Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.08.2023, Az. XII ZB 202/22

12. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 6859

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Gegenstand

Versorgungsausgleich: Berücksichtigung der rentenrechtlichen Besserbewertung von Kindererziehungszeiten durch die sog. Mütterrente bei der Ermittlung von Ehezeitanteil und Ausgleichswert im Abänderungsverfahren; Bezug einer Hinterbliebenenrente


Leitsatz

Zur Behandlung der rentenrechtlichen Besserbewertung von Kindererziehungszeiten durch die sogenannte Mütterrente bei der Ermittlung von Ehezeitanteil und Ausgleichswert im Abänderungsverfahren.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Familiensenats in [X.] des [X.] vom 14. April 2022 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.

Wert: 1.000 €

Gründe

A.

1

Der Antragsteller begehrt die Abänderung einer Entscheidung zum Versorgungsausgleich im Wege einer Totalrevision nach § 51 Abs. 1 [X.].

2

Die am 25. September 1978 geschlossene Ehe des 1954 geborenen Antragstellers mit der 1953 geborenen früheren Ehefrau wurde auf den am 1. Oktober 1997 zugestellten Scheidungsantrag mit Urteil des Familiengerichts vom 1. April 1998 rechtskräftig geschieden und der Versorgungsausgleich geregelt.

3

Während der Ehezeit (1. September 1978 bis 30. September 1997) hatten der Antragsteller ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 903,71 [X.] und die frühere Ehefrau ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 281,78 [X.] erworben. Das Familiengericht führte den Versorgungsausgleich im Wege des Rentensplittings durch, indem es zulasten des Anrechts des Antragstellers zu Gunsten der früheren Ehefrau Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in monatlicher und auf das Ende der Ehezeit bezogener Höhe von 310,97 [X.] übertrug.

4

Die frühere Ehefrau bezog aus der gesetzlichen Rentenversicherung zunächst eine Erwerbsminderungsrente und danach eine Vollrente wegen Alters. Sie starb am 2. Mai 2020, ohne versorgungsberechtigte Hinterbliebene zu hinterlassen, und wurde von der Antragsgegnerin, ihrer im Jahr 1983 geborenen und aus der Ehe mit dem Antragsteller hervorgegangenen Tochter, beerbt. Der Antragsteller bezieht seit dem 1. Januar 2019 eine Altersrente.

5

Mit Antrag vom 29. Oktober 2020 hat der Antragteller eine Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich begehrt. Er beruft sich darauf, dass der Wert des gesetzlichen Rentenanrechts der früheren Ehefrau wegen des Zuschlags an Entgeltpunkten durch die sogenannte Mütterrente eine wesentliche Wertänderung erfahren habe und erstrebt im Hinblick auf deren Vorversterben eine Rückgängigmachung des gesamten Versorgungsausgleichs. Die Beteiligte zu 2 ([X.]) hat für das Anrecht des Antragstellers einen Ehezeitanteil von 19,0545 Entgeltpunkten und einen [X.] von 9,5273 Entgeltpunkten angegeben. Die Beteiligte zu 1 ([X.]) hat für das Anrecht der früheren Ehefrau mit ihrer ersten Auskunft vom 31. März 2021 einen Ehezeitanteil von 7,6915 Entgeltpunkten und einen [X.] von 3,8458 Entgeltpunkten mitgeteilt. Unter dem 13. Oktober 2021 hat die [X.] auf Verlangen des Familiengerichts eine weitere Auskunft über eine „fiktive Berechnung mit Zuschlag nach § 307 d [X.] auf der Grundlage der seinerzeit bezogenen Altersrente der verstorbenen Versicherten“ vorgelegt, aus der sich ein Ehezeitanteil von 9,0361 Entgeltpunkten und ein [X.] von 4,5181 Entgeltpunkten ergeben. Das Familiengericht hat durch Beschluss vom 23. November 2011 das Scheidungsverbundurteil vom 1. April 1998 mit Wirkung ab 1. November 2020 abgeändert und ausgesprochen, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet. Das [X.] hat die dagegen gerichtete Beschwerde der [X.] zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die [X.] mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde.

