Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.01.2011, Az. 4 AZR 167/09

4. Senat | REWIS RS 2011, 10091

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Gegenstand

Eingruppierung als Oberarzt nach TV-Ärzte/VKA - ausdrückliche Übertragung medizinischer Verantwortung durch den Arbeitgeber - selbständiger Teil- oder Funktionsbereich


Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 5. Dezember 2008 - 3 [X.] - aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen einer Zahlungsklage um die zutreffende Eingruppierung des [X.] nach dem [X.]/[X.].

2

Der Kläger ist Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Er war auf der Grundlage des am 21. Oktober 2004 geschlossenen Arbeitsvertrages vom 1. Februar 2005 bis 31. Dezember 2007 bei der [X.] in der Frauenklinik der [X.] beschäftigt. In seinem schriftlichen Arbeitsvertrag heißt es, er sei „im Rahmen der jeweiligen Aufgaben des Krankenhauses des Arbeitgebers als Oberarzt beschäftigt“. [X.] beiderseitiger Tarifbindung fand auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zunächst der [X.] Anwendung und der Kläger erhielt Vergütung nach der Vergütungsgruppe Ib [X.]. Ab Inkrafttreten des [X.] für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der [X.] ([X.]/[X.]) am 1. August 2006 richteten sich die Arbeitsbedingungen nach diesem Tarifvertrag. Der Kläger erhielt bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses Vergütung nach der [X.] (Fachärztin/Facharzt mit entsprechender Tätigkeit), Stufe 2, gemäß § 16 Buchst. b [X.]/[X.].

3

Von Beginn seiner Tätigkeit in der Frauenklinik an war der Kläger nach den Feststellungen des [X.] aufgrund einer Aufgabenübertragung durch den Chefarzt und medizinischen Leiter der Klinik Prof. Dr. M für den Bereich Geburtshilfe zuständig. Dieser umfasst den Kreißsaal, die [X.] sowie zwei Wochenbettstationen. Darüber hinaus führte er Ultraschalluntersuchungen der DEGUM Stufe II aus, die für die Einstufung der Frauenklinik als Perinatalzentrum der höchsten Versorgungsstufe unverzichtbar sind. Seine fachliche Weisungsbefugnis erstreckte sich auf das nichtärztliche Personal, Assistenzärzte und Fachärzte, soweit sie dem Kläger unterstellt waren. Auf den offiziellen Briefbögen der Klinik wurde er als Oberarzt bezeichnet. Der Dienstvertrag von Prof. Dr. M enthält in § 6 Abs. 1, wie alle bei der [X.] verwendeten [X.], folgende Regelung:

        

„Im Rahmen der Besorgung seiner Dienstaufgaben überträgt der Arzt, soweit nicht die Art oder die Schwere der Krankheit oder die Voraussetzungen der Ermächtigung oder Zulassung sein persönliches Tätigwerden erfordern, den ärztlichen Mitarbeitern - entsprechend ihrem beruflichen Bildungsstand, ihren Fähigkeiten und Erfahrungen - bestimmte Tätigkeitsbereiche oder Einzelaufgaben zur selbständigen Erledigung. Die Gesamtverantwortung des Arztes wird hierdurch nicht eingeschränkt.“

4

Darüber hinaus hat nach § 7 Abs. 2 des Dienstvertrages für Chefärzte der leitende Arzt in ärztlichen Angelegenheiten das Weisungsrecht gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

5

Mit Schreiben vom 24. Januar 2007 begehrte der Kläger erfolglos seine Eingruppierung in der [X.] (Oberärztin/Oberarzt) gemäß § 16 Buchst. c [X.]/[X.].

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm sei die medizinische Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich einer Klinik vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden, weshalb er als Oberarzt iSv. § 16 Buchst. c [X.]/[X.] zu vergüten sei. Er hat mit vorliegender Klage die Zahlung der monatlichen Vergütungsdifferenz zwischen der [X.]I Stufe 1 [X.]/[X.] und der [X.] Stufe 2 [X.]/[X.] in Höhe von monatlich 850,00 Euro brutto sowie die entsprechende Differenzvergütung für 860,9 Stunden unstreitig geleisteter Bereitschaftsdienste verlangt.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 14.450,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 850,00 Euro brutto seit dem 1. des jeweiligen Folgemonats, beginnend mit dem 1. September 2006 und endend mit dem 1. Januar 2008 zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.496,61 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. März 2008 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Rechtsauffassung vertreten, dass der Kläger lediglich sog. Titularoberarzt sei. Die tarifvertraglich geforderte ausdrückliche Übertragung der medizinischen Verantwortung durch den Arbeitgeber sei nicht erfolgt. Eine Übertragung durch den Chefarzt genüge nicht, da diesem keine Vertretungsmacht für den Arbeitgeber eingeräumt worden sei. Der Wortlaut des [X.] könne nur so verstanden werden, dass es der Arbeitgeber in der Hand haben solle, wie viele Tarifoberärzte bei ihm beschäftigt würden und in welchem Bereich eine entsprechende Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich auf einen Oberarzt übertragen werden solle. Seitens der [X.] liege die erforderliche unternehmerische Entscheidung zur Einrichtung eines Funktionsbereiches für Geburtshilfe und Kreißsaal nicht vor.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen und die Revision gegen sein Urteil zugelassen. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision den Klageantrag uneingeschränkt weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist begründet. Das [X.] hat die Berufung des [X.] rechtsfehlerhaft zurückgewiesen. Es hat das [X.] „vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen“ rechtsfehlerhaft ausgelegt. Ob die Zahlungsansprüche des [X.] aufgrund einer Tätigkeit als Oberarzt im tariflichen Sinne bestehen, kann der Senat aufgrund des Fehlens tatsächlicher [X.]stellungen nicht abschließend entscheiden.

