Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.12.2014, Az. V ZR 32/13

V. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 60

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen



BUNDESGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN DES VO[X.]KES

URTEI[X.]-
und
VERSÄUMNISURTEI[X.]
V ZR 32/13
Verkündet am:

19. Dezember 2014

Mayer,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 780 Abs. 1
§
780 Abs. 1 ZPO ist auf die Annahme der Erbschaft mit Vorbehalt der Inventarer-richtung nach [X.] Recht (Art. 470 Abs. 1 Halbs. 2 [X.]odice [X.]ivile) entspre-chend anzuwenden, weil diese zu einer gegenständlichen, der Nachlassverwaltung nach §
1975 BGB ähnlichen Haftungsbeschränkung führt.

[X.], Urteil-
und Versäumnisurteil vom 19. Dezember 2014 -
V ZR 32/13 -
O[X.]G [X.]furt am Main

[X.]G Hanau

-
2
-
Der V. Zivilsenat des [X.]s hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. September 2014 durch
die Vorsitzende Richterin Dr.
[X.], die Richterin Prof.
Dr.
[X.]-Räntsch und [X.]
[X.]zub, [X.] und Dr.
Kazele

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandes-gerichts [X.]furt am Main vom 23. Oktober 2012 wird auf Kosten der [X.]n mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der [X.] bezüglich der gesamten von ihr zu tragenden Kosten des Rechtsstreits die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass des am 26. Januar 2004 verstorbenen [X.]
vorbehalten bleibt. Die [X.] trägt auch die Kosten des nicht in die [X.] gelangten Teils der Nichtzulassungsbeschwerde.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger war zusammen mit dem am 26. Januar 2004 verstorbenen
[X.] (im Folgenden: Erblasser) zu je ½ Miteigentumsanteilen Eigentümer eines Grundstücks in [X.]. Die [X.] ist Tochter des Erblassers, der itali-enischer Staatsbürger war, seinen ständigen Wohnsitz jedoch in [X.] hatte.
Mit notariellem Vertrag verkaufte der Erblasser seinen Miteigentumsan-1
2
-
3
-
an den Kläger. Dieser sollte in Anrechnung auf den Kaufpreis mehrere Buch-grundschulden und die durch diese gesicherten [X.] ge-genüber der [X.]

(im Folgenden: Sparkasse) übernehmen, deren Höhe im Kaufvertrag mit 61.710,23

n-terwarf sich wegen dieser Zahlungsverpflichtung der sofortigen Zwangsvollstre-ckung in sein gesamtes Vermögen. In der Folgezeit übernahm der Kläger die in dem Kaufvertrag bezeichneten [X.] und überwies den -
wie in dem Kaufvertrag vorgesehen -
auf ein Konto des Erblassers in [X.].
Die testamentarisch eingesetzte [X.]ebensgefährtin des Erblassers schlug die Erbschaft aus. Gesetzliche Erben waren die beiden in [X.] lebenden Töchter des Erblassers, die [X.] und ihre Schwester. Diese nahmen im Jahr 2007 die Erbschaft mit dem Vorbehalt der Inventarerrichtung an. Nachdem die Schwester ihren Erbteil auf sie übertragen hatte, ließ sich die [X.] eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde wegen eines Kaufpreisrestbetrages ein zusätzlicher Zahlungsanspruch in Höhe der Hälfte der von dem Kläger übernommenen [X.], weil der Erblasser und der Kläger gemeinsam [X.] gewesen seien und im Innenverhältnis jeweils hälftig hafteten.
Der Kläger hat beantragt, die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde für unzulässig zu erklären und die [X.] zu verurteilen, die vollstreckbare Ausfertigung an den Kläger herauszugeben. Das [X.] hat beiden [X.]n stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung der [X.]n zu-rückgewiesen. Der [X.] hat die Revision insoweit zugelassen, als die [X.] auch zur Herausgabe der ihr erteilten vollstreckbaren Ausfertigung verurteilt worden ist.
3
4
-
4
-
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, die internationale Zuständigkeit des angeru-fenen Gerichts ergebe sich aus Art. 22 Nr. 5 der Verordnung ([X.]) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssa-chen (ABl. [X.] Nr. [X.] 12/1; im Folgenden: [X.]). Die Klage sei begründet, da dem Erblasser kein weiterer Zahlungsanspruch zugestanden habe. Die An-nahme der Erbschaft mit dem Vorbehalt der Inventarerrichtung habe nicht zur Folge, dass eine Verurteilung nur in Bezug auf das zum Nachlass gehörende Vermögen hätte erfolgen können.