B.

6

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

I.

7

Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in [X.], 1100 veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung das Folgende ausgeführt:

8

Der Antragsteller könne sich für den Einstieg in das Abänderungsverfahren auf eine Wertänderung des Anrechts der früheren Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung berufen, die sowohl absolut als auch relativ wesentlich sei. Diese Versorgung sei als laufende Versorgung gemäß § 41 [X.] zu bewerten, weil sich das Anrecht der Ehefrau zum [X.]punkt ihres Versterbens in der Leistungsphase befunden habe und durch das Versterben der Ehefrau nicht wieder in das [X.] „zurückgefallen“ sei. Beziehe der ausgleichspflichtige Ehegatte bereits eine Rente, sei gesetzlich festgelegter Endzeitpunkt für die Ermittlung der Rente und des belegungsfähigen Gesamtzeitraums nicht das Ende der Ehezeit, sondern der Kalendermonat vor Beginn der Rente (§ 72 Abs. 2 [X.]). Die Fixierung des Berechnungszeitpunkts auf diesen Monat stelle, wenn der Rentenbeginn nach dem Ende der Ehezeit liege, eine rechtliche und tatsächliche Änderung dar, die gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 [X.] zu berücksichtigen sei. Nach dem Beginn des Bezuges einer Vollrente wegen Alters sei der [X.] in der gesetzlichen Rentenversicherung nach der Rechtsprechung des [X.] daher allein aus den in der Ehezeit entfallenden Entgeltpunkten der tatsächlich bezogenen Altersrente zu ermitteln. Daraus lasse sich ableiten, dass generell der Ehezeitanteil eines Anrechts in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem endgültigen Bezug einer Rente hieraus zu ermitteln sei. Die frühere Ehefrau habe sich an den für die rentenrechtliche Höherbewertung von [X.] (sog. [X.] und [X.]) maßgeblichen Stichtagen in den Jahren 2014 und 2018 bereits im Rentenbezug befunden. Ihr seien daher gemäß § 307 d Abs. 1 Satz 2 und 3 [X.] Zuschläge für [X.] in Höhe von insgesamt 1,5 persönlichen Entgeltpunkten gutgebracht worden. Die Zuschläge nach § 307 d Abs. 1 Satz 2 und 3 [X.] seien bei der Bestimmung des Ehezeitanteils und des [X.] ebenso zu berücksichtigen wie die höheren persönlichen Entgeltpunkte aus der vorangegangenen Erwerbsminderungsrente, die der Altersrente der früheren Ehefrau im Rahmen des dynamischen Besitzschutzes zugrunde gelegt worden seien. Ein späteres Versterben der versicherten Person könne nichts mehr ändern. Die Art der Bewertung hinge anderenfalls von der reinen Zufälligkeit ab, ob aus dem Anrecht eine Hinterbliebenenversorgung gewährt werde oder nicht. Der Fall einer bindenden Bewilligung einer Altersrente mit Versterben der versicherten Person sei insbesondere nicht vergleichbar zum Fall einer beendeten vorläufigen Rentenbewilligung. Weil hiernach bezüglich des gesetzlichen Rentenanrechts der früheren Ehefrau eine Wertänderung vorliege, die sowohl die absolute als auch die relative Wesentlichkeitsgrenze überschreite und sich eine hypothetische Abänderung unter Lebenden zugunsten des Antragstellers auswirken würde, sei sein Abänderungsantrag insgesamt zulässig. Er führe wegen des Vorversterbens der früheren Ehefrau im Hinblick auf den im Abänderungsverfahren nach § 51 [X.] uneingeschränkt anwendbaren § 31 [X.] in der Sache zu der Anordnung, dass ein Versorgungsausgleich mit Wirkung vom 1. November 2020 nicht stattfinde.

