Bundessozialgericht, Urteil vom 24.04.2014, Az. B 13 R 25/12 R

13. Senat | REWIS RS 2014, 6124

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Witwenrentenberechnung - Versorgungsausgleich - Malus - Folgerente - Besitzschutz - persönliche Entgeltpunkte


Leitsatz

Persönliche Entgeltpunkte, die zuletzt der Rente des verstorbenen Versicherten zugrunde lagen, dürfen für eine nachfolgende Hinterbliebenenrente auch insoweit nicht in Anteile mit bzw ohne Besitzschutz aufgespalten werden, als sie auf einem sog "Rückausgleich" aufgrund der Regelungen des Versorgungsausgleichsgesetzes beruhen (Anschluss an BSG vom 20.3.2013 - B 5 R 2/12 R = SozR 4-2600 § 88 Nr 2).

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 14. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Der beklagte Rentenversicherungsträger wendet sich gegen seine Verurteilung, der Klägerin große Witwenrente ohne Minderung um die [X.] zu zahlen, die im Rahmen des Versorgungsausgleichs der ersten Ehefrau des Versicherten übertragen worden waren.

2

Die im Jahre 1962 geschlossene Ehe zwischen dem Versicherten [X.] und seiner Frau S. wurde 1990 geschieden. Im Wege des Versorgungsausgleichs wurden zu seinen Lasten [X.] (Werteinheiten entsprechend 7,9169 Entgeltpunkten neuen Rechts) auf das Rentenkonto seiner (ersten) Ehefrau bei der [X.] übertragen. Im Jahre 1995 heiratete der Versicherte die Klägerin als zweite Ehefrau. Die erste Ehefrau verstarb im Jahre 1998. Im [X.] vom [X.] bewilligte die Beklagte dem Versicherten, dessen Rentenantrag sie zugleich als Antrag auf [X.] wertete, ab Dezember 2006 Regelaltersrente zunächst unter Minderung um den Abschlag aus dem Versorgungsausgleich; ab Oktober 2007 stehe jedoch die ungeminderte Rente zu (der Bescheid vom 13.8.2007 regelte für Oktober 2007 noch eine einmalige Einbehaltung von 23,64 €). Denn aus den übertragenen [X.] sei der [X.] lediglich eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme im Wert von etwa 7300 DM gewährt worden; der entsprechende Betrag sei durch Einbehaltung aus der Rentennachzahlung und aus der laufenden Rente bis September 2007 auszugleichen. Der Versicherte verstarb am 1.1.2010. Auf den Antrag der Klägerin bewilligte ihr die Beklagte ab 1.2.2010 große Witwenrente unter Berücksichtigung eines Abschlags von 7,9169 Entgeltpunkten aufgrund des Versorgungsausgleichs und forderte die Überzahlung iHv ca 760 € zurück, die dadurch entstanden war, dass der Postrentendienst den [X.] ohne diesen Abschlag ausgezahlt hatte (Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.]).

3

Die Klage hatte Erfolg (Urteil des [X.] vom 10.6.2011): Sei bereits bei dem Versicherten die Kürzung auf Antrag nach § 4 Abs 1 [X.] (Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich vom 21.2.1983, [X.]) bzw § 37 Abs 1 [X.] ([X.], [X.], zuletzt geändert durch Gesetz vom 8.12.2010, [X.] 1768) ausgesetzt worden, unterliege auch eine spätere Hinterbliebenenversorgung nicht mehr der Kürzung. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 14.2.2012, [X.] 2012, 626; [X.] 5/2013 [X.] 4) und den Entscheidungssatz des [X.] klarstellend dahingehend gefasst, dass die Beklagte unter entsprechender Abänderung des Bescheides vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.] verurteilt wurde, der Klägerin ab dem 1.2.2010 große Witwenrente unter Berücksichtigung weiterer 7,9169 persönlicher Entgeltpunkte zu gewähren. Es hat ausgeführt, dass sich der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch aus § 88 Abs 2 [X.]B VI ergebe. Diese Besitzschutzvorschrift werde für den Fall der Klägerin nicht durch eine Spezialregelung verdrängt, insbesondere auch nicht aufgrund des Regelungszusammenhangs der §§ 37, 38 [X.]. Ein zu Lebzeiten des [X.] abgeschlossener Rückausgleich (eine "Anpassung" nach § 4 [X.]) habe auch zugunsten der Hinterbliebenen Bestand. Daran habe der Wechsel zum [X.] nichts geändert.