I. Das [X.] hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die Voraussetzungen für die Einreihung in der [X.] nach § 16 Buchst. [X.]/[X.] schon deshalb nicht erfüllt seien, weil dem Kläger die medizinische Verantwortung nicht von der Beklagten ausdrücklich übertragen worden sei. Die Auslegung des [X.] ergebe, dass zum einen der Arbeitgeber, also der Träger der Klinik handelnd durch das jeweils zuständige Organ, die Entscheidung getroffen haben müsse, die medizinische Verantwortung zu übertragen, und in Ausführung dieser Entscheidung zum anderen die Übertragung von dem Krankenhausträger ausdrücklich vorgenommen worden sein müsse. Dies liege beim Kläger nicht vor. Weiterhin enthalte die Tarifnorm ein rechtsgeschäftliches Vertretungsverbot, so dass sich der Kläger auch nicht auf eine Anscheins- oder Duldungsvollmacht berufen könne. Auch ein Verstoß der Beklagten gegen [X.] und Glauben könne nicht angenommen werden. Ob die übrigen Merkmale der [X.] [X.]/[X.] erfüllt sind, hat das [X.] dahinstehen lassen.

II. Die Revision des [X.] ist begründet. Die Ausführungen des [X.]s halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das [X.] „vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen“ schließt entgegen der Auffassung des [X.]s eine rechtsgeschäftliche Vertretung des Arbeitgebers nicht aus. Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung, weil der Rechtsstreit noch nicht zur Entscheidung reif ist. Es kann derzeit nicht abschließend entschieden werden, ob dem Kläger die begehrten Vergütungsdifferenzen zustehen. Es fehlt an hinreichenden tatsächlichen [X.]stellungen für die Beurteilung, ob bei ihm zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen des [X.]es dieser Vergütungsgruppe erfüllen, ob der Bereich Geburtshilfe ein selbständiger Teilbereich der Klinik bzw. Abteilung war und ob dem Kläger die medizinische Verantwortung für diesen Bereich übertragen worden ist.

1. Der [X.]/[X.] ist aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 [X.] auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar.

2. Der Erfolg der Klage setzt voraus, dass der Kläger die [X.]e der begehrten [X.] nach § 16 Buchst. [X.]/[X.] erfüllt.

Die maßgebenden Tarifnormen des [X.]/[X.] lauten:

        

„§ 15 

        

Allgemeine Eingruppierungsregelungen

        

(1)     

Die Eingruppierung der Ärztinnen und Ärzte richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen des § 16. Die Ärztin/ der Arzt erhält Entgelt nach der [X.], in der sie/ er eingruppiert ist.

        

(2)     

Die Ärztin/ der Arzt ist in der [X.] eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr/ ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.

                 

Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer [X.], wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser [X.] erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden, sind diese Arbeitsvorgänge für die [X.]stellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen. Ist in einem Tätigkeitsmerkmal als Anforderung eine Voraussetzung in der Person des Angestellten bestimmt, muss auch diese Anforderung erfüllt sein.

                 
                 

Protokollerklärungen zu § 15 Abs. 2

                 

1.    

Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis der Ärztin/ des Arztes, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z.B. Erstellung eines EKG). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.

                 

…       

        

§ 16   

        

Eingruppierung

        

Ärztinnen und Ärzte sind wie folgt eingruppiert:

                 

a)    

[X.] I:

        
                          

Ärztin/ Arzt mit entsprechender Tätigkeit.

                 

b)    

[X.] II:

                 

Fachärztin/ Facharzt mit entsprechender Tätigkeit

                 

Protokollerklärung zu Buchst. b:

        

Fachärztin/ Facharzt ist diejenige Ärztin/ derjenige Arzt, die/ der aufgrund abgeschlossener Facharztweiterbildung in ihrem/ seinem Fachgebiet tätig ist.