[X.].

9

Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.

1. Eine Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich nach dem bis zum 31. August 2009 geltenden Recht kann gemäß § 51 Abs. 1 [X.] beim Vorliegen einer wesentlichen Wertänderung abgeändert werden. Wegen der besonderen Voraussetzungen für die Abänderung verweist § 51 Abs. 2 [X.] auf die Bestimmungen in § 225 Abs. 2 und 3 FamFG. Danach ist die Ausgangsentscheidung abzuändern, wenn rechtliche oder tatsächliche Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit auf den [X.] zurückwirken (§ 225 Abs. 2 FamFG) und zu einer wesentlichen Wertänderung führen, die mindestens 5 % des bisherigen [X.] beträgt (relative Wesentlichkeitsgrenze: § 225 Abs. 3 Alt. 1 FamFG) und bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße 1 %, in allen anderen Fällen als Kapitalwert 120 % der am Ende der Ehezeit maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV übersteigt (absolute Wesentlichkeitsgrenze: § 225 Abs. 3 Alt. 2 FamFG). Dabei genügt die Wertänderung nur eines Anrechts. Das Beschwerdegericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass hinsichtlich des gesetzlichen Rentenanrechts der früheren Ehefrau sowohl die relative als auch die absolute Wesentlichkeitsgrenze überschritten sind.

a) Zutreffend und im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats hat das Beschwerdegericht nicht nur die Überschreitung der relativen Wesentlichkeitsgrenze, sondern auch die Überschreitung der absoluten Wesentlichkeitsgrenze bei dem gesetzlichen Rentenanrecht auf der Grundlage von [X.] überprüft (vgl. Senatsbeschluss vom 8. November 2017 - X[X.] ZB 105/16 - FamRZ 2018, 176 Rn. 19 ff.).

Die bei dem gesetzlichen Rentenanrecht der früheren Ehefrau eingetretene Wertänderung übersteigt - auf der Grundlage der Rechtsauffassung des [X.] - die in § 225 Abs. 3 FamFG vorausgesetzten Wesentlichkeitsgrenzen. Die Hälfte des ursprünglichen Ehezeitanteils dieses Anrechts betrug nach den Feststellungen im Ausgangsverfahren 140,89 [X.] (entspricht 1/2 x 281,78 [X.]). Der in einen auf das Ende der Ehezeit bezogenen Rentenbetrag umgerechnete aktuelle [X.] beläuft sich nach der vom Beschwerdegericht verwerteten (zweiten) Auskunft des Versorgungsträgers vom 13. Oktober 2021 auf 214,34 [X.] (entspricht 4,5181 EP x 47,44 [X.] ARW zum Ende der Ehezeit am 30. September 1997). Der damit vom Beschwerdegericht zugrunde gelegte [X.] von 73,45 [X.] überschreitet sowohl die relative Wertgrenze des § 225 Abs. 3 Alt. 1 FamFG (5 % des bisherigen [X.], hier: 7,04 [X.]) als auch die absolute Wertgrenze des § 225 Abs. 3 Alt. 2 FamFG (1 % der maßgeblichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV am Ende der Ehezeit, hier: 42,70 [X.], vgl. [X.], 103).

b) Gegen die Feststellungen des [X.] zum aktuellen [X.] ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.

aa) Mit Recht und mit zutreffender Begründung hat das Beschwerdegericht bei der Ermittlung des Ehezeitanteils und des [X.] für das gesetzliche Rentenanrecht der früheren Ehefrau die ihr beim Bezug ihrer Altersrente seinerzeit gewährten Zuschläge nach § 307 d Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 [X.] in voller Höhe von insgesamt 1,5 persönlichen Entgeltpunkten berücksichtigt.

