Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.05.2006, Az. I ZB 94/05

I. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 3584

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[X.] vom 11. Mai 2006 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

ZPO § 888 Die Verurteilung eines Vermieters, eine Betriebskostenabrechnung zu erteilen, ist als Verurteilung zu einer nicht vertretbaren Handlung zu vollstrecken.
[X.], [X.]. v. 11. Mai 2006 - [X.] - [X.] [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 11. Mai 2006 durch [X.] Dr. [X.] und [X.] v. Ungern-Sternberg, [X.], Dr. Schaffert und Dr. Bergmann beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des Gläubigers wird der [X.]uss des [X.] ([X.] [X.]) vom 11. August 2005 aufge-hoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Beschwerdegericht zurückverwie-sen. Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 1.333,93 • festgesetzt. Gründe: [X.] Der Gläubiger, Mieter einer Wohnung in [X.], hat gegen die Schuld-nerin, seine Vermieterin, ein vorläufig vollstreckbares Versäumnisurteil vom 7. Juli 2004 erwirkt. Die Schuldnerin ist darin verurteilt worden, dem Gläubiger für die gemietete Wohnung "ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnungen für 1 - 3 - die Abrechnungsperioden 1999, 2000, 2001 und 2002 zu erteilen". Die letzte Betriebskostenabrechnung war für das [X.] erstellt worden. Nach Erhalt einer vollstreckbaren Ausfertigung des Versäumnisurteils hat der Gläubiger mit Schriftsatz vom 10. März 2005 beantragt, gegen die Schuld-nerin ein Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft, festzusetzen, weil diese für die Jahre 1999 bis 2002 noch keine vollständigen Betriebskostenabrechnungen erteilt habe. 2 Das Amtsgericht hat den Antrag als unzulässig abgewiesen. 3 Das [X.] hat die sofortige Beschwerde des Gläubigers [X.]. 4 Mit der (vom [X.] zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger seinen mit Schriftsatz vom 10. März 2005 gestellten Antrag weiter. Die Schuldnerin hat sich zu diesem Antrag nicht geäußert. 5 I[X.] Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass das erwirkte [X.] nicht gemäß § 888 ZPO durch Verhängung von Zwangsgeld, [X.] Zwangshaft, vollstreckt werden könne. 6 Die Frage, ob ein Urteil auf Erteilung von Betriebskostenabrechnungen nach § 887 ZPO (Vertretbare Handlungen) oder nach § 888 ZPO (Nicht vertret-bare Handlungen) zu vollstrecken sei, werde in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet. Zutreffend sei die Ansicht, die eine vertretbare Handlung annehme. Dafür spreche schon, dass Betriebskostenabrechnungen sehr häufig von Hausverwaltungen erstellt würden, also von [X.], die nicht 7 - 4 - selbst Vermieter seien. Ohne die Abrechnungsunterlagen werde der Mieter oder ein Sachverständiger die Abrechnungen allerdings kaum erstellen können. Der Vollstreckungstitel laute aber nicht auf Herausgabe der Abrechnungsunter-lagen oder Auskunft über die entstandenen Betriebskosten, sondern auf [X.], d.h. auf Vornahme einer Handlung, die nicht nur dem Vermieter möglich sei. Der Mieter könne im Vollstreckungsverfahren mit der Bewilligung der Ersatzvornahme zugleich eine Anordnung gegen den Schuldner auf Herausgabe der erforderlichen Unterlagen (Rechnungen der Versorgungs-betriebe, Grundsteuerbescheide, Versicherungsverträge) erwirken. Jedenfalls sei der Mieter nicht rechtlos gestellt. Bei Fortbestehen des Mietverhältnisses habe er hinsichtlich der laufenden [X.] ein Zurückbehaltungsrecht. Zudem könne er - zumindest nach dem Ende des Mietverhältnisses - Rückzahlung der geleisteten Vorschüsse verlangen. 