Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.04.2017, Az. XII ZB 177/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 11999

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:260417BXIIZB177.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.]/16
vom
26. April 2017
in der Personenstandssache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
EGBGB Art. 48
Die Wahlmöglichkeit nach Art.
48 EGBGB beschränkt sich nicht auf dem [X.]
Recht bekannte [X.]. Wählbar ist vielmehr der ge-samte im Ausland erworbene Name (hier: Mittelname nach [X.] Recht).
[X.], Beschluss vom 26. April 2017 -
XII [X.]/16 -
Kammergericht [X.]

[X.]

-
2
-

Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 26.
April 2017
durch den Vorsitzenden Richter Dose
und
die Richter Schilling, Dr.
Nedden-Boeger, Dr.
Botur
und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1.
Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 17.
März 2016 wird [X.].
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei. Der weiteren Beteiligten zu
4 werden die außergerichtlichen Kosten der weiteren Beteiligten zu
1 und
2 auferlegt.
Wert: 5.000

Gründe:
I.
Das Verfahren betrifft die Namensführung eines in [X.] geborenen Kindes [X.] Staatsangehörigkeit.
Das betroffene Kind
wurde am 5.
Juli 2010 in [X.] als Tochter
von Lydia
Mo.
(Beteiligte zu
1; im Folgenden: Mutter) und Janko Mo.
(Beteiligter zu
2; im Folgenden: Vater) geboren. Im Geburtsgrundeintrag des Standesamts
I in [X.] (Beteiligter zu
3; im Folgenden: Standesamt) wurde zur Namensfüh-rung des Mädchens
der Vorname [X.]
und der Familienname Mo.
beurkundet. Die Familie lebt auf Dauer in [X.].
1
2
-
3
-

Die Eltern haben eine von einer Kirchenangestellten beglaubigte
Ab-schrift eines [X.] Geburtseintrags
vom 8.
Juli 2010
vorgelegt, wonach in [X.] als Vorname "[X.]", als Familienname
"[X.]"
und als Mittel-name "Mo."
eingetragen sind. Am 20.
Januar 2014 gaben die Eltern auf einem
für die Beantragung der Nachbeurkundung der Geburt gedachten
Formular der [X.] Botschaft in [X.] eine öffentlich beglaubigte Erklärung zur Namensführung des Kindes ab. Die
formularmäßige Erklärung
lautete: "Wir/ich bestimme(n) für das o.g. Kind gem. Art
48 EGBGB den in [X.] erworbe-nen und dort in ein Personenstandsregister eingetragenen Namen zum Famili-ennamen des Kindes. Das Kind führt demnach den Familiennamen"
In das folgende freie Feld
war der Name "[X.]"
eingetragen. Als Vornamen des Kindes waren "[X.]"
und "Mo."
eingetragen; eine Möglichkeit zur Angabe anderer [X.] sah das Formular nicht vor. Dieser Erklärung war ein Schreiben der Eltern beigefügt, in dem sie
unter Bezugnahme auf die Erklä-rung den Namen "[X.]
Mo.
[X.]"
als alleinigen Namen, der die Voraus-setzungen des Art.
48 EGBGB erfülle, bezeichneten. Am 22.
März 2014 teilten sie dem Standesamt mit, dass sich die Erklärung nach Art.
48 EGBGB auf den gesamten Namen des Kindes beziehe.
Das Standesamt beurkundete daraufhin, dass der Familienname des Kindes mit Wirkung vom 8.
Juli 2010 neu bestimmt wurde und jetzt "[X.]"
lautet.
Die Eltern haben zuletzt beantragt, den Geburtseintrag des Kindes da-hingehend zu berichtigen, dass es den [X.], hilfsweise den zweiten Vornamen "Mo."
trägt. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Eltern hat das Beschwerdegericht das Standesamt angewie-sen, die Folgebeurkundung dahin zu berichtigen, dass das Kind
mit Wirkung vom 8.
Juli 2010 auf Grund Namenswahl zusätzlich den [X.] "Mo."
3
4
5
-
4
-