(1) In der Rechtsprechung des Senats geklärt und von der Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel gezogen ist dabei der rechtliche Ausgangspunkt des [X.]: Die rentenrechtliche Besserbewertung von [X.] durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz vom 23. Juni 2014 ([X.]) mit Wirkung zum 1. Juli 2014 (sog. [X.]) sowie durch das [X.] und [X.] vom 28. November 2018 ([X.]) mit Wirkung zum 1. Januar 2019 (sog. [X.]I) stellt grundsätzlich eine auf den Ehezeitanteil zurückwirkende rechtliche Veränderung im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 [X.] dar, die bei der Ermittlung des [X.] zu berücksichtigen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2022 - X[X.] ZB 175/21 - [X.], 586 Rn. 11 mwN).

(2) Dabei wurde die zusätzliche Anerkennung von Kinderziehungszeiten durch den Gesetzgeber mit unterschiedlichen Regelungstechniken im Gesetz umgesetzt, die davon abhängig waren, ob sich das Rentenanrecht des Berechtigten am 30. Juni 2014 ([X.]) bzw. am 31. Dezember 2018 ([X.]I) im Anwartschafts- oder im Leistungsstadium befand.

Bestand an den jeweiligen Stichtagen noch kein Rentenanspruch des Berechtigten, wird die mit der „Mütterrente“ verbundene Aufwertung von [X.] in das Berechnungsgefüge der gesetzlichen Rentenversicherung (§§ 56, 249 Abs. 1 [X.]) eingegliedert. Da in diesem Fall die sich aus den erweiterten Beitragszeiten für Kindererziehung ergebenden zusätzlichen Entgeltpunkte im [X.]raum vom 13. bis zum 24. Kalendermonat ([X.]) bzw. vom 25. bis zum 30. Kalendermonat ([X.]I) nach der Geburt des Kindes additiv zu den Entgeltpunkten für sonstige Beitragszeiten nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze angerechnet werden (vgl. § 70 Abs. 2 Satz 2 [X.]), kann dies in [X.] dazu führen, dass die zusätzliche Anerkennung von [X.] aufseiten des berechtigten Ehegatten nur geringe oder gar keine Auswirkungen hat, wenn dieser nämlich in den relevanten [X.]räumen bereits hohe versicherungspflichtige Einkünfte bezogen hatte (vgl. [X.]/[X.] 9. Aufl. § 51 [X.] Rn. 59; [X.]/[X.] FamRZ 2014, 1329, 1331 und FamRZ 2019, 157, 159).

Hatte der Berechtigte demgegenüber am 30. Juni 2014 bzw. am 31. Dezember 2018 bereits einen Anspruch auf Rente, erfolgt die verbesserte Anerkennung von [X.] gemäß § 307 d Abs. 1 [X.] durch einen pauschalen Zuschlag von 1,0 persönlichen Entgeltpunkten bzw. von 0,5 persönlichen Entgeltpunkten für jedes Kind. Eine vollständige Neuberechnung der Rente und eine damit möglicherweise verbundene Begrenzung des [X.] wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze findet für die sogenannten [X.] nicht statt, so dass für sie die höchstmögliche Bewertung der zusätzlichen [X.] stets gewährleistet ist. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber eine verwaltungsaufwändige Neufeststellung aller Bestandsrenten vermeiden (vgl. BT-Drucks. 18/909 S. 15; zur Verfassungsmäßigkeit vgl. [X.] 129, 192 = NZS 2020, 460 Rn. 45 ff.).