        

c)    

[X.] III:

                 

Oberärztin/ Oberarzt

        

Protokollerklärung zu Buchst. c:

        

Oberärztin/ Oberarzt ist diejenige Ärztin/ derjenige Arzt, der/ dem die medizinische Verantwortung für selbstständige Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist.

        

d)    

[X.] IV:

                 

Leitende Oberärztin/ Leitender Oberarzt, ist diejenige Ärztin/ derjenige Arzt, der/ dem die ständige Vertretung der leitenden Ärztin/ des leitenden Arztes (Chefärztin/ Chefarzt) vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist.

        

Protokollerklärung zu Buchst. d:

        

Leitende Oberärztin/ Leitender Oberarzt ist nur diejenige Ärztin/ derjenige Arzt, die/ der die leitende Ärztin/ den leitenden Arzt in der Gesamtheit ihrer/ seiner Dienstaufgaben vertritt. Das Tätigkeitsmerkmal kann daher innerhalb einer Klinik in der Regel nur von einer Ärztin/ einem Arzt erfüllt werden.“

3. Die vom [X.] für die Klageabweisung angeführte Begründung, dem Kläger sei die medizinische Verantwortung nicht ausdrücklich durch den Arbeitgeber übertragen worden, ist unzutreffend. Entgegen der Auffassung des [X.]s schließt diese tarifliche Anforderung eine rechtsgeschäftliche Vertretung nicht aus.

a) Der Senat hat sich in seiner Entscheidung vom 22. September 2010 (- 4 [X.] -) mit einem in der insoweit tragenden Begründung weitgehend gleichlautenden Berufungsurteil derselben Kammer des Hessischen [X.]s ausführlich mit deren Sichtweise auseinandergesetzt. Die dortigen Ausführungen lassen sich wie folgt zusammenfassen (im Hinblick auf die klagende Partei wird im Folgenden stets die männliche Form gewählt):

Grundlage der tariflichen Eingruppierungsbewertung ist nach § 15 Abs. 2 Satz 1 [X.]/[X.] die nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit des Arztes. Nach der Senatsrechtsprechung ist dies die nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages der Parteien bestimmte, vertraglich geschuldete Tätigkeit. Die Wirksamkeit einer entsprechenden Vereinbarung richtet sich nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen. Insoweit kann sich die [X.] des Arbeitsvertrages auch vertreten lassen. Soweit sie in Bezug auf den Arbeitsvertragsinhalt nicht selbst handelt, muss sie sich ggf. das Handeln eines Vertreters nach den Grundsätzen der Anscheins- und Duldungsvollmacht zurechnen lassen. Entscheidend ist die von dem Arzt nach der konkreten Gestaltung des [X.] vertragliche Tätigkeit. Bedient sich der Arbeitgeber bei der Leitung einer Klinik der Dienste eines Chefarztes und überlässt er diesem die nähere Ausgestaltung der [X.] und die personelle Zuweisung von Aufgaben, ist der Arbeitgeber an die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen gebunden. Die Zuweisung einer Tätigkeit an einen Arzt, die dieser nach einer entsprechenden Aufgabenübertragung längere [X.] ausübt, ist in der Regel arbeitsvertraglich gedeckt, dh. entweder hält sich die Maßnahme im Bereich des bisherigen Direktionsrechts oder sie stellt eine übereinstimmende Änderung des Arbeitsvertrages hinsichtlich der konkreten Arbeitspflicht des Arztes dar. Jedenfalls handelt es sich dabei in der Regel auch im tariflichen Sinne um die auszuübende Tätigkeit des Arztes, die sodann nach dem auch von den Tarifvertragsparteien des [X.]/[X.] in § 15 Abs. 2 für maßgebend erachteten Grundsatz der Tarifautomatik anhand der tariflichen [X.]e zu bewerten ist. Der [X.]/[X.] hat mit seiner Anforderung, die medizinische Verantwortung müsse dem Arzt „vom Arbeitgeber ausdrücklich“ übertragen werden, kein - grundsätzlich auch noch für die Vergangenheit rückwirkendes - „rechtsgeschäftliches Vertretungsverbot“ bestimmt, das die Tarifautomatik außer [X.] setzen würde. Der Arbeitgeber ist an die von seinem Chefarzt vorgenommenen Zuweisungen von Tätigkeiten, die die vertragliche Arbeitspflicht des Arbeitnehmers betreffen, gebunden als hätte er sie selbst angeordnet (vgl. dazu ausf. [X.] 22. September 2010 - 4 [X.] - Rn. 16 bis 27).

b) Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze scheitert der [X.] nicht an der Anforderung einer „ausdrücklichen Übertragung“ durch den Arbeitgeber. Dies hat das [X.] verkannt.