führt. Hiergegen wendet sich die Standesamtsaufsicht (Beteiligte zu
4) mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde
der nach §
53 Abs.
2 [X.] beschwerdebefugten Standesamtsaufsicht
ist gemäß §§
51 Abs.
1 [X.], 70 Abs.
1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie hat aber keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat seine in [X.], 1281 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:
Das Kind führe aufgrund der Namenswahl mit Wirkung vom 8.
Juli 2010 auch den [X.] "Mo.". Der Name des Kindes unterliege gemäß Art.
10 Abs.
1 EGBGB [X.] Recht. Die Wahlmöglichkeit des Art.
48 EGBGB umfasse
aber auch dem [X.] Recht unbekannte [X.] wie die von skandinavischen Rechtsordnungen vorgesehenen [X.]. Durch Art.
48 EGBGB solle die Rechtsprechung des [X.]
um-gesetzt werden, in den Mitgliedstaaten der [X.] eine einheitli-che Namensführung zu ermöglichen. Dieses Ziel würde ohne die Erstreckung der Wahlmöglichkeit auf einen [X.]
verfehlt.
Aufgrund der in [X.] üblichen Verwendung von Personenkennzahlen ([X.])
könne die Identifizierung des Kindes erschwert werden, wenn in [X.] Personaldo-kumenten der Mittelname fehle.
Die Wahl des [X.]s "Mo."
sei auch nicht offensichtlich mit we-sentlichen Grundsätzen des [X.] Rechts unvereinbar. Das erforderliche Ordnungs-
und Unterscheidungskriterium sei durch den vorhandenen Vor-
und den Familiennamen gegeben. Der Name "Mo."
sei zwar in [X.] als 6
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9
-
5
-

männlicher Vorname gebräuchlich. Dies begründe aber keinen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung, denn das Kindeswohl sei durch diesen [X.] nicht gefährdet.
Das Kind habe den [X.] in [X.] auch rechtmäßig
erwor-ben. Das [X.] internationale Privatrecht knüpfe für die Namensführung an den Wohnsitz des Betroffenen an. Der Mittelname "Mo."
sei nach §
11 Abs.
1 Nr.
2 und 4 des [X.] Namensgesetzes zulässig. Schließlich sei auch die Wahl des [X.]s formgerecht erklärt worden. Die öffentlich beglaubigte Erklärung
vom 20.
Januar 2014 sei dahin zu verstehen, dass sich die Wahl
auf den [X.] erstrecke.
2. Dies hält rechtlicher Überprüfung stand.
Die Eltern haben im Namen des Kindes neben dem Familiennamen "[X.]"
wirksam den in [X.]
erworbenen [X.]
"Mo."
nach Art.
48 EGBGB gewählt.
a) Zu Recht nimmt das Beschwerdegericht an, dass sich der Name des Kindes gemäß Art.
10 Abs.
1 EGBGB nach [X.] Recht richtet, weil das Kind allein die [X.] Staatsangehörigkeit
hat.
Ferner bestehen keine Zweifel daran, dass das Kind seit seiner Geburt den gewöhnlichen Aufenthalt in [X.]
hat.
b) Die Wahlmöglichkeit
nach Art.
48 EGBGB beschränkt sich nicht nur auf dem [X.] Recht bekannte [X.]. Wählbar ist vielmehr der gesamte im Ausland erworbene Name (ebenso [X.] [Stand: 1.
Mai 2013] Art.
48 EGBGB Rn.
17; [X.]/[X.]
6.
Aufl. Art.
48 EGBGB Rn.
4).
aa) Dafür spricht schon der Wortlaut des Gesetzes. Art.
48 EGBGB [X.] eine Wahlmöglichkeit für den "Namen einer Person". Dieser
Begriff ist kolli-10
11
12
13
14
-
6
-

sionsrechtlich zu verstehen ([X.]/[X.] 6.
Aufl. Art.
48 EGBGB Rn.
4). Unter ihn fällt nicht nur der Familienname, sondern jedes sprachliche Mittel zur Identifikation und Unterscheidung einer Person, insbesondere sind Vor-, Zwischen-
und Familiennamen
umfasst
([X.]/[X.] Art.
10 EGBGB Rn.
21, 23; [X.] [Stand: 1.
Mai 2013] Art.
10 EGBGB Rn.
21), wobei das einzelne [X.] darüber entscheidet, welche [X.]bestandteile erworben werden können (Senatsbeschluss vom 9.
Juni 1993

