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PDF anzeigen[X.]:[X.]:BGH:2017:060617B2STR103.17.0
BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 103/17
vom
6. Juni 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
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Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des Generalbun-desanwalts
und
des Beschwerdeführers
am 6.
Juni 2017 gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 6. Dezember 2016 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit von einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden ist.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.]s zurückver-wiesen.
3.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Besitzes von [X.] in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 30 Fällen unter Einbeziehung ei-ner weiteren Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Außerdem hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen und von der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt abgese-hen. Das auf die allgemeine Sachrüge gestützte Rechtsmittel hat in dem aus 1
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dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es offensichtlich unbe-gründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Schuld-
und Strafausspruch des angefochtenen Urteils weisen wie auch die Einziehungsentscheidung keinen
durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Insoweit ist die Revision unbegründet im Sinne von §
349 Abs.
2 StPO.
2. Das Urteil kann jedoch nicht bestehen bleiben, soweit die [X.] von der Anordnung einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§
64 StGB) abgesehen hat.
Nach den Feststellungen des [X.]s war der Angeklagte in den Jahren 2007 bis 2010 obdachlos und hat während dieser [X.] Alkohol getrunken und Drogen (Cannabis, Amphetamin) konsumiert. Der Obdachlosigkeit ist er mit Hilfe seines Bewährungshelfers entkommen; er wohnt seit Mitte des Jahres 2016 in einem Übergangswohnheim für Obdachlose. Die [X.] geht auf Grund der Angaben des Angeklagten davon aus, dass er noch gelegentlich [X.] konsumiert, überwiegend Amphetamin, aber auch Cannabis und LSD. Für den Tatzeitraum zwischen Januar und November 2014 stellt das [X.] fest, dass der Angeklagte täglich 2 bis 3 Gramm Amphetamin zu sich genommen habe, wobei bereits eine gewisse Gewöhnung an die Substanz eingetreten sei und diese Menge nur noch eine geringe Wirkung zeige.
a) Die [X.] hat einen Hang im Sinne des §
64 StGB mit der Er-wägung verneint, bei dem Angeklagten liege eine bloße Neigung vor, alkoholi-sche Getränke und auch Betäubungsmittel zu sich zu nehmen, aber kein Hang, da es an handlungsleitenden Auswirkungen des Rauschmittelmissbrauchs feh-le. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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Das [X.] geht von einem zu engen Verständnis des Begriffs des Hangs aus. Angesichts der Feststellungen der [X.] zum Konsumver-halten des Angeklagten liegt es nahe, dass bei ihm noch immer eine eingewur-zelte, aufgrund psychischer Disposition bestehende oder durch Übung [X.] intensive Neigung gegeben ist, immer wieder Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen (vgl. [X.], 246). Es ist angesichts der [X.] auch davon auszugehen, dass er
wie es die Rechtsprechung darüber hinaus verlangt
aufgrund seiner Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint, wovon beim Vorliegen von Beschaffungs-kriminalität
wie hier
ausgegangen werden kann (vgl. [X.], 76). Dass sich gegenüber dem Tatzeitraum im Jahre 2014 trotz der Lösung aus dem [X.] eine durchgreifende Änderung des Einflusses von Betäu-bungsmitteln auf den Angeklagten ergeben hätte, lässt sich den [X.] nicht entnehmen.
b)
Das [X.] hat die Erfolgsaussichten einer Therapie mit der Er-wägung verneint, der Angeklagte konsumiere seit über neun
Jahren mehr oder wenig häufig Alkohol und Betäubungsmittel. Einer ihm mit Beschluss aus dem Jahre 2010 auferlegten stationären Drogen-
und [X.] habe er mehr als sechs Jahre später noch keine Folge geleistet, was seine Weigerung an der ernsthaften Teilnahme an einer Therapie eindrucksvoll belege. Diese Vernei-nung der Erfolgsaussicht, mag sie noch belegen, dass es angesichts einer [X.] des Angeklagten aktuell an der konkreten Erfolgsaussicht fehlt, greift zu kurz und ist deshalb rechtlichen Bedenken ausgesetzt. Das [X.] hätte sich schon angesichts des Umstands, dass der Angeklagte, wenn auch unter dem Eindruck der bevorstehenden Hauptverhandlung, drei Mal ein Suchthilfezentrum aufgesucht hatte, mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob eine [X.] für eine Erfolg versprechende Behandlung ge-weckt werden kann (vgl. Senat, Beschluss vom 24.
Juni 2009
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StR 180/09).
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c)
Die Sache bedarf insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Dass nur der Angeklagte Revision
eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO; BGHSt 37, 5; [X.], 107). Er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das [X.] auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt
38, 362 f.).
Krehl
Eschelbach
Bartel
Grube
Schmidt
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Meta
06.06.2017
Bundesgerichtshof 2. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.06.2017, Az. 2 StR 103/17 (REWIS RS 2017, 9905)
Papierfundstellen: REWIS RS 2017, 9905
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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