Zwar geht es zu Recht davon aus, dass die Erlaubnis, den Titel eines „Oberarztes“ zu tragen, tariflich ohne Bedeutung ist. Das [X.] hat aber nicht geprüft, ob die von dem Kläger auszuübende Tätigkeit, die nach dessen Auffassung ua. die Ausübung einer medizinischen Verantwortung im Sinne von § 16 Buchst. [X.]/[X.] beinhaltet, dieser in einer der Beklagten zivilrechtlich zuzurechnenden Weise übertragen worden ist. Letztlich lässt es das [X.] ausreichen, dass etwaige arbeitsvertraglich verbindliche Arbeitszuweisungen des Chefarztes jedenfalls seit Inkrafttreten des [X.]/[X.] am 1. August 2006 eingruppierungsrechtlich irrelevant seien. Damit stellt es auf die förmliche Übertragung einer Verantwortung ab, die unabhängig von der arbeitsvertraglich auszuübenden Tätigkeit des [X.] durch den Arbeitgeber selbst erfolgen muss. Dies entspricht jedoch nicht den tariflichen Bestimmungen, die - wie dargelegt - von einer Bewertung der vertraglich auszuübenden Tätigkeit im Sinne einer Tarifautomatik ausgehen. Hiermit hat sich das [X.] nicht befasst.

c) Entgegen der Auffassung des [X.]s ist im Ergebnis davon auszugehen, dass die tariflich zu bewertende Tätigkeit des [X.] von der Beklagten ausdrücklich übertragen worden ist.

Die tatsächlich dem Kläger obliegenden Aufgaben, soweit sich das [X.] mit ihnen befasst hat, sind zwischen den Parteien unstreitig. Die Stellenausschreibung und das Einstellungsgespräch zwischen dem Kläger und Prof. Dr. M hatten die Besetzung der Stelle für die verantwortliche Leitung eines Kreißsaales, der Maximalversorgung und Pränataldiagnostik (Geburtshilfe), die zu jenem [X.]punkt bereits im zuletzt vom Kläger ausgeübten Umfang existierte, zum Gegenstand. Wie vertraglich vereinbart, übte der Kläger von Anfang an die organisatorischen Leitungsfunktionen innerhalb des Bereichs der Geburtshilfe aus. Diese Aufgaben sind ihm vom Chefarzt und medizinischen Leiter der Klinik, Prof. Dr. M übertragen worden. Sie änderten sich während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht. Auch nach Inkrafttreten des [X.]/[X.] hat die Beklagte keinen Anlass gesehen, an dieser Aufgabenzuweisung etwas zu ändern.

Damit ist die vom Kläger auszuübende Tätigkeit als Gegenstand der vertraglichen Arbeitsverpflichtung hinreichend umschrieben. Ob sie die [X.]e eines Oberarztes erfüllt, hängt davon ab, ob der Kläger bei Erfüllung seiner Aufgaben die medizinische Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik trägt. Die Übertragung der konkreten Aufgaben und der mit seiner Stellung in der Klinik, insbesondere im Bereich Geburtshilfe, verbundenen Funktionen ist der Beklagten selbst arbeitsvertraglich zuzurechnen.

4. Das Urteil des [X.]s ist nach § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Sache nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen. Dies ist nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil die Klage aus anderen Gründen entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Auf der Grundlage der tatsächlichen [X.]stellungen des [X.]s kann nicht beurteilt werden, ob es sich bei der für die Eingruppierung maßgebenden Tätigkeit des [X.] im Bereich der Geburtshilfe der Klinik für Frauenheilkunde um von ihm wahrzunehmende medizinische Verantwortung für einen selbständigen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik oder Abteilung im [X.] handelt. Den Parteien ist entsprechend Gelegenheit zur Präzisierung ihres Vortrages zu geben. Dies gebietet der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs, insbesondere im Hinblick auf neue tarifliche [X.]e, die gemessen an der komplexen Wirklichkeit einen außerordentlich hohen Abstraktionsgrad aufweisen und dementsprechend einer intensiven Auslegung unterzogen werden müssen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass weder dem Kläger noch dem [X.] die Senatsentscheidungen vom 9. Dezember 2009 zur Auslegung der Anforderungen an die Erfüllung der [X.]e bekannt waren.

a) Zunächst muss die tariflich relevante Tätigkeit des [X.] näher bestimmt werden. Die bisherigen [X.]stellungen des [X.]s bieten für deren erforderliche tarifliche Bewertung keine ausreichende Beurteilungsgrundlage. [X.] steht lediglich, dass der Kläger im Bereich der Geburtshilfe und bei Ultraschalluntersuchungen der DEGUM Stufe II Tätigkeiten ausübt. Hinsichtlich der zeitlichen Anteile der jeweiligen Tätigkeiten hat das [X.] keine [X.]stellungen getroffen.

