Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2007, Az. II ZB 15/07

II. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 523

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[X.] vom 3. Dezember 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 1 a) [X.] ist nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 [X.] wegen [X.] des Hauptsacheverfahrens zurückzuweisen, wenn der Tatsachenstoff hinreichend geklärt ist und die Entscheidung des [X.] nicht von einer Rechtsfrage abhängt, die in dem [X.] als Feststellungsziel genannt ist. b) Ein im ersten Rechtszug gestellter Musterfeststellungsantrag wird unzulässig, wenn das Hauptsacheverfahren nicht mehr im ersten Rechtszug anhängig ist.
[X.], Beschluss vom 3. Dezember 2007 - [X.]/07 - [X.] - 2 - Der I[X.] Zivilsenat des [X.] hat am 3. Dezember 2007 durch [X.] und [X.] beschlossen: 1. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] des [X.] vom 25. April 2007 wird auf Kosten der Kläger zurück-gewiesen. 2. Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.638,80 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Kläger machen gegen die Beklagte zu 1 - eine börsennotierte Akti-engesellschaft - und die Beklagten zu 2 und 3 - ehemalige Mitglieder des [X.] der Beklagten zu 1 - Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter ad hoc-Mitteilungen geltend. Im ersten Rechtszug haben sie drei [X.] ([X.]) gestellt. Das [X.] hat diese Anträge durch Beschluss als unzulässig zu-rückgewiesen und die Klage durch Urteil vom selben Tage mit der Begründung abgewiesen, die Kläger hätten nicht nachgewiesen, dass sie von den bean-standeten ad hoc-Mitteilungen vor den Kaufentscheidungen Kenntnis gehabt hätten. Die Kläger haben gegen den Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt. Das Urteil haben sie mit der Berufung angegriffen. Im Übrigen haben sie [X.] - 3 - tragt, das Beschwerdeverfahren bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens auszusetzen. Das Beschwerdegericht hat die Aussetzung abgelehnt und die Beschwerde als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die von dem Be-schwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Kläger. 2 I[X.] Die allgemeine, nicht auf § 15 [X.] gestützte Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg. 1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung aus-geführt: Die Beschwerde sei unzulässig, weil ein Musterfeststellungsverfahren nur im ersten Rechtszug in Gang gesetzt werden könne, dieser aber durch das Urteil des [X.]s beendet sei. Sollte das landgerichtliche Urteil auf die Berufung der Kläger aufgehoben und die Sache an das [X.] zurückver-wiesen werden, bestehe die Möglichkeit, einen neuen Musterfeststellungsan-trag zu stellen. Der Antrag auf Aussetzung des Beschwerdeverfahrens sei [X.], da eine Aussetzung nach Verwerfung der Beschwerde nicht mehr in Betracht komme. 3 2. Diese Ausführungen sind im Ergebnis zutreffend. 4 a) Das [X.] hat zu Recht eine [X.] des Klagever-fahrens i.S. des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.] angenommen und dement-sprechend die Musterfeststellungsanträge gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 [X.] als unzulässig zurückgewiesen. [X.] in diesem Sinne besteht dann, wenn - vom Rechtsstandpunkt des erstinstanzlichen Gerichts aus - der Tatsachenstoff des Klageverfahrens hinreichend geklärt ist und die Entschei-dung des Rechtsstreits nicht von einer Rechtsfrage abhängt, die in dem [X.] - 4 - feststellungsantrag als Feststellungsziel genannt ist. Ob diese Rechtsfrage - im Musterverfahren - klärungsbedürftig ist, hat das Gericht nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 [X.] gesondert zu prüfen (Vollkommer, NJW 2007, 3094, 3096; Vor-werk in Vorwerk/Wolf, [X.] § 1 Rdn. 74 ff.). 