XII
ZB
3/93

FamRZ 1993, 1178, 1179; [X.] Beschluss vom 26.
Mai 1971

IV
ZB
22/70

NJW 1971, 1521; [X.]/[X.]/[X.] BGB [2013] Art.
10 Rn.
21
ff., 63). Soll eine kollisionsrechtliche Regelung nur für ein-zelne [X.] gelten, benennt der Gesetzgeber diese hingegen ausdrücklich
(vgl. Art.
10 Abs.
3, Art.
47 EGBGB).
bb) Auch die Systematik des Gesetzes zeigt, dass der Gesetzgeber grundsätzlich die Wahl des gesamten ausländischen Namens einer Person ermöglichen
wollte
und nicht nur diejenige des Vor-
und Familiennamens. Dies ergibt sich aus dem Verweis des Art.
48 Satz
4 EGBGB auf Art.
47 Abs.
1 EGBGB,
der Regelungen für alle [X.] enthält (vgl. auch BTDrucks. 17/11049 S.
12).
cc) Schließlich wird
diese Auslegung auch durch
Sinn und Zweck der ge-setzlichen Regelung
getragen. Art.
48 EGBGB wurde zur Umsetzung der Rechtsprechung des [X.] zur Beeinträchtigung der im Primärrecht der [X.] garantierten Grundfreiheiten, insbesonde-re der Freiheit eines jeden Unionsbürgers, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben und sich dort aufzuhalten (Art.
21 Abs.
1 AEUV), eingeführt
(BTDrucks. 17/11049 S.
12). Nach dieser Rechtsprechung liegt eine unzuläs-sige Beschränkung der Grundfreiheiten in der Verpflichtung des Betroffenen, gegen seinen Willen einen anderen Namen tragen zu müssen als den, der im 15
16
-
7
-

Geburtsmitgliedstaat
eingetragen wurde und den er dort führt ([X.] FamRZ 2008, 2089 Rn.
22 "[X.]"
und [X.] 2004, 40 Rn.
45 "[X.]") oder den er in einem Mitgliedstaat lange Zeit mit Billigung der Behörden dieses
Staats geführt hat ([X.] [X.], 1486 Rn.
67
ff. "[X.]"). Denn die Führung unterschiedlicher Namen kann zu schwerwiegenden
Nachtei-len
führen ([X.] FamRZ 2008, 2089 Rn.
23
ff. "[X.]"; [X.] 2004, 40 Rn.
45
"[X.]"
und [X.], 1486 Rn.
54 "[X.]").
Zwar betrafen die bisher vom [X.] entschiedenen Fälle nur den Familiennamen. Die unterschiedliche Führung anderer [X.] führt aber in gleicher Weise zu einer Beschränkung der vom Unions-vertrag
gewährleisteten Freizügigkeit, denn auch insoweit können voneinander abweichende Namensangaben in [X.] zu Zweifeln an der Identität einer Person führen, was das Beschwerdegericht im vorliegenden Fall sogar festgestellt hat. Dementsprechend hat der [X.] sich in seinen allgemeinen Ausführungen auch auf den gesamten Namen der Per-son bezogen ([X.] FamRZ 2008, 2089 Rn.
22 "[X.]"; [X.] 2004, 40 Rn.
36 "[X.]"
und [X.], 1486 Rn.
55
f. "[X.]"). Somit
erfordert die vollständige Umsetzung der Rechtsprechung des [X.] auch die Möglichkeit, sämtliche nach ausländischem Recht erworbenen [X.] zu wählen.
c) Entgegen der
Rüge der Rechtsbeschwerde ist das Beschwerdegericht auch zu Recht davon ausgegangen, dass der Mittelname des Kindes im däni-schen Personenstandsregister eingetragen ist. Der Nachweis der Eintragung muss nicht durch eine von der gemäß Art.
3 Abs.
2 des deutsch-[X.] Be-glaubigungsabkommens
vom 17.
Juni 1936 ([X.]
II S.
213; wieder anwendbar aufgrund der Bekanntmachung vom 1.
September 1952, [X.].
II S.
186)
zu-ständigen Behörde überbeglaubigte Abschrift der Urkunde
geführt werden.
17
-
8
-

aa) Dabei kann offen bleiben,
ob

wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung mit Bezugnahme auf eine Veröffentlichung des [X.] geltend macht