b) Die nach § 15 Abs. 2 Satz 2 [X.]/[X.] maßgebenden Arbeitsvorgänge der tariflich relevanten Tätigkeit des [X.] sind nicht bestimmt worden und auf der Grundlage der [X.]stellungen des [X.]s auch nicht bestimmbar. Es ist bereits unklar, welche Arbeitsergebnisse die verschiedenen Tätigkeiten des [X.] zum Ziel haben. Zwar ist nach der Rechtsprechung des [X.] bei einer ärztlichen Tätigkeit häufig ein einziger großer Arbeitsvorgang anzunehmen, weil die Tarifvertragsparteien, jedenfalls des [X.], den [X.] als Funktionsmerkmal auffassen und alle ärztlichen Tätigkeiten einheitlich bewertet wissen wollen ( vgl. zB 29. August 2007 - 4 [X.] - Rn. 23, [X.] 2008, 210; 5. November 2003 - 4 [X.] - zu II 2 b der Gründe, [X.]E 108, 224). Ob dies auch vorliegend der Fall ist, kann derzeit nicht beurteilt werden, weil seitens der Parteien jeglicher Vortrag zu einem einheitlichen Arbeitsergebnis der Tätigkeiten im Bereich Geburtshilfe und der Ultraschalluntersuchungen fehlt. Insbesondere bleibt unklar, ob die Einzeltätigkeiten des [X.] im Kreißsaal, in den beiden Wochenbettstationen, in der Schwangerenambulanz und bei der Ultraschalldiagnostik einem einheitlichen Zweck dienen. Es bleibt ferner unklar, in welchem Zusammenhang der Kläger Ultraschalluntersuchungen der DEGUM Stufe II durchgeführt hat, insbesondere ob diese im Rahmen der Schwangerenambulanz anfielen.

c) Die Klage ist auch nicht deshalb bereits jetzt abzuweisen, weil feststünde, dass dem Kläger eine medizinische Verantwortung weder für einen Teil- noch für einen Funktionsbereich der Klinik übertragen worden wäre.

aa) Der Bereich der Geburtshilfe ist allerdings kein Funktionsbereich im tariflichen Sinne.

(1) Die Tarifvertragsparteien des [X.]/[X.] haben den Begriff des [X.] in dem Sinne gebraucht, der den schon früher von ihnen als Tarifvertragsparteien des [X.] vereinbarten Regelungen der dortigen Vergütungsordnung ([X.]. [X.]. 4 iVm. Protokollerklärung Nr. 3) zugrunde lag (idS für die gleichlautende Formulierung im [X.]/[X.]: [X.] 9. Dezember 2009 - 4 [X.] - Rn. 33, AP [X.] § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 8 zu [X.]. [X.]. 10 iVm. Protokollnotiz Nr. 5; [X.]/Griebeling MedR 2008, 599, 600; Anton [X.] 2008, 184, 186; [X.]/[X.]/[X.]/Wiese TV-L Stand Oktober 2010 Teil [X.] [X.] - Eingruppierung § 12 Rn. 46 f.). Danach sind Funktionsbereiche medizinisch definiert, dh. sie sind Untergliederungen eines Fachgebietes der Medizin, die wissenschaftlich anerkannte Spezialgebiete erfassen. Als Beispiele für Funktionsbereiche haben die Tarifvertragsparteien in ihrer Protokollerklärung Nr. 3 des [X.] zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1a zum [X.] vom 23. Februar 1972 ua. die Handchirurgie, die Neuroradiologie, die Elektroencephalographie und die Herzkatheterisierung benannt.

(2) Ein solcher Funktionsbereich ist die Geburtshilfe nicht, weil es sich dabei nicht um ein wissenschaftlich anerkanntes Spezialgebiet innerhalb des Fachgebietes Frauenheilkunde und Geburtshilfe handelt, sondern um einen Teil des Fachgebietes selbst (so auch die Beschlüsse des [X.] der [X.] für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen v. 29. September 1978, abgedruckt bei [X.]/[X.]/[X.]/Wiese TV-L Stand Oktober 2010 Teil [X.] [X.] - Eingruppierung § 12 Rn. 54, Geburtshilfe).

bb) Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass der Bereich der Geburtshilfe als selbständiger Teilbereich im tariflichen Sinne anzusehen ist.