II.
Über die Revision ist durch Urteil-
und Versäumnisurteil zu entscheiden (vgl. [X.], Urteil vom 2.
Februar 2010 -
VI
ZR 82/09, NJW-RR 2010, 664 Rn.
5). Inhaltlich beruht das Urteil jedoch -
soweit zum Nachteil des [X.] zu erkennen ist
-
nicht auf dessen Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. [X.], Urteil vom 4. April 1962 -
V [X.], [X.]Z 37, 79, 82).
Auf Grund der beschränkten Zulassung der Revision sind nur noch die Klage auf Herausgabe des Titels und die Kosten des Rechtsstreits Gegenstand des Revisionsverfahrens. Das Berufungsurteil hält insoweit einer revisionsrecht-lichen Überprüfung mit der Maßgabe stand, dass der [X.]n hinsichtlich der von ihr zu tragenden Kosten des Rechtsstreits die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass vorbehalten wird.
5
6
7
-
5
-
1. Die [X.] Gerichte sind (auch) für die Entscheidung über die [X.] auf Herausgabe des Vollstreckungstitels international zuständig, wobei hier offen bleiben kann, ob sich die internationale
Zuständigkeit aus Art. 22 Nr. 5 oder aus Art.
5
Nr.
1a
[X.] ergibt.
a) Art. 22 Nr. 5 [X.] bestimmt, dass für Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben, die [X.] zuständig sind, in dessen
Hoheitsgebiet die [X.] durchgeführt werden soll oder durchgeführt worden ist. Nach dieser Vorschrift sind die Gerichte des Staates, in dem aus dem Titel gegen den Schuldner vollstreckt wird oder die Vollstreckung droht (hier in [X.]), auch für die von ihm erhobene Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO international zuständig ([X.], Urteil vom 4. Juli 1985 -
Rs. 220/84, NJW 1985, 2892 Rn. 12 [zum gleichlautenden Art. 16 [X.]ÜV] und Urteil vom 13.
Oktober
2011 -
Rs. [X.]/10, NJW 2011, 3506 Rn. 40). Ob sich die [X.] des Gerichts nach Art. 22 Nr. 5 [X.] auf eine von dem Schuld-ner gleichzeitig mit der Vollstreckungsabwehrklage erhobene Titelherausgabe-klage erstreckt (was die Revision in Abrede stellt), ist allerdings nicht zweifels-frei.
Dafür spricht der enge prozessrechtliche und sachliche Zusammenhang der beiden Klagen (vgl. [X.], Urteil vom 21. Januar 1994 -
V [X.], NJW 1984, 1161, 1162; [X.], Urteil vom 14. Juli 2008 -
II ZR 132/07, NJW-RR 2008, 1512 Rn. 9) sowie der Umstand, dass die Rechtsverfolgung für den Schuldner wesentlich erschwert würde, wenn er zwei Klagen in unterschiedlichen [X.] (mit der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen) [X.] müsste. Gegen die Annahme einer internationalen Zuständigkeit könnte sprechen, dass die Bestimmungen über die ausschließliche Zuständigkeit in Art. 22 [X.] eng auszulegen sind ([X.], Urteil vom 26. März 1992 -
Rs. 8
9
10
-
6
-
[X.]1/90, [X.] 1993, 28 Rn. 27) und dass die [X.] keine allgemeine [X.] des Sachzusammenhangs kennt ([X.], Urteil vom 27. Oktober 1998 -
Rs.
[X.]/97, [X.] 1999, 57 Rn. 39; Urteil vom 5. Oktober 1999 -
Rs. [X.]/97, [X.], 721 Rn. 38).
b) Die Frage, ob die [X.] Gerichte für die Entscheidung über die Klage auf Herausgabe des Titels nach Art.
22
Nr.
5 [X.] ausschließlich zuständig sind, bedarf jedoch keiner Entscheidung, weil sich die internationale Zuständigkeit hier andernfalls aus Art. 5 Nr. 1a [X.] ergäbe. Danach kann eine Person in einem anderen Mitgliedstaat vor dem
Gericht des Ortes verklagt werden, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden. Hierunter fallen sämtliche schuldrechtlichen Ansprüche, die auf einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung beruhen
([X.], Urteil vom 5.
Februar
2004 -
Rs. [X.]/10, [X.] 2004, 385, 386; [X.], Urteil vom 17.
September 2002
-
Rs. [X.]/00, NJW 2002, 3159; [X.], Urteil vom 17.
Juni 1994
-
Rs. [X.]/91, [X.], 90).
Anknüpfungspunkt für die internatio-nale Zuständigkeit ist dabei die Hauptleistungspflicht, auf die der Kläger seine Klage stützt.