Art.
3 Abs.
2 des Abkommens
obsolet ist, weil das [X.] Recht diese Beglaubigung nicht mehr vorsieht. Jedenfalls bezweckt das Über-einkommen eine Vereinfachung des [X.] und enthält daher nur eine Verpflichtung, [X.] Urkunden in [X.] ohne weitere Vorausset-zungen anzuerkennen, soweit sie nach den Vorgaben des Abkommens
beglau-bigt sind. Umgekehrt schließt es aber nicht aus, nicht entsprechend überbe-glaubigte [X.] öffentliche Urkunden ebenfalls in [X.] anzuerken-nen.
Insoweit hat das Gericht nach dem Amtsermittlungsgrundsatz (§
26 FamFG) die erforderlichen Tatsachen zu ermitteln,
die vorliegenden Beweise zu würdigen
und sich Gewissheit über die Echtheit der Urkunde zu verschaffen.
Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Beweiswürdigung
nur
dahingehend
überprüfen, ob das Beschwerdegericht alle maßgeblichen Gesichtspunkte in Betracht gezogen hat und die Würdigung auf einer ausreichenden Sach-aufklärung
beruht (Senatsbeschluss vom 28.
September 2016

XII
ZB
227/16

FamRZ
2016, 2091 Rn.
6
f.).
bb) Gemessen daran
lassen die Feststellungen
des [X.] zum Registereintrag keine Rechtsfehler
erkennen. Dem Beschwerdegericht lag eine von der [X.] öffentlich beglaubigte Abschrift des [X.] vor. Die Zuständigkeit der [X.] sowie die Echtheit und inhaltli-che Richtigkeit der beglaubigten Abschrift wurde von keinem Verfahrensbetei-ligten in Zweifel gezogen.
Angesichts dieser Umstände musste sich das Be-schwerdegericht
insbesondere nicht veranlasst sehen, weitere Ermittlungen zur Echtheit der Urkunde durchzuführen
oder eine besondere Beglaubigung oder Legalisation der Urkunde zu verlangen.
18
19
20
-
9
-

d) Ebenso ist nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht von ei-nem Erwerb des [X.]s des Kindes in [X.] ausgegangen ist. [X.] der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht das däni-sche internationale Privatrecht sowie das [X.] Namensrecht in hinreichen-der Weise ermittelt.
aa) Insoweit ist es umstritten, ob
eine Ermittlung des ausländischen Rechts überhaupt erforderlich ist. Nach einer Ansicht ist
der Erwerb des Namens
im Sinne von Art.
48 EGBGB nämlich bereits dann erfolgt, wenn die Person den Namen im anderen Mitgliedstaat tatsächlich als rechtmäßig führt
(vgl. [X.]/[X.]/[X.] BGB [2013] Art.
48 EGBGB Rn.
16
f.
und Art.
10 EGBGB Rn.
562; [X.] [Stand: 1.
Mai 2013] Art.
48 EGBGB
Rn.
9; Mankowski [X.] 2014, 97, 103
f.).
Nach einer anderen Ansicht ist zusätzlich erforderlich, dass der eingetragene Name auch
in dem Sinne rechtmäßig sein muss, dass er
nach dem Recht des Mitgliedstaats richtig be-stimmt wurde
(KG [X.], 1280
f.;
[X.]/[X.] 6.
Aufl. Art.
48 EGBGB
Rn.
12; Wall [X.] 2013, 237, 241
ff.; wohl auch Freitag [X.] 2013, 69, 70).
Ein rechtswidrig geführter Name soll nur dann als "erworben"
im Sinne von Art.
48 EGBGB angesehen werden können, wenn ein schützenswertes Ver-trauen des Betroffenen vorliegt
([X.]/[X.] 6.
Aufl. Art.
48 EGBGB Rn.
12).
bb) Dieser Streit muss hier aber nicht entschieden werden. Denn das Beschwerdegericht hat in nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass das Kind den Namen nach [X.] Recht rechtmäßig erworben hat.
Der [X.] Tatrichter hat ausländisches Recht im Wege des [X.] zu ermitteln. In welcher Weise er sich die notwendigen Kenntnisse ver-schafft, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Das ausländische Recht
21
22
23
24
-
10
-

selbst unterliegt dabei nicht der Überprüfung durch das [X.]. Dieses überprüft insoweit nur, ob der Tatrichter sein Ermessen rechtsfeh-lerfrei ausgeübt, insbesondere die sich anbietenden Erkenntnisquellen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls hinreichend ausgeschöpft hat. An die Ermittlungspflicht sind dabei umso höhere Anforderungen zu stellen, je komplexer und je fremder im Vergleich zum [X.] das anzuwendende Recht ist. Bei Anwendung einer dem [X.] Recht verwandten Rechtsord-nung und klaren Rechtsnormen sind die Anforderungen geringer (vgl. [X.] Be-schluss vom 4.
Juli 2013

