Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.01.2003, Az. 4 StR 422/02

4. Strafsenat | REWIS RS 2003, 4871

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[X.] DES VOLKESUrteil4 StR 422/02vom 16. Januar 2003in der [X.] wegen Raubes mit Todesfolge u.a.- 2 -Der 4. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 16. [X.], an der teilgenommen haben:Vorsitzende [X.]in am [X.]. [X.],[X.] am [X.]. [X.],[X.],[X.]innen am [X.]als beisitzende [X.],Staatsanwältin als Vertreterin der [X.],Rechtsanwalt , als Verteidiger für den Angeklagten [X.],Rechtsanwalt , als Verteidiger für den Angeklagten [X.],Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -1. Auf die Revisionen des Angeklagten [X.] und [X.] wird das Urteil des [X.] vom 26. April 2002, auch soweit es [X.] [X.] betrifft, mit den Feststellungenaufgehoben,a) soweit die Angeklagten im Fall [X.] 3. [X.] verurteilt worden sind,b) in den gesamten Strafaussprüchen, mit Ausnahmeder gegen den Angeklagten [X.] in den Fällen [X.]1. und [X.] 2. der Urteilsgründe verhängten[X.]n.2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuerVerhandlung und Entscheidung, auch über die Kostender Rechtsmittel, an eine [X.] des[X.] zurückverwiesen.3. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.Von Rechts [X.]:Das [X.] hat die Angeklagten [X.] und[X.] wegen Raubes mit Todesfolge und gefährlicher Körperverletzung, [X.] [X.] darüber hinaus wegen gefährlicher Körperverletzung [X.] mit Freiheitsberaubung verurteilt. Gegen den Angeklagten [X.]hat es eine Jugendstrafe von sechs Jahren und gegen den Angeklagten [X.]eine Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verhängt.Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrenzuungunsten der Angeklagten eingelegten, auf die Sachrüge gestütztenRevisionen, mit denen sie im wesentlichen beanstandet, daß das [X.]im Fall [X.] 3. der Urteilsgründe einen Tötungsvorsatz der Angeklagten nurunzureichend geprüft habe. Der Angeklagte [X.] rügt allgemein dieVerletzung sachlichen Rechts und beanstandet das Verfahren. [X.] ist, wie der [X.] in seiner Antragsschrift vom8. November 2002 zutreffend ausgeführt hat, nicht zulässig erhoben im [X.] § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die fehlerhafte Annahme der Zuständigkeit [X.] ist von keinem der Beschwerdeführer gerügt. Die auf [X.] gestützten Rechtsmittel haben den aus der Urteilsformelersichtlichen Erfolg.I.Nach den Feststellungen des [X.] im Fall [X.] 3. [X.] boten die leicht alkoholisierten Angeklagten nachts demerkennbar stark angetrunkenen, ihnen unbekannten späteren Tatopfer P. an, es nach Hause zu bringen. Nachdem der Angeklagte [X.] P. ineinem Park zu Boden gestoßen hatte, schlugen und traten beide [X.] 5 -aufgrund eines spontanen gemeinsamen Entschlusses mit beschuhten Füßenauf das wehrlose Opfer ein. Der Geschädigte wurde mit einer "Vielzahl vonSchlägen und Tritten ..., die von ganz erheblicher Massivität waren", am Kopf,am Oberkörper und am Gesäß getroffen. Nachdem die Angeklagten [X.] beendet hatten, kam der Angeklagte [X.] "auf [X.], die fortdauernde Gewalt sowie die Hilflosigkeit" des [X.]; mit Billigung des Angeklagten [X.] durchsuchte er [X.] und entnahm dessen Taschen unter anderem einenWohnungsschlüssel und Zigaretten, die beide später untereinander