Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.12.2011, Az. 4 StR 581/11

4. Strafsenat | REWIS RS 2011, 76

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 581/11

vom
22. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen

wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren als Person über 21 Jahre zur

Förderung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.

-
2
-
Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 22. Dezember 2011
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten

H.

wird das Urteil des [X.] vom 6.
Juli 2011, soweit es ihn betrifft,
mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,

a)
im Ausspruch über die in den Fällen 11 bis 22 ver-hängten Einzelstrafen,

b)
im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

1.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Land-gerichts zurückverwiesen.

3.
Die weiter
gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das [X.] hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen unerlaub-ten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 12 Fällen, unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Han-deltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie Bestimmens einer Person unter 18 Jahren als Person über 21 Jahre zur Förderung des un-1
-
3
-
erlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 12 Fällen zu einer Gesamt-freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und eine Verfallsanordnung getroffen. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiel-len Rechts. Sein Rechtsmittel hat
in dem tenorierten Umfang Erfolg. Im Übrigen ist
es offensichtlich unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die in den Fällen 11 bis 22 verhängten Einzelstrafen begegnen [X.] rechtlichen Bedenken.

a) Nach den Feststellungen veranlasste der zu diesem Zeitpunkt noch 20 Jahre alte Angeklagte den zunächst 16 und später 17 Jahre alten Zeugen B.

in 10 Fällen dazu, für ihn in Aluminiumfolie verpackte Amphetaminzubereitun-gen
in die Innenstadt von [X.] zu verbringen und dort unbekannten [X.] zu übergeben. Dabei nahm der Angeklagte jeweils kurzfristig zu dem Zeugen B.

Kontakt auf und gab ihm entsprechende Anweisungen. Für seine Dienste erhielt der Zeuge
B.

von dem gewerbsmäßig Betäubungsmittel ver-kaufenden Angeklagten jeweils einen Kurierlohn in Höhe von 20 Euro. [X.] nahm der Zeuge B.

bei der Rauschgiftübergabe auch das für den Ange-klagten bestimmte Kaufgeld entgegen und leitete es an diesen weiter (Fälle 1 bis 10 der Urteilsgründe). Nachdem der Angeklagte das 21.
Lebensjahr vollen-det hatte, war der Zeuge B.

noch in 12 weiteren Fällen in gleicher Weise für den Angeklagten tätig (Fälle 11 bis 22 der Urteilsgründe). Die Amphetaminzu-bereitungen
waren

m-menhang der Urteilsgründe kann entnommen werden, dass das [X.] davon ausgegangen ist, dass bei jeder Gelegenheit wenigstens 20 Gramm Am-phetaminzubereitung mit einem Amphetaminbaseanteil von 8 bis 10 % umge-setzt wurden.

2
3
-
4
-
Auf
Grund dieser Feststellungen hat das [X.] den Angeklagten in den Fällen 1 bis 10 der Urteilsgründe wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nach Erwachsenenstrafrecht zu [X.] von jeweils einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. In den Fällen 11 bis 22 der Urteilsgründe hat es ihn wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren als Person über 21 Jahre zur Förderung des unerlaubten Handeltreibens mit Be-täubungsmitteln für schuldig befunden und für jede Tat eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten festgesetzt. Die Annahme eines minder
schwe-ren Falls nach § 30a Abs. 3 BtMG hat das [X.] mit der Erwägung ver-

nicht als gehandelt habe. Der Umstand, dass der Zeuge B.

bereits 17 Jahre alt und aufgrund seiner Aktivität in der [X.] grundsätzlich tatbereit gewesen sei, reiche für die Annahme eines minder
schweren Falles nicht aus.

b) Die Verneinung der Annahme eines minder
schweren Falles nach §
30a Abs. 3 BtMG in den Fällen 11 bis 22 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Die Entscheidung, ob ein
minder schwerer Fall vorliegt, erfordert eine Gesamtbetrachtung, bei der alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen sind, die für die Wertung der Tat und des [X.] in Betracht kommen, gleichgül-tig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder [X.]. Dabei sind alle wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände gegeneinander abzuwägen. Erst nach dem Gesamteindruck kann entschieden werden, ob der außerordentliche Strafrahmen anzuwenden ist ([X.],
Urteil vom 19. März 1975

2 StR 53/75, [X.]St 26, 97, 98; Beschluss vom 19. Juli 2002

2 [X.], [X.], 329). Die Ausführungen des [X.]s zur 4
5
6
-
5
-
Strafrahmenwahl lassen besorgen, dass das Gericht die erforderliche Gesamt-würdigung nicht in [X.] Weise vorgenommen hat, weil ein [X.] die Tat prägender Gesichtspunkt erkennbar nicht berücksichtigt wurde (vgl. [X.], Beschluss
vom 14.05.1993
-
2 StR 127/93,

StV 1994, 17).

Das [X.] hat ersichtlich nicht in seine Bewertung eingestellt, dass die in den Fällen 11 bis 22 rechtsfehlerfrei nach § 30a Abs. 2 Nr.
1 BtMG abge-urteilten Taten Bestandteil einer Tatserie waren, die von dem Angeklagten be-reits vor dem Erreichen des 21. Lebensjahres und damit zu einem Zeitpunkt begonnen wurde, als er selbst noch Heranwachsender war und noch nicht [X.] dieses Delikts sein konnte. Werden Taten gleichförmig in Serie begangen, kann sich daraus eine Verminderung des [X.] der Folgetaten erge-ben, wenn auf Grund des inneren Zusammenhangs auf eine herabgesetzte Hemmschwelle geschlossen werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 15. Mai 1991
-
2 StR 130/91, [X.]R StGB §
46 Abs.
2 Tatumstände 8; MünchKomm-StGB/[X.] §
46 Rn.
36 m.w.N.).

Der Senat
kann angesichts der Höhe der betroffenen Einzelstrafen
nicht ausschließen, dass deren Bemessung auf diesem Rechtsfehler beruht. Der Strafausspruch bedarf deshalb in den Fällen 11 bis 22 der Urteilsgründe neuer

7
8
-
6
-
Verhandlung und Entscheidung. Dadurch verliert auch der Ausspruch über die Gesamtstrafe seine Grundlage.

[X.] Roggenbuck Mutzbauer

Bender Quentin

Meta

4 StR 581/11

22.12.2011

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.12.2011, Az. 4 StR 581/11 (REWIS RS 2011, 76)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 76

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 581/11 (Bundesgerichtshof)

Betäubungsmitteldelikte als Serienstraftaten: Verminderung des Schuldgehalts der Folgetaten


4 StR 461/18 (Bundesgerichtshof)

Gesamtheit mehrerer Betäubungsmittel maßgeblich zur Bestimmung Grenzwertes der nicht geringen Menge


3 StR 482/17 (Bundesgerichtshof)


3 StR 353/10 (Bundesgerichtshof)


2 StR 30/11 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

4 StR 581/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.