V
ZB
197/12

NJW 2013, 3656 Rn.
14
ff. und
Urteil vom 13.
Dezember 2005

XI
ZR
82/05

NJW 2006, 762 Rn.
33
mwN).
Gemessen daran ist es
im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht den Inhalt des [X.] internationalen Privatrechts mit Hilfe von Erläuterungen hierzu in der wissenschaftlichen Literatur [X.] und auf den
in der Kommentarliteratur
abgedruckten und erläuterten Text des [X.] Namensgesetzes zurückgegriffen hat. Der
Rechtsbeschwerde lassen sich

über pauschal geäußerte und nicht belegte Zweifel hinaus

keine tragfähigen Angriffe gegen die Feststellung des [X.]
entneh-men, dass die Namensführung im [X.] internationalen Privatrecht auch bezüglich des [X.]s dem Recht
des Wohnsitzes
unterliegt. Nach §
11 Abs.
1 Nr.
2 des [X.] Namensgesetzes kann der Mittelname ein Name sein, der auch als Nachname angenommen werden kann; dies ist nach §
4 Abs.
1 Nr.
2 des [X.] Namensgesetzes für den Nachnamen der Eltern erlaubt. Konkrete
Anhaltspunkte
für die Annahme, dass diese Vorschriften in [X.] ihrem eindeutigen Wortlaut zuwider angewandt werden
oder dass andere [X.] Regelungen
entgegenstehen, werden von
der Rechtsbe-schwerde nicht aufgezeigt.

25
-
11
-

e) Zu Recht legt das Beschwerdegericht die öffentlich beglaubigte Erklä-rung der Eltern über die Namenswahl dahingehend aus, dass das Kind auch in [X.] den vollständigen in [X.] registrierten Namen einschließlich des [X.]s führen soll,
und nimmt somit eine gemäß Art.
48 Abs.
1 Satz
3 EGBGB formgerechte Erklärung an. Zwar ist die namensrechtliche Er-klärung ihrem Wortlaut nach scheinbar nur auf den Familiennamen gerichtet. Aber schon daraus, dass hier ein für diese Erklärung nicht vorrangig gedachtes Formular verwendet wurde, ergibt sich die Notwendigkeit, den Inhalt der [X.] Erklärung durch Auslegung zu ermitteln. Unter Berücksichti-gung des der Erklärung beigefügten Schreibens, in dem die Eltern ausdrücklich erklären, dass der dem Kind in [X.] erteilte Name auch in [X.] maßgeblich sein soll,
ist eindeutig, dass die Eltern mit der Erklärung auch den [X.] des Kindes wählen wollten.
Soweit dabei zur Auslegung der Erklärung auf Schriftstücke und Um-stände außerhalb der öffentlich beglaubigten Urkunde zurückgegriffen wird, stellt dies
die Formgültigkeit der Erklärung nicht in Frage. Zur Auslegung einer formbedürftigen Erklärung können
auch außerhalb der Urkunde liegende Um-stände herangezogen werden, wenn der Wille in der Urkunde zumindest einen, wenn auch unvollkommenen, Ausdruck gefunden hat (vgl. [X.] Urteile
vom 11.
Februar 2010

VII
ZR
218/08

MDR 2010, 621 und vom 14.
November 1991

IX
ZR
20/91

MDR 1992, 745).
Bestimmungen, die den Erklärungsinhalt nicht modifizieren, sondern lediglich erläutern, bedürfen selbst nicht der not-wendigen Form (vgl. Senatsurteil [X.]Z 142, 158 =
NJW 1999, 2591, 2592).
Mit der Angabe auch des [X.]s in der beglaubigten Erklärung sowie
der darin enthaltenen Bezugnahme auf den [X.] Geburtseintrag hat dieser Wille hinreichenden Ausdruck in der Urkunde gefunden.

