das Strafrecht entwickelten Grundsätzen. Die wechselseitige Zu-31
32
33
-
13
-
rechnung der einzelnen Tatbeiträge reicht dabei nicht weiter als der gemeinsa-me Vorsatz und scheidet aus, soweit einer der Mittäter im Exzess Handlungen begeht, die vom gemeinsamen [X.] und dem Vorsatz der anderen nicht ge-deckt sind ([X.], Beschlüsse vom 8.
November 2005

4
StR
321/05, [X.]R StPO §
403 Anspruch
8
und
vom 7.
Februar 2013

3
StR
468/12; Urteil vom 23.
März 1999

VI
ZR
53/98, [X.]R BGB §
830 Teilnahme
2). Die zur Grund-lage des Schmerzensgeldanspruchs gemachten Verletzungsfolgen aus dem Einsatz des Hammers können deshalb nicht zur Begründung dafür herangezo-gen werden, den Angeklagten M.

in gleicher Höhe wie den [X.] [X.]

zur [X.] zu verurteilen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 7.
Februar 2013

3
StR
468/12; vom 8.
Januar 2014

3
StR
372/13, [X.], 217 und vom 28.
April 2015 -
3
StR
52/15, [X.], 320).

IV.
Die Revision des Angeklagten [X.]

hat nur hinsichtlich der [X.] einer Unterbringung gemäß
§
64 StGB Erfolg.
1.
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der allgemeinen Sachrüge
hat weder zum Schuldspruch noch zum Strafausspruch einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Hinsichtlich der Verfahrensrüge wird auf die Stellungnahme des [X.] verwiesen.
2.
Die [X.] gemäß
§
64 StGB hat keinen Bestand. Das Land-gericht hat

sachverständig beraten

angenommen, beim Angeklagten liege 34
35
36
-
14
-
aufgrund seiner
Abhängigkeit von Stimulanzien ein Hang im Sinne des §
64 StGB vor. Den symptomatischen Zusammenhang hat es verneint.
Der Sachverständige hatte festgestellt, dass das Tatverhalten zumindest in Teilen auf den Hang zurückgehe, weil eine unmittelbare Wirkung der Stimu-lanzien in Gestalt einer Reduktion der Angst, Förderung der Aggression und Enthemmung gegeben gewesen sei, wenngleich nicht so ausgeprägt,
dass die Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt gewesen
oder ein Eingangskriterium der §§
20, 21 StGB erfüllt worden wäre. Der gesamte Lebensstil des Angeklagten werde in qualitativer wie quantitativer Hinsicht in relevanter Art vom Umgang mit Drogen bestimmt. Der Angeklagte selbst habe seinen Zustand so beschrieben, dass er geglaubt
hätt
e-dingt

sehr aggressiv gewesen zu sein; ihm sei klar gewesen, dass er seinem

[X.] verneinte dagegen den symptomatischen Zusammenhang und zwar selbst für den Fall, dass
bei der Tatbegehung noch eine [X.] Enthemmung vorgelegen haben sollte; denn der Angeklagte hätte sei-nem Bruder auch ohne vorangegangenen Rauschmittelkonsum geholfen. Die Motivation sei nicht dem Hang entsprungen, Stimulanzien zu konsumieren, sondern seiner falsch verstandenen Bruderliebe und seinem aggressiven [X.] mit dissozialen Zügen.
Diese Erwägungen, die überdies rein hypothetischer Natur sind,
halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Angeklagte sah sich erst durch den Drogenkonsum in der Lage, seinem Bruder zu helfen, weil er durch den [X.] einen Abbau von Angstgefühlen empfand und das Gefühl aufbaute, i-37
38
39
-
15
-
onsbereitschaft. Das [X.] hat die notwendige Berücksichtigung dieses
Umstands unterlassen, so dass es an einer tatsächlichen Grundlage für die hier sich aufdrängende Beurteilung fehlt, ob der evident gewordene Hang nicht we-nigstens Einfluss auf die Qualität der Straftat
hatte und ob ihm ein solcher Ein-fluss auch auf die künftig zu befürchtenden Taten zukommen kann.