(1) Die Auslegung des Begriffs ergibt unter besonderer Berücksichtigung des Wortlauts und des tariflichen Gesamtzusammenhangs, dass ein selbständiger Teilbereich einer Klinik oder Abteilung im tariflichen Sinne regelmäßig eine organisatorisch abgrenzbare Einheit innerhalb der übergeordneten Einrichtung einer Klinik oder Abteilung ist, der eine bestimmte Aufgabe mit eigener Zielsetzung sowie eigener medizinischer Verantwortungsstruktur zugewiesen ist und die über eine eigene räumliche, personelle und sachlich-technische Ausstattung verfügt. Die Anforderung einer gewissen organisatorischen Verselbständigung wird in der Regel einerseits durch eine zumindest auf einen nicht unerheblichen [X.]raum, zumeist jedoch auf unbestimmte Dauer ausgerichtete Ausstattung mit eigenem nichtärztlichem und ärztlichem Personal erfüllt. Die bloße Aufgabenerfüllung mit wechselndem Personal genügt für die erforderliche Abgrenzung nicht. Andererseits müssen der Einheit regelmäßig auch eigene Räume und sonstige Sachmittel zugewiesen worden sein. Diese orientieren sich an dem der organisatorischen Einheit innerhalb der Klinik oder der Abteilung übertragenen Zweck. Erforderlich ist, dass die Einheit in diesem Sinne tatsächlich organisatorisch verselbständigt ist; es genügt nicht, dass aufgrund der Aufgabenstellung hierzu die Möglichkeit bestünde. [X.] sein muss eine eigenständige Verantwortungsstruktur. Nicht zwingend ist dagegen, dass es sich um [X.] unmittelbar unterhalb derjenigen der Klinik oder Abteilung handeln muss. Es ist aber regelmäßig davon auszugehen, dass ein Teilbereich im tariflichen Sinne über eine bestimmte Mindestgröße verfügen muss und nicht auf der untersten organisatorischen Hierarchieebene angesiedelt sein kann, was jedoch durch die Anforderung einer organisatorischen Selbständigkeit und die Anbindung an das Merkmal der „medizinischen Verantwortung“ in der Regel auch ausgeschlossen sein dürfte (vgl. ausführlich [X.] 9. Dezember 2009 - 4 [X.] - Rn. 29 ff.).

(2) Danach ist es möglich, dass der Bereich der Geburtshilfe die tariflichen Anforderungen erfüllt.

(a) Das [X.] hat hierzu keine tatsächlichen [X.]stellungen getroffen. Der Kläger selbst hat vorgetragen, dem Bereich Geburtshilfe sei eigenes Personal zugeordnet, nämlich fünf Assistenzärzte, Hebammen, Stationsschwestern und zwei Ambulanzschwestern, und er sei fachlich weisungsbefugt gegenüber zwei (namentlich nicht benannten) Fachärztinnen. Der Kreißsaal (intensivmedizinischer Funktionsbereich) sei durch eine abgeschlossene Tür von der übrigen Klinik getrennt. Angrenzend auf demselben Stockwerk, abgetrennt durch eine abschließbare Tür, befinde sich die Schwangerenberatung(-ambulanz). Die geburtshilflichen Stationen lägen als solche gekennzeichnet im 3. und 4. Obergeschoss der Klinik.

(b) Dies lässt es als nicht ausgeschlossen erscheinen, dass der Kläger in einem selbständigen Teilbereich einer Klinik tätig war. Die Zuordnung eines festen Personalstammes und die räumlich jedenfalls in gewisser Hinsicht abgegrenzte Einheit können dafür sprechen. Es ist jedoch nicht vorgetragen oder gar festgestellt, ob die vom Kläger durchgeführten Ultraschalluntersuchungen organisatorisch dem Bereich der Geburtshilfe zugeordnet sind. Dem Kläger muss insoweit jedenfalls Gelegenheit gegeben werden, hierzu erforderlichenfalls ergänzend vorzutragen.

d) Die Klage ist auch nicht deshalb zurückzuweisen, weil auszuschließen ist, dass der Kläger für einen solchen Teilbereich die medizinische Verantwortung trug.

aa) Die Eingruppierung eines Arztes als Oberarzt iSd. [X.] [X.]/[X.] setzt ua. voraus, dass dem Arzt die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung übertragen worden ist. Nach der Rechtsprechung des Senats ergibt sich aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang, dass das [X.] nur dann erfüllt werden kann, wenn dem Oberarzt ein Aufsichts- und - teilweise eingeschränktes - Weisungsrecht hinsichtlich des medizinischen Personals zugewiesen worden ist (9. Dezember 2009 - 4 [X.] - Rn. 45, AP [X.] § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 8). Dabei genügt es nicht, dass in dem Teilbereich Ärzte der [X.] I tätig sind. Ihm muss auch mindestens ein Facharzt der [X.] II unterstellt sein ([X.] 9. Dezember 2009 - 4 [X.] - Rn. 45, aaO). Ferner ist idR erforderlich, dass die Verantwortung für den Bereich ungeteilt bei ihm liegt ([X.] 9. Dezember 2009 - 4 [X.] - Rn. 45, aaO). Eine ungeteilte Verantwortung liegt nicht vor, wenn in einer organisatorischen Einheit mehrere Titularoberärzte tätig sind, die nur teil- oder zeitweise, etwa bei den [X.], jeweils allein verantwortlich sind ([X.] 9. Dezember 2009 - 4 [X.] - Rn. 52, aaO).

bb) Danach kann dem Kläger die medizinische Verantwortung für den Bereich der Geburtshilfe übertragen worden sein.