aufteilten.Den Wohnungsschlüssel behielten beide Angeklagte, um später aus [X.] des Opfers mitnehmenswerte Gegenstände zu entwenden. [X.] die Angeklagten daraufhin "eine kurze Wegstrecke" entfernt hatten, wurdeihnen bewußt, daß sie die Wohnungsadresse des [X.] nicht kannten. DerAngeklagte [X.] kehrte zu dem Geschädigten, den er wegen der [X.] wollte, zurück und schlug ihm [X.] mit der flachen Hand [X.]; der Geschädigte nannte daraufhin dem Angeklagten [X.] seineAnschrift. Aus der Wohnung des Geschädigten nahmen die [X.] einige Gegenstände an sich.Das Tatopfer verstarb kurze Zeit später an den Folgen [X.]. Angesichts der Vielzahl massiver Schläge und Tritte ließendie Angeklagten zwar "in grober Weise jedwede Sorgfalt" dem Tatopfergegenüber außer Betracht; daß die Angeklagten dessen Tod zumindestbilligend in Kauf genommen hätten, konnte nach der Überzeugung des[X.] jedoch nicht festgestellt werden.[X.] -Der Schuldspruch im Fall [X.] 3. der Urteilsgründe hält [X.] in zweifacher Hinsicht nicht stand.1. Mit Recht beanstandet die Staatsanwaltschaft mit ihren [X.] insoweitvom [X.] vertretenen [X.] Revisionen das Fehlen einerBegründung für die Verneinung eines [X.] wenn auch nur bedingten [X.]Tötungsvorsatzes der Angeklagten.Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] handelt [X.] bedingt vorsätzlich, wenn er den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges alsmöglich und nicht ganz fernliegend erkennt und ihn billigt oder sich um deserstrebten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet (vgl. [X.], 1, 9; [X.]R StGB § 212 Abs. 1, Vorsatz, bedingter 38, 39; [X.], 165 f., jeweils m.w.[X.]). Bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen liegtein entsprechend bedingter Tötungsvorsatz nahe ([X.]R § 212 Abs. 1 Vorsatz,bedingter 33, 38, 51; [X.], 2533, 2534; [X.] NStZ-RR 2000,165 f.). Angesichts der hohen Hemmschwelle bei Tötungsdelikten bedarf [X.] des [X.] allerdings der sorgfältigen Prüfung unterBerücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls (vgl. [X.]R StGB § 212 Abs. 1Vorsatz, bedingter 3, 5, 38; [X.] NStZ-RR 2000, 165 f.). Dabei stellt dieoffensichtliche Lebensgefährlichkeit einer Handlungsweise für den [X.] bedingten Tötungsvorsatzes einen Umstand von erheblichem Gewichtdar (vgl. auch [X.]R StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 35, 38, 39). [X.] die psychische Verfassung des [X.] bei der Tatbegehung sowie [X.] in die gebotene Gesamtschau aller objektiven und subjektivenTatumstände mit einzubeziehen ([X.]St 36, 1, 10; vgl. auch [X.]R StGB § 212Abs. 1 Vorsatz, bedingter 24, 39, 41; [X.], 2533, 2534 f.).- 7 -Die Prüfung der subjektiven Tatseite eines Tötungsdelikts anhand derdargestellten Kriterien hat das [X.] nicht einmal ansatzweisevorgenommen. Angesichts der getroffenen Feststellungen, insbesondere dernachgewiesenen massiven Tritte gegen den Kopf des am Boden liegenden,erkennbar stark betrunkenen Opfers, reichte es nicht aus, einen bedingtenTötungsvorsatz pauschal abzulehnen. Der neue Tatrichter wird die Frage eines[X.] bedingten [X.] Tötungsvorsatzes unter Berücksichtigung der [X.] erneut zu prüfen haben und gegebenenfalls das Vorliegen [X.] "heimtückisch", "aus Habgier" und "aus [X.]" (vgl. [X.] NStZ 2002, 84, 85) in Betracht ziehen müssen.2. Das