8 II[X.] Die zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefoch-tenen [X.]usses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerde-gericht. Der Gläubiger hat zu Recht beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem vorläufig vollstreckbaren Versäumnisurteil gemäß § 888 ZPO durchzufüh-ren. 9 1. Die Schuldnerin ist durch das Versäumnisurteil verurteilt worden, dem Gläubiger für dessen Mietwohnung Betriebskostenabrechnungen für die [X.] 1999, 2000, 2001 und 2002 zu erteilen. Danach ist Inhalt des Titels - entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts - nicht nur die Erstel-lung einer Abrechnung, sondern eine Rechnungslegung im Sinne des § 259 BGB. 10 - 5 - 2. Der Titel betrifft keine vertretbare Handlung, deren Vornahme im We-ge der Zwangsvollstreckung gemäß § 887 ZPO zu erzwingen wäre, sondern eine nicht vertretbare Handlung im Sinne des § 888 ZPO (zum [X.] hinsichtlich der in Rechtsprechung und Literatur umstrittenen Frage, wie eine Verurteilung zur Erteilung einer Betriebskosten- oder Nebenkostenabrechnung zu vollstrecken ist, vgl. [X.], ZPO, 22. Aufl., § 887 Rdn. 14, § 888 Rdn. 5; [X.]/[X.], ZPO, 25. Aufl., § 887 Rdn. 3, § 888 Rdn. 3; Walker in [X.]/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, [X.], 3. Aufl., § 887 ZPO Rdn. 7; MünchKomm.ZPO/Schilken, 2. Aufl., § 887 Rdn. 7, § 888 Rdn. 4; [X.] in [X.]-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl., § 556 BGB Rdn. 286; [X.] in [X.]/[X.], Wohnraummietrecht, 2. Aufl., § 36 Rdn. 88; [X.]/Gohrke, [X.], 593 f., jeweils m.w.N.). 11 a) Ein Titel hat eine nicht vertretbare Handlung zum Inhalt, wenn der zu vollstreckende Anspruch zu einer Handlung verpflichtet, die nicht durch einen [X.] vorgenommen werden kann, sondern ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängig ist, jedoch nicht in der Abgabe einer Willenserklärung (§ 894 ZPO) besteht (vgl. [X.]/[X.] aaO § 888 Rdn. 2 m.w.N.). Von einer nicht vertretbaren Handlung ist auch dann auszugehen, wenn Teile der Hand-lung auch von einem [X.] vorgenommen werden könnten (vgl. [X.], 245, 246). 12 b) Anders als die Erstellung einer Abrechnung aufgrund vorhandener [X.], die eine vertretbare Handlung wäre, ist die Erteilung einer Betriebs-kostenabrechnung eine nicht vertretbare Handlung. Grundlage für diese [X.] ist die Rechnungslegung des Schuldners über die Betriebskosten in den betreffenden Abrechnungsperioden. Diese Rechnungslegung setzt verbind-liche Erklärungen des Schuldners aufgrund seiner besonderen Kenntnisse vor-13 - 6 - aus, die dementsprechend nur von ihm abgegeben werden können (vgl. [X.] aaO § 887 Rdn. 14; Walker in [X.]/Walker aaO § 887 ZPO Rdn. 7; Musielak/[X.], ZPO, 4. Aufl., § 887 Rdn. 15). 3. Der Gläubiger beantragt die Vollstreckung des Titels nach seinem [X.] Inhalt. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass dem Gläubiger die Unterla-gen, die für die Erstellung der Betriebskostenabrechnungen erforderlich sind, bereits zugänglich sind. Auf die Frage, ob er sein Interesse an der Rückzahlung möglicherweise zu viel gezahlter [X.] auch auf anderem Weg sichern könnte - etwa durch Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts hin-sichtlich laufender Mietkostenvorschüsse, solange die [X.] noch nicht erteilt wurden, oder durch Rückforderung der geleisteten Vorschüsse -, kommt es dabei, entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts, nicht an. 14 - 7 - IV. Auf die Rechtsbeschwerde des Gläubigers war danach der landge-richtliche [X.]uss aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Beschwerdegericht zu-rückzuverweisen. 15 [X.] v. Ungern-Sternberg [X.]

[X.] Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 30.05.2005 - 5 C 321/04 - LG [X.], Entscheidung vom 11.08.2005 - [X.] -

Meta

I ZB 94/05

11.05.2006

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.05.2006, Az. I ZB 94/05 (REWIS RS 2006, 3584)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 3584

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