(1) Das [X.] hat hierzu keine [X.]stellungen getroffen. Der Kläger selbst trägt vor, er sei gegenüber dem medizinischen Personal, darunter auch zwei namentlich nicht benannten Fachärztinnen, weisungsbefugt gewesen. Soweit der leitende Oberarzt S auch im Bereich Geburtshilfe tätig war, habe er ausschließlich seine eigene Privatsprechstunde abgehalten und seine eigenen Privatpatientinnen betreut, aber weder organisatorische Aufgaben in der Geburtshilfe wahrgenommen noch Assistenzärzte ausgebildet. Die medizinische Verantwortung im laufenden Betrieb für alle gesetzlich versicherten Patientinnen und für einen Teil der Privatpatienten habe der Kläger getragen. Täglich seien alle behandelten Fälle mit ihm besprochen worden (Kreißsaalbesprechung). Das Therapieregime und [X.] hätte er abzeichnen und verantworten müssen. Er habe Tätigkeiten mit erhöhtem Schwierigkeitsgrad wie komplizierte [X.], Entbindung von Frühgeborenen und die Versorgung von komplizierten Geburtsverletzungen selbst durchgeführt. Er habe die Kreißsaalvisite mit anschließender Frühbesprechung und die Kreißsaalbesprechung ebenso geleitet wie die einmal wöchentlich stattfindende interdisziplinäre Besprechung mit der Kinderklinik.

(2) Diese Tatsachen sprechen für das Vorliegen einer medizinischen Verantwortung im [X.]. Die Beklagte hat diesen Sachvortrag bislang nicht substantiiert bestritten. Es ist ihr jedoch Gelegenheit zu geben, hierzu ergänzend vorzutragen. Insoweit gelten die oben zu Gunsten des [X.] und seines Anspruchs auf rechtliches Gehör ausgeführten Grundsätze entsprechend. Der Rechtsstreit ist bis in die Berufungsinstanz nahezu ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der „ausdrücklichen Übertragung“ durch den Arbeitgeber geführt worden.

5. Auch die Klageabweisung des [X.] zu 2) lässt sich nicht mit den Erwägungen des [X.]s begründen. Auch hier fehlt es an den entsprechenden [X.]stellungen, um über den Antrag abschließend zu entscheiden.

Hinsichtlich der hierfür maßgebenden Erwägungen des Senats wird auf die obigen Ausführungen zur Eingruppierung verwiesen. Die mit dem Antrag geltend gemachte [X.] wird nach § 12 Abs. 2 [X.]/[X.] mit einem von der [X.] abhängigen Faktor errechnet. Die Beklagte hat die unstreitig geleisteten Bereitschaftsdienste des [X.] auf der Grundlage der von ihr als zutreffend angenommenen [X.] II [X.]/[X.] berechnet. Die vom Kläger geltend gemachten Differenzvergütungen basieren ausschließlich auf der von ihm angenommenen Eingruppierung in der [X.] [X.]/[X.]. Aus diesem Grund hängt das Bestehen eines entsprechenden Anspruchs allein von der Eingruppierung des [X.] ab, die das [X.] nach Maßgabe der oa. Ausführungen neu zu verhandeln und zu entscheiden hat.

6. Die Klage ist auch nicht insoweit bereits jetzt teilweise abzuweisen, weil, wie die Beklagte vorgetragen hat, die [X.] des [X.] auch bei einer Eingruppierung in der [X.] [X.]/[X.] überhöht wären.

a) Der Kläger hat Zinsen in der gesetzlich vorgesehenen Höhe (§ 288 Abs. 1 BGB) ab Fälligkeit der jeweiligen, aus der begehrten Eingruppierung folgenden [X.] geltend gemacht.

b) Nach der bisherigen Rechtsprechung des [X.] sind [X.] bei [X.] wegen fehlerhafter Eingruppierung jedenfalls im öffentlichen Dienst nur als Prozesszinsen begründet. Soweit auch schon vor gerichtlicher Geltendmachung Zinsen begehrt werden, scheitert dies nach der bisherigen Rechtsprechung regelmäßig daran, dass der öffentliche Arbeitgeber nicht zu vertreten habe, dass die geschuldete Leistung zum [X.]punkt der Fälligkeit unterblieben ist (§ 285 BGB aF). Die Eingruppierung im öffentlichen Dienst soll danach durch Einführung der Vergütungsordnung des [X.] „außerordentlich vielfältig geworden, starken inhaltlichen Änderungen unterworfen und wegen der zahlreichen darin verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe und des für deren Anwendung bestehenden tatrichterlichen Beurteilungsspielraumes nicht nur schwer praktisch anwendbar, sondern auch nur mit erheblichen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art judizierbar“ sein (grdl. [X.] 7. Oktober 1981 - 4 [X.] - [X.]E 36, 245, 260; bestätigt durch 11. Juni 1997 - 10 [X.] - AP BGB § 291 Nr. 1). Hieraus folgerte die Rechtsprechung entgegen der [X.] in § 285 BGB aF (jetzt § 286 Abs. 4 BGB), dass der fehlerhaft eingruppierte Arbeitnehmer über die fehlerhafte Eingruppierung hinaus auch das Verschulden des öffentlichen Arbeitgebers darlegen und beweisen müsse.

