Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.12.2009, Az. 3 StR 516/09

3. Strafsenat | REWIS RS 2009, 109

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[X.] vom 15. Dezember 2009 in der Strafsache gegen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u. a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] - zu 2. auf dessen Antrag - am 15. Dezember 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 29. Juni 2009 mit den zuge-hörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Unterbrin-gung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgelehnt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.]. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. Gründe: 1 Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in 44 Fällen, wegen unerlaubten Besitzes von [X.] sowie wegen Beleidigung in Tateinheit mit Bedrohung unter Einbeziehung einer zweimonatigen Freiheitsstrafe aus einer früheren [X.] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten sowie zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Die Überprüfung des Urteils hat zum Schuld- und zum [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Das Urteil - 3 - kann jedoch keinen Bestand haben, soweit das [X.] davon abgesehen hat, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) anzuordnen. 2 1. Nach den Feststellungen des [X.]s konsumierte der 33-jährige Angeklagte bereits im Alter von 12 Jahren Cannabis und - nach verschiedenen anderen Betäubungsmitteln - alsbald auch größere Mengen Amphetamin. In der [X.] von 1991 bis 2003 wurden gegen ihn insgesamt sechs strafrechtliche Sanktionen wegen Verstößen gegen das [X.] verhängt, darunter eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten wegen 66 Fällen der Einfuhr von und des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Nach einer im August 2003 regulär abgeschlossenen sechsmonatigen Entwöhnungstherapie wurde er wieder rückfällig. Spätestens seit 2007 konsumierte er drei bis vier Gramm Amphetamin täglich. 3 Trotz der Feststellung, dass der Angeklagte die verfahrensgegenständli-chen Verstöße gegen das [X.] aufgrund einer bestehenden Betäubungsmittelabhängigkeit und zur Finanzierung seines Eigenkonsums be-ging, hat das [X.] - ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen - die Anordnung seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt abgelehnt, weil für eine solche Maßnahme keine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht bestehe. Nach Darlegung der Modalitäten einer Unterbringung im Maßregelvollzug habe der Angeklagte erklärt, nicht bereit zu sein, sich auf eine mehrjährige [X.] einzulassen und sich gegenüber einem Therapeuten zu öffnen. Wegen seiner kompromisslos ablehnenden Haltung lasse sich eine hinreichend [X.] Erfolgsaussicht einer Entwöhnungsbehandlung nicht feststellen. 4 2. Diese Begründung trägt das Absehen von der [X.] nach § 64 Satz 2 StGB nicht. - 4 - Das bloße Abstellen auf das Fehlen eines Therapiewillens lässt außer [X.], dass dieser Umstand die Unterbringung nach § 64 StGB nicht ohne [X.] hindert. Zwar kann eine nicht vorhandene Therapiemotivation ein Indiz für unzureichende Erfolgschancen der Entwöhnungsbehandlung sein. Ob der Schluss von einem Mangel an [X.] auf das Fehlen einer hinrei-chend konkreten Erfolgsaussicht der Behandlung gerechtfertigt ist, lässt sich aber nur aufgrund einer - vom [X.] hier nicht vorgenommenen - Ge-samtwürdigung der Täterpersönlichkeit und aller sonstigen maßgeblichen Um-stände beurteilen ([X.] NStZ-RR 1997, 34; [X.], 3015, 3016; [X.]. vom 24. März 2005 - 3 [X.]; [X.], StGB 57. Aufl. § 64 Rdn. 20 m. w. N.). Ziel einer Behandlung im Maßregelvollzug kann es gerade auch sein, die [X.] beim Angeklagten überhaupt erst zu wecken ([X.] R&P 2008, 55; NStZ-RR 1997, 34). Die Unterbringung in einer Entziehungsan-stalt nach § 64 StGB hängt nicht vom Therapiewillen des Betroffenen ab (BTDrucks. 16/1110 S. 13). 5 6 3. Da der Angeklagte die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das [X.] nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen hat (vgl. [X.]St 38, 362 f.) und die Maßregel auf der Grundlage der Feststellungen des [X.]s auch nicht aus anderem Grunde ausscheidet, bedarf die Frage ihrer Anordnung der nochmaligen Prüfung durch einen neuen Tatrichter. Unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO) werden hierzu insgesamt neue Feststellungen zu treffen sein. Dabei werden auch bisherige Therapiever-läufe - der Angeklagte hat 2003 eine Entwöhnungsbehandlung regulär abge-schlossen - sowie die besonderen Bedingungen einer Behandlung in einer Ent-ziehungsanstalt nach § 64 StGB in den Blick zu nehmen sein. 7 Einer etwaigen Nachholung der Unterbringung steht nicht entgegen, dass ausschließlich der Angeklagte Revision eingelegt hat (vgl. [X.]St 37, 5). - 5 - [X.] wird durch die Teilaufhebung des Urteils nicht be-rührt. Der [X.] kann ausschließen, dass im Falle der Unterbringung gegen den Angeklagten auf eine niedrigere Strafe erkannt worden wäre. [X.] von [X.] [X.]

Meta

3 StR 516/09

15.12.2009

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.12.2009, Az. 3 StR 516/09 (REWIS RS 2009, 109)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 109

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