(3) Der Senat hat bereits im [X.] in Bezug auf die [X.] (vgl. Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016 - X[X.] ZB 313/15 - FamRZ 2016, 791 Rn. 23 ff.) und auf die nachträgliche Mindestbewertung von Pflichtbeiträgen nach § 262 Abs. 1 [X.] (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Juni 2016 - X[X.] ZB 350/15 - FamRZ 2016, 1649 Rn. 19 ff.) entschieden, dass nach dem Beginn des Bezugs einer Vollrente wegen Alters der [X.] in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht anhand einer fiktiven Rente, sondern allein aus den auf die Ehezeit entfallenden Entgeltpunkten der tatsächlich bezogenen Rente mit ihren Wertverhältnissen zu ermitteln ist. Daran anschließend hat der Senat in jüngerer [X.] auch für den Fall der besitzgeschützten Folgerente nach § 88 Abs. 1 Satz 2 [X.] ausgesprochen, dass Ehezeitanteil und [X.] nicht anhand einer fiktiven Altersrentenberechnung, sondern aus den besitzgeschützten persönlichen Entgeltpunkten zu ermitteln sind, die der (höheren) tatsächlich gezahlten Rente zugrunde liegen (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2022 - X[X.] ZB 175/21 - [X.], 686 Rn. 13 ff.).

Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung ist es evident, dass die tatsächlich bezogene Rente auch insoweit für die Ermittlung von Ehezeitanteil und [X.] maßgeblich sein muss, wenn sie bei einem bereits im Rentenbezug stehenden Ehegatten unter Zurechnung der gemäß § 307 d Abs. 1 [X.] gewährten pauschalen Zuschläge von 1,0 persönlichen Entgeltpunkten bzw. 0,5 persönlichen Entgeltpunkten pro Kind gebildet worden ist (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 22. Juni 2016 - X[X.] ZB 350/15 - FamRZ 2016, 1649 Rn. 10, 19). Dies gilt - wie die Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel zieht - in einem Abänderungsverfahren nicht nur dann, wenn dieses unter Lebenden durchgeführt wird, sondern auch dann, wenn der zu Lebzeiten durch den pauschalen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach § 307 d Abs. 1 [X.] begünstigt gewesene Ehegatte zwar verstorben ist, im [X.] an seine Versichertenrente aber eine laufende Hinterbliebenenrente (§§ 46, 48 [X.]) gezahlt wird. Denn bei der Berechnung einer Hinterbliebenenrente besteht gemäß § 88 Abs. 2 [X.] Besitzschutz in Höhe der persönlichen Entgeltpunkte der Rente des verstorbenen Versicherten, so es in diesen Fällen nur folgerichtig ist, Ehezeitanteil und [X.] auf der Grundlage der Versichertenrente mit den (höheren) besitzgeschützten persönlichen Entgeltpunkten - und damit gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung eines nach § 307 d Abs. 1 [X.] tatsächlich gewährten pauschalen Zuschlags - zu ermitteln (vgl. [X.] [X.], 687, 688).

(4) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist für die Ermittlung von Ehezeitanteil und [X.] in einem Abänderungsverfahren nach §§ 51, 31 [X.] auch dann keine abweichende Beurteilung geboten, wenn der zu Lebzeiten durch den pauschalen Zuschlag nach § 307 d Abs. 1 [X.] begünstigte Ehegatte nach dem 30. Juni 2014 bzw. nach dem 31. Dezember 2018 verstorben ist und aus seiner Versicherung keine laufende Hinterbliebenenrente (mehr) gezahlt wird. Mit Recht hat das Beschwerdegericht erkannt, dass auch in diesen Fällen für das Anrecht des Verstorbenen kein „Rückfall“ in das [X.] stattfindet, so dass für die Berechnung von Ehezeitanteil und [X.] weiterhin die tatsächlich weggefallene Rente maßgeblich bleibt und nicht - wie in den Fällen ohne Leistungsbezug - eine fiktive Vollrente wegen Erreichens der Regelaltersgrenze heranzuziehen ist.

(a) Die Rechtsbeschwerde macht dazu geltend, dass der gesetzlich fixierte Wegfall der Rente durch Tod des Versicherten als „Austritt aus der Leistungsphase“ in gleicher Weise als eine auf den Ehezeitanteil zurückwirkende rechtliche und tatsächliche Veränderung im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 [X.] anzusehen sein müsse, wie es der Senat für den Eintritt in die Leistungsphase mit Bewilligung der Rente angenommen habe (ebenso [X.] [X.], 687, 688). Dem vermag der Senat nicht beizutreten.