Im Streitfall waren beide Hauptleistungspflichten in [X.] zu erfül-len, denn der Erblasser veräußerte den Miteigentumsanteil an einem in [X.] belegenen Grundstück, und hinsichtlich des Kaufpreises hatten die Parteien vereinbart, dass dieser auf ein Konto des Erblassers in [X.] zu zahlen ist. Dies trifft auch auf die Übernahme der [X.] zu, da der Übernehmer (Kläger) in [X.] wohnt und der Gläubiger (die Sparkasse) seinen Sitz in [X.] hat. Der Umstand, dass die [X.] ihren gewöhnlichen Aufenthalt in [X.] hat, führt zu keinem anderen Ergebnis, da der Gerichtsstand des [X.] auch zu Gunsten und zu [X.]asten der 11
12
-
7
-
Rechtsnachfolger der ursprünglichen Vertragsparteien gilt (vgl. [X.], Urteil vom 22.
April 2009 -
VIII ZR 156/07, [X.] 2009, 568, 569; [X.], ZPO, 22. Aufl., Art. 5 [X.] Rn. 49).
2. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei über die Titelherausgabekla-ge entschieden.
a) Die Klage ist zulässig. Die Klage auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung eines unter § 794 ZPO fallenden Titels kann gemäß § 260 ZPO gleichzeitig mit der Vollstreckungsabwehrklage erhoben werden (vgl. [X.], [X.], 412, 413; [X.], [X.], 61, 62).
b) Die Klage ist auch begründet.
aa) Die [X.] ist passivlegitimiert. Die Klage hätte nicht deshalb, weil die [X.] die Erbschaft mit dem Vorbehalt der Inventarerrichtung (Art. 470 Abs. 1 Halbs. 2 [X.]odice [X.]ivile) angenommen hat, gegen sie als Verwalterin des Nachlasses erhoben werden müssen. Entscheidend ist, dass die vollstreckbare Ausfertigung der [X.]n erteilt wurde. Richtiger [X.]r einer Titelheraus-gabeklage ist -
wie bei der Vollstreckungsabwehrklage -
der Vollstreckungs-gläubiger, also der in Titel oder Klausel als Gläubiger Benannte (vgl. [X.], Ur-teil vom 26. Oktober 1984 -
V [X.], [X.]Z 92, 347, 348;
[X.], Urteil vom 9. Dezember 1992 -
VIII ZR 218/91, [X.]Z 120, 387, 391; [X.]/Jonas/
Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 767 Rn. 10;
[X.]/[X.]/
[X.], 4. Aufl., § 767 Rn. 45). Der Vollstreckungsgläubiger ist, wenn sich die vollstreckbare Ausfertigung des Titels -
wie hier -
in seinem Besitz befindet, auch für die Titelherausgabeklage passivlegitimiert.
bb) Der Kläger kann von der [X.]n in entsprechender Anwendung der Vorschrift über die Rückgabe eines Schuldscheins gemäß § 371 Satz 1 13
14
15
16
17
-
8
-
BGB (zur Analogie: [X.], Urteil vom 22. September 1994 -
IX ZR 165/93, [X.]Z 127, 146, 149) die Herausgabe des Titels verlangen.
(1) Wenn der Schuldner neben der Vollstreckungsabwehrklage die Her-ausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels verlangt, hängt der Erfolg dieses Antrags in der
Regel von dem Bestehen oder Nichtbestehen des titulier-ten Anspruchs ab (vgl. [X.], Urteil vom 24. Oktober 2014 -
V [X.] unter [X.]; [X.], Urteil vom 14.
Juli
2008 -
II
ZR
132/07, NJW-RR
2008, 1512 Rn. 12). So verhält es sich auch hier, weil für beide
Klagen allein entscheidend ist, ob die in der notariellen Urkunde titulierte Kaufpreisforderung durch die unstreitig [X.] des Erblassers gegenüber der Sparkasse vollständig erfüllt
worden ist, oder ob nach dem Vertrag eine darüber hinausgehende Zahlung geschuldet ist.
(2) Das hängt von der Höhe des Preises ab, den der Kläger für den Er-werb des Miteigentumsanteils nach dem notariellen Kaufvertrag schuldete. Das Berufungsgericht ist nach dessen Auslegung rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass der [X.]n keine weiteren Ansprüche zustehen.
(a) Die tatrichterliche Auslegung der Abreden in einem nicht von einer Seite vorformulierten Vertrag nach §§ 133, 157 BGB kann von dem Revisions-gericht nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob die gesetzlichen und all-gemein anerkannten Auslegungsregeln, die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet und die der Auslegung zu Grunde gelegten Tatsachen ohne Verfah-rensfehler ermittelt worden sind (st. Rspr.; vgl.
[X.], Urteil vom 23. Januar 2009 -
V [X.], [X.], 1810, Rn. 8; Urteil vom 16. September 2011
-
V [X.], NJW-RR 2012, 218 Rn. 5 mwN; Urteil vom 8. November 2013
-
V [X.], NJW 2014, 1000 Rn.
9). Solche Fehler liegen hier nicht vor.