6 Diese Voraussetzungen der [X.] sind hier erfüllt. Das [X.] hat die Klage durch das an demselben Tage verkündete Urteil mangels Ursächlichkeit der beanstandeten ad hoc-Mitteilungen abgewiesen. Die Frage der Ursächlichkeit war nicht als Feststellungsziel der [X.] genannt worden. Sie betraf ein individuelles, nicht verallgemeine-rungsfähiges Tatbestandsmerkmal der Anspruchsnorm und hätte damit auch nicht Gegenstand eines [X.] sein können. b) Unabhängig davon hat die Zurückweisung der [X.] im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren aber auch schon des-halb Bestand, weil der Rechtsstreit nach Einlegung der Berufung nicht mehr in der ersten Instanz anhängig ist. 7 [X.] kann gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] nur im ersten Rechtszug gestellt werden. Er soll in einem möglichst frühen [X.] des Prozesses dazu führen, dass eine verallgemeinerungsfähige [X.] oder Rechtsfrage i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] mit Bindungswir-kung auch für andere, gleichartige Verfahren geklärt wird. Der Antrag ist nach Wortlaut und Systematik der Norm unzulässig, wenn er erst in der Berufungsin-stanz gestellt wird. Nach § 4 [X.] muss nämlich auf einen zulässigen [X.] hin die Sache, sofern mindestens neun weitere Anträge fristgerecht gestellt worden sind, dem zuständigen [X.] mit bin-dendem Beschluss vorgelegt werden. Das setzt ein noch anhängiges erstin-8 - 5 - stanzliches Verfahren voraus. Etwas anderes kann auch nicht daraus hergelei-tet werden, dass gemäß § 7 [X.] alle Verfahren, deren Entscheidung von dem Ergebnis des [X.] abhängt, nach der öffentlichen Bekannt-machung des [X.] auszusetzen sind und davon auch Verfahren betroffen werden, die bereits in der Berufungsinstanz anhängig sind ([X.]/Wilsing, [X.] 2006, 79, 96; Vorwerk aaO § 7 Rdn. 12). Hier hatten die Kläger zwar ihre Musterfeststellungsanträge im ersten Rechtszug gestellt. Über diese Anträge kann aber nicht mehr in jenem [X.] entschieden werden, nachdem der Rechtsstreit mittlerweile durch [X.] der Berufung in der Rechtsmittelinstanz anhängig geworden ist. Auch eine Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung im Beschwerde- oder Rechts-beschwerdeverfahren kommt bei dieser Prozesslage nicht in Betracht (KG ZIP 2007, 1679). Denn auch dafür gilt der Grundsatz, dass nach dem Ende der [X.] in erster Instanz ein Musterverfahren nicht mehr eingeleitet werden kann. 9 Im Ergebnis zu Unrecht wendet die Rechtsbeschwerde ein, dass es zu einer Verkürzung des Rechtsschutzes komme, wenn der Beschwerde gegen die Zurückweisung des Musterfeststellungsantrags allein deshalb der Erfolg versagt bleibe, weil das [X.] zugleich über die Hauptsache entschieden habe. Diese Konsequenz ist im Gesetz angelegt. Sie führt in aller Regel zu sachgerechten Ergebnissen. So entspricht es dem Gebot der Prozessökono-mie, in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die Klage aus anderen als den in dem Musterfeststellungsantrag angegebenen rechtlichen Gesichtspunkten abgewiesen worden ist, eine Entscheidung des Berufungsgerichts in der Sache herbeizuführen. Erweist sich das erstinstanzliche Urteil danach als zutreffend, so wird damit auch die Einschätzung des erstinstanzlichen Gerichts bestätigt, 10 - 6 - dass es auf die Vorlagefragen nicht ankommt. Sollte dagegen das erstinstanzli-che Urteil nach § 538 Abs. 2 ZPO aufgehoben und die Sache an das [X.] zurückverwiesen werden, kann in dem wiedereröffneten erstinstanzlichen Verfahren erneut ein Antrag nach § 1 [X.] gestellt werden. Danach bleibt als nachteilig für den Kläger allein der Fall, dass das Berufungsgericht den Standpunkt des [X.]s nicht teilt, von einer Zurückverweisung aber ab-sieht und in der Sache selbst - zu Ungunsten des [X.] - entscheidet. Auch in dieser Situation werden die Interessen des [X.] jedoch dadurch ausreichend gewahrt, dass das Klageverfahren nach § 7 [X.] ausgesetzt werden muss, sofern nur aufgrund von Anträgen anderer Kläger ein Musterverfahren eingelei-tet worden ist. 3. War somit die Beschwerde als unbegründet - nicht unzulässig - [X.], bestand auch kein Anlass, das Beschwerdeverfahren bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens auszusetzen. 11 - 7 - II[X.] [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. 12 Goette [X.]

Strohn

[X.]: [X.], Entscheidung vom 31.01.2007 - 3 O 8154/06 - [X.], Entscheidung vom 25.04.2007 - W ([X.]) 6/07 -

Meta

II ZB 15/07

03.12.2007

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2007, Az. II ZB 15/07 (REWIS RS 2007, 523)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 523

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