Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.02.2016, Az. XII ZB 454/15

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 16737

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:030216BXII[X.]307.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 307/15
XII [X.]/15

vom

3. Februar 2016

in der Betreuungssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 1896 Abs. 1 und 3
Zur Einrichtung einer Betreuung mit dem Aufgabenkreis der Grundstücksveräuße-rung, wenn dem [X.] nur eine privatschriftliche Vorsorgevoll-macht erteilt ist.
[X.], Beschluss vom 3. Februar 2016 -
XII [X.] 307/15 und XII [X.]/15 -

LG [X.] II

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 3.
Februar 2016
durch [X.], die Richterin [X.] und [X.]
Klinkhammer, Dr.
Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerden gegen die
Beschlüsse
der 6.
Zivilkammer des [X.]s [X.]
II
vom 3.
Juni 2015 und vom 14.
Au-gust 2015 werden
mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass im festgelegten Aufgabenkreis des Betreuers der Begriff
"Verkauf"
durch den Begriff
"Veräußerung"
ersetzt wird.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.
[X.]: 5.000

Gründe:
I.
Die 88jährige Betroffene leidet an einer fortgeschrittenen senilen De-menz, wegen derer sie ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann. Sie
hatte ihrer Tochter, der Beteiligten zu
3
(im Folgenden: Bevollmächtigte), eine privatschriftliche General-
und Vorsorgevollmacht erteilt, deren [X.] nicht im Zweifel steht.
Um die aus laufenden Einnahmen nicht gedeckten Pflege-
und Heimkos-ten sowie andere finanzielle Bedürfnisse der Betroffenen abzudecken, [X.] die Bevollmächtigte
die
Veräußerung eines
Hausgrundstücks der Be-troffenen. Da sie hierzu aufgrund fehlender notarieller Beglaubigung nicht in 1
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3
-
Ausübung
ihrer Vollmacht imstande ist, hat sie die Einrichtung einer Betreuung für den Zweck der
Veräußerung des
Hausgrundstücks angeregt. Die Beteiligte zu
4, eine weitere Tochter der Betroffenen, hat sich gegen die beabsichtigte Grundstücksveräußerung gewandt und angeboten, durch "[X.]"
den Eigenanteil der [X.] unter Vorwegabzug der monatlichen Altersrente und zusätzlich ein monatliches Taschengeld der Betroffenen von 160

für den Fall zu übernehmen, dass eine finanzielle Unter-versorgung besteht.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 29.
April 2015 eine Betreuung für den
Aufgabenkreis
der "Prüfung und Entscheidung über Verkauf oder Ver-mietung und Verwaltung der Immobilie
... sowie Durchführung der gefundenen Entscheidung"
eingerichtet und den
Beteiligten
zu
1
als Berufsbetreuer bestellt.
Mit weiterem Beschluss vom 6.
Juli 2015 hat das Amtsgericht den [X.] um die Geltendmachung von Rechten der Betreuten gegenüber ihrer [X.] erweitert.
Gegen beide Beschlüsse hat die Beteiligte zu
4
Beschwerde eingelegt, die das [X.] jeweils zurückgewiesen
hat.
Hiergegen richten
sich ihre
Rechtsbeschwerden.