Tritt der ausgleichspflichtige Ehegatte in den Rentenbezug ein, ist gesetzlich festgelegter Endzeitpunkt für die Ermittlung der Rente und des belegungsfähigen Gesamtzeitraums (§ 72 Abs. 2 [X.]) nicht das Ende der Ehezeit, sondern der Kalendermonat vor Beginn der Rente. Liegt der Rentenbeginn nach dem Ende der Ehezeit, so ist in der endgültigen gesetzlichen Fixierung des Berechnungszeitpunkts auf diesen Kalendermonat eine rechtliche und tatsächliche Veränderung im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 [X.] zu erblicken, weil der Wert des im Versorgungsausgleich zu berücksichtigenden Ehezeitanteils mit dem Umfang der für die Ehezeit bezogenen Rente übereinstimmen muss (vgl. Senatsbeschlüsse vom 3. Februar 2016 - X[X.] ZB 313/15 - FamRZ 2016, 791 Rn. 26 und vom 22. Juni 2016 - X[X.] ZB 350/15 - FamRZ 2016, 1649 Rn. 23).

Stirbt der [X.], fällt seine Rente mit dem Ablauf des [X.] weg (§ 120 Abs. 5 [X.]). Das Versterben des ausgleichspflichtigen Ehegatten führt daher an sich zum Erlöschen seines Anrechts, welches allerdings im Rahmen des § 31 Abs. 1 [X.] für die Durchführung des Versorgungsausgleichs als fortbestehend zu fingieren ist (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 27. Januar 2021 - X[X.] ZB 336/20 - FamRZ 2021, 668 Rn. 18). Ein allein mit dem Versterben des ausgleichspflichtigen Versicherten verbundener nachträglicher Wertverlust seiner Rentenanrechte ist dem Gesetz grundsätzlich fremd und kann deshalb auch der Fiktion ihres [X.] nicht zugrunde gelegt werden. Dies verdeutlicht gerade der Umstand, dass der versicherungsrechtlich vorhandene Wert der zuletzt an den verstorbenen [X.] gezahlten Rente wegen der [X.] für eine Hinterbliebenenversorgung weiterhin erhalten bleiben würde, ohne dass es für diese grundsätzliche Beurteilung darauf ankäme, ob versorgungsberechtigte Hinterbliebene tatsächlich vorhanden sind oder nicht. Es liegt daher beim Tod des ausgleichspflichtigen Ehegatten kein von § 5 Abs. 2 Satz 2 [X.] erfasster Sachverhalt vor (vgl. [X.] [X.], 1104, 1105 f.).