Urteil weist überdies einen Rechtsfehler zuungunsten derAngeklagten [X.] und [X.] auf, der [X.] gemäß § 301 StPO [X.] auf dieRevisionen der Staatsanwaltschaft sowie auf die Revision des Angeklagten[X.] [X.] bezüglich des Angeklagten [X.] i.V.m. § 357 StPO [X.] die [X.] Schuldspruchs im Fall [X.] 3. der Urteilsgründe nach sich zieht. In demangefochtenen Urteil ist die erforderliche finale Verknüpfung zwischen [X.] und der Wegnahmehandlung nicht hinreichend belegt.Der Tatbestand des Raubes erfordert, daß die Gewalt als [X.] wird, um die Wegnahme der Sache zu ermöglichen (st. Rspr.; vgl.[X.]St 4, 210, 211; 20, 32, 33; [X.]R StGB § 249 Abs. 1 Gewalt 7 = [X.] 1995,416 m.w.[X.]). Folgt die Wegnahme der Gewalt nur zeitlich nach, ohne daß einefinale Verknüpfung besteht, scheidet ein Schuldspruch wegen Raubes ([X.]) aus ([X.]St 32, 88, 92; 41, 123, 124; [X.] NStZ 1982, 380; [X.][X.] 1983, 460; 1995, 416, jeweils m.w.[X.]).Nach den Feststellungen faßten die Angeklagten den Entschluß, [X.] seine Habseligkeiten wegzunehmen, als sie mit den [X.] -und Tritten aufgehört hatten. Daß das Opfer bei der Wegnahme Widerstandleistete (vgl. zu dieser Fallkonstellation [X.]St 16, 341), ist nicht festgestellt.Ob die zuvor verübte Gewalt als aktuelle Drohung erneuter Gewaltanwendungfortwirkte (vgl. dazu [X.]R StGB § 249 Abs. 1 Gewalt, fortwirkende 1; [X.]NStZ 1982, 380 f.), etwa weil das Opfer zum Zeitpunkt, in dem die Täter [X.] faßten, noch derart eingeschüchtert war, daß es sich [X.] nicht zu widersetzen wagte, und die Täter diese Situationerkannten und bewußt zum Zwecke der Wegnahme ausnutzten (vgl. [X.]RStGB § 249 Abs. 1 Gewalt, fortwirkende 1; [X.] NStZ 1982, 380 f. m.w.[X.]) oderob die Gewalt zum Zeitpunkt der Wegnahmehandlung nur noch in der Weisefortwirkte, daß sich das Opfer im Zustand der allgemeinen Einschüchterung(vgl. [X.] bei [X.] 1968, 17 f.; [X.] NStZ 1982, 380) oder aber [X.] ([X.] DRiZ 1972, 30) befand, läßt sich den [X.] nicht entnehmen.Sofern der neue Tatrichter unter Berücksichtigung des gesamtenTatablaufs erneut zu der Feststellung gelangt, daß der [X.] vonden Angeklagten erst nach Beendigung der Tätlichkeiten gefaßt wurde, wird erden oben genannten Zusammenhang zwischen Gewalt und Wegnahme näherzu bezeichnen haben. Für eine Verurteilung wegen Raubes mit [X.] zudem der Tod des Opfers durch den Raub herbeigeführt worden sein(vgl. [X.] NJW 1998, 3361, 3362; 1999, 1039, 1040).I[X.]Als Folge der Aufhebung des Schuldspruchs im Fall [X.] 3. [X.] können die Jugendstrafe und die gegen den Angeklagten [X.]für diese Tat verhängte [X.] sowie die Gesamtfreiheitsstrafekeinen Bestand haben. Die [X.] nicht zu beanstandenden [X.] [X.]n- 9 -in den Fällen [X.] 1. und [X.] 2. der Urteilsgründe werden durch die Rechtsfehlernicht berührt.[X.] die neue Verhandlung und Entscheidung ist gemäß §§ 41 Abs. 1Nr. 1, Nr. 3, 103 Abs. 2 Satz 1 JGG eine [X.] des [X.]zuständig, an die der Senat die Sache entsprechend § 355 StPOzurückverweist (vgl. [X.]St 42, 39, 42; [X.] in [X.]. § 355 Rdn. 4).[X.] [X.] [X.]'

Meta

4 StR 422/02

16.01.2003

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.01.2003, Az. 4 StR 422/02 (REWIS RS 2003, 4871)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 4871

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