4

Hiergegen wendet sich die vom [X.] zugelassene Revision der Beklagten. Sie rügt sinngemäß eine Verletzung des § 88 [X.]B VI. Der Besitzschutz nach dieser Vorschrift erstrecke sich nicht auf die persönlichen Entgeltpunkte, hinsichtlich derer nach § 4 [X.] die Kürzung aufgrund des Versorgungsausgleichs nur "ausgesetzt" sei. Bei einer Hinterbliebenenrente handele es sich um einen neuen Leistungsfall, zu dem alle Voraussetzungen (auch die des § 4 [X.]) erneut geprüft und beantragt werden müssten. Nach § 37 [X.] habe jedoch nur die ausgleichspflichtige Person (hier: der Versicherte) ein Antragsrecht auf Anpassung wegen Todes der ausgleichsberechtigten Person (hier: der ersten Ehefrau S.). Damit sei die Vorrente ohne Abschlag aus dem Versorgungsausgleich zu zahlen gewesen, bei der Folgerente sei jedoch von Beginn an der Abschlag aus dem Versorgungsausgleich zu berücksichtigen. Sonst würden nicht vergleichbare Verhältnisse miteinander verglichen, was zu zufälligen Ergebnissen führen würde, die mit dem Normzweck des § 88 [X.]B VI nicht vereinbar wären.

5

Die Beklagte beantragt,

        

die Urteile des [X.] vom 14. Februar 2012 und des Sozialgerichts Köln vom 10. Juni 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,

        

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

7

Sie trägt vor, dass es hinsichtlich der Hinterbliebenenrente keines erneuten Antrags auf Nichtdurchführung des Versorgungsausgleichs bedurft habe, nachdem dieser Antrag bereits vom Versicherten gestellt worden sei.

8

Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet.

Zu Recht haben das [X.] und im Ergebnis bereits das [X.] die Beklagte verpflichtet, die der Klägerin ab 1.2.2010 zustehende große Witwenrente unter Berücksichtigung jener 7,9169 persönlichen Entgeltpunkte zu zahlen, in deren Höhe bei der Scheidung des Versicherten im Jahre 1990 im Wege des Versorgungsausgleichs zu Lasten seines [X.] auf seine ausgleichberechtigte erste Ehefrau S. übertragen worden waren; damit wird auch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Rückforderung der angeblichen Überzahlung beim [X.] (zu dessen Rechtsnatur s Senatsurteil vom 24.10.2013 - [X.] R 35/12 R, Rd[X.]6 f, 30 f, zur Veröffentlichung in [X.]-2600 § 118 [X.] vorgesehen) hinfällig.

1. Dass der Klägerin die Rente ohne den versorgungsausgleichsbedingten [X.]chlag zusteht, folgt jedoch nicht bereits aus den Regelungen des am [X.] in [X.] getretenen [X.].

Dieses Gesetz ist im vorliegenden Fall anwendbar. Denn es ist auch auf die bereits zuvor vollzogenen [X.] anzuwenden, da das [X.] mit dem [X.] außer [X.] getreten ist (Art 23 S 1, [X.] [X.] des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs vom [X.], [X.]). Nach der Übergangsvorschrift des § 49 [X.] ist das frühere Recht nur dann weiterhin anzuwenden, wenn für Verfahren nach den §§ 4 bis 10 [X.] der Antrag vor dem [X.] eingegangen ist.

Die früher geltenden Vorschriften des § 4 iVm § 9 [X.] über den sog "[X.]", dh den Bezug einer Rente ohne [X.]chläge trotz zuvor wegen des Versorgungsausgleichs übertragener Anwartschaften (genau genommen kein "[X.]", da der Versorgungsausgleich selbst nicht rückgängig gemacht wird: B[X.] vom 20.9.1988, B[X.]E 64, 75, 77 = [X.] 5795 § 4 [X.]) sind durch die §§ 37, 38 [X.] abgelöst worden.