(b) Mit Recht hat das Beschwerdegericht in diesem Zusammenhang auch auf die verfahrensrechtlichen Friktionen hingewiesen, die dann zu erwarten wären, wenn für die Ermittlung von Ehezeitanteil und [X.] des Anrechts eines nach dem 30. Juni 2014 bzw. 31. Dezember 2018 verstorbenen [X.] in einem Abänderungsverfahren nach § 51 [X.] die fiktive Berechnung einer Vollrente wegen Alters herangezogen werden würde. Denn in diesem Falle wären für das gleiche Anrecht zwei Versorgungsauskünfte einzuholen, nämlich eine Auskunft mit einer fiktiven Rentenberechnung ohne Leistungsbezug zur Beurteilung der Frage, ob die Wertgrenzen des § 225 Abs. 3 FamFG überschritten werden und eine weitere Auskunft auf der Grundlage der an den verstorbenen [X.] tatsächlich gezahlten Rente unter Einschluss gewährter Zuschläge nach § 307 d Abs. 1 [X.] zur Beurteilung der Frage, ob sich eine hypothetische Abänderung unter Lebenden zugunsten des überlebenden Ehegatten ausgewirkt hätte und ihm deshalb auch die Vorschrift des § 225 Abs. 5 FamFG den Einstieg in die Totalrevision nicht versagt (vgl. dazu Senatsbeschlüsse vom 4. Mai 2022 - X[X.] ZB 122/21 - [X.], 1177 Rn. 14 und vom 17. November 2021 - X[X.] ZB 375/21 - [X.], 258 Rn. 18). Denn spätestens bei der in diesem Rahmen erforderlichen Gesamtbetrachtung, ob der überlebende Ehegatte Anlass gehabt hätte, eine Totalrevision des Versorgungsausgleichs unter Lebenden anzustreben, könnte nicht an dem Umstand vorbeigegangen werden, dass der verstorbene Ehegatte die maßgeblichen Stichtage des § 307 d Abs. 1 [X.] noch erlebt und seine Rente daher eine tatsächliche Aufbesserung durch die pauschalen Zuschläge von 1,0 persönlichen Entgeltpunkten bzw. 0,5 persönlichen Entgeltpunkten erfahren hatte.

(c) Der weitere Hinweis der Rechtsbeschwerde darauf, dass der auf § 307 d Abs. 1 [X.] beruhende pauschale Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten bei der Ermittlung von Ehezeitanteil und [X.] nicht berücksichtigt werden kann, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte bereits vor dem 1. Juli 2014 bzw. vor dem 1. Januar 2019 ohne versorgungsberechtigte Hinterbliebene verstorben ist, trifft zwar durchaus zu. Denn die Anwendung von § 307 d Abs. 1 [X.] setzt nach dem klaren Wortlaut dieser Vorschrift voraus, dass am 30. Juni 2014 bzw. am 31. Dezember 2018 ein Anspruch auf Rente bestanden haben muss. Ist der ausgleichspflichtige Ehegatte schon vor diesen Stichtagen verstorben und wurde auch keine Hinterbliebenenrente geleistet, können die zusätzlich erworbenen [X.] in einem Abänderungsverfahren nur im Rahmen der [X.] nach §§ 56, 249 Abs. 1 [X.] berücksichtigt werden (vgl. KG Beschluss vom 12. April 2021 - 18 UF 11/19 - unveröffentlicht und das darin in Bezug genommene „Arbeitsergebnis der Arbeitsgruppe Versorgungsausgleich der [X.] 2/2015“; vgl. auch [X.] [X.], 1104, 1106). Daraus lässt sich aber nicht herleiten, dass in gleicher Weise verfahren werden müsste, wenn der verstorbene [X.] die für die Anwendung von § 307 d Abs. 1 [X.] maßgeblichen Stichtage noch erlebt hat und die bis zu seinem Tod tatsächlich gezahlte Rente mit den pauschalen Zuschlägen von 1,0 persönlichen Entgeltpunkten bzw. 0,5 persönlichen Entgeltpunkten gebildet worden ist.

(d) Das Beschwerdegericht hat ferner zutreffend und im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats erkannt, dass auch die Bewertungsvorschriften des Versorgungsausgleichsgesetzes keine abweichende Beurteilung gebieten. Zwar findet sich eine ausdrückliche Gesetzesbestimmung dazu, dass die Annahmen für die zu erwartende Versorgung durch die tatsächlichen Werte zu ersetzen sind, nur in den Regelungen über die zeitratierliche Bewertung (§ 41 Abs. 2 Satz 2 [X.]). Damit sollte jedoch keine Abgrenzung zur unmittelbaren Bewertung geschaffen, sondern im Gegenteil ausgedrückt werden, dass die zeitratierliche Bewertung einer laufenden Rente mit einer unmittelbaren Bewertung vergleichbar ist. Nach dem Beginn des Bezugs einer Vollrente wegen Alters ist der [X.] in der gesetzlichen Rentenversicherung daher weiterhin allein aus den auf die Ehezeit entfallenden Entgeltpunkten der tatsächlich bezogenen Altersrente zu ermitteln (vgl. Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016 - X[X.] ZB 313/15 - FamRZ 2016, 791 Rn. 30).