26
27
-
12
-

f) Die Wahl des [X.]s "Mo."
verstößt schließlich auch nicht gegen den [X.] ordre public.
aa) Nach Art.
48
Abs.
1 Satz
1 EGBGB setzt die Wahl eines im Ausland erworbenen Namens voraus, dass diese
nicht mit wesentlichen Grundsätzen des [X.] Rechts offensichtlich unvereinbar ist.
Das [X.] Recht setzt für einen bürgerlichen Namen zwingend einen Namensbestandteil voraus, der mit der Übertragbarkeit auf den Ehegatten und die Kinder auch die Aufgabe des Familiennamens erfüllen kann und einen anderen Namensteil, der als Vorname die Mitglieder einer Familie und allgemein die Träger des gleichen Familienna-mens voneinander unterscheidbar
macht (Senatsbeschluss vom 19.
Februar 2014

XII
ZB
180/12

FamRZ 2014, 741 Rn.
24). Hingegen sind bloße Prob-leme bei
der Registerdarstellung

die bei ausländischem [X.] ohne-hin bewältigt werden müssten

kein Grund, die Wahl eines [X.]s abzu-lehnen (vgl. Senatsbeschluss vom 19.
Februar 2014

XII
ZB
180/12

FamRZ 2014, 741 Rn.
29). Ebenso ergibt sich aus einer fehlenden Erkennbarkeit des Geschlechts grundsätzlich kein Verstoß gegen den ordre public. Das [X.]
Recht kennt weder einen ausdrücklichen noch einen immanenten Grundsatz, dass der Name über das Geschlecht einer Person unterrichten muss ([X.] FamRZ 2009, 294 Rn.
15). Bietet der Name allerdings einem
Kind
offensichtlich nach keiner Betrachtungsweise die Möglichkeit, sich anhand des Vornamens mit seinem Geschlecht zu identifizieren
(vgl. [X.] FamRZ 2009, 294 Rn.
17),
und erscheint er somit nicht geeignet, die Identitätsfindung und Individualisie-rung zu ermöglichen (vgl. Senatsbeschluss vom 30.
April 2008

XII
ZB
5/08

FamRZ 2008, 1331 Rn.
18), führt die darin enthaltene Kindeswohlgefährdung zu einem Verstoß gegen den [X.] ordre public.
bb) Nach diesen Maßstäben liegt keine
offensichtliche Unvereinbarkeit mit
wesentlichen Grundsätzen des [X.] Rechts vor. Die notwendige Indi-28
29
30
-
13
-

vidualisierungsfunktion des Namens wird durch den vorhandenen Vor-
und Fa-miliennamen erfüllt. Dass der Mittelname "Mo."
auch ein in [X.] ge-bräuchlicher männlicher Vorname ist, nimmt dem Kind nicht offensichtlich die Möglichkeit, sich mit seinem Geschlecht zu identifizieren. Der Mittelname ist nicht dem Vornamen gleichzusetzen
([X.] Beschluss vom 26.
Mai 1971

IV
ZB
22/70

NJW 1971, 1521)
und kann schon daher in diesem Fall die Iden-titätsfindung
nur in geringem Umfang
beeinträchtigen. Ob der Mittelname hier eher dem Vor-
oder dem Familiennamen zuzurechnen ist
(vgl. [X.] Beschluss vom 26.
Mai 1971

IV
ZB
22/70

NJW 1971, 1521)
oder ob die von der Rechtsbeschwerde
angeführte
Verwechslungsgefahr mit einem zweiten Vor-namen besteht, kann offen bleiben. Denn der gewählte Vorname "[X.]"
des [X.] lässt das weibliche Geschlecht des Kindes eindeutig erkennen. Wäre der Name "Mo."
ein zweiter Vorname, könnten die Eltern und das Kind diesbezügli-chen Problemen bereits durch das Unterlassen der Verwendung dieses [X.] im täglichen Leben begegnen (vgl. Senatsbeschluss vom 30.
April 2008

XII
ZB
5/08

FamRZ 2008, 1331 Rn.
28). Bei einem [X.], der von vornherein schon nicht als Rufname des Kindes gedacht ist, gilt dies erst recht. Darüber hinaus lässt
der vom Familiennamen der Eltern
abgeleitete Mittelname die Abstammung des Kindes
erkennen. Dadurch, dass es diesen Familienna-men weiter trägt, wird es dem Kind
sogar erleichtert, seine Zugehörigkeit zum Familienverband nach außen zu verdeutlichen
und dementsprechend
seine Identität zu entwickeln.
-
14
-

3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Be-deutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§
74 Abs.
7 FamFG).

Dose

Schilling

Nedden-Boeger

Botur

Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.01.2015 -
71 III 315/14 -

Kammergericht [X.], Entscheidung vom 17.03.2016 -
1 W 19/15 -

31

Meta

XII ZB 177/16

26.04.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.04.2017, Az. XII ZB 177/16 (REWIS RS 2017, 11999)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 11999

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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