Die Neuregelungen in § 37 [X.] 1, 2 [X.] haben zwar auch Verbesserungen für den ausgleichspflichtigen Ehepartner gebracht. So ist der [X.] noch dann möglich, wenn die ausgleichsberechtigte Person 36 (früher: 24) Monate an Rente aus den übertragenen Anteilen bezogen hat. Ferner werden insoweit nur noch Leistungen an die ausgleichsberechtigte Person selbst, nicht jedoch Leistungen an ihre Hinterbliebenen berücksichtigt: Wenn die ausgleichsberechtigte Person selbst nur für höchstens 36 Kalendermonate Leistungen aus den übertragenen Anrechten erhalten hat, kann also der ausgleichspflichtige Ehepartner seine Rente insoweit ungemindert erhalten, obwohl Hinterbliebene der ausgleichsberechtigten Person Witwen- oder Waisenrente mit zusätzlichen Entgeltpunkten aus den aufgrund des Versorgungsausgleichs übertragenen Anwartschaften beziehen.

Das neue Recht enthält jedoch auch Einschränkungen. So ist nach § 38 [X.] 1 [X.] [X.] antragsberechtigt für die "Anpassung" (den Rückausgleich) nur noch der ausgleichspflichtige Ehepartner, nicht mehr ein [X.] (wie noch nach § 9 [X.] 2 S 1 [X.]). Dem entspricht, dass § 37 [X.] 1 S 1 [X.] nur noch davon spricht, dass ein Anrecht "der ausgleichspflichtigen Person" nicht länger aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzt wird (§ 4 [X.] 1 [X.] betraf noch die Versorgung "des Verpflichteten oder seiner Hinterbliebenen"). Hierzu heißt es in den Materialien (BT-Drucks 16/10144, [X.]):

        

"Anders als in § 4 [X.]. 1 [X.] ist aber ein Anpassungsanspruch nicht mehr vorgesehen, wenn nur die Hinterbliebenen der ausgleichspflichtigen Person von der Anpassung profitieren würden. Diese haben kein schutzwürdiges Interesse an der Rückgängigmachung der Versorgungskürzung. Die Witwe oder der Witwer der ausgleichspflichtigen Person konnte und musste damit rechnen, dass die (Hinterbliebenen-) Versorgung der ausgleichspflichtigen Person um den für den Versorgungsausgleich abgezogenen Betrag reduziert war."

Auch angesichts des Wortes "nur" (im ersten zitierten Satz, [X.] 2) kann den Regelungen des [X.] nicht entnommen werden, dass (a) das durch den ausgleichspflichtigen Ehepartner wahrgenommene Antragsrecht im Rentenrecht zugunsten der Hinterbliebenen weiter wirke, zumal (b) sich die zu berechnende Witwen- bzw Witwerrente aus den persönlichen Entgeltpunkten der bis zum Tode bezogenen Rente ableite (in diese Richtung jedoch Stock in [X.], [X.]B VI, 3. Aufl 2014, § 38 [X.] RdNr 10 S 1342).

Beide [X.] widersprechen jedoch dem [X.]B VI. Denn die Renten wegen Todes (§§ 46 ff [X.]B VI) sind nicht aus den Versichertenrenten abgeleitet, sondern davon unabhängig nach den §§ 63 ff [X.]B VI zu ermitteln, wenn auch aus dem [X.] des Verstorbenen. Auf diesem jedoch befinden sich nach wie vor nur die durch den Versorgungsausgleich gekürzten Entgeltpunkte 76 [X.] 1, 3 [X.]B VI). Um auch für die Hinterbliebenen einen [X.] durchzuführen, müssten diese ebenfalls einen entsprechenden Antrag stellen können. Diese Möglichkeit sah das [X.] noch vor. Nach der Neuregelung durch das [X.] aber steht den Hinterbliebenen das ([X.] auf [X.] nicht mehr zu, auch nicht für den - hier vorliegenden - Fall, dass der verstorbene ausgleichspflichtige Ehepartner bereits wegen des noch von ihm beantragten [X.]s eine eigene Rente ohne versorgungsausgleichsbedingte [X.]chläge bezogen hatte.