II.
Die Rechtsbeschwerden
sind
nicht begründet.
1. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidungen
ausge-führt:
Die privatschriftliche Generalvollmacht reiche zur wirksamen Vertretung der Betroffenen in dem Aufgabenkreis des [X.] wegen §
29 GBO nicht aus.
Daher könnten die Angelegenheiten der Betroffenen durch die 3
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Bevollmächtigte oder durch andere Hilfen nicht ebenso gut wie durch einen Be-treuer besorgt werden. Auch die Zusage der Beteiligten zu
4, für die monatli-chen Heim-
und Pflegekosten aufzukommen, soweit sie aus dem Barvermögen der Betroffenen nicht gedeckt werden könnten, mache die Anordnung einer Be-treuung nicht entbehrlich. Denn angesichts der offenbar unüberbrückbaren in-nerfamiliären Differenzen erscheine die Umsetzung eines Zusammenwirkens zum Wohle der Betroffenen nicht realisierbar. Selbst wenn bezüglich der Heim-kosten ein Schuldübernahmevertrag zustande käme, wären hiervon weitere Verbindlichkeiten der Betroffenen, etwa im Zusammenhang mit laufenden Kos-ten für die Immobilie, nicht erfasst.
Es sei auch nicht abschließend bereits vor der Bestellung eines [X.] zu klären, ob und in welchem Umfang tatsächlich eine den Verkauf notwen-dig machende Finanzierungslücke bestehe. Die Prüfung dieser Frage solle [X.] in die Hände eines berufsmäßigen Betreuers gelegt werden. Eine Bestel-lung der Bevollmächtigten oder der Beteiligten zu
4 oder deren [X.] als Be-treuer komme wegen bestehender Interessenkonflikte nicht in Betracht.
Erforderlich sei auch der Aufgabenkreis einer Kontrollbetreuung, da die Betroffene nicht mehr in der Lage sei, die Bevollmächtigte zu überwachen und die bestehenden
Rechte ihr gegenüber wahrzunehmen. Der Bitte des Betreuers um Auskunft über das Vermögen und die Einnahmen der Betroffenen sei die Bevollmächtigte
nicht nachgekommen. Der Betreuer bedürfe der Auskünfte, um seinen Prüfungsauftrag hinsichtlich der Grundstücksveräußerung wahrnehmen zu können. Aus der mangelnden Kooperation mit dem Betreuer ergäben sich konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Bevollmächtigte
ihre Generalvollmacht nicht ordnungsgemäß im Interesse der Betroffenen ausübe.

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-
5
-
2. Die angefochtenen
Entscheidungen halten
einer rechtlichen Nachprü-fung stand.
a) Das [X.] hat die Betreuungsbedürftigkeit der Betroffenen
im Sinne des §
1896 Abs.
1 BGB rechtsfehlerfrei festgestellt. Dagegen erinnert auch die Rechtsbeschwerde nichts.
b) Gemäß §
1896 Abs.
2 Satz
2
BGB ist die Betreuung zwar nicht erfor-derlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmäch-tigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Das Land-gericht hat jedoch
zutreffend erkannt, dass ein Betreuungsbedarf besteht, so-weit es um die Veräußerung des [X.] geht.
Zwar wäre die Bevollmächtigte auch selbst imstande, das [X.] rechtswirksam im Namen der
Betroffenen zu verkaufen und aufzulassen. Denn gemäß §
167 Abs.
2 BGB bedarf die Vollmachterklärung nicht der Form, welche für das Rechtsgeschäft bestimmt ist, auf das sich die Vollmacht bezieht. Jedoch soll gemäß §
29 Abs.
1 GBO eine Eintragung in das Grundbuch nur vorgenommen werden, wenn die zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Das gilt auch für die Auflassungsvollmacht, so dass die Bevollmächtigte
ihre Vertretungsmacht nicht in grundbuchrechtlicher Form
durch Urkunden nachwei-sen könnte.
Ohne die Eintragung in das Grundbuch könnte eine Eigentums-übertragung aber
nicht wirksam werden (§
873 Abs.
1 BGB).
c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist der [X.] auch nicht etwa deshalb zu verneinen, weil die Notwendigkeit einer Grundstücksveräußerung noch nicht endgültig feststeht. Zwar darf eine Betreu-ung nur für solche Aufgabenkreise angeordnet
werden, bezüglich derer ein kon-kreter Bedarf besteht, was aufgrund der konkreten gegenwärtigen Lebenssitua-9
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-
6
-
tion des Betroffenen zu beurteilen ist. Dabei ist das Vorliegen eines aktuellen Handlungsbedarfs aber nicht zwingend erforderlich; es genügt, dass dieser [X.] jederzeit auftreten kann und für diesen Fall die begründete Besorgnis be-steht, dass ohne die Einrichtung einer Betreuung nicht das Notwendige [X.] wird (Senatsbeschluss vom 20.
Mai 2015