18
19
20
-
9
-
(b) Die Tatsache, dass der Kläger gemeinsam mit dem Erblasser Schuld-ner der von ihm als Käufer übernommenen Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Sparkasse war, hat das Berufungsgericht bei seiner Vertragsauslegung [X.], aber angesichts der eindeutigen vertraglichen Regelungen über die Preisbemessung für nicht entscheidend erachtet. Dass es sich dabei auf den Wortlaut des Vertrags gestützt hat, stellt nicht -
wie die Revision meint -
eine Verletzung des § 133 BGB dar, nach dem bei der Auslegung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften ist. Das Berufungsgericht ist vielmehr dem Grundsatz gefolgt, dass bei der Ausle-gung von [X.] in erster [X.]inie deren Wortlaut und der diesem zu entnehmende objektiv erklärte [X.] maßgeblich ist ([X.], Urteil vom 10.
Dezember 1992 -
I [X.], [X.]Z 121,
13, 16). Nach dem Kaufvertrag bestand die seitens des [X.] zu erbringende Gegenleistung für den Erwerb des Miteigentumsanteils darin, die bei der Sparkasse bestehenden Darlehens-verbindlichkeiten zu übernehmen und zusätzlich einen Geldbetrag in einer be-stimmten Höhe zu zahlen. Anhaltspunkte für einen vom Vertragswortlaut ab-weichenden übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien zu einer darüber hinausgehenden Zahlungspflicht des Käufers hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Auch die Revision zeigt solche nicht auf, sondern verweist lediglich auf streitigen, nicht unter Beweis gestellten Vortrag der [X.]n zum Innen-verhältnis zwischen dem Kläger und dem Erblasser.
3. Rechtlicher Prüfung hält das Berufungsurteil nur insoweit nicht stand, als darin dem Umstand, dass die [X.] die Erbschaft mit dem Vorbehalt der Inventarhaftung angenommen hat, keine Bedeutung beigemessen worden ist. Hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits hätte der [X.]n zumindest die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass gemäß §
780 ZPO vorbehalten bleiben müssen.
21
22
-
10
-
a) Zwar hat der Erbe nach [X.] Recht die Kosten eigener Pro-zessführung als Prozesspartei ohne die Möglichkeit einer Haftungsbeschrän-kung selbst zu tragen (vgl. KG, NJW-RR 2003, 941, 943; [X.],
[X.], 496, 498; [X.], [X.], 204; [X.], NJW-RR 1997, 1160; [X.]/[X.]/[X.], 4.
Aufl., § 780 Rn. 21; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 780 Rn. 12; [X.], ZPO, 5. Aufl., §
780 Rn. 4). Das Berufungsgericht verkennt aber, dass sich die Haftung des Erben für Prozesskosten für einen im Zusammenhang mit dem Erbfall geführten Rechtsstreit nach dem jeweils einschlägigen [X.] bestimmt.
Der Meinung, bei der Nachlassabwicklung richte sich die [X.] nach außen und dabei insbesondere die Möglichkeit der Vornahme haf-tungsbeschränkender Maßnahmen nach der lex fori ([X.] in
FS [X.], 1975, S.
31, 37; [X.], Die Haftung der Erben im internationalen Erbrecht, 1998, S.
187), vermag der [X.] nicht beizutreten. Der Grundsatz, dass [X.] nach dem jeweiligen Prozessrecht des erkennenden Gerichts zu beurtei-len sind, führt nicht dazu, dass auch die damit im Zusammenhang stehenden sachrechtlichen Fragen unter Anwendung des materiellen Rechts des [X.] zu beantworten sind. Ob der verurteilte Erbe uneingeschränkt oder be-schränkt (nur mit dem Nachlass) für die Prozesskosten haftet, bestimmt sich gemäß Art. 25 [X.]BGB nach dem [X.]. Dieses entscheidet über die Haf-tung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten sowie über die Voraussetzungen und die Folgen einer Haftungsbeschränkung auf den Nachlass und damit ins-besondere, für welche mit dem Erbfall zusammenhängenden Schulden der [X.] einzustehen hat ([X.], Urteil vom 26. März 1953 -