Etwas anderes kann auch nicht aus der Regelung des § 37 [X.] 3 [X.] geschlossen werden. Hiernach "erlöschen" zugunsten des ausgleichspflichtigen Ehepartners begründete Anrechte (bei anderen Trägern) mit dem [X.] ("Anpassung"). Dies mag die Folgerung nahelegen, dass die Erlöschenswirkung auch die Hinterbliebenen des [X.] treffe und daher die Aussetzung der Kürzung ihnen ebenfalls zugute kommen müsse (so [X.] in [X.]/[X.], [X.] Online-Komm BGB, Stand: [X.], § 37 [X.] RdNr 7). Hierfür bietet der Gesetzeswortlaut jedoch keinen Anhalt. Deshalb wird auch die Meinung vertreten, dass, wenn für Hinterbliebene kein [X.] stattfinde, die "erloschenen" Anrechte für diese wieder aufleben müssten; sonst ergäben sich verfassungsrechtliche Probleme ([X.] in Götsche/[X.]/Breuers, Versorgungsausgleichsrecht, 2012, § 37 [X.] Rd[X.]2). Die Lösung dieser Frage kann jedoch im vorliegenden Fall dahinstehen.

2. Der Senat schließt sich für Fallkonstellationen wie die der Klägerin der Rechtsprechung des 5. Senats des [X.] (Urteil vom 20.3.2013 - B 5 R 2/12 R - [X.]-2600 § 88 [X.]) an. Für seine zugunsten der Witwe eines [X.] ausgefallene Entscheidung hat dieser sich nicht auf das [X.], sondern auf die Vorschrift des § 88 [X.] 2 [X.]B VI gestützt:

Auch nach Ansicht des 5. Senats (aaO RdNr 16) bezieht sich, wie oben ausgeführt, der noch vom Versicherten beantragte [X.] nur auf seine eigene Versicherten-, nicht jedoch auf künftige Hinterbliebenenleistungen seiner Angehörigen.

Für eine Hinterbliebenenrente, die sich an eine andere Rente anschließt (sog Folgerente), besteht jedoch Besitz- bzw Bestandsschutz gemäß § 88 [X.] 2 S 1 [X.]B VI:

        

"Hat der verstorbene Versicherte eine Rente aus eigener Versicherung bezogen und beginnt spätestens innerhalb von 24 Kalendermonaten nach Ende des Bezugs dieser Rente eine Hinterbliebenenrente, werden ihr mindestens die bisherigen persönlichen Entgeltpunkte des verstorbenen Versicherten zugrunde gelegt."

Da die Versorgung des verstorbenen Versicherten gemäß § 4 [X.] spätestens mit Wirkung ab November 2007 nicht aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzt war, haben sich auch im vorliegenden Fall seine persönlichen Entgeltpunkte wieder um den ursprünglichen [X.]chlag aus dem Versorgungsausgleich erhöht. Dies sind zugleich die "bisherigen" persönlichen Entgeltpunkte der maßgeblichen Vorrente, auf die der Versicherte zuletzt vor Beginn der Folgerente Anspruch hatte. Auch die [X.] ist im Fall der Klägerin eingehalten. Unter diesen Voraussetzungen kommt ihr als Hinterbliebenenrentnerin mittelbar zugute, dass ihr Ehemann bei Rentenantragstellung erreicht hatte, dass bei seiner eigenen Rente trotz des zu seinen Lasten durchgeführten Versorgungsausgleichs und entgegen der Grundregel des § 76 [X.] 1 und 3, § 66 [X.] 1 Nr 4 [X.]B VI kein [X.]chlag an Entgeltpunkten (mehr) erfolgt war (aaO RdNr 17).

Der erkennende Senat stimmt mit dem 5. Senat auch insoweit überein, als die Summe der persönlichen Entgeltpunkte aus der Vorrente bei Berechnung der Folgerente nicht in [X.] und nicht [X.] Anteile aufgespalten werden kann; der Bestandsschutz erstreckt sich nicht nur auf die persönlichen Entgeltpunkte, die sich ohne Anwendung von Anpassungs- (§§ 32 ff [X.]) oder Härteregelungen (§§ 4 bis 8 [X.]) für die Rente des verstorbenen [X.] ergäben. Eine solche Aufspaltung der [X.]n Gesamtzahl der persönlichen Entgeltpunkte sieht das Gesetz weder in § 88 [X.]B VI noch an anderer Stelle vor (aaO RdNr 18).