XII
[X.]
96/15

FamRZ 2015, 1378 Rn.
10 mwN).
Im vorliegenden Fall hat das [X.] ohne Rechtsfehler festgestellt, dass es einer näheren und gegebenenfalls
fortlaufenden Überprüfung bedarf, wie das Hausgrundstück der Betroffenen zu deren Wohl zu verwalten oder ob es zu veräußern ist. Dazu gehört auch die Prüfung und Abwägung des Ange-bots der Beteiligten zu
4,
Beiträge zur Deckung laufender Kosten der Betroffe-nen
zu übernehmen.
Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das [X.] festgestellt, dass die Bevollmächtigte
diese Prüfung nicht unbefangen von [X.] zu der mit ihr zerstrittenen Schwester, der Beteiligten zu
4, zum Wohl
der Betroffenen auszuüben vermag, und dem Betreuungsbedarf insoweit nicht bereits durch die bestehende Vollmacht Genüge getan ist.
d) Kann ein Bevollmächtigter seine Vertretungsmacht in einzelnen Ange-legenheiten nicht zum Wohle
des Betroffenen ausüben, erfordert
das zwar grundsätzlich zunächst nur die Einrichtung einer Kontrollbetreuung (§
1896 Abs.
3 BGB), um durch die Ausübung von Kontroll-
und Weisungsrechten auf den Bevollmächtigten einzuwirken
(vgl. auch Senatsbeschluss
vom
28.
Juli 2015

XII
[X.]
674/14

FamRZ 2015, 1702
Rn.
36, zur Veröffentlichung in [X.]Z bestimmt). Steht aber wie hier die außerhalb der Rechtsmacht des [X.] stehende und von diesem
bereits befürwortete Veräußerung ei-nes
Grundstücks im Raum und hat der Bevollmächtigte die Regelbetreuung für diesen
Aufgabenkreis selbst angeregt, bedeutet es keine
Verletzung des Ver-hältnismäßigkeitsgrundsatzes, wenn die [X.] den Aufgaben-14
15
-
7
-
kreis der "Prüfung und Entscheidung über Verkauf (richtig: Veräußerung) oder Vermietung und Verwaltung der Immobilie sowie Durchführung der gefundenen Entscheidung"
bereits als Regelbetreuung (§
1896 Abs.
1 BGB) vollständig um-fasst.
e) Ebenso bestehen keine durchgreifenden
Bedenken gegen die Anord-nung darüber hinaus
gehender Kontrollbefugnisse des Betreuers gegenüber der Bevollmächtigten. Nach den Feststellungen des [X.]s ist die Gel-tendmachung zusätzlicher
Auskunfts-
und Weisungsrechte durch den Betreuer erforderlich, um sich den für die Wahrnehmung der grundstücksbezogenen Entscheidungen nötigen Überblick über die Einkommens-
und Vermögensver-hältnisse
der Betroffenen zu verschaffen.
16
-
8
-
f) Von einer weiteren Begründung wird gemäß §
74 Abs.
7 [X.], weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzli-cher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitli-chen Rechtsprechung beizutragen.

Dose

[X.]

Klinkhammer

Nedden-Boeger

Guhling

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidungen
vom 29.04.2015
und vom 06.07.2015

-
XVII 762/14 -

LG [X.] II, Entscheidungen
vom 03.06.2015
-
6 T 2452/15 -
und vom 14.08.2015
-
6 T 3387/15 -
17

Meta

XII ZB 454/15

03.02.2016

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.02.2016, Az. XII ZB 454/15 (REWIS RS 2016, 16737)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16737

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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6 T 2452/15

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