(5) Nach § 307 d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 [X.] ist die Gewährung der pauschalen Zuschläge daran geknüpft, dass in der bisher gezahlten Rente eine Kindererziehungs- oder Kinderberücksichtigungszeit für den letzten Monat vor der mit der jeweiligen Reform verlängerten [X.] angerechnet wurde. Auf dieser rechtlichen Grundlage hat das Beschwerdegericht die der früheren Ehefrau gutgebrachten pauschalen Zuschläge in Höhe von insgesamt 1,5 Entgeltpunkten nicht zeitanteilig dem 13. bis 24. Kalendermonat bzw. dem 25. bis 30. Kalendermonat nach der Geburt des Kindes zugeordnet, sondern die pauschalen Zuschläge bei der Wertermittlung schon deshalb in voller Höhe als ehezeitlichen Erwerb berücksichtigt, weil der 12. bzw. der 24. Kalendermonat nach der Geburt des Kindes in der Ehezeit gelegen hat. Dies entspricht der Auskunftspraxis der Rentenversicherungsträger und einer verbreiteten Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. [X.], 635, 636; Götsche/[X.]/[X.] [X.] Aufl. § 43 [X.] Rn. 30; [X.]/[X.] 9. Aufl. § 51 [X.] Rn. 59), die allerdings nicht ohne Kritik geblieben ist (vgl. [X.] Der Versorgungsausgleich 5. Aufl. Rn. 324; [X.]/[X.]/[X.]/[X.]. § 43 [X.] Rn. 24; vgl. bereits [X.]/[X.] FamRZ 2014, 1329, 1331). Dies bedarf unter den hier obwaltenden Umständen aber keiner weitergehenden Erörterung, weil die gesamten zusätzlichen [X.] vom 13. bis zum 30. Kalendermonat nach der Geburt der Antragsgegnerin im Oktober 1983 ohnehin in die gesetzliche Ehezeit fallen würden.

bb) Es ist ebenfalls aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht bei der Ermittlung von Ehezeitanteil und [X.] auch die besitzgeschützten (höheren) persönlichen Entgeltpunkte aus einer vorangegangenen Erwerbsminderungsrente der früheren Ehefrau berücksichtigt hat (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2022 - X[X.] ZB 175/21 - [X.], 686 Rn. 13 ff.). Auch die Rechtsbeschwerde erinnert dagegen nichts.

2. Die weiteren Beurteilungen des [X.], dass sich eine hypothetische Abänderung unter Lebenden zugunsten des Antragstellers auswirken würde und dass der Antragsteller im Rahmen der dann durchzuführenden Totalrevision sein während der Ehezeit erworbenes Anrecht ab dem auf den Monat der Antragstellung folgenden Monat ungeteilt zurückerhält, lassen keine Rechtsfehler erkennen. Solche werden von der Rechtsbeschwerde auch nicht geltend gemacht. Insoweit wird von einer weiteren Begründung der Entscheidung gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

Günter     

      

Klinkhammer     

      

[X.]

      

Botur     

      

Krüger     

      

Meta

XII ZB 202/22

23.08.2023

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Frankfurt, 14. April 2022, Az: 7 UF 184/21, Beschluss

§ 5 Abs 2 S 2 VersAusglG, § 31 Abs 1 VersAusglG, § 51 Abs 1 VersAusglG, § 225 FamFG, § 46 SGB 6, § 48 SGB 6, § 56 SGB 6, § 249 SGB 6, § 307d Abs 1 SGB 6, RVLVG, RVLVuStabG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.08.2023, Az. XII ZB 202/22 (REWIS RS 2023, 6859)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6859

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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