3. Die mit der Revision und in der Literatur vorgebrachten Argumente gegen dieses Auslegungsergebnis vermögen nicht zu überzeugen.

a) Es trifft zu, dass die vom 5. und dem erkennenden Senat gefundene Lösung dem Postulat einer "Kostenneutralität des Versorgungsausgleichs" zuwiderläuft. Hierin liegt jedoch kein zwingendes Gegenargument. Die Auswirkungen des Versorgungsausgleichs ergeben sich erst in einer Zusammenschau der Regelungen des [X.] mit denen der einzelnen Versorgungssysteme. Dem Gesetzgeber bleibt überlassen, wie er diese ausgestaltet. Dabei haben weder die Regeln des [X.] noch etwa ein Grundsatz der Kostenneutralität des Versorgungsausgleichs Vorrang (aaO RdNr 19).

So war bis zum Inkrafttreten des [X.] das sog [X.] (wenn der Versorgungsausgleich erst im Rentenalter des ausgleichspflichtigen Ehepartners wirksam wurde, wurde seine Rente erst gekürzt, wenn auch der [X.] seine Rente - mit Zuschlag - bezog) nicht im [X.], sondern im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 101 [X.] 3 [X.]B VI aF) verankert (zur fehlenden Kostenneutralität des [X.]s s BGH vom 7.11.2012 - [X.] 271/12, [X.], 226 RdNr 15; vom 13.2.2013 - [X.] 527/12, NJW-RR 2013, 515 Rd[X.]0). Dort ist diese Regelung zwar nach neuem Recht entfallen; im Beamtenversorgungsrecht ist jedoch in einzelnen Bundesländern ein Pensionistenprivileg erhalten geblieben (zB § 63 [X.] 3 [X.] Beamtenversorgungsgesetz vom [X.], GVBl 218). Dem Grundsatz der Kostenneutralität widerspricht zB auch die oben erwähnte Unbeachtlichkeit von Rentenzahlungen an die Hinterbliebenen des [X.]n beim [X.] nach neuem Recht 37 [X.] 1, 2 [X.]; als "gänzlich unsystematisch" bezeichnet von [X.], Versorgungsausgleich, 3. Aufl 2011, RdNr 977).

b) Ebenso wenig sind auf der Grundlage der Rechtsauffassung des 5. und des erkennenden Senats die von der Revision angesprochenen "zufälligen Ergebnisse" zu befürchten, die mit dem Normzweck des § 88 [X.]B VI nicht vereinbar wären. Vielmehr erscheint es (im Ergebnis iS der Ausführungen von Stock in [X.], [X.]B VI, 3. Aufl 2014, § 38 [X.] RdNr 10 - s bei 1.) durchaus folgerichtig, einen Besitzschutz für die Hinterbliebenen derjenigen Ausgleichsverpflichteten greifen zu lassen, die sich auf Dauer auf eine Rente mit [X.] einrichten konnten; dieser hat deren Einkommensverhältnisse mitgeprägt. Grenzfälle sind allenfalls jene, in denen über einen Antrag des ausgleichsverpflichteten Versicherten vor dessen Tod noch nicht entschieden wurde, der [X.] somit dessen wirtschaftliche Verhältnisse noch nicht beeinflussen konnte. Ein derartiger Anspruch auf Anpassung (der noch zu Lebzeiten zustehenden Versorgung) geht nach § 38 [X.] 2 iVm § 34 [X.] 4 [X.] auf die "Erben" über. Dies könnte nahelegen, dass damit der [X.] auch bei den "bisherigen persönlichen Entgeltpunkten des verstorbenen Versicherten" nach § 88 [X.] 2 S 1 [X.]B VI zu berücksichtigen wäre und demgemäß zugunsten der Hinterbliebenen wirken würde - auch wenn rückständige Rentenansprüche nicht primär den Erben, sondern den Sonderrechtsnachfolgern nach § 56 [X.] 1 [X.]B I zustehen.

c) Nicht den Ausschlag zugunsten der Revision zu geben vermag eine neuere Veröffentlichung ([X.]/[X.], [X.] 2014, 17), die sich mit der einschlägigen Rechtsprechung des 5. Senats kritisch auseinandersetzt.