IV ZR 128/52, [X.]Z 9, 151, 154; [X.]/[X.], 5. Aufl., Art. 25 [X.]BGB Rn. 254; [X.]/
[X.], BGB [2007], Art. 25 [X.]BGB
Rn. 225; [X.]/[X.]/[X.], Erbrecht, 2. Aufl., Art. 25 [X.]BGB Rn. 63). Es bestimmt, welche Arten von [X.] zu den Nachlassverbindlichkeiten
gehören, ob hierzu nur die vom Erblasser 23
24
-
11
-
herrührenden Schulden oder auch die durch die Nachlassabwicklung oder die Verwaltung des Nachlasses entstehenden Kosten zu zählen sind. Soweit die jeweils einschlägigen Rechtsordnungen die Möglichkeit einer Beschränkung der Erbenhaftung durch Inventarerrichtung bei Annahme der Erbschaft vorsehen, beurteilen sich die Voraussetzungen, Modalitäten und Wirkungen einer Inven-tarerrichtung
ebenfalls nach dem [X.]
([X.]/[X.], 5. Aufl., Art. 25 [X.]BGB Rn. 258; [X.]/[X.], BGB [2007], Art. 25 [X.]BGB
Rn.
226).
b) Demgemäß kommt hier das [X.] Erbrecht zur Anwendung. Nach Art. 25 Abs. 1 [X.]BGB unterliegt die Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes [X.]. Das [X.] Kollisionsrecht knüpft in Art. 46 Abs. 1 [X.]G hinsichtlich der Bestimmung des einschlägigen [X.]s ebenfalls an die Staatsangehörigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt des Todes an (vgl. [X.], Internationales Erb-recht [X.], 3. Aufl., [X.] Rn. 38; [X.]/[X.]/[X.], Der internationale Erb-fall, 2. Aufl., [X.] Rn. 639; [X.], Das [X.] internationale Erbrecht, 2005, S. 24; [X.]/[X.]/[X.], Erbrecht, 2. Aufl., [X.]änderbericht [X.] Rn.
7); es erfasst alle mit der Beerbung zusammenhängenden Fragen unter Einschluss der Erbenhaftung für Nachlassverbindlichkeiten (vgl. [X.]/
[X.]/[X.]/[X.], Internationales Erbrecht, [X.], [X.]. [X.] Rn. 53; [X.], Das [X.] internationale Erbrecht, 2005, [X.] f.; [X.], [X.] Erbrecht [X.], 3. Aufl., [X.] Rn. 77; [X.]/[X.]/[X.], Erbrecht, 2. Aufl., [X.]änderbericht [X.] Rn. 20).
Aus dem [X.]n Erbrecht könnte sich ergeben, dass -
wie seitens der [X.]n unter Vorlage einer rechtsgutachterlichen Stellungnahme vorge-tragen -
abweichend von dem [X.] Recht die Prozesskosten aus einem 25
26
-
12
-
gegen den Erben geführten Rechtsstreit, der eine Forderung des Nachlasses betrifft, nur vom Nachlass und nicht von dem Erben persönlich zu tragen sind.
c) Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, hätte der [X.]n hin-sichtlich der Kostenentscheidung zumindest die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass in entsprechender Anwendung des §
780
ZPO vorbehalten blei-ben müssen.
aa) § 780 ZPO ist als Verfahrensvorschrift anwendbar, obwohl sich die materiell-rechtliche Haftungsbeschränkung aus dem [X.]n Recht ergibt. Verfahrensfragen bestimmen sich grundsätzlich nach dem jeweiligen [X.] (lex fori), auch wenn auf Grund internationalen Privatrechts ausländisches Sachrecht zur Anwendung gelangt; das international zuständige Gericht wendet auf das Verfahren sein originäres Verfahrensrecht an ([X.], Urteil vom 27. Juni 1984 -
IVb [X.], NJW 1985, 552, 553; O[X.]G Stuttgart O[X.]GR 2004, 197, 198; [X.]/[X.], ZPO, 30. Aufl., [X.] Rn. 1; [X.], Das [X.] internationale Erbrecht, 2005, S. 151;
[X.], [X.] Zivilprozessrecht, 6. Aufl., Rn. 53, 319 ff.). Für die Einordnung einer Rechtsnorm kommt es entscheidend darauf an, ob sie prozessrechtlichen Ge-halt hat oder ob sie materiell-rechtlicher Natur ist, wobei eine funktionsorientier-te Betrachtung maßgebend ist ([X.]/[X.], 5. Aufl., Einl. [X.], Rn. 432; [X.], Das Internationale Zivilprozessrecht erbrechtlicher [X.], 2012, S. 37).
bb) Davon ausgehend handelt es sich bei § 780 ZPO um eine verfah-rensrechtliche Vorschrift
(vgl. [X.], Urteil vom 21. März 1955 -