V.
Die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegte und auf die Sachrüge ge-stützte Revision des [X.] hat keinen Erfolg. Die Annahme des Land-gerichts,
dem Angeklagten [X.]

sei
ein Tötungsvorsatz
nicht [X.], hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis
stand. Soweit die Kam-mer hinsichtlich des Einsatzes des Nothammers von einem Exzess des Ange-klagten [X.]

ausgeht, ist
die Beweiswürdigung revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
1.
Von einem Tötungsvorsatz konnte sich die Kammer nicht überzeugen. Für einen solchen Vorsatz sprächen zwar die Schläge mit dem Nothammer mit [X.] in Richtung des Kopfes. Der Nothammer sei wegen seiner nadel-gleichen metallenen Spitze ein besonders gefährliches und selbst bei mit gerin-ger Wucht ausgeführten Schlägen zur Verursachung erheblicher Wunden ge-eignetes Werkzeug. Für einen solchen Vorsatz sprächen auch das schwer zu beherrschende Verhalten des Opfers, das durch eine unglückliche Ausweich-bewegung schlimmer hätte verletzt werden können.

40
41
-
16
-
Andererseits sei nicht näher eingrenzbar gewesen, wohin der Angeklagte eigentlich genau hatte treffen wollen. Zu Gunsten des Angeklagten müsse hier davon ausgegangen werden, dass er nicht direkt auf den Kopf, sondern [X.] auf den Oberkörper einwirken wollte, nicht ausschließbar nur auf Schulter oder Arm des Opfers. [X.] geht weiter zu Gunsten des Ange-klagten davon aus, dass er subjektiv die Wucht der Schläge nicht als [X.] empfand, um beim Opfer eine tödliche Verletzung herbeizuführen. Auch sei der Angeklagte nach zwei Hammerschlägen weggelaufen, obwohl ihm wei-tere Schläge angesichts der Tatsache, dass das Opfer am Boden lag, möglich gewesen wären. Zwar habe der Angeklagte nach der Tat eine [X.] an den [X.] M.

Ja Bruder normal für dich töte ich jeden. Das werte die Kammer aber nicht als Indiz für einen bei der Tat bestehenden Tötungsvorsatz, sondern als Imponiergehabe und Ausdruck falsch verstandener Bruderliebe. Auch das Tatmotiv spräche gegen einen [X.], der Angeklagte habe den Geschädigten nur für seine vorherigen Provokationen abstrafen und ihm einen Denkzettel erteilen wollen.
2.
Diese Erwägungen begegnen keinen durchgreifenden Bedenken.
a)
Bedingten Tötungsvorsatz hat, wer den Eintritt des Todes als mögli-che, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und billigend in Kauf nimmt (Willenselement). Beide Elemente müssen getrennt voneinander geprüft und durch tatsächliche Feststellungen belegt werden. Ihre Bejahung oder Verneinung kann nur auf der Grundlage einer Gesamtbetrach-tung aller objektiven und subjektiven Umstände erfolgen (vgl. [X.], Urteile
vom 5.
Juni 2014

4
StR
439/13, Rn.
7; vom 23.
Februar 2012

4
StR 608/11, [X.], 443, 444 und
vom 27.
Januar 2011

4
StR 502/10, [X.], 699, 701 Rn.
34
f. [X.]). In die Prüfung sind dabei neben der objektiven Ge-42
43
44
-
17
-
fährlichkeit der Tathandlung und der konkreten Angriffsweise des [X.] auch seine psychische Verfassung bei Tatbegehung
und seine Motivationslage ein-zubeziehen ([X.], Urteile
vom 5.
Juni 2014