c) Der für Eingruppierungsstreitigkeiten im öffentlichen Dienst nach der Geschäftsverteilung des [X.] allein zuständige Vierte Senat gibt diese Rechtsprechung ausdrücklich auf.

aa) Die gesetzliche Regelung in § 286 Abs. 4 BGB ist eindeutig. Der Schuldner einer Leistung kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

Daraus ergibt sich zum Einen, dass der Verzug ein Verschulden des Schuldners voraussetzt. Insoweit kommt grundsätzlich auch ein Rechtsirrtum als verschuldensausschließend in Betracht (zB [X.] 14. Dezember 1999 - 3 [X.] - [X.]E 93, 105, 109 f. für eine unwirksame Tarifregelung; 13. Juni 2002 - 2 [X.] - [X.]E 101, 328, 339 f. für den Annahmeverzug nach § 615 BGB). Hieran werden jedoch strenge Anforderungen gestellt. Dies geht auf die Überlegung zurück, dass derjenige schuldhaft handelt, der seine Interessen trotz zweifelhafter Rechtslage auf Kosten fremder Rechte wahrnimmt ([X.] 21. Dezember 1995 - V ZB 4/94 - [X.]Z 131, 346, 354; vgl. auch [X.] 12. Juli 2006 - [X.]/05 - BB 2006, 1819, 1820). Gleichwohl bleibt dem Schuldner vorbehalten, sich nach Maßgabe dieser materiell-rechtlichen Vorgaben zu entlasten. Dies ist auch dem öffentlichen Arbeitgeber in [X.] möglich.

bb) Davon zu unterscheiden ist die Frage der Darlegungs- und Beweislast für das (fehlende) Verschulden. Das Gesetz weist diese dem Schuldner zu. Er ist gehalten, im Einzelnen darzulegen und ggf. zu beweisen, dass die geschuldete Leistung zum Fälligkeitszeitpunkt unterblieben ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft ([X.]/[X.] 5. Aufl. § 286 Rn. 115; [X.]/[X.]/[X.] BGB Neubearbeitung 2009 § 286 Rn. 171; [X.] in Prütting/Wegen/Weinreich BGB 5. Aufl. § 286 Rn. 23; [X.]/[X.] BGB 12. Aufl. § 286 Rn. 58, jeweils mwN).

Für eine Nichtbeachtung dieser gesetzlichen Beweislastverteilungsanordnung gibt es keinen Grund. Dass die Eingruppierung im öffentlichen Dienst - insbesondere in den ersten Jahren der Geltung der Vergütungsordnung - schwierig war und noch immer sein kann, mag im Ergebnis dazu führen, dass dem Arbeitgeber die Exkulpation wegen des Nachweises eines unverschuldeten [X.] leichter gelingen kann. Dass er diesen deshalb aber gar nicht erst zu führen braucht, sondern im Gegenteil die Darlegung und der Beweis eines Verschuldens entgegen dem Gesetzeswortlaut dem fehlerhaft eingruppierten Arbeitnehmer obliegen soll, ist mit der Häufigkeit unbestimmter Rechtsbegriffe und der daraus erwachsenden Schwierigkeit einer Prognose der Rechtsprechung nicht zu begründen.

cc) Der Anrufung des Großen Senats des [X.] gem. § 45 Abs. 2 ArbGG oder der Anfrage bei einem anderen Senat des [X.] gem. § 45 Abs. 3 ArbGG bedarf es nicht, weil der erkennende Senat für die Eingruppierung von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst nach der Geschäftsverteilung allein zuständig ist.

d) Das [X.] wird daher der Beklagten vorsorglich Gelegenheit geben müssen, zur Frage eines möglicherweise fehlenden Verschuldens bei der Eingruppierung des [X.] vorzutragen und ggf. Beweis anzutreten.

        

    Bepler    

        

    Treber    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Dassel    

        

    [X.]    

                 

Meta

4 AZR 167/09

26.01.2011

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Frankfurt, 2. April 2008, Az: 7 Ca 7706/07, Urteil

§ 16 Buchst c Entgeltgr III TV-Ärzte/VKA, § 15 TV-Ärzte/VKA, § 1 TVG, § 286 Abs 4 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.01.2011, Az. 4 AZR 167/09 (REWIS RS 2011, 10091)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10091

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Referenzen
Wird zitiert von

5 Sa 166/16

11 Sa 656/10

12 Sa 576/12

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