III ZR 115/53, [X.]Z 17, 69, 73; [X.]/Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 780 Rn. 1;
[X.]/[X.]/[X.], 4. Aufl., § 780 Rn. 1; Handke
in Kindl/[X.], Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 2. Aufl., § 780 Rn. 1).
27
28
29
-
13
-
Das die Vorschrift anwendende Gericht prüft die geltend gemachte Haftungsbe-schränkung hinsichtlich ihrer Voraussetzungen oder ihrer Reichweite nicht, sondern behält sie dem Erben lediglich zum Zwecke späterer Geltendmachung vor. Eine Entscheidung über die Haftungsbeschränkungen wird in der Sache nicht getroffen. Der Erbe
kann sich die beschränkte Erbenhaftung vorsorglich selbst dann vorbehalten lassen, wenn er deren Voraussetzungen noch nicht darzulegen vermag, ja nicht einmal weiß, ob sie überhaupt eintreten werden ([X.], Urteil vom 11. Juli 1991 -
IX ZR 180/90, NJW 1991, 2839, 2840).
cc) Die Regelung des §
780 ZPO, die für jede gegenständliche Be-schränkung der Erbenhaftung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch gilt
([X.]/Stöber, ZPO, 30.
Aufl., §
780 Rn.
3; [X.]/
[X.]/[X.], 4.
Aufl., §
780 Rn.
7), ist auf die Annahme der Erbschaft mit Vorbehalt der Inventarerrichtung nach [X.] Recht (Art. 470 Abs. 1 Halbs. 2 [X.]odice [X.]ivile) entsprechend anzuwenden, weil eine solche Annahme zu einer der Nachlassverwaltung nach §
1975 BGB ähnlichen Haftungsbe-schränkung führt (zur Anwendung des § 780 ZPO auf diese Fälle: [X.]/Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 780 Rn. 3; [X.]/[X.]/[X.], 4. Aufl., §
780 Rn. 7).
Nach [X.] Recht hat der Erbe zum einen die Möglichkeit, die Erbschaft vorbehaltlos anzunehmen, was die Verschmelzung des ererbten mit dem eigenen Vermögen herbeiführt und eine Haftung für die Erblasserschulden und Vermächtnisse mit dem gesamten Vermögen in voller Höhe nach sich zieht. Der Berufene kann die Annahme der Erbschaft aber auch mit dem [X.] der Inventarerrichtung erklären. Der wesentliche Unterschied zur vorbe-haltlosen Annahme besteht hierbei in der Haftung, die sich bei der vorbehaltlo-sen Annahme auf das gesamte Vermögen des Erben erstreckt, während der Erbe bei der Annahme mit Vorbehalt für die Erblasserschulden und Vermächt-30
31
-
14
-
nisse gemäß Art. 490 Abs. 2 Nr. 2 [X.]odice [X.]ivile nur mit dem [X.] haftet. Es findet keine Verschmelzung des ererbten mit dem eigenen [X.] statt; der Nachlass bleibt gemäß Art. 490 Abs. 1 [X.]odice [X.]ivile vom per-sönlichen Vermögen des annehmenden Erben getrennt. Der Erbe wird zugleich verpflichtet, die zum Nachlass gehörenden Vermögensgegenstände der Befrie-digung der Gläubiger zuzuführen, indem er den Nachlass verwaltet (Art.
491 [X.]odice [X.]ivile) und im Rahmen der [X.]iquidation die Begleichung der Nachlass-verbindlichkeiten gemäß Art. 495 ff. [X.]odice [X.]ivile veranlasst ([X.]/
[X.]/[X.]/[X.], Internationales Erbrecht, [X.], [X.]. J Rn.
603
ff. und [X.]. [X.] Rn. 708 ff.; [X.], Internationales Erbrecht [X.], 3.
Aufl., [X.] Rn. 401 ff.; [X.]/[X.]ubeddu [X.]/[X.], Erbrecht in [X.], 2. Aufl., [X.]änderbericht [X.], Rn.
177; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., [X.] Rn. 628; [X.], Das [X.] internationa-le Erbrecht, 2005, [X.]; [X.]/[X.]/[X.], Erbrecht, 2. Aufl., [X.]änderbe-richt [X.] Rn. 45).
dd) Der Vorbehalt nach § 780 ZPO ist nicht deshalb entbehrlich, weil er hier nur für die Prozesskosten Bedeutung hat. Die Berücksichtigung einer [X.] in Bezug auf die Prozesskosten setzt voraus, dass der Vorbehalt in die [X.] aufgenommen worden ist (vgl. [X.] NJW-RR 1997, 1160;
KG, [X.], 1330;
[X.]/[X.]/[X.], 4. Aufl., § 780 Rn. 3 und 21; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 780 Rn. 13; [X.], ZPO, 5. Aufl., § 780 Rn. 4).