4
StR
439/13, Rn.
7
und
vom 16.
Mai 2013

3
StR
45/13, [X.], 581, 582 [X.]).
b)
Das Urteil lässt eine getrennte Prüfung des Wissens-
und des [X.] vermissen. Die Überlegung des [X.], der Angeklagte habe ein selbst bei Schlägen mit geringer Wucht besonders gefährliches Werk-zeug verwendet und zwar einen Nothammer mit nadelgleicher metallener Spit-ze
und er habe den Treffpunkt wegen möglicher Ausweichbewegungen nicht kontrollieren können, belegt, dass das [X.] aus der Kenntnis des Ange-klagten von der objektiven Lebensgefährlichkeit seines Tuns auf das [X.] geschlossen hat. Nach den auf dem Gutachten des Rechtsmedi-ziners beruhenden Feststellungen der Kammer wurden die Schläge gerade auch unter Berücksichtigung des Überziehens der Kapuze des Anoraks
mit in-tensiver Schlagwucht ausgeführt und führten durch das Material der [X.]) Kapuze hindurch zu zwei eng nebeneinanderliegenden, stark blutenden Verletzungen.
c) Eine Begründung für das Fehlen des voluntativen [X.] lässt sich dem Urteil noch
in ausreichender Weise entnehmen.
(1) Zwar findet die
Annahme
der Kammer, zu Gunsten des Angeklagten sei davon auszugehen, dass er nicht direkt auf den Kopf, sondern irgendwo auf den Oberkörper des Opfers einwirken wollte, in den Feststellungen keine Grundlage. Diese belegen ein gebückt, mit [X.] geneigtem und
von der heruntergezogenen Kapuze bedecktem
Kopf,
stehendes Opfer und ein enges
Trefferbild auf dem linken Hinterhaupt und der Schädelhöhe (UA S.
24).
45
46
47
-
18
-
(2)
Soweit die [X.] ausgeführt hat, der Angeklagte sei nach zwei Schlägen mit dem Hammer weggelaufen, obwohl ihm weitere Schläge auf das am Boden liegende Opfer möglich gewesen wären, und einen bedingten [X.] auch aus diesem Grund verneint hat, vermengt es die Prüfung des Tötungsvorsatzes mit der eines etwaigen Rücktrittshorizonts und legt die Flucht des Angeklagten zu seinen Gunsten aus. Zwar kann dem sich der eigentlichen
Tatbegehung anschließenden Verhalten indizielles Gewicht zukommen. Jedoch spricht ein Unterlassen weiterer Angriffe

auch unter Berücksichtigung sich nähernder Personen

allein nicht gegen die Billigung des Todes des Opfers (vgl. [X.], Urteil vom 22.
März 2012

4
StR
558/11, [X.]St 57, 183, 192).
48
-
19
-
d) Entscheidend ist aber, dass nach
den
Feststellungen der Strafammer
der Angeklagte dem
Nebenkläger erst dann mit dem Nothammer auf den Kopf geschlagen
hatte, als dessen Kopf mit der Kapuze der Winterjacke bedeckt war.
Diesem Umstand kommt zu Recht besondere Bedeutung bei der Bewer-tung des voluntativen Elements zu, weil das vorherige Herunterziehen der [X.] ersichtlich dadurch begründet war, die Wucht der Schläge zu dämpfen und bei dem Nebenkläger
tödliche Verletzungsfolgen gerade nicht eintreten zu lassen. Das [X.] hat unter Bezugnahme auf diesen Gesichtspunkt, der Verursachung von (nur) zwei sternförmigen
[X.] und mit der von ihm
als glaubwürdig erachteten Einlassung des Angeklagten, dem Geschä-digten wegen seiner

31), das Fehlen des voluntativen [X.] jedenfalls rechtsfehlerfrei [X.]
Raum

Graf

Jäger

Cirener

Fischer
49

Meta

1 StR 351/16

08.12.2016

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2016, Az. 1 StR 351/16 (REWIS RS 2016, 1135)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1135

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung und Schmerzensgeld: Voraussetzungen der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt; Strafzumessung und fehlender Milderungsgrund; …


2 StR 226/09 (Bundesgerichtshof)


3 StR 157/23 (Bundesgerichtshof)


2 StR 159/15 (Bundesgerichtshof)

Sachliche Zuständigkeit im Strafverfahren: Ausschluss der Zuständigkeit des Gerichts niederer Ordnung nach Rechtshängigwerden der Sache …


3 StR 509/22 (Bundesgerichtshof)

Anforderung an Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung; Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten


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