Sie führen an, dass auf der Grundlage der Rechtsauffassung des 5. Senats über die Anwendbarkeit des § 88 [X.] 2 [X.]B VI die bis zum 31.8.2009 geltende Vorschrift des § 101 [X.] 3 S 1 Teils 2 [X.]B VI insoweit überflüssig gewesen wäre, als sie regelte, dass das [X.] auch für eine "unmittelbar anschließende gleich hohe oder niedrigere Rente" gelten sollte, wenn diese Rechtsfolge für die Folgerente eines Versicherten ohnehin nach § 88 [X.] 1 [X.]B VI gegolten hätte und für die eines Hinterbliebenen nach [X.] 2 dieser Vorschrift. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass § 101 [X.] 3 S 1 [X.]B VI nicht mehr in [X.] ist. Schon deshalb können die darin enthaltenen Spezialregelungen zum Bestandsschutz die Anwendung der allgemeinen Bestimmung des § 88 [X.]B VI nicht mehr beeinflussen. [X.] ist die Frage, wie über die Fallkonstellation der Klägerin nach altem Recht hätte entschieden werden müssen, wenn den Hinterbliebenen kein eigenes Antragsrecht auf [X.] (nach § 9 [X.] 2 S 1 [X.]) zugestanden hätte.

Ebenso wenig führt das Argument weiter, dass der [X.] nach § 37 [X.] bei einer Folgerente ins Leere ginge, wenn § 88 [X.]B VI bereits sämtliche persönlichen Entgeltpunkte erfassen würde, die sich aus der Berechnung der Vorrente ergeben. Dies geht an der Sache vorbei, weil § 37 [X.] keine Regelung über Folgerenten (oder ähnliche Leistungen der weiteren Versorgungssysteme außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung; § 32 [X.]) enthält.

Schließlich kann im vorliegenden Fall unentschieden bleiben, wie Fallgestaltungen zu lösen sind, bei denen die nach § 88 [X.] 2 [X.]B VI [X.]n persönlichen Entgeltpunkte dem ausgleichsverpflichteten Ehepartner selbst nicht mehr zustünden (zB beim Wegfall der Unterhaltsverpflichtung nach § 33, § 34 [X.] 5 [X.]).

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 [X.]G.

Meta

B 13 R 25/12 R

24.04.2014

Bundessozialgericht 13. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

vorgehend SG Köln, 10. Juni 2011, Az: S 6 R 1362/10, Urteil

§ 46 Abs 2 S 1 SGB 6, § 63 SGB 6, §§ 63ff SGB 6, § 66 Abs 1 Nr 4 SGB 6, § 76 Abs 1 SGB 6, § 76 Abs 3 SGB 6, § 88 Abs 1 SGB 6, § 88 Abs 2 S 1 SGB 6, § 101 Abs 3 SGB 6 vom 20.04.2007, § 37 Abs 1 VersAusglG, § 37 Abs 2 VersAusglG, § 37 Abs 3 VersAusglG, § 38 Abs 1 S 2 VersAusglG, § 38 Abs 2 VersAusglG, § 49 VersAusglG, § 4 Abs 1 VersorgAusglHärteG, § 9 VersorgAusglHärteG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 24.04.2014, Az. B 13 R 25/12 R (REWIS RS 2014, 6124)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6124

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 13 R 5/20 R (Bundessozialgericht)

(Berücksichtigung eines versorgungsausgleichsbedingten Abschlags bei der Ermittlung der Höhe einer Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung …


B 5 R 2/12 R (Bundessozialgericht)

Witwenrentenberechnung - Versorgungsausgleich - Malus - Folgerente - Besitzschutz - persönliche Entgeltpunkte


3 BV 16.590 (VGH München)

Kürzung des Witwengeldes wegen Versorgungsausgleichs


XII ZB 202/22 (Bundesgerichtshof)

Versorgungsausgleich: Berücksichtigung der rentenrechtlichen Besserbewertung von Kindererziehungszeiten durch die sog. Mütterrente bei der Ermittlung von …


B 13 R 9/14 R (Bundessozialgericht)

(Versorgungsausgleich - Altersrente - Anpassung wegen Todes der ausgleichsberechtigten Person - Bestimmung der Leistungsbezugsdauer nach …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZB 271/12

XII ZB 527/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.