III.
Die Revision ist nach dem Vorstehenden mit der Maßgabe zurückzuwei-sen, dass der [X.]n bezüglich der von ihr zu tragenden Kosten des 32
33
-
15
-
Rechtsstreits die Beschränkung ihrer Haftung auf den Nachlass des am 26.
Januar 2004 verstorbenen [X.] vorbehalten bleibt.
1. Der [X.] kann abschließend entscheiden. Dem steht nicht entgegen, dass es grundsätzlich im Ermessen des Tatrichters steht,
ob er sich mit der Aufnahme des Vorbehalts
in das Urteil begnügt oder ob er über das Bestehen der Haftungsbeschränkung in der Sache entscheidet. Ist die [X.], kann das Revisionsgericht ein dem Tatrichter durch materiell-rechtliche oder verfahrensrechtliche Vorschriften eingeräumtes Ermessen selbst ausüben, sofern das Berufungsgericht die Ermessensausübung nicht wahrgenommen bzw. sich
hierzu nicht geäußert hat ([X.], Urteil vom 7.
Juli
1993 -
IV ZR 190/92, [X.]Z 123, 132, 137; [X.], Urteil vom 3. Oktober 1989 -
XI [X.], [X.]Z 108, 386, 392; [X.]/[X.], 4. Aufl., § 563 Rn. 20).
2. Der [X.] übt sein Ermessen dahin aus, dass er durch Vorbehaltsur-teil entscheidet. Eine Sachentscheidung über die Haftungsbeschränkung
kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erfolgen. Zum einen sind bereits keine Feststellungen dazu getroffen worden, ob die diesbezüglichen tatbestandlichen Voraussetzungen nach [X.] Recht erfüllt sind. Zum anderen hat das Berufungsgericht -
von seinem Standpunkt aus folgerichtig -
nicht gemäß §
293 ZPO ermittelt, ob der Vorbehalt der Inventarerrichtung auch die Kosten eines nach dem Erbfall gegen den Erben geführten Rechtsstreits erfasst. Eine unge-prüfte Aufnahme des Vorbehalts ist jedenfalls dann angezeigt, wenn -
wie hier -
eine sachliche Entscheidung zu einer erheblichen Verzögerung und Verteue-rung des Rechtsstreites führen würde
([X.], ZPO, 5. Aufl., § 780 Rn.
8).
34
35
-
16
-
IV.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens folgt aus §
97 Abs. 1 ZPO. Ein Rechtsmittel ist auch dann als [X.] anzusehen, wenn die angegriffene Entscheidung -
wie hier durch Ergänzung der Kostenent-scheidung um den Vorbehalt gemäß § 780 ZPO -
lediglich in einem Neben-punkt abgeändert wird (vgl. [X.]/[X.], ZPO, 30. Aufl., § 97 Rn. 1 mwN;
[X.]/[X.], 4. Aufl., § 97 Rn. 5; Musielak/[X.]ackmann, ZPO, 11.
Aufl., § 97 Rn. 3).

V.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen das hiermit zugestellte Versäumnisurteil des [X.] kann die säumige Partei binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung beim [X.]

E
i
n
s
p
r
u
c
h

einlegen. Der Einspruch muss von einem beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt durch Einreichung einer Einspruchsschrift eingelegt werden.
Die Einspruchsschrift muss enthalten:
1. die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;
2. die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.
Soll das Urteil nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.
In der Einspruchsschrift sind die Angriffs-
und Verteidigungsmittel sowie [X.], die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann der Vorsitzende des erkennenden [X.]s die Frist für die Begründung verlängern.
Bei Versäumung der Frist für die Begründung ist damit zu rechnen, dass das nachträgliche Vorbringen nicht mehr zugelassen wird.
36
-
17
-
Im Einzelnen wird auf die Verfahrensvorschriften in §
78, §
296 Abs.
1,
3,
4, §
338, §
339 und §
340 ZPO verwiesen.

[X.]
[X.]-Räntsch
[X.]zub

Roth
Kazele
Vorinstanzen:
[X.]G Hanau, Entscheidung vom 27.10.2010 -
1 O 1082/08 -

O[X.]G [X.]furt am Main, Entscheidung vom 23.10.2012 -
10 [X.] -

Meta

V ZR 32/13

19.12.2014

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.12.2014, Az. V ZR 32/13 (REWIS RS 2014, 60)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 60

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZR 32/13 (Bundesgerichtshof)

Titelherausgabe- und Vollstreckungsgegenklage gegen die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde: Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung zugunsten …


V ZR 81/12 (Bundesgerichtshof)

Erbenhaftung: Nach dem Erbfall fällig werdende Wohngeldschulden als Eigenverbindlichkeiten des Erben der Eigentumswohnung


V ZR 81/12 (Bundesgerichtshof)


IV ZB 27/21 (Bundesgerichtshof)

Nachlasssache: Berechtigung des Nachlasspflegers zur Ausschlagung einer in den Nachlass des Erblassers gefallenen weiteren Erbschaft


II R 39/19 (Bundesfinanzhof)

Erbfall nach italienischem Recht


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

V ZR 32/13

V ZR 45/13

V ZR 236/10

V ZR 95/12

V ZR 218/83

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.